BFH Beschluss v. - X B 150/04

Schlüssige Darlegung einer Divergenzrüge; Rüge unzutreffender Beweiswürdigung

Gesetze: FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2

Instanzenzug:

Gründe

Die Beschwerde des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) ist unzulässig, weil ihre Begründung nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) entspricht.

1. Dies gilt zunächst für die Rüge des Klägers, dass eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur „Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung” erforderlich sei (vgl. § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO).

Der Kläger hat hierzu vorgetragen, dass die angefochtene Vorentscheidung nicht mit dem (BFHE 174, 140, BStBl II 1994, 564) zu vereinbaren sei, da dort der BFH „wenn auch nachträgliche Regelungen über das Bestehen und die Höhe ungewisser Forderungen anlässlich der Betriebsaufgabe ausdrücklich dem Betriebsaufgabegewinn” zuordne.

Insoweit fehlt es bereits an der gebotenen Herausarbeitung eines in der angegriffenen Vorentscheidung enthaltenen tragenden Rechtssatzes, welcher von dem vom Kläger zitierten Rechtssatz im Urteil des BFH in BFHE 174, 140, BStBl II 1994, 564 abweichen soll (zu diesem Erfordernis vgl. z.B. Gräber/ Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 116 Rz. 42, m.w.N. aus der Rechtsprechung des BFH).

Abgesehen davon liegt die vom Kläger behauptete Abweichung der angefochtenen Vorentscheidung von dem zitierten BFH-Urteil in BFHE 174, 140, BStBl II 1994, 564 schon deswegen nicht vor, weil die vom BFH entschiedene Rechtsfrage mit der in der angegriffenen Entscheidung des Finanzgerichts (FG) entschiedenen nicht identisch ist (zu dieser Voraussetzung vgl. z.B. Gräber/ Ruban, a.a.O., § 115 Rz. 58). Beiden Entscheidungen liegen unterschiedliche und entgegen der Auffassung des Klägers (vgl. Beschwerdebegründungsschrift vom , unter II.2.) nicht vergleichbare Sachverhalte mit der Folge zugrunde, dass auch die jeweils zu beantwortenden Rechtsfragen anders gelagert sind.

Im Fall des in Rede stehenden BFH-Urteils war eine zum Betriebsvermögen gehörende (Schadensersatz-)Forderung nicht nur vor, sondern auch während der Betriebsaufgabe und noch längere Zeit danach dem Grunde und/oder der Höhe nach umstritten und konnte nach der dort vom BFH vertretenen Rechtsauffassung gerade deswegen im Zuge der Betriebsaufgabe entgegen der Meinung der dortigen Klägerinnen nicht in das Privatvermögen überführt (entnommen) werden. Die spätere Realisierung dieser ungewissen und daher weder in der letzten laufenden Schlussbilanz noch in der Betriebsaufgabebilanz aktivierbaren Forderung führte dabei nach Auffassung des BFH nicht zu nachträglichen Einkünften aus Gewerbebetrieb, sondern zu einer (gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der AbgabenordnungAO 1977—) rückwirkenden Erhöhung des Betriebsaufgabegewinns i.S. von § 16 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG).

Im hier vorliegenden Streitfall geht es hingegen um die Beantwortung der anders gearteten Streitfrage, ob eine im Zeitpunkt der Betriebsaufgabe (hier: ) bereits durch einen Vergleich dem Grunde und der Höhe nach konkretisierte (also gerade nicht mehr ungewisse) Forderung aus der Abwicklung der „gewöhnlichen Geschäftstätigkeit” des Klägers den Betriebsaufgabe- oder den (letzten) laufenden Gewinn erhöht. Entgegen der Auffassung des Klägers lässt sich aus der vom BFH im Urteil in BFHE 174, 140, BStBl II 1994, 564 vorgenommenen Zuordnung einer („außerordentlichen”) betrieblichen Schadensersatzforderung zum Betriebsaufgabegewinn für die ertragsteuerrechtliche Qualifikation der hier zur Diskussion stehenden Provisionsforderung nichts herleiten.

2. Entsprechendes gilt für die zweite vom Kläger erhobene Divergenzrüge, mit welcher er beanstandet, dass sich das FG zur Stützung seiner Rechtsauffassung zu Unrecht auf das Senatsurteil vom X R 111/88 (BFHE 162, 38, BStBl II 1991, 218) berufen habe.

Insoweit fehlt es bereits an der notwendigen Herausarbeitung von Rechtssätzen sowohl aus der angefochtenen Vorentscheidung als auch aus der (mutmaßlichen) Divergenzentscheidung des angerufenen Senats und deren —die (vermeintliche) Abweichung dokumentierenden— Gegenüberstellung.

Wenn der Kläger im Übrigen betont, dass es sich in dem vom beschließenden Senat in BFHE 162, 38, BStBl II 1991, 218 entschiedenen Fall um einen „völlig anderen Sachverhalt” als den hier zu beurteilenden gehandelt habe, so ist seine in diesem Zusammenhang erhobene Divergenzrüge schon nach seinem eigenen Vortrag unschlüssig; denn dann können das FG und der BFH nicht —wie geboten (vgl. Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz. 58)— über die nämliche —identische— Rechtsfrage geurteilt haben.

Mit dem bloßen Einwand, dass sich das FG im angefochtenen Urteil unzutreffend auf eine BFH-Entscheidung bezogen habe, kann eine Abweichung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO nicht substantiiert dargelegt werden, weil hierin lediglich —in der Art einer Revisionsbegründung— die Ansicht des Beschwerdeführers zum Ausdruck gelangt, dass das FG den Streitfall unrichtig entschieden habe.

3. Mit den vom Kläger erhobenen Rügen, das FG habe die von ihm erhobenen Beweise (schriftliche Aussage des Zeugen Baumann; Schlussrechnung des Klägers vom / ) unzutreffend gewürdigt bzw. ausgelegt, beanstandet er keine Verfahrensfehler, sondern die materiell-rechtliche Auffassung des FG. Denn die Grundsätze der Beweiswürdigung sind revisionsrechtlich dem materiellen Recht zuzuordnen und deshalb der Prüfung des BFH im Rahmen der Verfahrensrevision entzogen (vgl. die Nachweise aus der BFH-Rechtsprechung bei Gräber/ Ruban, a.a.O., § 115 Rz. 82).

Fundstelle(n):
GAAAB-43665