Finanzministerium Schleswig-Holstein - VI 326 - S 7144 - 001

Anwendung der Vertrauensschutzregelung in § 6a Abs. 4 UStG

Bezug:

Der o.g. BFH-Beschluss betrifft die Lieferung von Kraftfahrzeugen an zwei spanische Firmen. Auf eine Anfrage des Finanzamts hatte die spanische Finanzbehörde mitgeteilt, dass beide Firmen „missing trader” seien. Der BFH stellt hierzu fest, dass sich allein mit dieser Begründung nicht die Annahme rechtfertigen lässt, andere Personen seien Empfänger der Lieferung gewesen. Unter der – insbesondere nicht gesetzlich – definierten Bezeichnung „missing trader” werden zum Teil typischerweise vermögenslose natürliche oder juristische Personen beschrieben, die von vornherein keine wirtschaftliche Tätigkeit entfalten sollen und deshalb keine Umsatzsteuer anmelden, zum Teil auch solche, die nur kurzfristig tätig sind und angemeldete und geschuldete Umsatzsteuer nicht abführen. Weder der Umstand, dass der Adressat einer Lieferung die Ware nicht zur Ausführung entgeltlicher Umsätze eingesetzt hat, noch die Feststellung, der Empfänger der Lieferung habe die mit Hilfe der bezogenen Lieferungen ausgeführten Umsätze nicht versteuert, erlauben für sich genommen den Schluss, nicht der Vertragspartner, sondern andere Personen seien Empfänger der Lieferung gewesen.

Die Feststellung, welcher Leistungsbeziehung die Verschaffung der Verfügungsmacht zuzurechnen ist, ist im Wesentlichen tatsächliche Würdigung. Regelmäßig ergibt sich aus den abgeschlossenen zivilrechtlichen Vereinbarungen, wer bei einem Umsatz als Leistender und wer als Leistungsempfänger anzusehen ist. Allerdings kommt eine von den „vertraglichen Vereinbarungen” abweichende Bestimmung nicht nur des Leistenden, sondern auch des Leistungsempfängers in Betracht, z.B. wenn bei einer innergemeinschaftlichen Lieferung nach den konkreten Umständen des Falles für den Steuerpflichtigen erkennbar eine andere Person als sein „Vertragspartner” unter dessen Namen auftritt, und der Leistende mit der Nichtbesteuerung durch den Empfänger rechnet oder rechnen muss.

Die obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder sehen in dem BFH-Beschluss keine Veranlassung, von der bisherigen Verwaltungsauffassung zu § 6a Abs. 4 UStG (Verfügungen der und vom  – S 7144 A – St 253) abzuweichen. Mit der Anwendung des § 6a Abs. 4 UStG hat sich der BFH nicht auseinander gesetzt; die weitere Entwicklung der Rechtsprechung bleibt insoweit abzuwarten. Allerdings erfordert die Annahme, dass der angebliche Abnehmer nicht mit dem wirklichen Abnehmer identisch ist, hinreichende Sachverhaltsfeststellungen. Beschränkt sich die Auskunft der Finanzbehörde eines anderen Mitgliedstaats auf die Aussage, der Leistungsempfänger sei ein „missing trader”, und liegen keine weiteren Indizien für die Annahme vor, dass Leistungsempfänger tatsächlich eine andere Person ist oder dass Scheinlieferungen vorliegen, sind – neben den je nach Lage des Einzelfalls gebotenen eigenen Ermittlungen – regelmäßig ergänzende Rückfragen bei der ausländischen Finanzverwaltung erforderlich.

Finanzministerium Schleswig-Holstein v. - VI 326 - S 7144 - 001

Fundstelle(n):
FAAAB-27850