SenFin Berlin - III A - InvZ 1271 - 4/2004

Investitionszulage nach § 2 InvZulG 1999 bzw. § 2 InvZulG 2005 für Betriebe, deren Tätigkeit das Recyclen von Bauschutt, Abbruchmaterial oder Ähnlichem ist

Es ist die Frage gestellt worden, ob Betriebe, deren Tätigkeit das Recyclen von Bauschutt, Abbruchmaterial oder Ähnlichem ist, nach der Klassifikation der Wirschaftszweige, Ausgabe 1993 (WZ 93), bzw. nach der Klassifikation der Wirtschaftszweige, Ausgabe 2003 (WZ 2003), dem verarbeitenden Gewerbe zuzurechnen sind und damit Anspruch auf Investitionszulage nach § 2 InvZulG 1999 bzw. § 2 InvZulG 2005 haben.

In Betrieben, deren Tätigkeit in dem Recyclen von Bauschutt oder Ähnlichem besteht, werden in der Regel Baureste aus Ziegel, Beton, Holz und anderen Materialien mit Lastkraftwagen und Containern auf entsprechend zugelassene Sammelplätze verbracht und dort mit Hilfe von Sieb- und Brechanlagen und anderer Technik (z.B. mit Baggern und Radladern) sortiert und zerkleinert. Die nach dieser mechanischen Bearbeitung entstandenen Stoffe werden von den Betrieben im Allgemeinen wie folgt verwendet:

  1. Schotter und Ziegel werden als Untergrund für den Straßen- und Wegebau an Straßenbaubetriebe oder als Frostschutz- und Verfüllmaterial an Betriebe der Bauwirtschaft veräußert.

  2. Zerkleinertes Altholz wird für die thermische Verwertung an Kraftwerke – je nach Marktlage – gegen Entgelt oder ohne Entgelt geliefert.

  3. Pappe, Papier, Folien, Kunststoffe, Glas und Metall werden für die Weiterverarbeitung abgegeben.

  4. Frischholz wird in Einzelfällen unter Hinzufügung von geschreddertem Altholz und Boden zu Mutterboden kompostiert.

  5. Nicht weiter verwertbare Stoffe werden auf Deponien verbracht.

Nach der WZ 93 sind diese Betriebe in Gänze als Recyclingbetriebe in die Unterklasse 37.20.5 (Recycling von sonstigen Altmaterialien und Reststoffen) eingeordnet worden, sodass sie als Betriebe des verarbeitenden Gewerbes Anspruch auf Investitionszulage nach § 2 InvZulG 1999 für die vor dem begonnenen Investitionen haben (Rz. 3 des BStBl 2003 I S. 556, EStG-Kartei Berlin InvZulG Nr. 25 IV).

Zur Einordnung dieser Betriebe nach der WZ 2003 hat das Statistische Bundesamt auf eine entsprechende Anfrage das Folgende mitgeteilt:

  • Im statistischen Sinn wird Recycling definiert als Transformationsprozess, bei dem chemisch oder mechanisch miteinander verbundene Stoffe (die in der Regel in dieser Form für den Einsatz in einem weiteren industriellen Verarbeitungsprozess nicht geeignet sind) durch stoffspezifische Verfahren so bearbeitet werden, dass sie für die stoffliche Verwertung in einem weiteren industriellen Verarbeitungsprozess geeignet sind und dafür genutzt werden.

  • Die Trennung von Stoffen zur getrennten, sachgerechten Entsorgung gehört nach gegenwärtiger Sichtweise ebenso wenig zum Recycling wie die Vorbereitung zur thermischen Verwertung durch Herstellung eines „Sekundärbrennstoffs”; hier erfolgt die Zuordnung zur Abfallentsorgung (Abteilung 90 der WZ 2003).

  • Das Zerlegen mechanisch verbundenener Teile, mit dem Ziel, die einzelnen Teile zur Weiterverwendung zu verkaufen, werden im Handel (Abteilungen 50 bis 52 der WZ 2003) erfasst.

  • Die Herstellung von neuen Enderzeugnissen (auch mit vorhergehendem Recycling in einem integrierten Prozess) wird den Abteilungen 14 bis 36 der WZ 2003 zugeordnet.

Aus diesen allgemeinen Hinweisen ergeben sich zu den vorstehenden fünf Einzelfallgruppen folgende Zuordnungen:

zu 1.:

Gruppe 14.1 (Gewinnung von Natursteinen),

da es sich um ein neues Fertigerzeugnis handelt, das nicht in einen weiteren industriellen Verarbeitungsprozess eingeht.

zu 2.:

Abteilung 90 (Abwasser- und Abfallbeseitigung und sonstige Entsorgung),

da das Zerkleinern der Vorbereitung für die thermische Verwertung dient.

zu 3.:

Klasse 37.20 (Recycling von nichtmetallischen Altmaterialien und Reststoffen),

da eine Vorbereitung zur stofflichen Verwertung in einem weiteren industriellen Verarbeitungsprozess erfolgt.

zu 4.:

Abteilung 24 (Herstellung von chemischen Erzeugnissen); konkret:

für die gezielte Herstellung von Kompost

  • mit düngender Wirkung (Gesamtgehalt an Kalium, Phosphor und Stickstoff größer als 3 v.H.) in Klasse 24.15 (Herstellung von Düngemitteln und Stickstoffverbindungen) oder

  • ohne düngende Wirkung als Bodenverbesserer in Klasse 24.66 (Herstellung von sonstigen chemischen Erzeugnissen, anderweitig nicht genannt).

zu 5.:

Abteilung 90 (Abwasser- und Abfallbeseitigung und sonstige Entsorgung),

da nur Vorbereitung zur Entsorgung.

Bei einem Recyclingbetrieb handelt es sich danach im Regelfall um einen Mischbetrieb, der mehrere nach der WZ 2003 unterschiedlich einzuordnende Tätigkeiten ausübt. Die Einordnung des Recyclingbetriebs nach der WZ 2003 ist damit nach dem Schwerpunkt seiner wirtschaftlichen Tätigkeit vorzunehmen (Rz. 79 und 80 des BStBl 2001 I S. 379, EStG-Kartei Berlin InvZulG Nr. 25 I).

Die vorstehenden Kriterien nach der WZ 2003 zur Abgrenzung des verarbeitenden Gewerbes von den übrigen Wirtschaftszweigen sind grundsätzlich bei nach dem begonnenen Investitionen anzuwenden (Rz. 1 des a.a.O.). Die Zuordnung von Betrieben der thermischen Abfallbeseitigung zur Abteilung 90 der WZ 2003 gilt erst für nach dem begonnene Investitionen ( IV C 8 – InvZ 1271 – 7/05 –, das in Kürze im BStBl I veröffentlicht wird).

Es ist deshalb bei jedem Recyclingbetrieb für die nach dem begonnenen Investitionen genau zu prüfen, welche unterschiedlich einzuordnenden Tätigkeiten er im Einzelnen ausübt. Dabei ist die thermische Abfallbeseitigung (vgl. auch die vorstehend zu 2. beschriebene Tätigkeit) für vor dem begonnene Investitionen der Abteilung 37 der WZ 93 bzw. WZ 2003 und für nach dem begonnene Investitionen der Abteilung 90 der WZ 2003 zuzuordnen. Nur wenn hiernach der Schwerpunkt der wirtschaftlichen Tätigkeit des Recyclingbetriebs beim verarbeitenden Gewerbe liegt, kann dieser eine Investitionszulage nach § 2 InvZulG 1999 bzw. § 2 InvZulG 2005 beanspruchen.

In diesem Zusammenhang weist die SenFin noch auf Folgendes hin:

Das Sächsische Finanzgericht hat in zwei bisher nicht veröffentlichten Urteilen entschieden, dass in den Fällen, in denen

  • in einem Steinbruch Natursteine (Gneis) durch Sprengung gewonnen und aus diesen nach mehrmaligem Brechen und Sieben verschiedene Produkte (Edelsplitt, Schotter, Brechsand und verschiedene Frostschutzmaterialien) für das Baugewerbe, die Betonindustrie und den Straßenbau hergestellt werden (Urteil vom – 3 K 1724/02 –) und

  • die Schottergewinnung und Verarbeitung des Materials zu Straßenbaustoffen und Mineralerzeugnissen durch Brechen und Mahlen des abgebauten Steins betrieben wird (Urteil vom – 6 K 2207/01 –),

die Tätigkeiten nicht dem verarbeitenden Gewerbe zuzuordnen sind, sondern jeweils zur Klasse 14.21 der WZ 93 (Gewinnung von Kies und Sand) – gilt entsprechend auch für die WZ 2003 – gehören. Gegen beide Urteile ist Revision eingelegt worden, die beim BFH unter den Az. III R 32/04 und III R 47/04 anhängig sind. Solange der BFH in diesen Revisionsverfahren noch nicht entschieden hat, sind die Grundsätze der vorbezeichneten Urteile des Sächsischen Finanzgerichts in allen offenen Fällen anzuwenden. Einspruchsverfahren können im Hinblick auf die beim BFH anhängigen Revisionsverfahren nach § 363 Abs. 2 Satz 2 AO ruhen gelassen werden.

Dagegen hat das Thüringer Finanzgericht mit seinem rechtskräftigen Urteil vom – IV 18/00 – einen Betrieb, der Naturstein abbaut, dieses Gestein in einem aufwendigen technischen Verfahren zu Schotter und Splitt zermahlt und diesen für den Straßenbau aufbereitet, unter Zugrundelegung der Verkehrsauffassung und entgegen der Klasse 14.21 (Gewinnung von Kies und Sand) der WZ 93 – gilt entsprechend auch für die WZ 2003 – dem verarbeitenden Gewerbe zugerechnet, ohne dabei jedoch eine genaue Zuordnung zu einer bestimmten Abteilung des verarbeitenden Gewerbes der WZ 93 vorzunehmen. Dieses bisher ebenfalls nicht veröffentlichte Urteil des Thüringer Finanzgerichts ist über den entschiedenen Einzelfall hinaus nicht anzuwenden.

SenFin Berlin v. - III A - InvZ 1271 - 4/2004

Fundstelle(n):
DAAAB-53373