BFH Beschluss v. - XI S 1/05 (PKH)

Instanzenzug:

Gründe

I. Streitig ist, ob der Antragsteller durch den Handel mit Antiquitäten und Kunstgegenständen in den Streitjahren Einkünfte aus Gewerbebetrieb gemäß § 15 des Einkommensteuergesetzes (EStG) erzielt bzw. steuerpflichtige Umsätze im Sinne des Umsatzsteuergesetzes (UStG) ausgeführt hat. Nach Ermittlungen der Steuerfahndungsstelle erließ der Beklagte (das Finanzamt —FA—) Schätzungsbescheide. Demgegenüber machte der Antragsteller geltend, dass er vor 1991 keinen Gewerbebetrieb ausgeübt habe. Einspruch und Klage blieben erfolglos.

Der Antragsteller beabsichtigt, wegen Nichtzulassung der Revision Beschwerde einzulegen. Für dieses Verfahren hat er beantragt, Prozesskostenhilfe (PKH) zu gewähren und trägt vor:

1. Er sei seit dem inhaftiert; das Haftende sei zum vorgesehen. Wegen der Inhaftierung und der fehlenden Erwerbsmöglichkeit sei er finanziell nicht in der Lage, einen Rechtsanwalt zu beauftragen.

2. Im Hinblick auf die (unterbliebene) Teilnahme an der mündlichen Verhandlung habe er wegen einer schweren Bronchitis um einen neuen Verhandlungstermin gebeten. Einen mehrtägigen Sammeltransport habe er abgelehnt; ein Einzeltransport zum Gerichtstermin sei nicht bewilligt worden.

3. In der Streitsache sei eine außergerichtliche Einigung angestrebt worden, die aber durch Bedienstete der Justizvollzugsanstalt (JVA) torpediert worden sei. Seit seiner Inhaftierung habe er keinen Zugang zu sämtlichen Unterlagen; damit liege ein erheblicher Verfahrensmangel vor.

4. Im Hinblick auf die Besonderheit der Rechtssache und die bereits getroffenen Absprachen über eine außergerichtliche Einigung sei eine Entscheidung zur Fortbildung des Rechts geboten.

II. Der Antrag hat keinen Erfolg.

1. Gemäß § 142 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 114 der Zivilprozessordnung (ZPO) wird einem Beteiligten, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH gewährt, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

2. Der Erfolgsaussicht der von dem Antragsteller beabsichtigten Nichtzulassungsbeschwerde steht nicht entgegen, dass die Frist für deren Einlegung bereits abgelaufen ist. Insoweit kann gemäß § 56 Abs. 1 FGO unter bestimmten weiteren Voraussetzungen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden, wenn ein Beteiligter infolge Mittellosigkeit nicht in der Lage ist, das Rechtsmittel fristgerecht durch einen postulationsfähigen Vertreter einlegen zu lassen (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. , BFH/NV 1997, 610).

3. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung ist aber nicht Erfolg versprechend. Mit der Beschwerde kann die Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 FGO nur erreicht werden, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, wenn die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des BFH erfordert oder wenn ein Verfahrensfehler des Finanzgerichts (FG) geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Weder aus dem Vorbringen des Antragstellers noch aus der Entscheidung des FG und dem Protokoll über die mündliche Verhandlung ergeben sich hinreichende Anhaltspunkte, dass diese Voraussetzungen gegeben sein könnten.

a) Der Antragsteller war ordnungsgemäß zur mündlichen Verhandlung geladen. Wegen der Teilnahme an dieser hatte die JVA dem FG mitgeteilt, dass der Antragsteller nach Rücksprache mit dem ärztlichen Dienst transportfähig sei. Dass der Antragsteller im Hinblick auf die mit einer „Verschubung” verbundenen Unannehmlichkeiten auf einen Transport und damit auf die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung verzichtete, war seine Entscheidung. Das FG war aufgrund dessen nicht gehalten, den Termin zu verlegen.

b) Der Hinweis des Antragstellers, dass eine außergerichtliche Einigung angestrebt worden sei, ist nicht geeignet, einen Verfahrensfehler des FG zu begründen. In der mündlichen Verhandlung ist gemäß § 93 Abs. 1 FGO die Streitsache mit den Beteiligten tatsächlich und rechtlich zu erörtern. Im Rahmen dieser Erörterung kann auch eine einvernehmliche Einigung zwischen den Beteiligten herbeigeführt werden. Im Hinblick auf eine Einigungsmöglichkeit war eine Verlegung der mündlichen Verhandlung daher nicht geboten.

c) Der Antragsteller hat zwar im Februar 2004 in Zusammenhang mit der Ablösung vom sog. Freigang beanstandet, dass ihm Unterlagen abgenommen worden seien. Er hat aber insoweit auf eine Klärung durch die Strafvollstreckungskammer hingewiesen und hat im weiteren Verlauf des Verfahrens, insbesondere in Zusammenhang mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung, nicht mehr gerügt, dass ihm eine ordnungsgemäße Prozessführung durch einen fehlenden Zugang zu den notwendigen Unterlagen verwehrt sei; er hat dementsprechend auch nicht dargelegt, dass und in welcher Weise er gegen diese Behinderung vorgegangen ist. Auch insoweit ist daher ein Verfahrensfehler des FG durch Verletzung des rechtlichen Gehörs (vgl. § 96 Abs. 2 FGO) nicht erkennbar.

d) Es bestehen keine Anhaltspunkte, dass die Rechtssache der Fortbildung des Rechts dienen kann. Die Schwierigkeiten des Falls sind im Tatsächlichen begründet; rechtliche Besonderheiten sind nicht erkennbar. Der Fall kann ohne weiteres auf der Grundlage der bestehenden Rechtslage und der vorhandenen Rechtsprechung gelöst werden.

Fundstelle(n):
AAAAB-56530