BFH Beschluss v. - XI B 216/02

Einbringung einer Einzelpraxis in zuvor gegründete Gesellschaft bürgerlichen Rechts

Gesetze: EStG § 16; GewStG § 5 Abs. 2, § 7

Instanzenzug: ,G

Gründe

I. Der Kläger und Beschwerdegegner (Kläger) erzielte aus einer Einzelpraxis für ...medizin Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Im Jahr 1991 gründete er mit Herrn Dr. X eine Gemeinschaftspraxis in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), an der jeder von ihnen zur Hälfte beteiligt war. Der Kläger brachte das gesamte Sachanlagevermögen seiner Einzelpraxis in die GbR ein. B zahlte die Hälfte des Werts an den Kläger auf dessen Privatkonto. Die GbR führte die Buchwerte der Einzelpraxis fort.

Der Beklagte und Beschwerdeführer (das Finanzamt —FA—) erfasste den aus der Veräußerung des Einzelpraxisteils entstandenen Gewinn im Rahmen der Veranlagung zur Einkommensteuer für 1991 als „laufenden” Gewinn und legte diesen auch dem Gewerbesteuermessbescheid für 1991 zugrunde.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage in Sachen Einkommensteuer 1991 ab. Hinsichtlich des Gewerbesteuermessbescheides 1991 gab es der Klage mit der Begründung statt, dass die Gewerbesteuer eine Objektsteuer sei, die an das Ergebnis des lebenden Betriebs anknüpfe. Die Erfassung des sich aus der Beendigung der gewerblichen Betätigung ergebenden Gewinns als Gewerbeertrag widerspräche dem Objektsteuercharakter der Gewerbesteuer. Durch die Einbringung der Einzelpraxis in die GbR habe die persönliche Gewerbesteuerpflicht des Klägers geendet. Der streitige Gewinn sei nicht Ergebnis des lebenden Betriebs. Es sei nur deshalb einkommensteuerrechtlich nicht als (begünstigter) Veräußerungsgewinn, sondern wie laufender Gewinn zu erfassen, weil nicht sämtliche stille Reserven aufgedeckt worden seien.

Das FG hat die Revision nicht zugelassen.

Dagegen richtet sich die Beschwerde des FA, die es auf § 115 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 1. Alternative der Finanzgerichtsordnung (FGO) stützt. Es trägt im Wesentlichen vor, klärungsbedürftig und -fähig sei die Rechtsfrage, ob der bei einer zu Buchwerten erfolgten Einbringung eines Einzelunternehmens in eine Personengesellschaft durch eine vom einbringenden Unternehmer außerbetrieblich vereinnahmte Ausgleichszahlung des anderen Gesellschafters entstehende, nicht der Tarifermäßigung nach §§ 16, 34 des Einkommensteuergesetzes (EStG) unterliegende Gewinn gewerbesteuerpflichtig sei. Das FG habe verkannt, dass der Kläger nicht sein gesamtes Einzelunternehmen in die GbR eingebracht habe, sondern nur 50 %. Die andere Hälfte sei vorher an X veräußert und von diesem eingebracht worden. Die Veräußerung eines Anteils am Betriebsvermögen durch den Kläger sei ein laufender Geschäftsvorfall und dem noch lebenden Betrieb des Einzelunternehmens zuzurechnen (vgl. Beschluss des Großen Senats des Bundesfinanzhofs —BFH— vom GrS 2/98, BFHE 189, 465, BStBl II 2000, 123, und , BStBl I 2001, 543 Tz. 24.09 und 24.11). Er ereigne sich vor Eintritt des Unternehmerwechsels der die Beendigung der subjektiven Steuerpflicht des bisherigen Einzelunternehmers i.S. des § 5 Abs. 2 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) bedeute.

Der BFH habe über die genannte Rechtsfrage bisher nicht entschieden. Ihre Beantwortung betreffe nicht nur den vorliegenden Streitfall, sondern eine Vielzahl von Einbringungsfällen gegen Ausgleichszahlung. Die Frage sei anhand der vorliegenden BFH-Rechtsprechung nicht eindeutig lösbar, da der Streitfall nicht mit den Fällen vergleichbar sei, die den vom FG zitierten Urteilen zugrunde lägen.

II. Die Beschwerde ist unbegründet.

Nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 1. Alternative FGO ist die Revision zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des BFH erfordert. Diese Voraussetzungen müssen in der Beschwerdebegründung dargelegt werden (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO).

Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nach ständiger Rechtsprechung dann, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der Entwicklung des Rechts berührt. Es muss sich um eine aus rechtssystematischen Gründen bedeutsame und auch für die einheitliche Rechtsanwendung wichtige Frage handeln (u.a. , BFH/NV 2004, 802).

Eine Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts ist in Fällen erforderlich, in denen über bisher ungeklärte Rechtsfragen zu entscheiden ist, so beispielsweise, wenn der Einzelfall Veranlassung gibt, Grundsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen des materiellen oder des Verfahrensrechts aufzustellen oder Gesetzeslücken rechtsschöpferisch auszufüllen (, BFH/NV 2002, 652).

Der Senat lässt offen, ob das FA die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache und das Erfordernis der Fortbildung des Rechts den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO entsprechend dargelegt hat, nicht vielmehr nur fehlerhafte Rechtsanwendung durch das FG rügt.

Die vom FA aufgeworfene Rechtsfrage ist nicht klärungsbedürftig. Sie ist offensichtlich so zu beantworten, wie es das FG unter Hinweis auf die Entscheidungen des (BFHE 174, 372, BStBl II 1994, 709) und vom IV R 51/98 (BFHE 192, 534) getan hat (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 115 Rz. 28, m.w.N.). Da sich aus den vorgenannten Entscheidungen die Rechtsgrundsätze für die Beurteilung des Streitfalls eindeutig ergeben, ist eine Entscheidung des BFH über den konkreten Sachverhalt nicht erforderlich (vgl. auch das rechtskräftige , Entscheidungen der Finanzgerichte 2000, 1271). Soweit sich das FA zur Begründung seiner Rechtsauffassung auf den Beschluss des BFH in BFHE 189, 465, BStBl II 2000, 123 beruft, kann dem nicht gefolgt werden. Der Große Senat hat in diesem Beschluss u.a. ausgeführt, dass mit der Einbringung in die Personengesellschaft die eingebrachten Vermögenswerte nach § 718 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) gemeinschaftliches Vermögen (Gesamthandseigentum) der Gesellschafter geworden seien. Nach der BFH-Rechtsprechung würden bei dieser Gestaltung die steuerrechtlichen Tatbestände der Veräußerung und der Einbringung von Betriebsvermögen miteinander verbunden. Wegen der Verknüpfung von Einbringung und Veräußerung hat die Veräußerung der Hälfte der Einzelpraxis zugleich zu der —endgültigen— Einstellung der gewerblichen Betätigung des Klägers als Einzelunternehmer geführt. Die persönliche Gewerbesteuerpflicht des Klägers endete durch die Einbringung in die GbR (vgl. , BFHE 156, 502, BStBl II 1989, 664).

Dass im Kommentar von Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, Anm. 272.3 zu § 24 des Umwandlungssteuergesetzes eine andere Meinung vertreten wird, führt mangels weiterer Begründung dieser Meinung nicht zu Klärungsbedarf. Das zitierte BMF-Schreiben betrifft die Einkommensteuer.

Im Übrigen ist eine weitere Klärung der streitigen Rechtsfrage im Hinblick auf die Neuregelung des § 7 GewStG durch das Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetz vom (BGBl I 2001, 3858) nicht geboten. § 7 Satz 2 Nr. 2 GewStG ist in der Weise neu gefasst worden, dass zum Gewerbeertrag auch der Gewinn aus der Veräußerung oder Aufgabe des Anteils eines Gesellschafters gehört, der als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebs einer Mitunternehmerschaft anzusehen ist, soweit er nicht auf eine natürliche Person als unmittelbar beteiligter Mitunternehmer entfällt.

Fragen, die ausgelaufenes oder auslaufendes Recht betreffen, haben in der Regel keine grundsätzliche Bedeutung mehr (vgl. , juris Nr: STRE200351097).

Die Entscheidung ergeht im Übrigen gemäß § 116 Abs. 5 FGO ohne weitere Begründung.

Fundstelle(n):
BFH/NV 2005 S. 353
BFH/NV 2005 S. 353 Nr. 3
WAAAB-41749