Steuerliche Berücksichtigung von Aufwendungen für die Aus- und Fortbildung
Kurzinformation Einkommensteuer Nr. 12/2005
1. Rechtslage bis einschließlich VZ 2003
Nach der geänderten BFH-Rechtsprechung stellen Aufwendungen für eine Bildungsmaßnahme vorweggenommene Werbungskosten dar, wenn sie in einem hinreichend konkreten, objektiv feststellbaren Zusammenhang mit späteren Einnahmen stehen. Dieses gilt auch dann, wenn die Bildungsmaßnahme einen Berufswechsel vorbereitet oder es sich um eine erstmalige Berufsausbildung handelt (z.B. BStBl 2004 II S. 884). Bis einschließlich 2003 sind daher unter den o.g. Voraussetzungen auch Kosten für ein Erststudium, das unmittelbar nach dem Abitur aufgenommen wird, als vorweggenommene Werbungskosten zu berücksichtigen. Unter Beachtung der Grenzen, die sich im Hinblick auf die Festsetzungsverjährung bzw. die Berichtigungsvorschriften ergeben, können die betroffenen Aufwendungen auch im Rahmen des § 10d Abs. 4 EStG geltend gemacht werden.
2. Rechtslage ab VZ 2004
Durch das Gesetz zur Änderung der AO und anderer Gesetze wurde die steuerliche Berücksichtigung von Ausbildungs- und Fortbildungskosten mit Wirkung ab dem VZ 2004 neu geregelt. Kosten des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung und für jedes Erststudium – also auch für ein berufsbegleitendes Erststudium –, die nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfinden, gehören zu den Kosten der Lebensführung (§ 12 Nr. 5 EStG).
Die betroffenen Aufwendungen können bis zu 4 000 € im Kalenderjahr als Sonderausgaben abgezogen werden. Bei Ehegatten, die die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 Satz 1 EStG erfüllen, gilt der Höchstbetrag für jeden Ehegatten. Begünstigt sind auch Aufwendungen für eine auswärtige Unterbringung. Bei der Ermittlung der Aufwendungen sind die Regelungen zur Berücksichtigung von Verpflegungsmehraufwendungen und Arbeitszimmerkosten (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 und 6b EStG), Kosten für Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 und Abs. 2 EStG) sowie Kosten für eine doppelte Haushaltsführung (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG) anzuwenden.
3. Höhe der abziehbaren Aufwendungen
Die Höhe der als Sonderausgaben gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG bzw. als Werbungskosten gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG abziehbaren Aufwendungen ergibt sich aus R 34 Abs. 2 und 3 LStR 2005. Diese Regelungen sind auch für Veranlagungszeiträume vor 2005 anzuwenden.
Danach gilt Folgendes:
3.1 Bildungsmaßnahme mit inhaltlichem Bezug zum bestehenden Dienstverhältnis
In Fällen, in denen der Arbeitnehmer im Rahmen seines Ausbildungsdienstverhältnisses oder als Ausfluss seines Dienstverhältnisses zu Fortbildungszwecken vorübergehend eine Ausbildungs- oder Fortbildungsstätte aufsucht, die sich außerhalb seiner im Betrieb des Arbeitgebers befindlichen regelmäßigen Arbeitsstätte befindet, sind Dienstreisegrundsätze anzuwenden. Eine Bildungsmaßnahme erfolgt „als Ausfluss des Dienstverhältnisses”, wenn ein inhaltlicher Bezug zum Dienstverhältnis besteht. Unmaßgeblich ist, ob sie auf Veranlassung des Arbeitgebers oder ohne dessen Kenntnis in der Freizeit durchgeführt wird (z.B. Meister-Lehrgang im ausgeübten Beruf).
Sucht der Arbeitnehmer in diesen Fällen die Ausbildungs- oder Fortbildungsstätte an nicht mehr als zwei Tagen wöchentlich auf, stellt der jeweilige Besuch der Bildungsstätte eine neue Dienstreise dar. Aufwendungen für Fahrten mit dem eigenen PKW können daher mit dem amtlichen Kilometersatz von 0,30 €/km als Werbungskosten geltend gemacht werden. Außerdem können – soweit der Arbeitnehmer aufgrund der Bildungsmaßnahme mindestens 8 Stunden von seiner Wohnung und seiner regelmäßigen Arbeitsstätte abwesend ist – Verpflegungsmehraufwendungen berücksichtigt werden.
Wird die Ausbildungs- oder Fortbildungsstätte an mehr als zwei Tagen wöchentlich aufgesucht, liegt dagegen eine einheitliche Dienstreise vor. Soweit die Bildungsmaßnahme in diesem Fall länger als 3 Monate dauert, wird die Bildungsstätte nach Ablauf von 3 Monaten zur (weiteren) regelmäßigen Arbeitsstätte (R 37 Abs. 3 Satz 3 LStR).
3.2 Bildungsmaßnahme ohne Dienstverhältnis oder ohne inhaltlichen Bezug zum bestehenden Dienstverhältnis
Ist der Steuerpflichtige nicht berufstätig oder besteht zwischen seinem Dienstverhältnis und der Bildungsmaßnahme kein inhaltlicher Bezug, ist zu prüfen, wo sich der Schwerpunkt der Bildungsmaßnahme befindet.
Befindet sich der Schwerpunkt der Bildungsmaßnahme, wie z.B. bei einem Fernstudium, in der Wohnung des Steuerpflichtigen, stellt die Wohnung die regelmäßige Ausbildungsstätte dar ( BStBl 2003 II S. 997). In diesem Fall gelten für gelegentliche Reisen zu anderen Ausbildungsorten ebenfalls die Dienstreisegrundsätze.
Befindet sich der Schwerpunkt der Bildungsmaßnahme dagegen nicht in der Wohnung, ist der jeweilige Ausbildungsort vom ersten Tag an regelmäßige Arbeitsstätte. Für die Wege zwischen Wohnung und Ausbildungsstätte kann daher nur die Entfernungspauschale berücksichtigt werden. Eine Berücksichtigung von Verpflegungsmehraufwendungen ist ausgeschlossen.
OFD Münster v.
Fundstelle(n):
ZAAAB-50807