Steuerliche Maßnahmen zur Unterstützung der Opfer der Seebeben-Katastrophe im Dezember 2004 in Indien, Indonesien, Sri Lanka, Thailand, Malaysia, Birma (Myanmar), Bangladesch, auf den Malediven, den Seychellen sowie in Kenia, Tansania und Somalia
Durch das Seebeben sind in weiten Teilen der betroffenen Länder beträchtliche Schäden entstanden. Im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder werden die zur Unterstützung der Opfer getroffenen Verwaltungsregelungen in diesem Schreiben zusammengefasst. Sie gelten vom bis zum .
I. Steuerliche Behandlung von Zuwendungen aus dem Betriebsvermögen
1. Zuwendung als Sponsoring-Maßnahme
Die Aufwendungen des Unternehmers sind nach den im (BStBl 1998 I S. 212) dargestellten Grundsätzen zum Betriebsausgabenabzug zuzulassen. Aufwendungen des sponsernden Unternehmers sind danach Betriebsausgaben, wenn der Sponsor wirtschaftliche Vorteile, die in der Sicherung oder Erhöhung seines unternehmerischen Ansehens liegen können, für sein Unternehmen erstrebt. Diese wirtschaftlichen Vorteile sind u. a. dadurch erreichbar, dass der Sponsor öffentlichkeitswirksam (z.B. durch Berichterstattung in Zeitungen, Rundfunk, Fernsehen usw.) auf seine Leistungen aufmerksam macht.
2. Zuwendungen an Geschäftspartner
Wendet der Unternehmer seinen seebebengeschädigten Geschäftspartnern zum Zwecke der Aufrechterhaltung der Geschäftsbeziehungen unentgeltlich Leistungen aus seinem Betriebsvermögen zu, sind die Aufwendungen in voller Höhe als Betriebsausgaben abziehbar. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG ist insoweit aus Billigkeitsgründen nicht anzuwenden.
3. Sonstige Zuwendungen
Erfüllt die Zuwendung des Unternehmers unter diesen Gesichtspunkten nicht die Voraussetzungen für den Betriebsausgabenabzug, so ist aus allgemeinen Billigkeitserwägungen wie bereits nach Tz. 2a des BMF-Schreibens – IV A 7 – S 0336 – 21/90 vom (BStBl 1990 I S. 122) die Zuwendung von Wirtschaftsgütern oder sonstigen betrieblichen Nutzungen und Leistungen (nicht hingegen Geld) des Unternehmers aus einem inländischen Betriebsvermögen an seebebengeschädigte Unternehmen als Betriebsausgabe zu behandeln, die ohne Rücksicht auf § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 1 EStG abgezogen werden darf.
II. Lohnsteuer
Aus Billigkeits- und Vereinfachungsgründen gilt Folgendes:
1. Unterstützungen an Arbeitnehmer
Beihilfen und Unterstützungen des Arbeitgebers an seine Arbeitnehmer können nach R 11 LStR steuerfrei sein. R 11 Abs. 2 LStR ist auf Unterstützungen, die vom Seebeben betroffene Arbeitnehmer von ihrem Arbeitgeber erhalten, mit folgender Maßgabe anzuwenden:
die in R 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 bis 3 LStR genannten Voraussetzungen brauchen nicht vorzuliegen,
die Unterstützungen sind bis zu einem Betrag von 600 Euro je Kalenderjahr steuerfrei. Der 600 Euro übersteigende Betrag gehört nicht zum steuerpflichtigen Arbeitslohn, wenn unter Berücksichtigung der Einkommens- und Familienverhältnisse des Arbeitnehmers ein besonderer Notfall vorliegt. Im Allgemeinen kann bei den vom Seebeben betroffenen Arbeitnehmern von einem besonderen Notfall ausgegangen werden.
Auf Unterstützungen, die in Form von sonst steuerpflichtigen Zinsvorteilen (R 31 Abs. 11 LStR) oder in Form von Zinszuschüssen gewährt werden, ist die vorstehende Regelung ebenfalls anzuwenden. Zinszuschüsse und Zinsvorteile bei Darlehen, die zur Beseitigung von Schäden durch das Seebeben aufgenommen worden sind, sind deshalb ebenfalls nach R 11 Abs. 2 LStR steuerfrei, und zwar während der gesamten Laufzeit des Darlehens. Voraussetzung ist, dass das Darlehen die Schadenshöhe nicht übersteigt. Bei längerfristigen Darlehen sind Zinszuschüsse und Zinsvorteile insgesamt nur bis zu einem Betrag in Höhe des Schadens steuerfrei.
Die steuerfreien Leistungen sind im Lohnkonto aufzuzeichnen (§ 4 Abs. 2 Nr. 4 Satz 1 LStDV); dabei ist auch zu dokumentieren, dass der die Leistung empfangende Arbeitnehmer durch das Seebeben zu Schaden gekommen ist.
2. Arbeitslohnspende
Verzichten Arbeitnehmer auf die Auszahlung von Teilen des Arbeitslohns oder auf Teile eines angesammelten Wertguthabens
zugunsten einer Beihilfe des Arbeitgebers an vom Seebeben betroffene Arbeitnehmer des Unternehmens (Nummer 1) oder
zugunsten einer Zahlung des Arbeitgebers auf ein Spendenkonto einer spendenempfangsberechtigten Einrichtung im Sinne des § 49 EStDV,
bleiben diese Lohnteile bei der Feststellung des steuerpflichtigen Arbeitslohns außer Ansatz, wenn der Arbeitgeber die Verwendungsauflage erfüllt und dies dokumentiert. Der außer Ansatz bleibende Arbeitslohn ist im Lohnkonto aufzuzeichnen (§ 4 Abs. 2 Nr. 4 Satz 1 LStDV). Auf die Aufzeichnung kann verzichtet werden, wenn stattdessen der Arbeitnehmer seinen Verzicht schriftlich erklärt hat und diese Erklärung zum Lohnkonto genommen worden ist.
Der außer Ansatz bleibende Arbeitslohn ist nicht in der Lohnsteuerbescheinigung (§ 41b Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 EStG) anzugeben.
Die steuerfrei belassenen Lohnteile dürfen im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung nicht als Spende berücksichtigt werden.
III. Aufsichtsratsvergütungen
Verzichtet ein Aufsichtsratsmitglied vor Fälligkeit bzw. Auszahlung auf Teile seiner Aufsichtsratsvergütung, gelten die unter II. 2. genannten Grundsätze sinngemäß. Der Betriebsausgabenabzug auf Seiten des Unternehmens bleibt unberührt.
IV. Spenden
1. Begünstigter Zweck
Die Verwendung von Mitteln für Opfer des Seebebens ist als Förderung mildtätiger Zwecke (§ 53 AO) steuerbegünstigt. Mildtätigkeit ist nach dieser Vorschrift die selbstlose Unterstützung hilfsbedürftiger natürlicher Personen, deren wirtschaftliche Lage durch das Seebeben zu einer Notlage i. S. des § 53 Nr. 2 Satz 3 AO geworden ist. Zuwendungen für die Wiederherstellung eines durch das Seebeben geschädigten Betriebs sind deshalb nur dann als für mildtätige Zwecke verwendet anzusehen, wenn eine steuerbegünstigte Körperschaft oder eine juristische Person des öffentlichen Rechts die Mittel an eine natürliche Person weitergibt, die als Unternehmer, Mitunternehmer oder Gesellschafter einer Unternehmens-Kapitalgesellschaft durch Schädigung des Betriebs selbst in einer Notlage ist.
2. Vereinfachter Zuwendungsnachweis
Für alle Sonderkonten, die von inländischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, inländischen öffentlichen Dienststellen oder von den amtlich anerkannten Verbänden der freien Wohlfahrtspflege eingerichtet wurden, gilt ohne betragsmäßige Beschränkung der vereinfachte Zuwendungsnachweis. Nach § 50 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStDV genügt in diesen Fällen als Nachweis der Bareinzahlungsbeleg oder die Buchungsbestätigung (z.B. Kontoauszug) eines Kreditinstitutes oder der PC-Ausdruck bei Online-Banking. Soweit bis zum im Hinblick auf ergangene Verwaltungsanweisungen Zuwendungen nicht auf ein Sonderkonto, sondern auf ein Konto der o. a. Spendenempfänger geleistet wurden, gilt auch hier der vereinfachte Zuwendungsnachweis.
Aus Solidarität mit den Opfern des Seebebens haben auch nicht steuerbegünstigte Spendensammler Spendenkonten eingerichtet und zu Spenden aufgerufen. Diese Zuwendungen sind steuerlich abziehbar, wenn das Spendenkonto als Treuhandkonto geführt wird und die Zuwendungen anschließend entweder an eine gemeinnützige Körperschaft oder an eine inländische juristische Person des öffentlichen Rechts bzw. eine inländische öffentliche Dienststelle weitergeleitet werden. Zur Erstellung von Zuwendungsbestätigungen muss dem Zuwendungsempfänger auch eine Liste mit den einzelnen Spendern und dem jeweiligen Anteil an der Gesamtsumme übergeben werden. Unter folgenden Voraussetzungen ist auch ein vereinfachter Zuwendungsnachweis möglich: Die gesammelten Spenden werden auf ein Sonderkonto einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts oder eines amtlich anerkannten Verbandes der freien Wohlfahrtspflege überwiesen. Die einzelnen Spender erhalten eine Ablichtung der Buchungsbestätigung des Kreditinstitutes sowie eine Liste über alle beteiligten Spender einschließlich der jeweils geleisteten Beträge. Es ist auch möglich, dass statt der Liste eine (Einzel-) Bescheinigung für jeden Spender erstellt wird.
V. Spendenaktionen von gemeinnützigen Körperschaften für durch das Seebeben geschädigte Personen
Einer gemeinnützigen Körperschaft ist es grundsätzlich nicht erlaubt, Mittel für steuerbegünstigte Zwecke zu verwenden, die sie nach ihrer Satzung nicht fördert (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 AO). Ruft eine gemeinnützige Körperschaft, die nach ihrer Satzung keine mildtätigen Zwecke verfolgt (z.B. Sportverein, Bildungsverein, Kleingartenverein oder Brauchtumsverein), zu Spenden zur Hilfe für die Opfer des Seebebens auf, gilt Folgendes: Es ist unschädlich für die Steuerbegünstigung einer Körperschaft, die nach ihrer Satzung keine mildtätigen Zwecke fördert oder regional gebunden ist, wenn sie Mittel, die sie im Rahmen einer Sonderaktion für die Hilfe für Opfer des Seebebens erhalten hat, ohne entsprechende Änderung ihrer Satzung für den angegebenen Zweck verwendet. Hierzu reicht es aus, wenn die Spenden entweder an eine gemeinnützige Körperschaft, die mildtätige Zwecke verfolgt, oder an eine inländische juristische Person des öffentlichen Rechts bzw. eine inländische öffentliche Dienststelle weitergeleitet werden. Die gemeinnützige Einrichtung, die die Spenden gesammelt hat, muss in der Zuwendungsbestätigung für Spenden, die sie für die Hilfe für Opfer des Seebebens erhält und verwendet, Zuwendungen für mildtätige Zwecke bescheinigen. Auf die Sonderaktion ist in der Zuwendungsbestätigung hinzuweisen.
VI. Elementarschäden als außergewöhnliche Belastungen nach § 33 EStG
Aufwendungen für die Wiederbeschaffung von Kleidung können nach R 187 Nr. 7 EStR nicht als außergewöhnliche Belastung nach § 33 EStG abgezogen werden, wenn der Steuerpflichtige z.B. eine allgemein zugängliche und übliche Versicherungsmöglichkeit nicht wahrgenommen hat. Bei den durch das Seebeben unmittelbar geschädigten Steuerpflichtigen ist der Abzug der o. a. Aufwendungen für die Wiederbeschaffung von Kleidung als außergewöhnliche Belastung bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen der R 187 EStR nicht wegen einer fehlenden Elementarschaden- oder Reisegepäckversicherung zu versagen.
Die nach Abzug der zumutbaren Belastung als außergewöhnliche Belastung abziehbaren Aufwendungen können auch gemäß § 39a Abs. 1 Nr. 3 in Verbindung mit § 39a Abs. 2 Satz 4 EStG als Freibetrag auf der Lohnsteuerkarte eingetragen werden.
VII. Umsatzsteuer
Das Umsatzsteuerrecht ist in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union insbesondere durch die Vorschriften der Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom (6. EG-Richtlinie) weitgehend harmonisiert. Die Mitgliedstaaten sind verpflichtet, die dort getroffenen Regelungen in nationales Recht umzusetzen. Die 6. EG-Richtlinie kennt keine Möglichkeit, die es einem Mitgliedstaat zur Bewältigung von Naturkatastrophen, wenn auch nur zeitlich und sachlich begrenzt, gestatten würde, von den verbindlichen Richtlinienvorschriften abzuweichen.
Sachliche Billigkeitsmaßnahmen bei unentgeltlichen Zuwendungen aus einem Unternehmen nach § 3 Abs. 1b UStG sind daher ebenso wenig möglich wie eine Ausweitung der Steuervergütung nach § 4a UStG.
VIII. Weitere steuerliche Erleichterungen für unmittelbar Betroffene
Nach § 13 Abs. 1 Nr. 17 ErbStG sind Zuwendungen von der Schenkungsteuer befreit, wenn sie ausschließlich mildtätigen Zwecken im Sinne des § 53 AO gewidmet sind und die Verwendung zu diesem Zweck gesichert ist.
BMF v. - IV C 4
-S 2223 - 48/05
Auf diese Anweisung wird Bezug genommen in folgenden Verwaltungsanweisungen:
Fundstelle(n):
BStBl 2005 I Seite 52
EAAAB-41904