OFD Frankfurt am Main - S 2252 A - 27 - St II 3.04

Einkommensteuerrechtliche Behandlung von
a) Emissionsdisagio, Emissionsdiskont und umlaufbedingtem Unterschiedsbetrag zwischen Marktpreis und höherem Nennwert bei festverzinslichen Wertpapieren und
b) unverzinslichen Schatzanweisungen, die zu einem Privatvermögen gehören

Bezug: (BStBl 1986 I S. 539)

Im Einvernehmen mit dem Bundesminister der Finanzen und den obersten Finanzbehörden der anderen Länder wird zur einkommensteuerrechtlichen Behandlung von Emissionsdisagio, Emissionsdiskont und umlaufbedingtem Unterschiedsbetrag zwischen Marktpreis und höherem Nennwert bei festverzinslichen Wertpapieren, die zu einem Privatvermögen gehören, sowie zu unverzinslichen Schatzanweisungen, die zu einem Privatvermögen gehören, folgende Auffassung vertreten:

  1. Ein bei der Emission eines festverzinslichen Wertpapiers gewährtes Disagio stellt einen Abschlag vom Nennwert dar, mit dem der Emittent vornehmlich auf eine Erhöhung des Kapitalmarktzinses in der Zeit zwischen dem Antrag auf Genehmigung der Emission und der Ausgabe der Emission auf dem Kapitalmarkt reagiert (sog. Feineinstellung des Zinses).

    Davon zu unterscheiden ist der Emissionsdiskont. Dieser Abschlag vom Nennwert beinhaltet wirtschaftlich ganz oder teilweise (wenn daneben ein deutlich unter dem Kapitalmarktzins für Wertpapiere gleicher Laufzeit liegender laufender Zins gewährt wird) den Ertrag des Wertpapiers, wenn dieses am Ende seiner Laufzeit zum Nennwert eingelöst wird (sog. Abzinsungspapier).

    Vom Emissionsdisagio und vom Emissionsdiskont ist der umlaufbedingte Unterschiedsbetrag zwischen Marktpreis und höherem Nennwert eines festverzinslichen Wertpapiers zu unterscheiden, der sich dadurch ergeben kann, daß der Kapitalmarktzins während der Laufzeit eines Wertpapiers steigt; in diesen Fällen sinkt der Kurs aller festverzinslichen Wertpapiere mit einer Verzinsung unter dem Kapitalmarktzins unter den Nennwert ab.

  2. Für die einkommensteuerrechtliche Behandlung der genannten Abschläge und Unterschiedsbeträge bei den Einkünften aus Kapitalvermögen gilt bei festverzinslichen Wertpapieren, die zu einem Privatvermögen gehören, folgendes:

    1. Auf Grund seiner Funktion als Feineinstellung des Zinses stellt ein Emissionsdisagio grundsätzlich einen der Einkommensteuer zu unterwerfenden Kapitalertrag dar. Ebenso stellt ein Emissionsdiskont, da er wirtschaftlich ganz oder teilweise den Ertrag des Wertpapiers beinhaltet, grundsätzlich einen der Einkommensteuer zu unterwerfenden Kapitalertrag dar. Aus Vereinfachungsgründen wird ein Emissionsdisagio oder ein Emissionsdiskont jedoch steuerlich nicht erfaßt, wenn diese folgende Vomhundertsätze des Nennwerts in Abhängigkeit von der Laufzeit nicht übersteigen:

      Tabelle in neuem Fenster öffnen
      Laufzeit
      Disagio in v.H.
      bis unter 2 Jahre
      1
      2 Jahre bis unter 4 Jahre
      2
      4 Jahre bis unter 6 Jahre
      3
      6 Jahre bis unter 8 Jahre
      4
      8 Jahre bis unter 10 Jahre
      5
      ab 10 Jahren
      6

      Dies gilt auch für außerhalb des Anwendungsbereichs der §§ 795, 808a BGB begebene Wertpapiere, nicht jedoch für Schuldscheindarlehen und Darlehen nach § 17 Abs. 2 BerlinFG. Bei Daueremissionen ist für die Ermittlung des Emissionsdisagio von dem im Genehmigungsantrag bezeichneten Emissionskurs auszugehen; ist im Genehmigungsantrag ein Emissionskurs nicht bezeichnet oder handelt es sich um nicht genehmigungspflichtige Schuldverschreibungen, ist der erste Verkaufskurs maßgebend.

      Werden die oben genannten Vomhundertsätze überschritten, ist zur Berechnung des Kapitalertrags mein das – 40 – II B 1 a – (ESt-Kartei § 20 Fach 3 Karte 3) während der gesamten Laufzeit der Emission anzuwenden. Das gilt auch, wenn nach den Emissionsbedingungen ein Agio zum Nennwert, das bei der Rückzahlung des Kapitals gewährt wird, allein oder zusammen mit einem Emissionsdisagio die oben in Abhängigkeit von der Laufzeit genannten Vomhundertsätze überschreitet.

      Wird bei der Emission von festverzinslichen Wertpapieren dem Erwerber ein Abschlag vom Emissionskurs deshalb eingeräumt, weil er eine größere Menge von Wertpapieren erwirbt, handelt es sich insoweit stets um einen steuerpflichtigen besonderen Vorteil im Sinne des § 20 Abs. 2 Nr. 1 EStG.

    2. Demgegenüber stellt der umlaufbedingte Unterschiedsbetrag zwischen Marktpreis und höherem Nennwert wirtschaftlich eine Abwertung des Kapitalstamms dar, der in der Regel durch eine seit dem Zeitpunkt der Emission eines festverzinslichen Wertpapiers eingetretene Steigerung des Kapitalmarktzinses bedingt ist. Der Unterschiedsbetrag gehört deshalb im Falle der Veräußerung oder bei Einlösung des Wertpapiers nicht zum Kapitalertrag, sondern zur einkommensteuerrechtlich unbeachtlichen Vermögensebene;

      dasselbe gilt für den Fall, daß der Marktpreis eines festverzinslichen Wertpapiers umlaufbedingt den Nennwert infolge einer seit dem Zeitpunkt der Emission eingetretenen Senkung des Kapitalmarktzinses übersteigt.

  3. Werden unverzinsliche Schatzanweisungen vor Einlösung durch die Bundesbank an einen Dritten veräußert, gehört der Diskont, der rechnerisch auf die Zeit entfällt, während der der Veräußerer die Titel gehalten hat, bei diesem zu den Einkünften aus Kapitalvermögen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG. Veräußerungserlöse, die den rechnerisch auf die Zeit der Innehabung entfallenden Betrag über- oder unterschreiten, bleiben als der Vermögensebene zugehörige Beträge außer Ansatz.

    Für die Berechnung des steuerpflichtigen Kapitalertrags ist mein Erlaß vom  – S 2252 A – 40 – II B 1 a (a.a.O.) anzuwenden.

Dieser Erlaß entspricht dem  IV B 4 – S 2252 – 180/86 –, das im Bundessteuerblatt Teil I S. 539 veröffentlicht worden ist.

Zusatz der OFD:

1. zu Tz. 2a, 1. Absatz:

Werden Schuldverschreibungen mit einer Laufzeit von unter einem Jahr in Umlauf gebracht, sind bei solchen Papieren Emissionsdisagio und Emissionsdiskont nur dann nicht zu erfassen, wenn sie umgerechnet auf eine Laufzeit von einem Jahr höchstens 1 v.H. des Nennwerts ausmachen, also z.B. bei einer Laufzeit von 9 Monaten höchstens 0,75 v. H. Bei Schuldverschreibungen mit einer Laufzeit ab einem Jahr ist der Disagioerlass wie bisher ohne weitere Auslegung anzuwenden (Hessischer Minister der Fin mit Erlass vom  – S 2252 A – 35 – II B 1 a).

2. zu Tz. 2a, 3. Absatz:

Die Aufstockung börsennotierter Schuldverschreibungen (Ausgabe weiterer Stücke einer Schuldverschreibung unter der selben Wertpapierkennummer) innerhalb eines Jahres nach der Erstemission ist wie eine Daueremission zu behandeln. Für die Ermittlung des Emissionsdisagios bei nicht genehmigungspflichtigen Daueremissionen ist der erste Verkaufskurs maßgebend.

Nach einer Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder in Übereinstimmung mit der Pressenotiz der Deutschen Bundesbank vom besteht Einvernehmen darüber, dass die Anleihen nicht nur innerhalb eines Jahres seit der Erstemission aufgestockt, sondern auch begeben sein müssen. Eine Begrenzung des Volumens der Aufstockung wird nicht für erforderlich gehalten.

OFD Frankfurt am Main v. - S 2252 A - 27 - St II 3.04

Fundstelle(n):
JAAAB-63655