BFH Urteil v. - X R 58/01

Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),

Gründe

I. Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind Ehegatten und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Streitig ist, ob bei der gesonderten Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Einkommensteuer zum Einkünfte, die der Kläger aus seiner Beteiligung an einer vermögensverwaltenden Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) erzielt hat und die auf der Ebene der Gesellschaft als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung festgestellt worden sind, in Einkünfte aus Gewerbebetrieb (gewerblicher Grundstückshandel) umzuqualifizieren sind.

Der als Wohnungs- und Tiefbauunternehmer tätige Kläger erwarb im Jahr 1985 die Objekte X-Straße 31 bis 41 (sechs Reihenhäuser), Y-Straße 58 bis 64 (vier Reihenhäuser) und Z-Straße (Eigentumswohnung). Im Jahr 1989 veräußerte er diese Grundstücke.

Daneben war der Kläger im Jahr 1991 mit 50 v.H. an einer Ende 1983 gegründeten GbR beteiligt, deren Gesellschaftszweck die Vermögensverwaltung und die Vermietung und Verpachtung von bebautem und unbebautem Grundbesitz war. Die GbR übernahm zum unentgeltlich die noch vorhandenen Vermögenswerte einer in Liquidation befindlichen KG, an der die Gesellschafter der GbR ebenfalls beteiligt waren. Zu diesen Vermögenswerten gehörten eine seit Oktober 1983 vermietete Eigentumswohnung nebst Garage, ein Garagengrundstück und zwei unbebaute Grundstücke. Eines der unbebauten Grundstücke war bereits durch die KG parzelliert worden (drei Parzellen). Auf dem Grundstück sollten zwei Mehrfamilienhäuser errichtet und nach Aufteilung in Eigentumswohnungen veräußert werden. Die KG hatte im Dezember 1982 einen Bauantrag gestellt und die Planung durchgeführt.

Im November 1989 veräußerte die GbR die vermietete Eigentumswohnung samt Garage. Das parzellierte Grundstück verkaufte sie „zusammen mit Baugenehmigung und Planung” an vier Erwerber.

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt —FA—) ging zunächst davon aus, dass die GbR die Grenze zum gewerblichen Grundstückshandel überschritten habe und behandelte im Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für 1991 vom u.a. den Gewinn aus dem Verkauf der unbebauten Grundstücksparzellen in Höhe von 178 596 DM als Einkünfte aus Gewerbebetrieb.

Am änderte das FA daraufhin den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1991 sowie den Bescheid zum über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Einkommensteuer und stellte den verbleibenden Verlust für den Kläger auf 501 115 DM fest.

Aufgrund des Einspruchs änderte das FA den Feststellungsbescheid vom . Es stellte im Bescheid vom die Einkünfte der GbR als solche aus Vermietung und Verpachtung fest und rechnete dem Kläger 804 DM (50 v.H.) zu.

Daraufhin behandelte das FA im angefochtenen Änderungsbescheid zum über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Einkommensteuer vom die Hälfte des von der GbR —soweit ersichtlich— unstreitig erzielten Gewinns aus der Veräußerung des Grundstücks in Höhe von 89 297 DM aufgrund der sonstigen Grundstücksgeschäfte des Klägers bei diesem als Einkünfte aus Gewerbebetrieb (gewerblicher Grundstückshandel). Es stellte den verbleibenden Verlustabzug für den Kläger auf 648 757 DM fest.

Das Finanzgericht (FG) gab der dagegen erhobenen Klage, mit welcher die Kläger begehrten, den verbleibenden Verlustabzug zur Einkommensteuer zum für den Kläger mit 738 054 DM festzustellen, statt. Sein Urteil ist veröffentlicht in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2002, 173. Zu Unrecht sei das FA im Bescheid zum über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Einkommensteuer davon ausgegangen, dass die vom Kläger erzielten Einkünfte aus seiner Beteiligung an der GbR als Einkünfte aus Gewerbebetrieb und nicht —wie festgestellt— als solche aus Vermietung und Verpachtung zu qualifizieren gewesen seien.

Mit der Revision rügt das FA einen Verstoß gegen § 10d Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in der im Streitjahr gültigen Fassung i.V.m. § 15 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 EStG und § 179 Abs. 1 i.V.m. § 180 Abs. 1 Nr. 2a der Abgabenordnung (AO 1977). Der Gewinnfeststellungsbescheid für die GbR entfalte hinsichtlich der Einkünftezuordnung keine Bindungswirkung, da beim Kläger aufgrund außerhalb der Gesellschaft liegender Umstände eine abweichende Einkünftezuordnung vorzunehmen sei. Diese Entscheidung habe das Wohnsitz-FA zu treffen. Zudem sei über die Höhe der Einkünfte aus gewerblichem Grundstückshandel auf der Ebene des Gesellschafters zu entscheiden.

Das FA beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

II. Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des FG-Urteils und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der FinanzgerichtsordnungFGO—). Zu Unrecht hat das FG entschieden, dass das FA im Bescheid zum über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Einkommensteuer keine verbindliche Entscheidung über die Art und Höhe der Einkünfte des Klägers aus seiner Beteiligung an einer vermögensverwaltenden Gesellschaft treffen durfte.

1. Nach § 179 Abs. 2 Satz 2, § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO 1977 werden einkommensteuerpflichtige Einkünfte und mit ihnen im Zusammenhang stehende andere Besteuerungsgrundlagen gesondert und einheitlich festgestellt, wenn an den Einkünften mehrere Personen beteiligt sind und die Einkünfte diesen Personen steuerlich zuzurechnen sind. Nach diesen Vorschriften sind insbesondere die von einer Personengesellschaft erzielten Einkünfte sowie deren Verteilung auf die Gesellschafter im Wege der gesonderten und einheitlichen Feststellung zu erfassen (, BFH/NV 2001, 254, m.w.N.). Im Rahmen dieser Feststellung ist auch über die Art der erzielten Einkünfte zu entscheiden.

Im Bereich der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung ist eine gesonderte und einheitliche Feststellung vorzunehmen, wenn mehrere Personen gemeinschaftlich den Tatbestand der Vermietung und Verpachtung (§ 21 EStG) verwirklichen und dadurch Einkünfte erzielen, sei es in Gestalt einer Gesamthands- oder Bruchteilsgemeinschaft (, BFHE 188, 53, BStBl II 1999, 360, m.w.N.). Im Streitfall hat das FA für die GbR, an der der Kläger mit 50 v.H. beteiligt war, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung für 1991 gesondert und einheitlich festgestellt und dem Kläger und dem anderen Beteiligten zugerechnet. Soweit die Bindungswirkung des § 182 Abs. 1 Satz 1 AO 1977 reicht, sind die im Bescheid enthaltenen Feststellungen als Besteuerungsgrundlagen maßgebend.

2. Im Streitfall war das FA gleichwohl berechtigt, die als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung gesondert und einheitlich festgestellten Einkünfte des Klägers im Rahmen der Veranlagung zur Einkommensteuer abweichend als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu beurteilen.

a) Die einkommensteuerrechtliche Qualifizierung der Einkünfte von Gesellschaftern einer Personengesellschaft hängt grundsätzlich davon ab, welche Einkunftsart durch die Tätigkeit der Gesellschafter in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit, mithin durch die Tätigkeit der Gesellschaft verwirklicht wird (Beschluss des Großen Senats des , BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751, unter C. III. 3. a; BFH-Urteil in BFH/NV 2001, 254). Die Beteiligung eines oder mehrerer gewerblich tätiger Gesellschafter an einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft führt zwar grundsätzlich nicht dazu, dass die Tätigkeit dieser sog. Zebra-Gesellschaft insgesamt als gewerblich anzusehen wäre (BFH-Beschluss in BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751, unter C. III. 3. b bb). Wird aber ein Gesellschaftsanteil an einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft von einem Gesellschafter im gewerblichen Betriebsvermögen gehalten, hat dies zur Folge, dass die Anteile dieses Gesellschafters an den Wirtschaftsgütern der Gesellschaft bei ihm Betriebsvermögen sind. Deshalb ist —unbeschadet der Einkünftequalifizierung bei der Gesellschaft— die anteilige Erfassung der Gewinne aus der Veräußerung von Wirtschaftsgütern durch die Personengesellschaft bei diesem Gesellschafter erforderlich (, BFHE 185, 177, BStBl II 1999, 401, unter II. 1. b cc).

b) Bei einem betrieblich beteiligten Gesellschafter an einer vermögensverwaltenden Gesellschaft werden demnach die ihm zuzurechnenden Beteiligungseinkünfte als betriebliche Einkünfte qualifiziert. Da sich dies jedoch außerhalb der Zebra-Gesellschaft vollzieht, hat hierüber das für die Besteuerung des einzelnen Gesellschafters zuständige FA zu entscheiden (BFH-Urteil in BFHE 185, 177, BStBl II 1999, 401, unter II. 1. b bb).

3. Das FA konnte im Rahmen der Besteuerung des Klägers auch über die Höhe seiner gewerblichen Einkünfte entscheiden (vgl. Beschluss des Großen Senats des , BFHE 209, 399).

a) Die Feststellungswirkung eines Grundlagenbescheids bezieht sich gemäß § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO 1977 stets nur auf die gemeinschaftlich verwirklichten Tatbestandsmerkmale, nicht aber auf Tatbestandsmerkmale außerhalb der Beteiligung im Bereich der persönlichen Einkünfteerzielung. Diese treten vielmehr zu den verbindlich festgestellten Besteuerungsgrundlagen im Bereich der persönlichen Tatbestandsverwirklichung der Gesellschafter hinzu. Sie gehören nicht in den Regelungsbereich des Grundlagenbescheids, sondern in jenen des Folgebescheids (BFH-Beschluss in BFHE 209, 399, unter C. 3. b aa).

b) Auch das Steuergeheimnis (§ 30 AO 1977) gebietet, dass die verbindliche Entscheidung über die Höhe der Einkünfte eines betrieblich an einer vermögensverwaltenden Gesellschaft Beteiligten durch das für die persönliche Besteuerung dieses Gesellschafters zuständige FA getroffen wird. Die persönlichen Verhältnisse, die bei sog. Zebra-Gesellschaften zu der anteiligen Umqualifizierung der Einkünfte führen, stehen in keinem Zusammenhang mit der Beteiligung und —anders als Sonderbetriebseinnahmen und -ausgaben— werden auch nicht durch eine materiell-rechtliche Vorschrift ausdrücklich den Beteiligungseinkünften zugeordnet (BFH-Beschluss in BFHE 209, 399, unter C. 3. b bb).

c) Für die verbindliche Entscheidung des Feststellungs-FA über die Höhe der Einkünfte eines betrieblich an einer vermögensverwaltenden Gesellschaft beteiligten Gesellschafters fehlt es zudem an einer Rechtsgrundlage. Aus dem Gebot der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes) folgt, dass Besteuerungsgrundlagen nur dann durch Feststellungsbescheid gesondert festgestellt werden, soweit dies gesetzlich bestimmt ist (vgl. hierzu auch § 179 Abs. 1 AO 1977). Weder der AO 1977 noch dem EStG lässt sich jedoch entnehmen, dass dem Einkommensteuerbescheid des Gesellschafters Grundlagenwirkung für den Feststellungsbescheid zukäme (BFH-Beschluss in BFHE 209, 399, unter C. 4.).

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


Fundstelle(n):
BFH/NV 2006 S. 230 Nr. 2
HFR 2006 S. 118 Nr. 2
NWB-Eilnachricht Nr. 20/2006 S. 42
HAAAB-73474