Oberfinanzdirektion Karlsruhe - S 7227

Steuersatz für die Lieferung von Einzelkomponenten von Wirbelsäulen-Implantaten und anderen Vorrichtungen zur Behebung von Funktionsschäden

1. Wirbelsäulenimplantate

Nach Nr. 52 der Anlage zu § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG unterliegen in der Humanmedizin verwendete Körperersatzstücke, orthopädische Apparate und andere orthopädische Vorrichtungen sowie Vorrichtungen zum Beheben von Funktionsschäden – ausgenommen Teile und Zubehör – dem ermäßigten Steuersatz. Bei den in Nr. 52a der Anlage aufgeführten künstlichen Gelenken erstreckt sich die Steuerermäßigung auch auf Einzelkomponenten von Hüft- und Kniegelenkprothesen (, BStBl 1997 II S. 481 und , BStBl 1997 I S. 737). Nach einer Entscheidung der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder sind diese Grundsätze auch auf die Lieferung von Teilen (sog. maincomponents) von Wirbelsäulen-Implantaten anzuwenden (orthopädische Vorrichtung nach Nr. 52b der Anlage).

Abweichend hiervon handelt es sich nach einer unverbindlichen Tarifauskunft der zuständigen Zolltechnischen Lehr- und Prüfungsanstalt vom (ZT 0270 B – 1017/98 – C 3) bei den einzelnen Komponenten eines Wirbelsäulen-Implantatsystems (z.B. Stabilisatoren, Verbindungsstücke, Schrauben, Gewindebolzen, Unterlegscheiben, Muttern usw. aus Stahl oder Titan) um Teile von orthopädischen Vorrichtungen. Nach der Tarifauskunft entfällt die Steuersatzbegünstigung, wenn lediglich Teile (Komponenten) geliefert werden, die erst im Körper zu einer orthopädischen Vorrichtung zusammengefügt werden. Eine Einreihung in die begünstigte Zolltarifstelle 9021.9090 00 1 ist nach der Tarifauskunft nur dann möglich, wenn die Teile eine orthopädische (Gesamt-) Vorrichtung bilden (sog. Operationssieb eines Implantatsystems).

Bis zu einer endgültigen Klärung des Teilebegriffs in Nr. 52b der Anlage durch die obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder ist die Anwendung des Regelsteuersatzes bei der Lieferung von Teilen einer orthopädischen Vorrichtung nicht zu beanstanden. Wird nicht an Krankenhäuser, sondern an Zwischenhändler geliefert, ist bis auf Weiteres der Vorsteuerabzug aus solchen Rechnungen auch dann nicht zu beanstanden, wenn der Zwischenhändler auf seine Folgelieferung des Implantatsystems den ermäßigten Steuersatz anwendet.

2. Gefäßstützen

Nach der unverbindlichen Zolltarifauskunft der OFD Cottbus, Zolltechnische Prüfungs- und Lehranstalt Berlin, vom 01.06.2004 ZT 0270 B – 3834/2004/1 – C36 fallen zum Einpflanzen in den menschlichen Körper bestimmte und dort als Gefäßstütze dauerhaft verbleibende Systeme unter die begünstigte Tarifstelle 9021.9090 00 1. Dieses System, das als Warenzusammenstellung in einer gemeinsamen sterilen Verpackung abgegeben wird, besteht aus einem Einführungssystem (Katheder, Orientierungsstange, Einführungsschleuse) und der einzuführenden Stützvorrichtung (sog. Nitinolstent).

3. Knochenplatten und -gitter

Dass es sich bei der Lieferung von Knochenplatten, -schrauben und -gittern zolltariflich nicht um eine orthopädische Vorrichtung handelt, hat der  – HFR 2001 S. 367) bestätigt. Die zu dieser Entscheidung eingelegte Verfassungsbeschwerde wurde nicht zur Entscheidung angenommen, weil solche Vorrichtungen wegen ihrer nur vorübergehenden Benutzung das staatliche Gesundheitswesen nicht in gleicher Weise belasten wie orthopädische Vorrichtungen und mithin ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz nicht vorliegt ( HFR 2005, 696). Außerdem hat das Bundesverfassungsgericht erneut festgestellt, dass die grundsätzliche Maßgeblichkeit des Zolltarifs von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden ist (Beschluss vom , NJW 1996, 1127).

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Fundstelle(n):
TAAAB-61177