OFD Hannover - S 2121 - 117 - StO 213

Ertragsteuerliche Behandlung von Zahlungen an sog. Erziehungs- und Familienhelfer

1. Allgemeines

Im Rahmen der Hilfe zur Erziehung nach den §§ 27 ff. des Achten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VIII) werden sog. Erziehungs- und Familienhelfer eingesetzt, die das Kind bzw. den Jugendlichen (§ 30 SGB VIII) oder die Familie (§ 31 SGB VIII) durch pädagogische und therapeutische Hilfen bei der Bewältigung von Entwicklungsproblemen oder bei der Erfüllung von Erziehungsaufgaben unterstützen sollen. Hierfür werden die Erziehungs- und Familienhelfer von den Trägern der Jugendhilfe beauftragt und bezahlt. Aufgrund der bei der Jugendhilfe anzutreffenden Vielfalt von Trägern mit unterschiedlichsten Wertorientierungen werden die Erziehungs- und Familienhelfer teils im Rahmen von Dienstverhältnissen als Arbeitnehmer, teils im Rahmen von sog. Honorarverträgen als freie Mitarbeiter beschäftigt.

Ob der Erziehungs- und Familienhelfer nichtselbstständig oder selbstständig tätig ist, richtet sich nach den von der Rechtsprechung aufgestellten und in H 67 (Allgemeines) LStH zusammengestellten Grundsätzen. Danach sind die für oder gegen ein Dienstverhältnis sprechenden Merkmale ihrer Bedeutung entsprechend gegeneinander abzuwägen. Wird der Erziehungs- und Familienhelfer nach dem Gesamtbild der Verhältnisse im Rahmen eines Dienstverhältnisses tätig, haben die Träger der Jugendhilfe die Arbeitgeberpflichten – insbesondere den Lohnsteuerabzug – zu beachten; unter bestimmten Voraussetzungen kann der Arbeitslohn pauschal versteuert werden (§ 40a Abs. 2 und Abs. 2a EStG).

2. Anwendung des § 3 Nr. 11 EStG

  1. Zahlungen durch einen Träger der öffentlichen Jugendhilfe

    Bezüge aus öffentlichen Mitteln sind nach § 3 Nr. 11 EStG u. a. dann steuerfrei, wenn sie als Beihilfe zu dem Zweck bewilligt werden, die Erziehung unmittelbar zu fördern. Werden die Leistungen im Rahmen eines Dienstverhältnisses erbracht, Kommt eine Steuerbefreiung unter Hinweis auf § 3 Nr. 11 Satz 2 EStG nicht in Betracht.

    Sind die Zahlungen den Einkünften aus selbstständiger Arbeit (§ 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG) zuzuordnen, sind die Voraussetzungen für die Behandlung der Bezüge als Beihilfe ebenfalls regelmäßig nicht gegeben. Der Begriff der öffentlich-rechtlichen Beihilfe setzt eine uneigennützig gewährte Unterstützungsleistung voraus. Werden Leistungen im Rahmen eines entgeltlichen Austauschgeschäfts erbracht, können sie nicht als Beihilfe qualifiziert werden ( BStBl 1999 II S. 133). Den Erziehungs- und Familienhelfern werden durch die Zahlungen aus öffentlichen Mitteln regelmäßig nicht nur die im Zusammenhang mit der Tätigkeit entstehenden Kosten in angemessenem Umfang erstattet, sondern auch Tätigkeitsvergütungen gewährt, die den Aufwand an Zeit und die Arbeitsleistung abgelten sollen. Demzufolge unterliegen die gesamten Zahlungen – einschließlich einer ggf. gewährten Auslagenpauschale – der Einkommensteuerpflicht.

  2. Vergütungen durch einen Träger der freien Jugendhilfe (z. B. durch einen Verein)

    Die Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 11 EStG setzt Bezüge aus öffentlichen Mitteln oder aus Mitteln einer öffentlichen Stiftung voraus. Diese Voraussetzung ist regelmäßig nicht erfüllt, wenn z. B. ein Verein derartige Zahlungen erbringt (Hinweis auf ESt-Kartei § 3 EStG Nr. 2.10 – Zusatz der OFD: Tz. 3).

3. Anwendung des § 3 Nr. 26 EStG

Nimmt die Tätigkeit des Erziehungs- und Familienhelfers nicht mehr als ein Drittel der Arbeitszeit eines vergleichbaren Vollzeiterwerbs in Anspruch und wird die einem Erzieher vergleichbare Tätigkeit im Rahmen der öffentlichen Jugendhilfe im Dienst oder Auftrag einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts oder im Rahmen der freien Jugendhilfe im Dienst oder Auftrag einer unter § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftsteuergesetzes fallenden Einrichtung zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger und kirchlicher Zwecke (§§ 52 bis 54 der Abgabenordnung) ausgeübt, sind die hierfür gewährten Entgelte bis zur Höhe von 1.843,– EUR jährlich steuerfrei. Die neben der eigentlichen Hauptaufgabe zusätzlich zu erbringende hauswirtschaftliche praktische Versorgung einer in Not geratenen Familie oder einer Einzelperson kann insoweit vernachlässigt werden.

4. Aufwendungen, die im Zusammenhang mit der Tätigkeit entstehen

Die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Tätigkeit als Erziehungs- und Familienhelfer stehenden Aufwendungen (z. B. Fahrtkosten, Fortbildungskosten und Telefongebühren) sind als Werbungskosten/Betriebsausgaben abzugsfähig. Da dem Erziehungs- und Familienhelfer i. d. R. keine Aufwendungen für den Lebensbedarf und die Betreuung des Kindes bzw. des Jugendlichen oder der Familie entstehen (Betreuung findet regelmäßig in der Familienwohnung statt) und die als Werbungskosten/Betriebsausgaben abzugsfähigen Aufwendungen regelmäßig leicht nachweisbar sind, scheidet die Gewährung einer Betriebsausgabenpauschale vergleichbar den Regelungen zur einkommensteuerlichen Behandlung der von privater Seite gezahlten Pflegegelder (Hinweis auf ESt-Kartei § 18 EStG Nr. 8 und 8a) aus.

Sind die Einnahmen aufgrund der Regelung in § 3 Nr. 26 EStG bis zum maßgebenden Jahresbetrag steuerbefreit, können die abzugsfähigen Aufwendungen nur insoweit als Werbungskosten/Betriebsausgaben berücksichtigt werden, als sie den Betrag der steuerfreien Einnahmen übersteigen.

OFD Hannover v. - S 2121 - 117 - StO 213

Fundstelle(n):
LAAAB-52864