OFD Frankfurt am Main - S 2245 A - 11 - St II 2.01

Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG);
Heil, Heilhilfsberufe

(BStBl 2004 I S. 1030)

Bezug:

Zur Einordnung der Einkünfte aus der Tätigkeit im Rahmen eines Heil- oder Heilhilfsberufs als Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG) oder als Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 15 EStG) gilt im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder Folgendes:

Einen Heil- oder Heilhilfsberuf übt derjenige aus, dessen Tätigkeit der Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden beim Menschen dient. Dazu gehören auch Leistungen der vorbeugenden Gesundheitspflege.

Soweit Heil- oder Heilhilfsberufe nicht zu den Katalogberufen zählen, ist ein solcher Beruf einem der in § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG genannten Katalogberufe ähnlich, wenn das typische Bild des Katalogberufs mit seinen wesentlichen Merkmalen dem Gesamtbild des zu beurteilenden Berufs vergleichbar ist. Dazu gehören die Vergleichbarkeit der jeweils ausgeübten Tätigkeit nach den sie charakterisierenden Merkmalen, die Vergleichbarkeit der Ausbildung und die Vergleichbarkeit der Bedingungen, an die das Gesetz die Ausübung des zu vergleichenden Berufs knüpft.

Bei der Prüfung der Vergleichbarkeit ist regelmäßig auf die Katalogberufe des Heilpraktikers oder Krankengymnasten abzustellen. Dies bedeutet für die einzelnen Tatbestandsmerkmale Folgendes:

  1. Vergleichbarkeit der ausgeübten Tätigkeit

    Die ausgeübte Tätigkeit ist den o.g. Katalogberufe ähnlich, wenn sie der Ausübung der Heilkunde dient.

  2. Vergleichbarkeit der Ausbildung

    Die Ausbildung ist den o.g. Katalogberufe ähnlich, wenn sie als mehrjährige theoretische und praktische Ausbildung auf, Grund eines bundeseinheitlichen Berufsgesetzes absolviert wird.

  3. Vergleichbarkeit der gesetzlichen Bedingungen an die Ausübung

    Es müssen grundsätzlich vergleichbare berufsrechtliche Regelungen über Ausbildung, Prüfung, staatliche Anerkennung sowie staatliche Erlaubnis und Überwachung der Berufsausbildung vorliegen.

    1. Berufsrechtliche Regelung

      Für den zu beurteilenden Beruf muss ein bundeseinheitliches Berufsgesetz existieren, in dem die Ausbildung und Ausübung geregelt sind.

    2. Staatliche Erlaubnis der Berufsausübung

      Die Ausübung des zu beurteilenden Berufs muss einer gesetzlich vorgeschriebenen Erlaubnis bedürfen.

    3. Staatliche Überwachung

      Die Ausübung des zu beurteilenden Berufs muss einer staatlichen Überwachung durch die jeweils zuständige Behörde (z.B. Gesundheitsamt) unterliegen.

Abweichend von den unter a) bis c) dargestellten Grundsätzen stellt die Zulassung des jeweiligen Steuerpflichtigen oder die regelmäßige Zulassung seiner Berufsgruppe nach § 124 Abs. 2 SGB V durch die zuständigen Stellen der gesetzlichen Krankenkassen ein ausreichendes Indiz für das Vorliegen einer dem Katalogberuf des Krankengymnasten ähnlichen Tätigkeit dar. Fehlt es an dieser Zulassung, kann durch ein Gutachten nachgewiesen werden, ob die Ausbildung, die Erlaubnis und die Tätigkeit des Steuerpflichtigen mit den Erfordernissen des § 124 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 SGB V vergleichbar sind (vgl. BStBl 2004 II S. 954).

Nach den vorgenannten Grundsätzen üben demnach folgende Berufsgruppen eine freiberufliche Tätigkeit aus:

  • Altenpfleger, soweit keine hauswirtschaftliche Versorgung der Patienten erfolgt (ab )

  • Diätassistenten

  • Ergotherapeuten

  • Fußpfleger, medizinische (ab )

  • Hebammen/Entbindungspfleger

  • Krankenpfleger/Krankenschwestern, soweit keine hauswirtschaftliche Versorgung der Patienten erfolgt

  • Logopäden

  • staatliche geprüfte Masseure, Heilmasseure, soweit diese nicht lediglich oder überwiegend kosmetische oder Schönheitsmassagen durchführen

  • medizinische Bademeister, sowie diese auch zur Feststellung des Krankheitsbefunds tätig werden oder persönliche Heilbehandlungen am Körper des Patienten vornehmen

  • medizinisch-technische Assistenten (MTA)

  • Orthoptisten

  • Psychologische Psychotherapeuten, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten (ab )

  • Podologen (ab )

  • Rettungsassistenten

  • Zahnpraktiker

Dieses Schreiben tritt an die Stelle des Schreibens vom (vgl. Bezugsvfg.) und ist in allen noch offenen Fällen anzuwenden.

Dieses Schreiben ist im BStBl 2004 I S. 1030 veröffentlicht.

Zusätze der OFD:

  1. Es werden zunehmend Fälle bekannt, in denen Krankengymnasten in ihren Praxen Fitnessgeräte zur Nutzung im Rahmen des sog. „medizinischen Gerätetrainings” (MGT) anbieten. Beim MGT handelt es sich regelmäßig um eine reine Präventivmaßnahme im Anschluss an eine ärztlich verordnete Maßnahme. Eine ärztliche Verordnung liegt beim MGT regelmäßig nicht vor.

    Die Krankengymnasten treten insoweit in Wettbewerb zu den Betreibern gewerblicher Fitnessstudios. Soweit Krankengymnasten MGT anbieten, handelt es sich nicht mehr um eine heilberufliche Tätigkeit i.S.d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Aus dem MGT erzielen die Krankengymnasten vielmehr gewerbliche Einkünfte. Dies gilt auch dann, wenn – ausnahmsweise – für ein MGT eine ärztliche Verordnung vorliegen sollte.

  2. Zur ertragsteuerlichen Behandlung der Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit als Krankenschwester/-pfleger hat das  IV A 6 – S 2246 – 37/03 folgendes mitgeteilt:

    Nach dem (Bezugsvfg.) erzielen Krankenschwestern/-pfleger Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG), soweit keine hauswirtschaftliche Versorgung der Patienten erfolgt. Dies entspricht der Regelung in H 136 EStH. Grundlage hierfür ist das BStBl 2000 II S. 625.

    Wird neben einer freiberuflichen (z.B. Krankenpflege) auch eine gewerbliche Tätigkeit (z.B. hauswirtschaftliche Versorgung) ausgeübt, sind die beiden Tätigkeiten steuerlich getrennt zu behandeln, wenn eine Trennung nach der Verkehrsauffassung ohne besondere Schwierigkeit möglich ist. Eine getrennte Behandlung wird insbesondere in Betracht kommen können, wenn eine getrennte Buchführung für die beiden Tätigkeiten vorhanden ist. Die getrennte Behandlung ist auch dann zulässig, wenn in einem Beruf freiberufliche und gewerbliche Merkmale zusammentreffen und ein enger sachlicher und wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den Tätigkeitsarten besteht, also eine sog. gemischte Tätigkeit vorliegt (vgl. BStBl 1986 II S. 213). Sind bei einer gemischten Tätigkeit die beiden Tätigkeitsmerkmale miteinander verflochten und bedingen sich gegenseitig unlösbar, muss der gesamte Betrieb als ein einheitlicher angesehen werden (vgl. BStBl 1966 II S. 489, vom , BStBl 1972 II S. 291 und vom , BStBl 1984 II S. 129). Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn sich die freiberufliche Tätigkeit lediglich als Ausfluss einer gewerblichen Betätigung darstellt oder wenn ein einheitlicher Erfolg geschuldet wird und in der dafür erforderlichen gewerblichen Tätigkeit auch freiberufliche Leistungen enthalten sind (vgl. BStBl 1965 III S. 90, vom , BStBl 1966 III S. 489 und vom , BStBl 1972 II S. 291). In diesem Fall ist unter Würdigung aller Umstände zu entscheiden, ob nach dem Gesamtbild die gemischte Tätigkeit insgesamt als freiberuflich oder als gewerblich zu behandeln ist (vgl. BStBl 1974 II S. 383; H 136 EStH).

    Ob die vorgenannten Voraussetzungen für eine getrennte Beurteilung erfüllt sind oder ob die Tätigkeit nach dem Gesamtbild der Verhältnisse einheitlich als gewerbliche oder freiberufliche Tätigkeit zu beurteilen ist, ist im jeweiligen Einzelfall zu entscheiden.

OFD Frankfurt am Main v. - S 2245 A - 11 - St II 2.01

Fundstelle(n):
GAAAB-42398