Darlegung des Verfahrensmangels unzureichender Sachaufklärung; Verletzung des rechtlichen Gehörs
Gesetze: FGO § 96, § 115 Abs. 2
Instanzenzug:
Gründe
I. Die Beteiligten streiten über das Vorliegen verdeckter Gewinnausschüttungen (vGA).
Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist eine GmbH, die u.a. eigene und angemietete Binnenschiffe betreibt. Ihr alleiniger Gesellschafter war im Streitjahr (1992) Dr. Hans Gerd H, ihre Geschäftsführerin dessen Ehefrau. H war außerdem Alleingesellschafter der Beigeladenen; Frau H betrieb ein Einzelunternehmen, das seine Frachtaufträge ausschließlich von der Klägerin erhielt.
Im Anschluss an eine Außenprüfung erließ der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) gegenüber der Klägerin Steuerbescheide für das Streitjahr, in denen er verschiedene Vorgänge als vGA würdigte. Dabei ging es u.a. um folgende Sachverhalte:
- Die Klägerin hatte dem Einzelunternehmen der Frau H im Jahr 1991 eine als „Frachtvorschuss” bezeichnete Zahlung gewährt, die sie im Streitjahr zurückerhielt. Zinsen wurden in diesem Zusammenhang nicht gezahlt. Das FA sah die zinslose Überlassung von Kapital als vGA an und erhöhte deshalb die von der Klägerin erklärten Einkünfte um 5 989 DM (Zinssatz 9,25 v.H.).
- Die Klägerin räumte der B-GmbH, deren alleiniger Gesellschafter H war, mit Vertrag vom eine Kreditlinie von zunächst 200 000 DM ein. Diese Kreditlinie wurde später auf 300 000 DM erhöht. Die B-GmbH war Komplementärin mehrerer Kommanditgesellschaften, bei denen H Kommanditist war und die Schiffe betrieben. Der von ihr in Anspruch genommene zinslose Kredit belief sich im Streitjahr auf durchschnittlich 96 992 DM, woraus das FA eine vGA in Höhe von 8 971 DM ableitete (Zinssatz 9,25 v.H.).
Die Klägerin hatte zwei regionale Tageszeitungen abonniert, während die Eheleute H keine Tageszeitungen bezogen. Das FA erfasste den Bezug einer der Zeitungen als vGA in Höhe von 354 DM.
Die gegen die Steuerbescheide gerichtete Klage wies das Finanzgericht (FG) ab, ohne die Revision gegen sein Urteil zuzulassen. Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde, mit der sie geltend macht, dass die Revision nach § 115 Abs. 2 Nrn. 1, 2 und 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zuzulassen sei.
Das FA ist der Nichtzulassungsbeschwerde entgegengetreten.
II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unbegründet. Die von der Klägerin geltend gemachten Gründe für eine Zulassung der Revision liegen, soweit sie überhaupt in statthafter Form dargelegt worden sind, nicht vor.
1. Im Hinblick auf den an das Unternehmen von Frau H gezahlten „Frachtvorschuss” beanstandet die Klägerin lediglich, dass das FG den Zinssatz für ein fremdübliches Darlehen unzutreffend bestimmt habe. Ihre dazu gemachten Ausführungen sind jedoch nicht geeignet, einen Grund für die Zulassung der Revision darzulegen.
a) Das gilt zunächst insofern, als die Klägerin rügt, dass das FG ihren Vortrag zu vergleichbaren Darlehensgewährungen durch andere Unternehmen nicht berücksichtigt habe. Die Klägerin verweist hierzu zwar auf einen „dem FG vorliegenden Vertrag einer dritten Reederei”, in dem für einen Frachtvorschuss ein Zinssatz von nur 5 v.H. festgesetzt worden sei. Zur Darlegung (§#nbsp;116 Abs. 3 Satz 3 FGO) des insoweit geltend gemachten Verfahrensmangels (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) hätte sie jedoch den nach ihrer Ansicht übergangenen Vortrag und die übergangenen Beweismittel genau angeben müssen, wozu u.a. die Angabe der Fundstelle in den Verfahrensakten gehört hätte. Dies hat die Klägerin unterlassen, weshalb ihre Verfahrensrüge nicht in statthafter Form erhoben worden ist.
b) Im Ergebnis dasselbe gilt für die Rüge der Klägerin, dass das FG mit dem Ansatz eines Zinssatzes von 9,25 v.H. von der Rechtsprechung des Senats zu den Kriterien eines fremdüblichen Zinssatzes (Urteil vom I R 36/03, BFHE 204, 106, BStBl II 2004, 307) abgewichen sei. Denn die Klägerin hat keinen abstrakten Rechtssatz benannt, den das FG ihrer Meinung nach aufgestellt und der mit einem jenes Urteil tragenden Rechtssatz kollidieren könnte. Das wäre aber zur Darlegung einer Divergenz, die eine Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO rechtfertigen könnte, notwendig gewesen. Letztlich rügt die Klägerin insoweit nur eine unrichtige Rechtsanwendung durch das FG, was nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Darlegung eines Grundes für die Revisionszulassung nicht ausreicht (z.B. BFH-Beschlüsse vom XI B 175/02, BFH/NV 2003, 1393; vom VII B 334/03, BFH/NV 2004, 974).
2. Zur Frage der Darlehensgewährung an die B-GmbH, der die Klägerin grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) beimisst, hat der Senat schon in seinem —dieselben Beteiligten betreffenden— Beschluss vom I B 130/03 (BFH/NV 2004, 969) Stellung genommen. An der dort dargestellten Beurteilung hält er auch unter Berücksichtigung des neuerlichen Vortrags der Klägerin fest. Entscheidend ist insoweit, dass nach der Überzeugung des FG die Darlehensgewährung nicht allein durch die Geschäftsbeziehung zwischen der Klägerin einerseits sowie der B-GmbH und den von dieser geleiteten Kommanditgesellschaften andererseits, sondern in zumindest nicht unbedeutendem Maße durch die gesellschaftsrechtliche Verflechtung zwischen den einzelnen Unternehmen veranlasst war. Von dieser tatrichterlichen Würdigung ist bei der Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde auszugehen. Dann aber stimmt die rechtliche Beurteilung seitens des FG mit der Rechtsprechung des Senats überein, ohne dass sich in diesem Zusammenhang eine klärungsbedürftige Frage stellt.
Aus demselben Grund ist, was das Darlehen an die B-GmbH angeht, eine Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO nicht veranlasst. Ebenso ergibt sich nicht der von der Klägerin gerügte Verfahrensmangel in Gestalt eines Verstoßes gegen § 96 Abs. 2 FGO daraus, dass das FG den von der Klägerin behaupteten Nachteil der B-GmbH als „niemals beziffert” bezeichnet hat. Denn das FG hat ausweislich des erstinstanzlichen Urteils den gesamten Vortrag der Klägerin zu dem Zusammenhang zwischen der Darlehensgewährung und den genannten Nachteilen berücksichtigt und mit der nunmehr von der Klägerin beanstandeten Formulierung lediglich zum Ausdruck gebracht, dass der von der Klägerin geltend gemachte Zusammenhang zwischen beiden Vorgängen nicht zahlenmäßig konkretisiert worden und dass dies bei der Würdigung des Vortrags der Klägerin zu berücksichtigen sei. Diese Erwägung ist vor dem Hintergrund, dass es letztlich um die Frage des Nachteilsausgleichs ging und dass ein solcher Ausgleich die zumindest ungefähre Gleichwertigkeit von zugewendetem Vorteil und ausgeglichenem Nachteil voraussetzt (Senatsurteil vom I R 95/75, BFHE 122, 491, BStBl II 1977, 704), zumindest nicht fernliegend. Das FG durfte sie deshalb in seine Überlegungen einbeziehen, ohne sie zuvor mit den Beteiligten zu erörtern (vgl. dazu , BFH/NV 2004, 1666, m.w.N.). Angesichts dessen liegt eine gegen § 96 Abs. 2 FGO verstoßende Überraschungsentscheidung im Streitfall nicht vor.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2005 S. 2212 Nr. 12
IAAAB-66055