BFH Beschluss v. - VII B 126/04

Schlüssige Darlegung des Verfahrensmangels eines übergangenen Beweisantrags

Gesetze: FGO § 76, § 115 Abs. 2 Nr. 3

Instanzenzug: ,EU

Gründe

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) hielt sich von September 1999 bis Juni 2000 im Rahmen eines Schüleraustauschs in den USA auf. Dort kaufte er eine Skiausrüstung sowie Skibekleidung. Bei seiner Rückkehr am meldete er diese und andere Waren unter Vorlage der Kaufbelege bei der Abfertigungsstelle des Flughafens…mündlich zur Abfertigung zum freien Verkehr an; zu diesem Zeitpunkt befand sich das Reisegepäck des Klägers allerdings noch nicht auf dem Flughafen. Nachdem das Gepäck mit einem späteren Flug als sog. „Rush-Gepäck” nachgesandt worden war, wurde es nach zollamtlicher Beschau zur Überstellung an den Kläger freigegeben. Für die nach dem Vermerk über die Beschau vorhandene Skiausrüstung und die Skijacke wurden —da die dem Kläger gewährte Reisefreimenge hiermit überschritten wurde— Einfuhrabgaben in Höhe von 476,97 DM erhoben. Auf den hiergegen erhobenen Einspruch wurden mit Steueränderungsbescheid die Zollwerte der streitigen Einfuhrwaren reduziert, indem wegen des bereits stattgefundenen Gebrauchs der Waren in den USA die Rechnungspreise um jeweils 25 % gekürzt wurden, was zu einer Einfuhrabgabenerhebung von nur noch 312,92 DM führte. Mit seiner hiergegen nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobenen Klage machte der Kläger geltend, dass die Skijacke nicht eingeführt worden sei; sie habe sich nicht in dem Koffer befunden und sei in den USA vergessen worden. Im Übrigen sei die wegen des Gebrauchs der Waren vorgenommene Kürzung der Zollwerte zu niedrig ausgefallen.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage nach einer in der mündlichen Verhandlung durchgeführten Zeugenvernehmung ab. Das FG urteilte, dass die Skijacke bei der Einfuhr vorhanden gewesen sei. Dies ergebe sich aus dem Vermerk über die Beschau und aus den Berichten der seinerzeit tätigen Abfertigungsbeamten, von denen einer als Zeuge vernommen worden sei, der mit seiner Aussage die Richtigkeit des damaligen Beschauvermerks bestätigt habe. Trotz der Unsicherheit des Zeugen bestehe an der Glaubhaftigkeit dieser Aussage, die durch die schriftlichen Berichte bestätigt werde, kein Zweifel. Ob die Skijacke bei der Ankunft des Gepäcks am Wohnort des Klägers vorhanden gewesen sei, sei rechtlich ohne Bedeutung. Der nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme festgestellte Umfang des Gebrauchs der Skiausrüstung in den USA rechtfertige keinen höheren Abschlag vom Neupreis als 25 %. Von der Einholung eines Sachverständigengutachtens sei insoweit abgesehen worden, da ein solches Gutachten nicht den konkreten Zustand der Skiausrüstung im Einfuhrzeitpunkt zu Grunde legen könne.

Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers.

II. Die Beschwerde ist unzulässig, weil in der Beschwerdebegründung die vom Kläger geltend gemachten Gründe für die Zulassung der Revision nicht schlüssig dargelegt sind, wie es § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) verlangt.

Der Begründung der Beschwerde lässt sich entnehmen, dass sie einen Verfahrensmangel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) geltend machen und rügen will, dass das FG eine beantragte Beweiserhebung zu Unrecht unterlassen habe, indem es zu der streitigen durch den Gebrauch hervorgerufenen Wertminderung der Skiausrüstung kein Sachverständigengutachten eingeholt habe. Zur schlüssigen Darlegung des Verfahrensmangels eines vom FG übergangenen Beweisantrags gehört jedoch nach ständiger Rechtsprechung (u.a.) auch der Vortrag, dass die Nichterhebung des angebotenen Beweises in der mündlichen Verhandlung gerügt wurde oder weshalb diese Rüge nicht möglich war (vgl. z.B. , BFHE 157, 106, BStBl II 1989, 727, und , BFH/NV 1998, 608). Da der im finanzgerichtlichen Verfahren geltende Untersuchungsgrundsatz eine Verfahrensvorschrift ist, auf deren Einhaltung ein Beteiligter —ausdrücklich oder durch Unterlassen einer Rüge— verzichten kann (§ 155 FGO i.V.m. § 295 der Zivilprozessordnung), hat die unterlassene rechtzeitige Rüge den endgültigen Rügeverlust zur Folge (Senatsbeschluss vom VII B 183/99, BFH/NV 2000, 597).

Die Beschwerdebegründung enthält jedoch keine solchen Darlegungen zum Nichteintritt des Rügeverlustes. Auch aus dem Protokoll über die mündliche Verhandlung vor dem FG ergibt sich kein Hinweis, dass der Kläger selbst oder sein Prozessbevollmächtigter Beweisanträge gestellt bzw. das Übergehen eines gestellten Beweisantrags durch das FG gerügt hat. Ausweislich des Protokolls hat der Kläger rügelos zur Sache verhandelt und nach der Durchführung der Zeugenvernehmung den Klageantrag gestellt. Auf die Rüge ist damit wirksam verzichtet worden, so dass die Beschwerde schon deshalb keinen Erfolg haben kann.

Soweit die Beschwerde rügt, dass das FG der Aussage des als Zeugen vernommenen Abfertigungsbeamten zu dem Vorhandensein der Skijacke im Zeitpunkt der Einfuhr Glauben geschenkt habe, legt sie keinen Verfahrensfehler i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO dar, weil die Grundsätze der Beweiswürdigung dem materiellen Recht zuzuordnen sind (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 115 Rz. 82 f.). Mit den in der Beschwerdebegründung geltend gemachten Zweifeln an der Glaubhaftigkeit der Aussage dieses Zeugen wendet sich die Beschwerde gegen die materielle Richtigkeit der Entscheidung des FG, was jedoch nicht zur Zulassung der Revision führen kann, weil damit kein Zulassungsgrund gemäß § 115 Abs. 2 FGO dargetan wird (, BFH/NV 2002, 1476, m.w.N.).

Fundstelle(n):
ZAAAB-36509