Finanzministerium Schleswig-Holstein - VI 352 - S 6104 - 001

Kraftfahrzeugsteuer;
Siebenundzwanzigste Verordnung zur Änderung der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung vom (BGBl 2004 I S. 2712)

Durch Art. 1 Nr. 1 der Siebenundzwanzigsten Verordnung zur Änderung der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung vom (BGBl 2004 I S. 2712) wird § 23 Abs. 6a StVZO mit Wirkung ab aufgehoben. Damit entfällt die in dieser Vorschrift normierte Begriffsbestimmung „Kombinationskraftwagen” unter Berücksichtigung der relevanten Gewichtsgrenze von 2,8 t. Daraus ergeben sich folgende kraftfahrzeugsteuerrechtlichen Konsequenzen:

1. Allgemeines

Die kraftfahrzeugsteuerrechtliche Beurteilung von Kraftfahrzeugen richtet sich ausschließlich nach den objektiven Beschaffenheitskriterien, insbesondere nach Bauart, Einrichtung und dem äußeren Erscheinungsbild der Fahrzeuge. Die objektive Beschaffenheit der Fahrzeuge ist dabei unter Berücksichtigung aller Merkmale in ihrer Gesamtheit zu würdigen (vgl. , BStBl 2001 II S. 72). Auf die tatsächliche Verwendung der Fahrzeuge kommt es nicht an (vgl. , BStBl 1998 II S. 489). Die verkehrsrechtliche Einstufung der Fahrzeuge ist kraftfahrzeugsteuerrechtlich nicht bindend (vgl. , BStBl 1997 II S. 627).

2. Geländewagen und sog. Sport-Utility-Vehicles (SUV)

Zur Personenbeförderung konzipierte Geländewagen und sog. Sport-Utility-Vehicles (SUV) mit einem verkehrsrechtlich zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 2,8 t, die bisher als „andere Fahrzeuge” i. S. des § 8 Nr. 2 KraftStG der Gewichtsbesteuerung unterlagen, sind wie entsprechende Fahrzeuge mit einem zulässigen Gesamtgewicht bis 2,8 t – als Pkw zu besteuern (§ 8 Nr. 1 KraftStG).

3. Großraum-Limousinen, Kleinbusse und ähnliche Fahrzeuge (z. B. sog. Vans)

Derartige Fahrzeuge mit einem verkehrsrechtlich zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 2,8 t und bis zu acht Fahrgastplätzen (außer dem Fahrersitz), die bisher als „andere Fahrzeuge” i. S. des § 8 Nr. 2 KraftStG der Gewichtsbesteuerung unterlagen, sind – wie entsprechende Fahrzeuge mit einem zulässigen Gesamtgewicht bis 2,8 t – als Pkw zu besteuern (§ 8 Nr. 1 KraftStG).

4. Mehrzweckfahrzeuge

Für Mehrzweckfahrzeuge – Aufbauart AF – i. S. der Richtlinie 70/156/EWG (ABl. EG Nr. L 42 S. 1), die verkehrsrechtlich nicht als Fahrzeuge der Klasse M1 (Pkw) anzusehen sind, weil die „Nutzlast für Güter” größer ist als die „Personenlast”, gilt Folgendes:

a) Derzeitige Besteuerung

Nach den objektiven Beschaffenheitskriterien sind derartige Fahrzeuge mit einem zulässigen Gesamtgewicht bis zu 2,8 t kraftfahrzeugsteuerlich in der Regel als Pkw anzusehen, da sie vom Hersteller zur Personenbeförderung konzipiert worden sind und sich nach Bauart, Einrichtung und äußerem Erscheinungsbild nicht von einem Pkw unterscheiden. Nach den Herstellerkonzeptionen sollen mit diesen Fahrzeugen nicht ausschließlich oder überwiegend Güter befördert werden. Der Umstand, dass die Ladefläche bei den verkehrsrechtlich regelmäßig als sog. Kombinationskraftwagen eingestuften Fahrzeugen durch Umklappen der Rücksitzbank vergrößert werden kann und die Fahrzeuge daher wahlweise der Personen- oder der Güterbeförderung dienen können, rechtfertigt keine Besteuerung als „andere Fahrzeuge” i. S. des § 8 Nr. 2 KraftStG. Die durch das Umklappen der Sitze entstehende Ladefläche verändert nicht den sich aus dem äußeren Erscheinungsbild, der Bauart, der Einrichtung sowie der Herstellerkonzeption ergebenden Pkw-Charakter der Fahrzeuge (vgl. , BFH/NV 2004 S. 536). Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH (vgl. Urteil vom  – VII R 116/97, BStBl 1998 II S. 487) sind derartige Fahrzeuge mit einem zulässigen Gesamtgewicht bis zu 2,8 t daher als Pkw nach § 8 Nr. 1 KraftStG zu besteuern.

Entsprechende Mehrzweckfahrzeuge – Aufbauart AF – mit einem verkehrsrechtlich zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 2,8 t sind – entsprechend den Grundsätzen des Bezugsschreibens vom  – als „andere Fahrzeuge” i. S. des § 8 Nr. 2 KraftStG zu besteuern.

b) Künftige Besteuerung ab

Entsprechende Mehrzweckfahrzeuge – Aufbauart AF – mit einem verkehrsrechtlich zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 2,8 t, die bisher als „andere Fahrzeuge” i. S. des § 8 Nr. 2 KraftStG der Gewichtsbesteuerung unterlagen, sind – wie entsprechende Fahrzeuge mit einem zulässigen Gesamtgewicht bis 2,8 t – als Pkw zu besteuern (§ 8 Nr. 1 KraftStG).

5. Pick-up-Fahrzeuge mit Doppelkabine

Pick-up-Fahrzeuge mit Doppelkabine und einem verkehrsrechtlich zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 2,8 t, die bisher als „andere Fahrzeuge” i. S. des § 8 Nr. 2 KraftStG der Gewichtsbesteuerung unterlagen, sind – wie entsprechende Fahrzeuge mit einem zulässigen Gesamtgewicht bis 2,8 t – als Pkw zu besteuern, wenn die zur Personenbeförderung dienende Bodenfläche größer ist als die Ladefläche (vgl. , BStBl 2001 II S. 368).

Im laufenden Festsetzungsverfahren werden bei Anmeldungen nach dem Abbruchhinweise ausgegeben. Die Prüfung der kraftfahrzeugsteuerlichen Zuordnung richtet sich gewichtsunabhängig nach dem Verhältnis der Bodenflächenanteile. Die Steuerfestsetzungen sind unter dem Vorbehalt der Nachprüfung vorzunehmen.

6. Wohnmobile und bauartähnliche Fahrzeuge

Wohnmobile sind verkehrsrechtlich Fahrzeuge der Klasse M (für die Personenbeförderung ausgelegte und gebaute Kraftfahrzeuge mit mindesten vier Rädern) mit besonderer Zweckbestimmung (Anhang II A Nr. 5.1 der Richtlinie 70/156/EWG).

Auf der Ebene der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder wird derzeit erörtert, welche kraftfahrzeugsteuerlichen Konsequenzen aus dem Wegfall der o.g. Vorschrift zu ziehen sind. Aktuell liegt beim Bundesrat ein Gesetzesantrag des Landes NW vom zur Änderung des KraftStG vor (BR-Drucksache 229/05), der u.a. vorsieht, alle Wohnmobile nach dem zulässigen Gesamtgewicht zu besteuern. Verschiedene Länder vertreten hierzu eine andere Position.

Es wird daher gebeten, bei der Besteuerung von Wohnmobilen und bauartähnlichen Fahrzeugen bis auf weiteres nach der bisherigen Rechtspraxis zu verfahren. Entsprechende Steuerfestsetzungen sind unter Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 AO) vorzunehmen.

7. Umbaufälle

Bei den genannten Kraftfahrzeugen, die umgebaut wurden, ist eine Änderung der Fahrzeugart von „Pkw” in „Lkw” – unabhängig von dem verkehrsrechtlich zulässigen Gesamtgewicht – kraftfahrzeugsteuerrechtlich nur unter folgenden Voraussetzungen anzuerkennen:

  • Die Ladefläche muss größer sein als die zur Personenbeförderung dienende Bodenfläche (vgl. , BStBl 2001 II S. 368; Urteil des , EFG 2003 S. 1045). Hierzu sind, soweit erforderlich, die hinteren Sitzplätze samt Befestigungseinrichtungen und Sicherheitsgurte dauerhaft zu entfernen.

  • Zwischen Fahrgast- und Laderaum muss eine Abtrennung angebracht sein.

  • Die rückwärtigen Seitenfenster müssen verblecht sein; die Verblechung muss mit der Karosserie fest verbunden sein (z. B. durch Verschweißen) – vgl. , BStBl 1998 II S. 489 –. Dies gilt nicht für Kleinbusse und vergleichbare Großraum-Limousinen.

Die Änderung der kraftfahrzeugsteuerlichen Fahrzeugart in den genannten Fällen ist mit Wirkung ab im laufenden Festsetzungsverfahren zu berücksichtigen. Zu den Fahrzeugen unter den Nrn. 2 bis 4 werden sich nach Wegfall der Gewichtsgrenze die bisherigen Abbruchhinweise im laufenden Festsetzungsverfahren zur personellen Prüfung weitgehend erübrigen. Sie werden dort nur noch in den Fällen ausgegeben, wenn ein nicht als Pkw übermitteltes Fahrzeug steuerrechtlich als Pkw zu behandeln ist. Gleiches gilt bei technischen Änderungen, wenn ein als Pkw übermitteltes Fahrzeug bisher nicht als solcher gespeichert ist.

Für die am bereits im Bestand vorhandenen Fahrzeuge ist eine Neufestsetzung der Steuer nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 KraftStG veranlasst, die zu gegebener Zeit von Amts wegen durchzuführen ist. Hierzu wird nach Abschluss der Klärung automationstechnischer Fragestellungen ein gesonderter Erlass ergehen.

Finanzministerium Schleswig-Holstein v. - VI 352 - S 6104 - 001

Fundstelle(n):
ZAAAB-53357