Oberfinanzdirektion Hannover - S 2256 - 70 - StO 232/231

Verlustabzug bei Einkünften aus §§ 22, 23 EStG

Bezug:

Mit dem StEntlG 1999/2000/2002 vom ist u. a. die steuerrechtliche Behandlung von Verlusten bei den Einkünften aus §§ 22 Nr. 2 i. V. m. § 23 EStG und § 22 Nr. 3 EStG modifiziert worden.

Waren nach der Gesetzeslage bis zum VZ 1998 Verluste insoweit nur mit gleichartigen Gewinnen im selben VZ ausgleichsfähig (§ 23 Abs. 3 Satz 4 EStG a. F., § 22 Nr. 3 Satz 3 EStG a. F. – horizontaler Verlustausgleich), so können Verluste ab dem VZ 1999 innerhalb des § 22 Nr. 3 EStG bzw. innerhalb des § 23 EStG nach Maßgabe des § 10d EStG vor- bzw. zurückgetragen werden (horizontaler Verlustabzug).

Ein Verlustausgleich mit anderen Einkünften im selben VZ (vertikaler Verlustausgleich) bzw. ein Verlustvor-/-rücktrag mit anderen Einkünften (vertikaler Verlustabzug) ist jedoch nicht möglich.

Aus Gründen der Übersichtlichkeit erfolgt an dieser Stelle eine Zusammenfassung zu den neueren Entwicklungen in der Rechtsprechung.

1 Negative Einkünfte aus § 22 Nr. 2, § 23 EStG

1.1 Verluste aus VZ bis einschließlich 1998

Für Verluste aus Spekulationsgeschäften i. S. von § 23 EStG in den für die Jahre vor 1999 geltenden Fassungen sind, soweit diese Vorschriften auch unter Berücksichtigung des , anwendbar bleiben, in den noch offenen Altfällen die allgemeinen einkommensteuerlichen Regelungen über Verlustausgleich und Verlustabzug (§ 10d EStG) anzuwenden. Die Grundsätze des zu § 22 Nr. 3 Satz 3 EStG a. F. ergangenen (siehe Tz. 2.1), sind auf die Vorschrift des § 23 Abs. 4 Satz 3 EStG a. F. übertragbar (, BStBl 2005 II S. 26).

Hinweis:

Nach dem (BStBl 2005 II S. 125) sind Gewinne und Verluste aus Wertpapiergeschäften in den VZ 1997 und 1998 aufgrund des , nicht zu berücksichtigen. Gegen das a.a.O. wurde Verfassungsbeschwerde eingelegt (Az. des BVerfG: 2 BvR 1935/04). Einspruchsverfahren in gleichgelagerten Fällen ruhen daher kraft Gesetz § 363 Abs. 2 Satz 2 AO), Aussetzung der Vollziehung ist nicht zu gewähren.

1.2 Verluste aus VZ ab 1999

Einsprüche, mit denen die Steuerpflichtigen einen Verlustausgleich mit anderen Einkünften im selben VZ begehren, ruhen im Hinblick auf die beim BFH anhängigen Revisionsverfahren (Az: des BFH: IX R 45/04, Vorinstanz und IX R 31/04, Vorinstanz ) gem. § 363 Abs. 2 Satz 2 AO. Aussetzung der Vollziehung ist jedoch nicht zu gewähren.

Für Einsprüche, mit denen die Steuerpflichtigen (daneben) einen Verlustvor-/-rücktrag mit anderen Einkünften begehren, können diese Grundsätze analog angewendet werden.

1.3 Verlustrücktrag und Freigrenze des § 23 Abs. 3 Satz 6 EStG

Gemäß § 23 Abs. 3 Satz 6 EStG bleiben Gewinne nur dann steuerfrei, wenn der aus den privaten Veräußerungsgeschäften erzielte Gesamtgewinn im Kalenderjahr weniger als 1.000 DM/512 Euro betragen hat.

Beispiel:
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Gewinn aus § 23 EStG im VZ 2003:
3.000 Euro
Verlust aus § 23 EStG im VZ 2004:
5.000 Euro
Verlustrücktrag von 2004 nach 2003 (Beschränkung auf):
2.489 Euro
zu versteuernde Einkünfte in 2003:
511 Euro

Lösung:

Die Einkünfte 2003 liegen zwar mit 511 Euro unterhalb der Freigrenze von 512 Euro. Gleichwohl werden diese Einkünfte der Besteuerung unterworfen, da die Anwendung der Freigrenze vor Verlustvor-/-rücktrag zu prüfen ist.

Mit Urteilen vom (Az. IX R 13/03 und Az. IX R 27/04) hat der BFH die Auffassung der Finanzverwaltung (vgl.  IV C 3 – S 2256 – 238/04, BStBl 2004 I S. 1034, Tz. 52) bestätigt, wonach eine Überschreitung der Freigrenze vor Durchführung eines Verlustrücktrags zu prüfen ist, so dass bei Unterschreitung der Freigrenze allein aufgrund eines Verlustrücktrags der verbleibende Gewinn aus privaten Veräußerungsgeschäften zu versteuern ist. § 23 Abs. 3 Satz 6 EStG stelle allein auf den im jeweiligen Kalenderjahr erzielten Gesamtgewinn ab, während die den Verlustabzug regelnde Vorschrift des § 23 Abs. 3 Satz 7 EStG a. F. (jetzt: Satz 9) an die Einkünfte anderer Jahre anknüpft. Zur Ermittlung der Einkünfte der anderen Jahre gehöre aber auch zwangsläufig die Prüfung der Freigrenze allein für diese Jahre, unabhängig von einem eventuell durchzuführenden Verlustabzug. Die Bearbeitung von bisher ruhenden Einspruchsverfahren kann wieder aufgenommen werden.

2 Negative Einkünfte aus § 22 Nr. 3 EStG

2.1 Verluste aus der Vermietung beweglicher Gegenstände-VZ bis einschließlich 1998

Das , die Nichtigkeit des § 22 Nr. 3 Satz 3 EStG a. F. insoweit festgestellt, als Verluste aus der Vermietung beweglicher Gegenstände weder mit Gewinnen anderer Jahre, noch mit anderen positiven Einkünften ausgeglichen werden können. Verluste aus der Vermietung beweglicher Gegenstände können daher bis einschließlich VZ 1998

  1. mit positiven Einkünften aus anderen Einkunftsarten im selben VZ ausgeglichen werden

    und/oder

  2. im Rahmen des Verlustvor-/-rücktrags auch mit anderen Einkünften berücksichtigt werden.

2.2 Verluste aus der Vermietung beweglicher Gegenstände-VZ ab 1999

Für VZ ab 1999 gelten die Vorschriften des § 22 Nr. 3 Sätze 3, 4 EStG. Dementsprechend sind ein Verlustausgleich mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten im selben VZ oder ein Verlustvor-/-rücktrag mit anderen Einkünften nicht (mehr) möglich. Zulässig ist nur – wie bei § 23 EStG – ein Verlustvor-/-rücktrag innerhalb des § 22 Nr. 3 EStG.

Für Einsprüche, mit denen Steuerpflichtige auch für VZ ab 1999 eine Anwendung der bis 1998 geltenden Verfahrensweise begehren, kommt ein Ruhen nicht in Betracht. Aussetzung der Vollziehung ist ebenfalls nicht zu gewähren.

2.3 Sonstige Verluste aus § 22 Nr. 3 EStG

Für sonstige Verluste aus § 22 Nr. 3 EStG (z. B. aus gelegentlichen Vermittlungen; Stillhaltergeschäfte an den Terminbörsen) ist die o. g. Rechtsprechung des BVerfG (unabhängig vom VZ) nicht anzuwenden. Es gelten daher die Verlustausgleichs- und -abzugsbeschränkungen des § 22 Nr. 3 Satz 3 EStG a. F. (Verlustausgleich nur mit positiven Einkünften aus § 22 Nr. 3 EStG desselben VZ bzw. des § 22 Nr. 3 Sätze 3, 4 EStG n. F. – 1999 – (zusätzlich Verlustrücktrag und Verlustvortrag innerhalb des § 22 Nr. 3 EStG).

Für Einsprüche, mit denen Steuerpflichtige eine von dieser Gesetzeslage abweichende Verlustberücksichtigung begehren, kommt ein Ruhen nicht in Betracht. Aussetzung der Vollziehung ist ebenfalls nicht zu gewähren.

Oberfinanzdirektion Hannover v. - S 2256 - 70 - StO 232/231

Auf diese Anweisung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


Fundstelle(n):
SAAAB-57668