FinMin Saarland - B/2-5 - 194/2005 - S 2742

Arbeitszeitkonto und verdeckte Gewinnausschüttung bei Gesellschafter-Geschäftsführern (§ 8 Abs. 3 Satz 2 KStG)

Zu der körperschaftsteuerlichen Beurteilung flexibler Arbeitszeitmodelle (Führung von sog. Arbeitszeitkonten) für Gesellschafter-Geschäftsführer ist folgende Auffassung zu vertreten:

I. Sachverhalt

Zur Finanzierung eines vorgezogenen Ruhestandes bzw. einer Altersvorsorge werden für den Gesellschafter-Geschäftsführer sog. Arbeitszeitkonten eingerichtet. In der ersten Phase – der sog. Ansparphase – verrichtet der Gesellschafter-Geschäftsführer in unveränderter Art und unverändertem Umfang seine Tätigkeit weiter, die bisher vereinbarte Geschäftsführervergütung wird jedoch gekürzt. Der vereinbarte Kürzungsbetrag wird vom Arbeitgeber einbehalten und auf dem Arbeitszeitkonto entweder in Geld oder in Zeit gutgeschrieben. Teilweise werden auch nicht in Anspruch genommene Urlaubstage sowie Einmalzahlungen und Sonderzahlungen in die Konten eingestellt.

In der zweiten Phase – der Auszahlungsphase – beansprucht der Gesellschafter-Geschäftsführer sein Guthaben. Er wird unter Fortzahlung seiner Bezüge von der Arbeit freigestellt; entsprechend der Auszahlung der Bezüge verringert sich das Guthaben auf dem Arbeitszeitkonto.

Die vorstehend aufgezeigte Nutzung von Arbeitzeitkonten durch Geschäftsführer ist derzeit noch wenig verbreitet, gleichwohl zeichnet sich eine Tendenz ab, derartige Arbeitszeitkontenmodelle zur Abwicklung von Betriebsübergaben im Rahmen von Nachfolgeregelungen einzusetzen. Praxistauglich dürfte hier eher das Modell der Entgeltumwandlung sein als das – gleichfalls mögliche – Modell der Zeitgutschrift. Bei der Entgeltumwandlung werden bereits erdiente Lohnansprüche vertraglich in ein Versorgungsrecht für die Freistellungsphase umgewandelt, so dass der Lohn erst zu einem späteren Zeitpunkt tatsächlich ausgezahlt wird.

Gegenüber einer Pensionszusage, die zusätzlich Gehaltsbestandteil ist, besteht beim Arbeitzeitkonto insoweit ein Unterschied, als der Arbeitgeber aufgrund eines unbedingten Anspruchs aus bereits erarbeiteter Zeit zu einer späteren Zahlung des Gehalts verpflichtet ist. Faktisch „erkauft” sich der Geschäftsführer durch seine Tätigkeit Zeit für die spätere Freistellungsphase; die Lohnzahlung für bereits geleistete Arbeit wird durch eine Abrede über eine spätere Fälligkeit in die Freistellungsphase verschoben.

Das Arbeitszeitkontenmodell ist insoweit attraktiv, weil es ggf. einen Renditevorteil bringt. Bei konventioneller Geldanlage steht hierfür nur das Nettogehalt zur Verfügung, während beim Arbeitszeitkontenmodell der Arbeitgeber das Bruttogehalt für den Arbeitnehmer mit dem Ergebnis höherer Erträge anlegen kann.

II. Körperschaftsteuerliche Behandlung

Entscheidungserheblich für die körperschaftsteuerliche Behandlung von Arbeitszeitkontenmodellen für Gesellschafter-Geschäftsführer sind u. a. die Fragen

  • ob die Organhaftung des Geschäftsführers auch die Freistellungsphase des Geschäftsführers umfasst

    und

  • ob das Wertguthaben des Geschäftsführers der Insolvenzsicherung unterfällt.

Die Organhaftung des GmbH-Geschäftsführers begründet sich gem. § 43 GmbHG in der Verletzung der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsführers mit den erforderlichen Kenntnissen und Fähigkeiten in einer Angelegenheit der Gesellschaft. In seiner Freistellungsphase nimmt der Geschäftsführer tatsächlich keine Geschäftsführungsaufgaben wahr, bezieht aber noch ein Geschäftsführergehalt. Ein Fortbestehen der Organhaftung in der Freistellungsphase ist für die Beurteilung der Frage von Bedeutung, ob sich ein fremder Geschäftsführer auf eine derartige Vereinbarung eingelassen hätte.

Zur Frage der Insolvenzversicherung gilt, dass das Wertguthaben einschließlich des darauf entfallenden Arbeitgeberbeitrages am Gesamtsozialversicherungsbeitrag gem. § 8a Altersteilzeitgesetz (ATG) gegen das Risiko der Zahlungsunfähigkeit abzusichern ist und dem betroffenen Arbeitnehmer die zur Sicherung des Wertguthabens getroffenen Maßnahmen nachzuweisen sind.

§ 8a ATG sanktioniert außerdem für ab dem beginnende Altersteilzeit-Arbeitsverhältnisse die Nichtsicherung. Für sog. Altfälle gilt wie bisher § 7d SGB IV, welcher den Vertragsparteien lediglich auferlegt, Vorkehrungen zur Erfüllung der Wertguthaben einschließlich des auf sie entfallenden Arbeitgeberanteils am Gesamtsozialversicherungsbeitrag bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers zu treffen. Vorgaben zur Art und Weise der Insolvenzsicherung enthält § 7d SGB IV nicht.

Eine insolvenzsichere Ausgestaltung des Arbeitszeitkontenmodells für Geschäftsführer ist aber beispielsweise über eine an den Geschäftsführer verpfändete Rückdeckungsversicherung möglich.

Reine Arbeitszeitkontenmodelle sind aus körperschaftsteuerlicher Sicht nicht mit dem Aufgabenbild eines GmbH-Geschäftsführers vereinbar. Unter reinen Arbeitszeitmodellen werden dabei typischerweise Vereinbarungen verstanden, in denen in der Ansparphase nicht ausbezahlte laufende Gehälter, Sonderzahlungen (z.B. Tantiemen, Urlaubs- und Weihnachtsgeld) in Arbeitzeitguthaben umgerechnet und gutgeschrieben werden und in der Freistellungsphase unter Abbau des Zeitguthabens nach einem bestimmten Umrechnungsfaktor Gehalt bezahlt wird. Derartige Arbeitszeitkontenmodelle für Gesellschafter-Geschäftsführer sind regelmäßig gem. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG als verdeckte Gewinnausschüttung zu beurteilen. Bei der Bemessung des Gehaltes für einen Geschäftsführer kommt es entscheidend auf das Ergebnis seines Arbeitseinsatzes an und nicht (vorrangig) auf die Anzahl der geleisteten Arbeitsstunden. Diese Argumentation entspricht auch der ständigen Rechtsprechung des BFH zur körperschaftsteuerlichen Behandlung von Überstundenvergütungen an Gesellschafter-Geschäftsführer als verdeckte Gewinnausschüttung (vgl. u. a. , BStBl 2001 II S. 655).

Da das Geschäftsführergehalt erfolgsorientiert bemessen ist, wird vom Geschäftsführer ein entsprechender Arbeitseinsatz ohne gesonderte Entlohnung der geleisteten Arbeitszeit erwartet. Zeitgutschriften auf einem Konto für einen Gesellschafter-Geschäftsführer zur Finanzierung einer später nachfolgenden Arbeitsfreistellung mit Gehaltsfortzahlung unter – anteiliger – Verringerung des Zeitguthabens entsprechen grundsätzlich nicht dem, was ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter einer GmbH mit einem Fremdgeschäftsführer vereinbaren würde und indizieren von daher die gesellschaftsrechtliche Veranlassung einer derartigen Vereinbarung.

Auf Entgeltsumwandlungsmodelle (siehe I.) sind indessen die allgemeinen Grundsätze zur verdeckten Gewinnausschüttung anzuwenden. Danach müssen derartige Vereinbarungen insbesondere dem inneren und äußeren Betriebsvergleich standhalten.

III. Versorgungsobergrenze gemäß § 6a EStG

Zu der weitergehenden Frage, ob im Falle einer Pensionszusage und der Führung eines Arbeitszeitkontos in der Ansparphase (in Gestalt einer Entgeltumwandlung) bei der Ermittlung der Versorgungsobergrenze gem. § 6a EStG i. H. v. 75 % der Gesamtbezüge für einen Gesellschafter-Geschäftsführer die angemessene Vergütung vor oder nach Verwendung eines Teilbetrages zur Füllung eines Arbeitzeitkontos zugrunde zu legen ist, gilt Folgendes:

Bei der Ermittlung der 75 %-Grenze im Sinne des ( IV B 2 – S 2176 – 13/04 – BStBl 2004 I S. 1045) zur Prüfung einer möglichen unzulässigen Vorwegnahme künftiger Einkommensentwicklungen sind sämtliche Aktivbezüge des Versorgungsberechtigten zu berücksichtigen, die dem Arbeitslohn gem. § 2 LStDV entsprechen (Rdnr. 9 des Schreibens vom ) und die als im Veranlagungszeitraum zugeflossenen anzusehen sind.

FinMin Saarland v. - B/2-5 - 194/2005 - S 2742

Fundstelle(n):
DStR 2006 S. 39 Nr. 1
GmbH-StB 2006 S. 36 Nr. 2
GmbHR 2006 S. 107 Nr. 2
JAAAB-69092