Instanzenzug:
Gründe
Der Beklagte (das Finanzamt —FA—) hat mit Bescheid vom gegen den Kläger und Antragsteller (Kläger) Kosten für die Beauftragung eines Schlüsseldienstes in Höhe von 58 Euro festgesetzt. Die Kosten waren durch die Anfahrt eines vom Vollziehungsbeamten beauftragten Schlüsseldienstes entstanden, der bestellt worden war, weil sich der Kläger trotz vorheriger Terminankündigung und Mitteilung des Vorliegens eines Durchsuchungsbeschlusses zunächst geweigert hatte, seine Wohnungstür zu öffnen. Als der Schlüsseldienst eintraf, hatte sich der Kläger zuvor zur Zahlung bereit erklärt, so dass eine Öffnung der Wohnungstür durch Dritte nicht mehr erforderlich war.
Einspruch und Klage gegen den Bescheid, mit dem das FA dem Kläger die entstandenen Kosten für die Leerfahrt des Schlüsseldienstes in Rechnung gestellt hatte, blieben ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) urteilte, dass der Vollziehungsbeamte gemäß § 287 Abs. 4 der Abgabenordnung (AO 1977) zur Durchsuchung der Wohnung berechtigt gewesen sei und aufgrund des Verhaltens des Klägers den Schlüsseldienst zu Recht in Anspruch genommen habe. Der Kläger könne sich auch nicht darauf berufen, dass der Vollziehungsbeamte nicht den preiswertesten Anbieter am Markt ermittelt und beauftragt habe. Denn im Rahmen der Sicherstellung einer schnellen Handlungsfähigkeit sei der Vollziehungsbeamte nicht verpflichtet, den günstigsten Anbieter am Markt zu ermitteln.
Für die Stellung eines Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Einlegung der Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision und für die Beschwerdeeinlegung selbst hat der Kläger beim Bundesfinanzhof (BFH) die Beiordnung eines vertretungsberechtigten Prozessbevollmächtigten beantragt. Zur Begründung seines Antrages trägt der Kläger vor, keinen Fachanwalt für Steuerrecht gefunden zu haben, der bereit gewesen sei, ihn für eine „BRAGO-Gebühr” zu vertreten und dass er vermutlich auch keinen Nicht-Fachanwalt gefunden hätte, mit dem die Sache höchstwahrscheinlich „schief gegangen” wäre. Niemand könne von ihm verlangen, sich auf ein Sonderhonorar einzulassen.
Zur Begründung der noch einzulegenden Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision beruft sich der Kläger auf das Vorliegen eines Verfahrensmangels und auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache. Das FG habe es rechtsfehlerhaft unterlassen, die Angemessenheit des für die Leerfahrt in Rechnung gestellten Betrages zu überprüfen. Darüber hinaus wäre dem Vollziehungsbeamten ein Preisvergleich möglich und auch zuzumuten gewesen.
Die Geschäftsstelle des beschließenden Senats hat dem Kläger mitgeteilt, dass sein Begehren als Antrag auf Prozesskostenhilfe (PKH) geführt werde. Auf das Schreiben hat der Kläger nicht reagiert.
Der Antrag auf Bewilligung von PKH ist abzulehnen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 142 der Finanzgerichtsordnung —FGO— i.V.m. § 114 Satz 1 der Zivilprozessordnung —ZPO—). Aus diesem Grund kommt auch die Beiordnung eines Rechtsanwalts nicht in Betracht.
1. Ein Antrag auf Beiordnung eines Notanwalts kann nicht nur als Antrag gemäß § 78b Abs. 1 ZPO i.V.m. § 155 FGO, sondern auch als Antrag auf Bewilligung von PKH und Beiordnung eines Rechtsanwalts gemäß § 142 Abs. 1 FGO i.V.m. § 117 Abs. 1, § 121 Abs. 1 ZPO ausgelegt werden (vgl. , BFH/NV 2001, 467). Da der Kläger dem Schreiben der Geschäftsstelle und der Deutung seines Begehrens als Antrag auf PKH nicht widersprochen hat, geht der beschließende Senat davon aus, dass der Kläger auch die Bewilligung von PKH begehrt.
Nach § 142 FGO i.V.m. § 114 ZPO erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Es kann dahingestellt bleiben, ob der PKH-Antrag bereits deshalb abzulehnen wäre, weil der Kläger nicht innerhalb der Rechtsmittelfrist die zu fordernde Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach § 117 ZPO vorgelegt hat und somit eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht in Betracht käme (, BFH/NV 1986, 631, mit weiteren Hinweisen auf die Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe des Bundes). Jedenfalls bietet die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.
Da das FG die Revision nicht zugelassen hat, wäre das vom Kläger angestrebte Ziel allenfalls mit einer Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision zu erreichen. Nach der im PKH-Verfahren gebotenen summarischen Prüfung hätte eine solche Beschwerde jedoch keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, da ein Zulassungsgrund nach § 115 Abs. 2 FGO für den beschließenden Senat nicht erkennbar ist. Aus der materiell-rechtlichen Sicht des FG kam es auf eine Überprüfung der Angemessenheit des vom beauftragten Schlüsseldienst für die Leerfahrt in Rechnung gestellten Betrages nicht an. Denn das FG hat eine Ermittlungspflicht des Vollstreckungsbeamten in Bezug auf den günstigsten Anbieter am Markt verneint und ausdrücklich darauf hingewiesen, dass das Risiko von Marktpreisdifferenzen gegenüber Wettbewerbern zu Lasten des Klägers gehe. Aufgrund dieser eindeutigen Risikozuweisung hat das FG auch von einer näheren Überprüfung des Kostenansatzes abgesehen. Das erstinstanzliche Urteil beruht demnach nicht auf dem vom Kläger behaupteten Verfahrensmangel der unterlassenen Aufklärung des vermeintlichen Wucher-Tatbestandes. Auch eine grundsätzliche Bedeutung des Falles für die Allgemeinheit vermag der Senat nicht zu erkennen. Eine neue klärungsbedürftige Rechtsfrage wird durch die Vorentscheidung nicht aufgeworfen. Des Weiteren handelt es sich um eine Entscheidung in einem Einzelfall, der keine Rückschlüsse darauf zulässt, dass sich vergleichbare Problemstellungen im Zusammenhang mit der Angemessenheit von Kosten für Schlüsseldienst-Leerfahrten in einer Vielzahl von gleichgelagerten Fällen stellen.
2. Auch wenn das auslegungsbedürftige Rechtsschutzbegehren des Klägers lediglich als Antrag auf Bestellung eines Notanwalts nach § 78b Abs. 1 ZPO i.V.m. § 155 FGO gedeutet werden könnte, könnte dieser Antrag keinen Erfolg haben.
Gemäß § 78b Abs. 1 ZPO hat das Prozessgericht einer Partei auf ihren Antrag durch Beschluss für den Rechtszug einen Rechtsanwalt zur Wahrnehmung ihrer Rechte beizuordnen, soweit eine Vertretung durch Anwälte geboten ist, die Partei einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt nicht findet und die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht mutwillig oder aussichtslos erscheint. Zur Begründetheit eines Antrages nach § 155 FGO i.V.m. § 78b Abs. 1 ZPO gehört insbesondere, dass der Antragsteller darlegt und glaubhaft macht, dass er zumindest eine gewisse Anzahl von zur Vertretung vor dem BFH befugte Personen vergeblich um die Übernahme des Mandats ersucht hat (vgl. Senatsbeschluss vom VII S 6/95, BFH/NV 1995, 1080). Dabei ist zu berücksichtigen, dass vor dem BFH —wie auch aus der Rechtsmittelbelehrung des erstinstanzlichen Urteils hervorgeht— nicht nur Rechtsanwälte, sondern auch Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer oder vereidigte Buchprüfer vertretungsberechtigt sind. Deshalb kann entgegen der Annahme des Klägers aus § 78b Abs. 1 ZPO i.V.m. § 155 FGO kein Anspruch auf Beiordnung eines Fachanwalts für Steuerrecht abgeleitet werden. Unter diesen Voraussetzungen erweist sich die pauschale Behauptung des Klägers, er habe keinen Fachanwalt für Steuerrecht finden können, der zu üblichen Gebührensätzen zur Übernahme der Vertretung bereit gewesen wäre, nicht als ausreichend, um die Voraussetzungen für die Beiordnung eines Notanwalts hinreichend darzulegen und glaubhaft zu machen. Der Kläger räumt selbst ein, keine anderen vor dem BFH vertretungsberechtigten Personen als Fachanwälte für Steuerrecht um die Übernahme des Mandats ersucht zu haben. Er stellt lediglich die Vermutung auf, dass auch Nicht-Fachanwälte eine Vertretung abgelehnt hätten. Mit diesem Vorbringen wird ein ernsthaftes Bemühen um die Beauftragung eines Prozessbevollmächtigten nicht belegt.
3. Eine Kostenentscheidung im PKH-Verfahren ist nicht zu treffen. Bei dem Verfahren zur Beiordnung eines Notanwalts handelt es sich um ein unselbstständiges Zwischenverfahren, für das Gerichtsgebühren nicht entstehen (, BFH/NV 1996, 157).
Fundstelle(n):
LAAAB-57319