BFH Beschluss v. - V B 150/04

Gegenstand der Besteuerung bei einem Grundstücksumsatz

Gesetze: UStG § 4 Nr. 9a

Instanzenzug:

Gründe

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) war in den Jahren 1992 und 1993 (Streitjahre) als Architekt selbständig tätig. Ferner war er Organträger einer Immobilien-GmbH (I-GmbH) mit Sitz in H. Der Kläger bzw. die I-GmbH veräußerten Grundstücke, die vom Kläger baureif gemacht wurden, an verschiedene Bauinteressenten. Bei der Erstellung der Bauvorhaben wurde der Kläger als Architekt eingeschaltet. Die schlüsselfertige Erstellung des jeweiligen Wohngebäudes oblag der P-GmbH mit Sitz in B. Der Kläger war Organträger auch dieser Gesellschaft.

Ein Teil der Bauvorhaben wurde wie folgt abgewickelt: Der Kläger bzw. die I-GmbH veräußerte lediglich die Baugrundstücke zusammen mit den Architektenleistungen, wobei unter Bezugnahme auf die beigefügten Zeichnungen die Baupläne nach den Vorstellungen des jeweiligen Käufers fertiggestellt waren. Im Anschluss an diesen Vertrag schloss die P-GmbH mit dem jeweiligen Bauinteressenten einen weiteren Vertrag, der gemäß den hierbei als Anlage beigefügten Zeichnungen und der Baubeschreibung auf die schlüsselfertige Erstellung eines Reiheneigenheims gerichtet war.

Der Kläger ist der Auffassung, dass die von der P-GmbH erbrachten Bauleistungen gemäß § 4 Nr. 9 Buchst. a des Umsatzsteuergesetzes 1991/1993 (UStG) steuerfrei seien.

Das Finanzgericht (FG) wies die nach erfolglosem Vorverfahren erhobene Klage des Klägers im Streitpunkt als unbegründet ab.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers.

II. Die Beschwerde des Klägers hat keinen Erfolg.

Die vom Kläger geltend gemachten Revisionszulassungsgründe (§ 115 Abs. 2 der FinanzgerichtsordnungFGO—) liegen entweder nicht vor oder sind nicht entsprechend den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO dargelegt.

1. Entgegen der Ansicht des Klägers erfordert die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung im Streitfall keine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) in einem Revisionsverfahren (vgl. § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO). Die vom Kläger gerügte Abweichung der Vorentscheidung von dem (BFHE 166, 185, BStBl II 1992, 206) liegt nicht vor.

Der BFH hat in dieser Entscheidung ausgeführt, Besteuerungsgegenstand sei umsatzsteuerrechtlich grundsätzlich die ausgeführte Leistung. Sie werde bestimmt durch die Art ihrer Ausführung, den Gegenstand, auf den die Ausführung gerichtet sei, durch die Beteiligten (Leistende, Leistungsempfänger) und durch ihre Entgeltlichkeit. Dies gelte auch für einen nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG steuerfreien Grundstücksumsatz.

Von diesen Grundsätzen ist das FG in der Vorentscheidung ausgegangen (Urteil, S. 12).

Der BFH hat in dem bezeichneten Urteil die Vorentscheidung aufgehoben, weil die vorhandenen Feststellungen nicht die Beurteilung ermöglichten, ob und in welchem Umfang der Kläger steuerfreie, unter das Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) fallende Umsätze (§ 4 Nr. 9 Buchst. a UStG) ausgeführt habe. In diesem Zusammenhang hat der BFH u.a. ausgeführt, es komme in Betracht, dass der Kläger nur ein unbebautes Grundstück oder ein erschlossenes unbebautes Grundstück (jeweils steuerfrei nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG) geliefert und außerdem weitere Leistungen ausgeführt habe. Der Kläger —so fährt der BFH fort— könnte auch ein bebautes Grundstück an die Grundstückserwerber geliefert haben, wenn er ihnen —abweichend von den zivilrechtlichen Vereinbarungen der Bauhandwerker mit den Grundstückserwerbern— nach dem wirtschaftlichen Gehalt ihrer Tätigkeit die Bauleistungen (steuerfrei nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG) verschafft habe (vgl. Urteilsgründe unter II. 2.).

Auch insoweit ist keine Abweichung des angefochtenen FG-Urteils gegeben. Das FG hat auf S. 13 seines Urteils ausgeführt, im Streitfall liege kein einheitlicher Liefervorgang über ein bebautes Grundstück vor; vielmehr sei von der Lieferung eines Grundstücks in einem Zustand auszugehen, den dieses durch die künftige Bebauung erst habe erhalten sollen.

Damit und mit den in diesem Zusammenhang ferner dargelegten Erwägungen hat das FG im Kern —weitgehend wörtlich— die Ausführungen des Senats im (BFH/NV 1994, 198, unter 5. b) übernommen.

2. Die Revision kann auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) zugelassen werden.

a) Eine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung kommt nur wegen einer klärungsbedürftigen und klärbaren Rechtsfrage in Betracht. Der Beschwerdeführer muss die Bedeutsamkeit der Beantwortung der Rechtsfrage durch die angestrebte Revisionsentscheidung für die Allgemeinheit substantiiert dartun. Dazu muss er erläutern, welche über den Streitfall hinausgehende Bedeutung eine Entscheidung für die nicht nur an den Besonderheiten des Streitfalls orientierte Rechtsfrage hat (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom V B 197/00, BFH/NV 2001, 1413; vom V B 12/94, BFH/NV 1995, 456; vom V B 101/03, BFHE 205, 416, BStBl II 2004, 748).

b) Die vom Kläger für rechtsgrundsätzlich gehaltene Frage, „ob Grundstückslieferung und Bauleistung umsatzsteuerlich allein deshalb als getrennte Leistungen zu beurteilen sind, weil Grundstücksveräußerer und Bauunternehmer verschiedene Rechtssubjekte sind, aber in umsatzsteuerlicher Organschaft verbunden sind”, wäre in einem Revisionsverfahren nicht klärbar, weil sie sich nicht stellt.

Das FG hat hierzu mit Recht ausgeführt, da im Streitfall bei den Grundstücksveräußerungen einschließlich der Architektenleistungen einerseits und bei den Bauleistungen andererseits bereits ihrem Gegenstand nach unterschiedlich und getrennt zu beurteilende Leistungen vorlägen, könne offen bleiben, ob diese getrennte Beurteilung beider Leistungen auch deswegen angezeigt sei, weil sie von unterschiedlichen Personen —einerseits vom Kläger bzw. von der I-GmbH, andererseits von der P-GmbH— erbracht worden seien. Deshalb könne dahingestellt bleiben, ob von einer Leistungserbringung durch zwei verschiedene Personen auszugehen sei oder ob wegen des Bestehens einer Organschaft zwischen beiden Leistenden ein einheitliches Handeln des Organträgers anzunehmen sei (Urteil, S. 14 f.).

c) Die ferner vom Kläger als rechtsgrundsätzlich angesehene Frage, „ob ein einheitlicher (steuerbefreiter) Liefervorgang eines bebauten Grundstücks zu verneinen ist, weil der Gegenstand des zivilrechtlich auf zwei Verträge aufgeteilten Erwerbsvorgangs ein Grundstück mit darauf erst noch zu errichtendem Gebäude ist”, kann nicht abstrakt, sondern nur aufgrund der Umstände des Einzelfalls entschieden werden (vgl. BFH-Urteil in BFHE 166, 185, BStBl II 1992, 206). Dies steht einer Zulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache entgegen (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 2001, 1413).

d) Die weitere vom Kläger aufgeworfene Frage, „ob die tatsächliche Verständigung einer umsatzsteuerlichen Organgesellschaft mit den Finanzbehörden im Rahmen der Umsatzsteuerfestsetzung, die sich bezieht auf den Zeitraum der bestehenden umsatzsteuerlichen Organschaft und damit unmittelbar Auswirkung auf den Organträger zeitigt, diesem zuzurechnen ist, oder, ob der Organträger sich auf die getroffene tatsächliche Verständigung, an der er persönlich nicht teilgenommen hat, nicht berufen kann”, rechtfertigt ebenfalls nicht die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung.

Der Kläger greift damit die Auffassung des FG in der Vorentscheidung an, eine von der P-GmbH mit der Finanzverwaltung getroffene tatsächliche Verständigung entfalte für den Kläger keine bindende Wirkung, da er, dessen Organträgerschaft insoweit erst später festgestellt worden sei, an der tatsächlichen Verständigung nicht teilgenommen habe.

Der Kläger hat aber nicht dargelegt, ob und aus welchen Gründen die von ihm hervorgehobene Rechtsfrage umstritten ist. So fehlt jede Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des BFH zu den Voraussetzungen und den Rechtsfolgen einer tatsächlichen Verständigung. Allein der Hinweis des Klägers, der BFH habe sich mit dieser Frage bisher nicht auseinander gesetzt und es bestehe ein allgemeines Interesse an der Beantwortung der gestellten Rechtsfrage, weil der vorliegende Fall für eine Mehrzahl gleichliegender Fälle von Bedeutung sein könne, entspricht den Anforderungen an die Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung nicht (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 2001, 1413).

3. Die Revision ist schließlich nicht gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO wegen eines Verfahrensmangels zuzulassen.

Die Rüge des Klägers der Verletzung rechtlichen Gehörs durch eine Überraschungsentscheidung ist nicht begründet. Das FG durfte entgegen der Ansicht des Klägers seine Entscheidung ausschließlich darauf stützen, dass die Grundstücksveräußerungen einschließlich der Architektenleistungen einerseits und die Bauleistungen andererseits bereits ihrem Gegenstand nach unterschiedlich und getrennt zu beurteilende Leistungen seien. Es durfte offen lassen, ob unterschiedliche Personen trotz Bestehens einer umsatzsteuerrechtlichen Organschaft geleistet haben und eine einheitliche Leistung aus diesem Grund zu verneinen ist, auch wenn dieser Gesichtspunkt in dem Rechtsstreit vorrangig oder —wie der Kläger behauptet— ausschließlich erörtert worden sein sollte. Denn die Einheitlichkeit der erbrachten Leistungen war letztlich die zentrale Frage des finanzgerichtlichen Verfahrens. Die Einordnung von zwei, auf der Grundlage verschiedener Verpflichtungsgründe erbrachter Leistungen als getrennte Leistungen, so wie sie das FG auf der Grundlage der Rechtsprechung des BFH vorgenommen hat, war nahe liegend.

Fundstelle(n):
BFH/NV 2005 S. 2065 Nr. 11
WAAAB-66072