Instanzenzug:
Gründe
I. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage der während des finanzgerichtlichen Verfahrens verstorbenen M wegen Umsatzsteuer 1989 bis 1992 gegenüber deren Rechtsnachfolger, C, dem Ehemann (Kläger und Beschwerdeführer zu 1.), und S, der Tochter (Klägerin und Beschwerdeführerin zu 2. und Antragstellerin —Antragstellerin—), ab. Das Verfahren war aufgrund der von der Erblasserin erteilten Prozessvollmacht von der Prozessbevollmächtigten namens der Rechtsnachfolger fortgeführt worden; diese hat auch namens der Kläger als Rechtsnachfolger Nichtzulassungsbeschwerde erhoben. Mit Beschluss vom (V B 84/02) wies der erkennende Senat die Nichtzulassungsbeschwerde zurück und legte den Klägern die Kosten des Beschwerdeverfahrens auf.
Mit wurde der bisher für die Kläger zu je 1/2 erteilte gemeinschaftliche Erbschein aufgehoben, weil die Antragstellerin als vor In-Kraft-Treten des Adoptionsgesetzes vom (BGBl I, 1749) angenommenes Kind der Erblasserin nicht erbberechtigt war, da im Annahmevertrag das gesetzliche Erbrecht ausgeschlossen war. Unter Hinweis darauf beantragt die Antragstellerin die Wiederaufnahme des Beschwerdeverfahrens und die Abänderung des Beschlusses mit der Maßgabe, dass sie nicht mehr als Verfahrensbeteiligte und Kostenschuldnerin aufgeführt wird.
II. Der erkennende Senat versteht das Begehren der Antragstellerin als Antrag auf Berichtigung von Rubrum und Tenor gemäß § 107 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Dem Antrag war stattzugeben.
1. Nach § 107 Abs. 1 FGO sind Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten im Urteil jederzeit vom Gericht zu berichtigen. Die Vorschrift ist auch auf die Berichtigung von Beschlüssen anzuwenden (, BFH/NV 2004, 663, m.w.N.). Als Berichtigungsgegenstand erfasst § 107 FGO alle Bestandteile des Urteils bzw. des Beschlusses (vgl. BFH-Beschlüsse in BFH/NV 2004, 663; vom IX B 111/99, BFH/NV 2000, 1127).
2. „Ähnliche” offenbare Unrichtigkeiten i.S. des § 107 FGO sind Erklärungsmängel, die zu dem Erklärungswillen des Gerichts erkennbar im Widerspruch stehen; sie sind „offenbar”, wenn sie augenfällig auf der Hand liegen, durchschaubar und eindeutig sind (BFH-Beschlüsse vom VIII B 157/83, BFHE 142, 13, BStBl II 1984, 834; vom I B 47/03, BFH/NV 2005, 515, m.w.N.). Ziel der Berichtigung kann somit (nur) sein, den erklärten mit dem gewollten Inhalt des Urteils in Einklang zu bringen. Eine Berichtigung ist nach § 107 FGO „jederzeit” und deshalb auch nach Rechtskraft einer Entscheidung zulässig.
3. Nach diesen Grundsätzen liegen im Streitfall die Voraussetzungen für eine Berichtigung des Beschlusses vor.
a) Der Beschluss vom erging gegenüber den im Rubrum bezeichneten Personen als Rechtsnachfolger der verstorbenen M. Obwohl sich bürgerlich-rechtlich durch Erteilung, Ablehnung oder Aufhebung eines Erbscheins die Erbfolge sachlich nicht ändert (vgl. Edenhofer/Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 62. Aufl., § 2365, Überblick vor § 2353 Anm. 4), gilt die Vermutung des § 2365 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB), dass demjenigen, welcher in dem Erbschein als Erbe bezeichnet ist, das in dem Erbschein angegebene Erbrecht zustehe; Gleiches gilt auch für die Feststellung im Aufhebungsbeschluss des dass die Antragstellerin nicht Erbin geworden ist.
b) Die Vermutung des § 2365 BGB gilt auch im Steuerrecht (, BFHE 179, 436, BStBl II 1996, 242). Die Finanzbehörden und die FG haben deshalb regelmäßig von dem Erbrecht auszugehen, wie es im Erbschein bezeugt ist (BFH in BFHE 179, 436, BStBl II 1996, 242). Nach Einziehung des gemeinschaftlichen Erbscheins mangels Erbrechts der Antragstellerin ist deshalb davon auszugehen, dass die Antragstellerin nicht Rechtsnachfolgerin war und deshalb Rubrum und Tenor, Tatbestand und Entscheidungsgründe des Senatsbeschlusses vom offensichtlich unrichtig waren, soweit die Entscheidung ihr gegenüber ergangen ist. Die im Hinblick auf die Gesamtrechtsnachfolge unzutreffende Erwähnung der Antragstellerin als Klägerin zu 2. konnte jederzeit als offenbare Unrichtigkeit berichtigt werden (vgl. zu § 319 der Zivilprozessordnung —ZPO—: , Neue Juristische Wochenschrift —NJW— 2002, 1430, m.w.N.; vgl. auch , BFHE 162, 99, BStBl II 1991, 401).
c) Im Streitfall kann offen bleiben, ob eine Berichtigung nach § 107 FGO zulässig ist, wenn der angebliche Rechtsnachfolger selbst das Verfahren veranlasst hat; denn diese Voraussetzung liegt nicht vor.
Das Verfahren ist nach dem Tod der Erblasserin aufgrund der von der Erblasserin erteilten, uneingeschränkten Prozessvollmacht, die nach § 155 FGO i.V.m. § 86 ZPO über den Tod der Vollmachtgeberin weiterwirkte, —auch— namens der Antragstellerin als Rechtsnachfolgerin der Vollmachtgeberin fortgeführt worden. Die Fortführung des Verfahrens war ungeachtet des Todes der ursprünglichen Klägerin zulässig; denn nach § 155 FGO i.V.m. § 246 Abs. 1 ZPO findet bei Tod eines Beteiligten keine Unterbrechung des Verfahrens statt, wenn der Beteiligte —wie hier— durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten war. Wird ein Aussetzungsantrag gemäß § 246 ZPO nicht gestellt, kann der Rechtsstreit mit Wirkung für die unbekannten oder —wie hier— im damaligen Zeitpunkt bekannten Erben weitergeführt werden (vgl. BGH-Urteile in NJW 2002, 1430; vom IV ZR 204/57 - Lindenmaier/Möhring - Nachschlagewerk des Bundesgerichtshofs zu § 325 Nr. 10 ZPO; , BFH/NV 2000, 212, jeweils m.w.N.). Der Vorlage einer Prozessvollmacht der Erben bedarf es nur, wenn der Rechtsstreit nach § 155 FGO i.V.m. § 246 ZPO ausgesetzt wird. Das war nicht der Fall.
Das gilt mit Rücksicht auf den Fortbestand der Prozessvollmacht der vorinstanzlichen Prozessbevollmächtigten auch für die Rechtsmittelinstanz (, Betriebs-Berater 2004, 1244; Oberverwaltungsgericht Münster vom 8 A 2924/83, NJW 1986, 1707).
Da hier die Antragstellerin nicht selbst das Verfahren veranlasst und auch bis zum Abschluss des Verfahrens durch den Senatsbeschluss vom keine Vollmacht erteilt hat, scheidet sie als Kostenschuldnerin nach § 135 FGO aus.
d) Rubrum, Tenor und Tatbestand des Beschlusses vom (V R 84/02) waren danach wie folgt zu ändern:
Im Rubrum wird als Kläger und Beschwerdeführer nur C als Rechtsnachfolger der verstorbenen M aufgeführt.
Im Entscheidungstenor heißt es statt „Die Beschwerde der Kläger” nunmehr „Die Beschwerde des Klägers” und statt „Die Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Kläger zu tragen.” nunmehr „Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Kläger zu tragen.”
Tatbestand und Entscheidungsgründe werden mit der Maßgabe berichtigt, dass der Plural für die Klägerbezeichnung („die Kläger und Beschwerdeführer”) jeweils durch den männlichen Singular („der Kläger”) ersetzt wird.
4. Die Kostenfreiheit der Entscheidung ergibt sich aus ihrer Zugehörigkeit zu dem abgeschlossenen Beschwerdeverfahren (vgl. BFH-Beschlüsse vom IV B 33/94, BFH/NV 1995, 228; vom VIII S 14/86, BFH/NV 1987, 786).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2005 S. 2218 Nr. 12
AAAAB-68113