Grundsätze über die Abgrenzung von sog. echten und unechten Zuschüssen sind geklärt
Gesetze: UStG § 1 Abs. 1 Nr. 1, UStG § 10 Abs. 1
Instanzenzug:
Gründe
I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), ist eine nicht bundeseigene Eisenbahngesellschaft. Unternehmensgegenstand der Klägerin ist u.a. die Durchführung von Eisenbahnverkehrsleistungen im Personen- und Güterverkehr. Sie pachtete im Juni 1999 von der DB die stillgelegte A-Bahn inklusive aller der DB gehörenden Anlagen und übernahm den Betrieb der Eisenbahninfrastruktur für den öffentlichen Verkehr. Die Verpachtung erfolgte befristet; Ziel der Vertragsparteien war die Veräußerung oder langfristige Verpachtung der A-Bahn an die Klägerin. Die Klägerin verpflichtete sich gegenüber der DB, während der Pachtdauer alle erforderlichen Ausbesserungen und Erneuerungen zu tragen, die Gebäude und Grundstücksflächen in ordnungsgemäßem Zustand zu erhalten und die Eisenbahninfrastruktur instandzuhalten.
Die A-Bahn war bei ihrer Übernahme durch die Klägerin nicht befahrbar. Am vereinbarte die Klägerin mit den anliegenden Landkreisen sowie dem Bundesland die Wiederherstellung der Befahrbarkeit der A-Bahn mit dem Ziel der Sicherung einer leistungsfähigen Infrastruktur und der Schienengüterverkehrsbedienung. Die Klägerin sollte danach die A-Bahn i.S. des § 3 Abs. 1 des Allgemeinen Eisenbahngesetzes (BGBl I 1993, 2396) betreiben. Hierfür erhielt sie öffentliche Investitionshilfen als sog. „verlorene Zuschüsse”.
Eine Teilstrecke der A-Bahn (zwischen L und S) war eine sog. „auferlegte Strecke”, die die DB (als bundeseigene Eisenbahn) nach § 10b des Verkehrssicherstellungsgesetzes (BGBl I 1968, 1082) aus „übergeordneten Gründen” der Landesverteidigung betriebsbereit halten musste. Die Klägerin als nicht bundeseigene Eisenbahn war hierzu nicht verpflichtet.
Auf Anfrage der Klägerin, inwieweit die A-Bahn weiterhin für militärische Zwecke benötigt werde und in welcher Höhe eine Beteiligung des Bundesministeriums der Verteidigung an den Kosten der Herrichtung der Strecke möglich sei, teilte die Wehrbereichsverwaltung (W) der Klägerin mit, dass die Teilstrecke L-S aus „übergeordneten Gründen” vorzuhalten sei. Dies mache es erforderlich, „in konkrete Vertragsverhandlungen einzutreten”. Daraufhin kam es am zu einer Besprechung zwischen Vertretern der Klägerin und W. Dabei bekundete W ein „besonderes Interesse am weiteren Betrieb” der Teilstrecke L-S. Sie werde für den Teil der Strecke Kosten übernehmen, den sie „zur Erfüllung ihrer Aufgaben” benötige, und erklärte sich deshalb bereit, auf Grundlage eines künftigen (noch abzuschließenden) Vertrages mit der Klägerin im Hinblick auf die schnellstmögliche infrastrukturelle Herrichtung der Strecke noch in 1999 einen „Zuschuss” zu leisten. Nachdem die Klägerin W die voraussichtlichen Kosten der Wiederherstellung der Befahrbarkeit mitgeteilt hatte, zahlte W im November 1999 an die Klägerin 250 000 DM als erste Rate eines noch festzulegenden „Investitionskostenzuschusses”, damit die Befahrbarkeit wieder hergestellt werde. Zum Abschluss eines Vertrages zwischen der Klägerin und W kam es später nicht.
In ihrer Umsatzsteuererklärung für das Jahr 1999 (Streitjahr) ging die Klägerin davon aus, die Zahlung der W sei als sog. „unechter Zuschuss” Entgelt für eine umsatzsteuerpflichtige sonstige Leistung. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) stimmte der Steueranmeldung zu.
Im Jahr 2002 beantragte die Klägerin, die Umsatzsteuerfestsetzung für das Streitjahr 1999 zu ändern, weil die Zahlung der W kein Entgelt für die Wiederherstellung der Befahrbarkeit der Teilstrecke, sondern aus allgemeinpolitischen Gründen geleistet worden sei (sog. „echter Zuschuss”). Denn sie, die Klägerin, sei schon aufgrund des Pachtvertrages mit der DB zur Instandhaltung der Eisenbahninfrastruktur verpflichtet gewesen. Diesen Antrag lehnte das FA ab, weil es davon ausging, dass W die Zahlung für die Vorhaltung der Teilstrecke L-S und in Erwartung einer späteren Streckennutzung entrichtet habe. Der Einspruch hatte keinen Erfolg.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Es vertrat in seinem Urteil die Auffassung, die Klägerin habe im Interesse der Bundeswehr in Erfüllung einer vorvertraglichen Verpflichtung gegenüber W vorrangig mit der Wiederherstellung der Eisenbahninfrastruktur auf der Teilstrecke L-S begonnen bzw. beginnen sollen. Die Klägerin habe von W im Sinne einer konkreten Gegenleistung („do, ut des”) 250 000 DM als Vorschuss für „die sofortige Herrichtung” der Teilstrecke L-S „zur Befahrbarkeit im Interesse der Bundeswehr” zur eigenen Verwendung erhalten. Dies ergebe sich aus einer „Ergebnisniederschrift” über das Gespräch zwischen der Klägerin und W, einem Aktenvermerk und den Aussagen der Zeugen B und R, die das FG in der mündlichen Verhandlung zum Inhalt der Besprechung vom vernommen hatte. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme verwies es auf die Sitzungsniederschrift.
Die Leistung der Klägerin sei auch an einen konkret identifizierbaren Leistungsempfänger erbracht worden. Die Bundeswehr werde zwar im allgemeinen Interesse der Landesverteidigung tätig. Dies sei jedoch für die Frage, ob die Zahlung der W ein „echter Zuschuss” sei, unerheblich. Entscheidend sei vielmehr, dass W zielgerichtet eine „schnellstmöglich” zu erbringende Leistung der Klägerin durch die Zahlung habe entgelten wollen.
Mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde macht die Klägerin geltend, die Revision sei zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen. Es sei zu fragen: „Hat das Allgemeininteresse zurückzustehen, wenn eine Konkretisierung vorliegt?” Das FG habe die Unterscheidung zwischen „öffentlichem Interesse” und Leistungsaustausch „verwischt”: Die Herstellung und Unterhaltung der Bahnstrecke sei lediglich Bedingung für die Zuschussgewährung durch W und nicht Entgelt für eine Leistung der Klägerin; W habe lediglich einen Zuschuss „zugesteuert”. Das Urteil sei als „offensichtlich falsch” zu bezeichnen, weil es auf „schiefen wirtschaftlichen Überlegungen” beruhe bzw. „solche nicht beachte”.
Darüber hinaus rügt die Klägerin Verfahrensfehler: Das FG habe die Aussage der Zeugen B und R teilweise ignoriert und damit gegen das Gebot des § 96 der Finanzgerichtsordnung (FGO) verstoßen, seiner Entscheidung den gesamten Inhalt der Akten als Gesamtergebnis des Verfahrens zugrunde zu legen.
Das FA ist der Beschwerde entgegengetreten.
II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
1. Nach § 115 Abs. 2 FGO ist die Revision u.a. zuzulassen, wenn die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) erfordert (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) oder wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO). In der Beschwerdebegründung müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO dargelegt werden (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO).
2. Im Streitfall erfordert die Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 FGO) keine Zulassung der Revision.
a) Eine Zulassung der Revision zur Fortbildung des Rechts setzt voraus, dass der Streitfall im allgemeinen Interesse Veranlassung gibt, Leitsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen aufzustellen oder Gesetzeslücken auszufüllen (vgl. BFH-Beschlüsse vom V B 75/02, BFH/NV 2003, 1590; vom X B 157/01, BFH/NV 2002, 803). Hinsichtlich der Darlegung dieses Zulassungsgrundes gelten die zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung entwickelten Anforderungen (vgl. , BFH/NV 2005, 2014): In der Beschwerdebegründung muss schlüssig und substantiiert —ggf. unter Auseinandersetzung mit den zur aufgeworfenen Rechtsfrage in Rechtsprechung und Schrifttum vertretenen Auffassungen— dargetan werden, weshalb eine für bedeutsam gehaltene Rechtsfrage im Allgemeininteresse klärungsbedürftig und im Streitfall klärbar ist (ständige Rechtsprechung, z.B. , BFH/NV 2005, 1335). Bereits an diesen Darlegungen fehlt es im Streitfall.
b) Außerdem sind die Grundsätze über die Abgrenzung von sog. echten und unechten Zuschüssen geklärt (vgl. z.B. , BFH/NV 2001, 71, mit Nachweisen).
3. Soweit die Klägerin vorträgt, die Revision sei zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen, weil die angefochtene Entscheidung als „offensichtlich falsch” zu bezeichnen sei, hat sie diesen Zulassungsgrund nicht hinreichend dargelegt. Es fehlen —was erforderlich ist (vgl. , BFH/NV 2003, 1097)— nähere Ausführungen dazu, warum ein offensichtlicher (materieller oder formeller) Rechtsanwendungsfehler des FG von erheblichem Gewicht im Sinne einer willkürlichen oder greifbar gesetzwidrigen Entscheidung vorhanden sein soll. Hierfür genügt es nicht zu behaupten, das FG habe Rechtsprechungsgrundsätze auf den Einzelfall fehlerhaft angewendet (vgl. , BFH/NV 2004, 226, m.w.N.), oder vorzutragen, das FG habe Auslegungsgrundsätze verkannt (vgl. , BFH/NV 2002, 1040).
4. Auch ein Verfahrensmangel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) ist nicht hinreichend dargelegt.
Soweit die Klägerin geltend macht, das FG gehe „dem Akteninhalt und den Zeugenaussagen zuwider” vom Vorliegen einer Gegenleistung aus, lässt die Beschwerdebegründung schon nicht mit der gebotenen Klarheit erkennen, zu welchen Aktenteilen die vom FG getroffenen tatsächlichen Feststellungen in Widerspruch stehen sollen (vgl. zu diesem Erfordernis , BFH/NV 1996, 492). Letztlich wendet sich die Klägerin insoweit im Kern ihres Beschwerdevorbringens gegen die Beweiswürdigung des FG und die sachliche Richtigkeit der Vorentscheidung. Mit einer solchen Rüge kann die Zulassung der Revision wegen eines Verfahrensmangels nicht erreicht werden (vgl. u.a. , BFH/NV 2005, 1826, m.w.N.).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2006 S. 622 Nr. 3
PAAAB-74520