Gemeinnützigkeitsrecht; Förderung der Allgemeinheit und Satzungsbestimmungen zur Ausschließlichkeit und Unmittelbarkeit
Bezug:
Eine Körperschaft ist nur dann gemeinnützig, wenn sie die Allgemeinheit fördert (§ 52 Abs. 1 AO). In dem Beschluss vom (BStBl 2004 II S. 721) hat der BFH hierzu die Auffassung vertreten, dass auch die Bewohner oder Angehörigen eines ausländischen Staates oder einer Stadt im Ausland Allgemeinheit im Sinne dieser Vorschrift sein können. Zur Begründung hat er unter Hinweis auf die als gemeinnütziger Zweck anerkannte Förderung der Entwicklungshilfe ausgeführt, eine Körperschaft könne auch dann die Allgemeinheit fördern, wenn ihre Fördermaßnahmen nicht den Bewohnern oder Staatsangehörigen Deutschlands zugute kommen.
Nach § 59 AO muss sich aus der Satzung einer gemeinnützigen Körperschaft auch ergeben, dass der steuerbegünstigte Zweck ausschließlich und unmittelbar verfolgt wird. Nach § 60 Abs. 1 AO müssen die Satzungszwecke und die Art ihrer Verwirklichung so genau bestimmt sein, dass aufgrund der Satzung geprüft werden kann, ob die Voraussetzungen für die Steuervergünstigungen gegeben sind. Dementsprechend sieht die Mustersatzung für einen Verein (Anwendungserlass zur AO, Anlage 1 zu § 60) in § 1 die Bestimmung vor, dass die steuerbegünstigten Zwecke ausschließlich und unmittelbar verfolgt werden. Dagegen hat der BFH in dem o. a. Beschluss die Auffassung vertreten, dass die Begriffe „ausschließlich” und „unmittelbar” nicht in der Satzung einer gemeinnützigen Körperschaft genannt zu werden brauchen. Es reiche aus, wenn aus der Satzung nichts Gegenteiliges entnommen werden könne. Ausschlaggebend sei, dass die aufgelisteten Zielsetzungen keinen begründeten Zweifel daran ließen, dass sie der Verwirklichung des steuerbegünstigten Zwecks dienen.
Nach dem Ergebnis der Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder ist der Auffassung des BFH zum Begriff der Allgemeinheit i. S. d. § 52 Abs. 1 AO und zum Fehlen von Satzungsbestimmungen über die Ausschließlichkeit und Unmittelbarkeit der Zweckverwirklichung, die er in dem Beschluss vom vertreten hat, nicht allgemein zu folgen.
Unter „Allgemeinheit” i. S. d. § 52 Abs. 1 AO ist die Bevölkerung von Deutschland bzw. ein Ausschnitt daraus zu verstehen. Bei dem Abschnitt „Steuerbegünstigte Zwecke” der Abgabenordnung (§§ 51 bis 68 AO, Gemeinnützigkeitsrecht) handelt es sich um nationales Recht, das im Ausland nicht gilt. Es enthält die Voraussetzungen, unter denen Körperschaften, die in Deutschland grundsätzlich steuerpflichtig sind, von der Steuer befreit werden können. Die Befreiungen bedürfen einer Rechtfertigung. Diese ist das besondere Interesse, das der Staat an der am Gemeinwohl orientierten Tätigkeit der Körperschaften hat. Der deutsche Staat gewährt privaten gemeinnützigen Körperschaften die Steuerbefreiungen, weil sie ihm – entsprechend dem Subsidiaritätsprinzip – Gemeinwohlaufgaben abnehmen, die er sonst selbst erfüllen und für die er Steuermittel aufwenden müsste. Dagegen gehört es nicht zu seinen Aufgaben, die Bevölkerung anderer Länder durch Maßnahmen auf allen Gebieten, die in Deutschland als gemeinnützig anerkannt sind, zu fördern. Er muss weder unmittelbar noch mittelbar – über Steuervergünstigungen für dortige Körperschaften – Mittel dafür verwenden.
Davon zu unterscheiden ist, dass eine steuerbegünstigte inländische Körperschaft ihre gemeinnützigen Zwecke grundsätzlich auch im Ausland verwirklichen kann. Insbesondere bei der Förderung der Entwicklungshilfe in einem Entwicklungsland und der humanitären Hilfe bei Katastrophen liegt dies auf der Hand. Hieraus kann aber nicht geschlossen werden, dass die Bevölkerung des Entwicklungslandes oder einer Katastrophenregion als Allgemeinheit i. S. d. § 52 Abs. 1 AO anzusehen ist. Vielmehr sind die Entwicklungshilfe, die Hilfe bei Katastrophen und die Verwirklichung anderer gemeinnütziger Zwecke im Ausland steuerlich begünstigt, weil und soweit sie positive Rückwirkungen auf das Ansehen Deutschlands und die deutsche Bevölkerung (Allgemeinheit) haben und auch hier die Bundesrepublik Deutschland mehr Steuermittel aufwenden müsste, wenn sich nicht inländische Organisationen engagieren würden.
Eine Körperschaft kann nicht als gemeinnützig behandelt werden, wenn sie sich in ihrer Satzung nicht zur unmittelbaren und ausschließlichen Förderung ihres steuerbegünstigten Zwecks verpflichtet. Das Gesetz (§ 59 AO) verlangt ausdrücklich, dass sich neben dem steuerbegünstigten Zweck auch die ausschließliche und unmittelbare Förderung dieses Zwecks aus der Satzung ergeben muss. Es würde den gesetzlichen Bestimmungen daher nicht gerecht, wenn immer dann, wenn in einer Satzung kein nicht gemeinnütziger Zweck aufgeführt ist, unterstellt werden könnte, dass ausschließlich steuerbegünstigte Zwecke gefördert werden. Auch die Beschränkung auf eine unmittelbare Förderung der Satzungszwecke ist regelmäßig nicht schon deshalb sichergestellt, weil die Satzung keinen klaren Hinweis auf eine von der Körperschaft beabsichtigte nur mittelbare Förderung enthält.
BMF v. - IV C 4
- S 0181 - 9/05
Auf diese Anweisung wird Bezug genommen in folgenden Verwaltungsanweisungen:
Auf diese Anweisung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BStBl 2005 I Seite 902
OAAAB-66857