BFH Beschluss v. - III B 90/04

Rüge der Verletzung des Rechts auf Gehör der fehlenden Sachaufklärung und der unrichtigen Rechtsanwendung (hier: Nachweis der ehelichen Lebensgemeinschaft bei dauerhaft verschiedenen Wohnorten)

Gesetze: FGO §§ 76, 96, 115

Instanzenzug:

Gründe

Von der Darstellung des Sachverhalts sieht der Senat nach § 116 Abs. 5 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ab.

Die Beschwerde ist unzulässig und deshalb durch Beschluss zu verwerfen (§ 132 FGO).

1. Das Finanzgericht (FG) hatte die Klage auf Durchführung der Zusammenveranlagung der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) in den Streitjahren 1995 bis 1998 abgewiesen. Der von den Klägern zu führende Nachweis einer bestehenden Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft sei nicht erbracht, da der Kläger seit Mitte 1990 in M gewohnt und gearbeitet habe, während die Klägerin in P wohnen geblieben sei. Gegen die Wirtschaftsgemeinschaft spreche, dass die Klägerin —wie bei Unterhaltszahlungen— nur über die Gelder habe verfügen können, die der Kläger ihr überwiesen habe. Die fehlende Absicht, die eheliche Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft fortzuführen, werde insbesondere dadurch dokumentiert, dass der Kläger Mitte 1995 in M nicht nur ein eigenes Haus erworben und bezogen habe, sondern dort auch mit einer anderen Frau zusammengelebt und die Klägerin sich nie beim Kläger in M aufgehalten habe. Dagegen sprächen weder die einmalige Bewerbung des Klägers um eine Stelle in P im Jahr 1995 noch einige wenige vorgelegte Tankquittungen aus P für die Absicht der Kläger, die eheliche Gemeinschaft fortzuführen. Auch der Erklärung der Kläger, sie hielten an der Ehe fest, komme keine besondere Bedeutung zu, da beiden Klägern die steuerlichen Vorteile aus der Zusammenveranlagung zugute kämen.

Die mit der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision geltend gemachten Verfahrensrügen der Verletzung rechtlichen Gehörs und der fehlenden Sachaufklärung sowie die Rüge unrichtiger Rechtsanwendung haben die Kläger nicht entsprechend den gesetzlichen Anforderungen dargelegt (§ 115 Abs. 2 Nr. 3, § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO).

Die Kläger haben selbst vorgetragen, dass sie dem FG die wirtschaftlichen und krankheitsbedingten Notwendigkeiten der räumlichen Trennung dargelegt und im Rahmen der mündlichen Verhandlung die vom FG in seiner Entscheidung zugrunde gelegten Tatsachen als fehlerhaft und unzutreffend gerügt hätten. Dem Hinweis, dass zur Gewährung rechtlichen Gehörs auch gehöre, dass das FG die vorgebrachten Argumente in die gerichtliche Abwägung einfließen lasse, fehlt der Bezug zum Streitfall. Den Beitrag der Klägerin, den die Kläger in diesem Zusammenhang ansprechen, hat das FG nach ihrem eigenen Vorbringen gewürdigt, indem es der Erklärung keine besondere Bedeutung zumaß. Dass diese Würdigung nicht den Vorstellungen der Kläger entsprach, begründet nicht den Verfahrensmangel der Verletzung rechtlichen Gehörs.

3. Wird die Verletzung der Amtsermittlungspflicht durch das FG gerügt (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO), so ist genau anzugeben, welche konkreten Tatsachen das FG von sich aus hätte aufklären sollen und/oder welche Beweise es von Amts wegen hätte erheben müssen, aus welchen Gründen sich dem FG die Notwendigkeit einer weiteren Aufklärung des Sachverhaltes und/oder einer Beweiserhebung auch ohne einen entsprechenden Antrag hätte aufdrängen müssen, welche entscheidungserheblichen Tatsachen sich bei einer weiteren Sachaufklärung oder Beweisaufnahme voraussichtlich ergeben hätten und inwiefern eine weitere Aufklärung des Sachverhaltes auf der Grundlage der insoweit maßgebenden, ggf. auch unrichtigen materiell-rechtlichen Auffassung des FG zu einer anderen Entscheidung hätte führen können (vgl. z.B. , BFH/NV 1997, 818; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., § 120 Rz. 40).

Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.

a) Die Kläger tragen vor, das FG habe die —in der mündlichen Verhandlung bestrittene— meldebehördliche Auskunft überprüfen müssen, nach welcher der Kläger bereits seit 1977 in der M-Straße in P nur noch mit Nebenwohnsitz gemeldet gewesen sei. Insoweit fehlt die Darlegung, dass das FG von einem Zusammenleben in den Jahren 1995 bis 1998 ausgegangen wäre, wenn die Überprüfung ergeben hätte, dass der Kläger den Hauptwohnsitz in P bis 1990 beibehalten hatte. Nach den Entscheidungsgründen hat das FG in der (vermeintlichen) Aufgabe des Hauptwohnsitzes vor 1990 jedoch nur einen von mehreren tragenden Anhaltspunkten gegen das Fortbestehen der ehelichen Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft gesehen.

b) Die Rüge, das FG habe es unterlassen, sich durch Anhörung der Klägerin zu ihrer Krankheit und dem Zusammenleben mit dem Kläger einen unmittelbaren Eindruck von dem Fortbestand einer intakten Ehe zu verschaffen, lässt ebenfalls nicht erkennen, inwiefern das FG dadurch zu einer abweichenden Beurteilung veranlasst worden wäre. Die Kläger setzen sich nicht damit auseinander, dass das FG der Erklärung der Klägerin über das Fortbestehen der ehelichen Gemeinschaft gegenüber den im Einzelnen erörterten objektiven Umständen, die nach seiner Auffassung gegen das Fortbestehen sprachen, keine besondere Bedeutung beigemessen hat, weil die Klägerin ein eigenes materielles Interesse an der Durchführung der Zusammenveranlagung hatte. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, weshalb sich an dieser Einschätzung bei einer persönlichen Anhörung der Klägerin etwas hätte ändern können.

c) Schließlich ist auch nicht dargelegt oder ersichtlich, was eine Vernehmung der die Klägerin in P behandelnden Ärztin über die Notwendigkeit einer ärztlichen Behandlung hinaus hätte ergeben können. Im Übrigen hat das FG die Begründung der Kläger, das Verbleiben der Klägerin in P sei auch auf die Betreuung durch diese Ärztin zurückzuführen, nicht für stichhaltig erachtet, weil die Klägerin auch nach dem Ausscheiden dieser Ärztin im Jahr 2001 nicht zum Kläger nach M gezogen ist.

4. Mit ihrer Beschwerde rügen die Kläger im Kern fehlerhafte Sachverhaltswürdigung und Rechtsanwendung des FG. Dies vermag die Zulassung der Revision nach ständiger Rechtsprechung nicht zu rechtfertigen. Die Kläger setzen lediglich ihre Auffassung an Stelle derjenigen des FG.

Zwar eröffnet § 115 Abs. 2 Nr. 2  2. Alternative FGO die Revision, wenn eine Entscheidung des BFH zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist. Das ist nach der Rechtsprechung des BFH u.a. der Fall, wenn das Urteil des FG an einem derart schwerwiegenden Fehler leidet, dass es willkürlich und unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt vertretbar erscheint (vgl. BFH-Beschlüsse vom III B 28/02, BFH/NV 2002, 1474, und vom III B 15/03, BFH/NV 2004, 166 ). Dafür bietet weder die Beschwerdebegründung Anhaltspunkte noch sind solche sonst ersichtlich.

Die subjektive Gewissheit des Tatrichters vom Vorliegen eines entscheidungserheblichen Sachverhalts ist für das Revisionsgericht bindend, wenn sie auf einer logischen, verstandesmäßig einsichtigen Beweiswürdigung beruht, deren nachvollziehbare Folgerungen den Denkgesetzen entsprechen und von den festgestellten Tatsachen getragen werden (, BFHE 161, 225). Die Würdigung des FG entspricht diesen Grundsätzen.

Fundstelle(n):
BFH/NV 2005 S. 1329 Nr. 8
BAAAB-52983