Erteilung von Belehrungen über den außergerichtlichen Rechtsbehelf
1. Allgemeines
Die Erteilung einer Rechtsbehelfsbelehrung ist gesetzlich vorgeschrieben für:
Tabelle in neuem Fenster öffnen– | Steuerbescheide | |
– | Steuervergütungsbescheide (einschließlich der Bescheide über die Gewährung von Zulagen und Prämien, soweit die für Steuervergütungen geltenden Vorschriften anzuwenden sind) | § 155 Abs. 4 i.V.m. § 157 Abs. 1 Satz 3 AO |
– | Feststellungsbescheide | § 181 Abs. 1 i.V.m. § 157 Abs. 1 Satz 3 AO |
– | Steuermessbescheide | § 184 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 157 Abs. 1 Satz 3 AO |
– | Zerlegungsbescheide | |
– | Zuteilungsbescheide | |
– | Prüfungsanordnung | |
– | Zinsbescheide | § 239 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 157 Abs. 1 Satz 3 AO |
– | Aufteilungsbescheide | |
– | Einspruchsentscheidung | |
– | Ablehnung eines Antrags auf Eintragung eines Freibetrages auf der Lohnsteuerkarte |
Ist für einen schriftlichen Verwaltungsakt die Erteilung einer Rechtsbehelfsbelehrung gesetzlich nicht vorgeschrieben und hat die OFD dafür auch keine Vordrucke bzw. Textvorlagen mit Rechtsbehelfsbelehrung eingeführt, so ist gleichwohl grundsätzlich eine Rechtsbehelfsbelehrung zu erteilen (vgl. § 356 AO).
Nach § 356 Abs. 1 AO beginnt die Rechtsbehelfsfrist nur zu laufen, wenn der Beteiligte über den Einspruch und über die Finanzbehörde, bei der er einzulegen ist, deren Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich belehrt worden ist. Ist die Belehrung unterblieben oder fehlen zwingende Bestandteile der Belehrung – zu denen auch eine Belehrung über die Form des Einspruchs gehört –, so führt dies nicht zur Fehlerhaftigkeit oder Unwirksamkeit des Verwaltungsaktes. Der Beteiligte kann aber nach § 356 Abs. 2 AO noch innerhalb eines Jahres seit Bekanntgabe des Verwaltungsaktes Einspruch einlegen. Dies gilt auch, wenn durch Gesetz (z.B. § 39 Abs. 3b Satz 5 und § 39a Abs. 4 Satz 2 EStG) oder aufgrund einer Verwaltungsanweisung auf eine Rechtsbehelfsbelehrung verzichtet wird. Die Rechtsfolge des § 356 Abs. 2 AO tritt auch ein, wenn die Rechtsbehelfsbelehrung eine zu kurze [1] oder eine zu lange [2] Einspruchsfrist angibt. Die Jahresfrist gilt nicht, wenn nicht zwingend vorgeschriebene Bestandteile der Rechtsbehelfsbelehrung zwar fehlerhaft sind, für den Beteiligten dadurch aber keine irrtumsbedingten Rechtsnachteile entstehen (z.B. Belehrung über die Anfechtungsbeschränkung gemäß § 352 AO a.F. auch noch nach dem ).
Die Jahresfrist gilt nicht mehr, sobald die Rechtsbehelfsbelehrung nachgeholt oder richtiggestellt wird. Mit der nachträglichen Bekanntgabe der zutreffenden Rechtsbehelfsbelehrung beginnt die Rechtsbehelfsfrist von einem Monat zu laufen. Auf diese Rechtsfolge muss das Finanzamt den Beteiligten ausdrücklich hinweisen. [3]
Die Jahresfrist kann durch eine kurz vor ihrem Ablauf nachgeholte oder richtiggestellte Rechtsbehelfsbelehrung aber nicht verlängert werden.
Die Jahresfrist gilt nicht, wenn der Beteiligte infolge höherer Gewalt gehindert war, vor Fristablauf einen Rechtsbehelf einzulegen. In diesem Fall muss aber der Rechtsbehelf innerhalb eines Monats nach Wegfall des Hindernisses nachgeholt werden. Gleichzeitig muss vorgetragen und regelmäßig auch glaubhaft gemacht werden, dass die Einlegung des Rechtsbehelfs infolge höherer Gewalt unmöglich war (§ 356 Abs. 2 Satz 2 AO i.V.m. § 110 Abs. 2 AO).
Die Einlegung eines Rechtsbehelfs ist grundsätzlich unbefristet zulässig, wenn eine schriftliche Belehrung – zu Unrecht – dahin erfolgt ist, dass ein Rechtsbehelf nicht gegeben sei. Das Recht, einen Rechtsbehelf einzulegen, kann allerdings verwirkt werden. [4]
Sind in einem Schriftstück mehrere selbständig anfechtbare Feststellungen getroffen worden (z.B. Art- und Wertfortschreibung), so genügt eine beigefügte Rechtsbehelfsbelehrung den Anforderungen des § 356 Abs. 1 AO. Dies gilt auch dann, wenn die Belehrung keinen Hinweis darauf enthält, dass die Anfechtung nur einer der Feststellungen nicht zugleich auch die Anfechtung der weiter getroffenen Entscheidungen beinhaltet. [5]
Eine Rechtsbehelfsbelehrung ist gesetzlich nicht vorgeschrieben für Steueranmeldungen und für die Fälle der Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern (§§ 167, 168 AO).
Im Falle der ohne Zustimmung des Finanzamts als Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung wirkenden Steueranmeldung (§ 168 Satz 1 AO) bedarf es keiner Rechtsbehelfsbelehrung. Die Einspruchsfrist verlängert sich mangels Vorliegen eines schriftlichen Verwaltungsakts demnach nicht auf ein Jahr. [6]
Die in Fällen des § 168 Satz 2 AO erforderliche Zustimmung zur Steueranmeldung ist ein Verwaltungsakt. Wird sie schriftlich erteilt, ist § 356 AO anwendbar. Bei fehlender Rechtsbehelfsbelehrung ist die Einlegung des Einspruchs binnen eines Jahres seit Bekanntgabe des Verwaltungsakts zulässig. [7]
Die (einmonatige) Einspruchsfrist beginnt mit dem Eingang der Steueranmeldung beim Finanzamt, in den Fällen des § 168 Satz 2 AO mit Bekanntgabe der Zustimmung (§ 355 Abs. 1 Satz 2 AO und AEAO zu § 355, Nr. 1).
Bei mündlich erteilten Verwaltungsakten ist eine Rechtsbehelfsbelehrung nicht Voraussetzung für den Beginn der Rechtsbehelfsfrist. Doch sollten auch in diesen Fällen rechtsunkundige Beteiligte über den zulässigen Rechtsbehelf belehrt werden, weil sonst Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Betracht kommen kann [8]. Mündlich bekannt gegeben werden können z.B. Auskunftsersuchen im Rahmen einer Außenprüfung.
2. Besonderheiten
Wird eine schriftliche Rechtsbehelfsbelehrung – Inland – erteilt, so ist der Baustein „AO_356_Rb_Belehrung_Einspruch_Inland” im Textbausteindialog „AO_Bearbeitung_von_Rechtsbehelfen” zu verwenden.
Werden Verwaltungsakte an Empfänger außerhalb des Geltungsbereichs der AO mit einfachem Brief bekannt gegeben oder nach § 14 VwZG zugestellt (Hinweis auf AEAO zu § 122, Nr. 1.8.4; § 14 VwZG Karte 1), so ist die Rechtsbehelfsbelehrung mit Baustein „AO_356_Rb_Belehrung_Einspruch_Ausland”, a.a.O., zu erteilen.
Wird ein Verwaltungsakt an einen Beteiligten ohne Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt, Sitz oder Geschäftsleitung im Inland nach § 123 Satz 2 AO durch einfachen Brief bekannt gegeben, weil er es trotz wirksamer Aufforderung unterlassen hat, einen inländischen Empfangsbevollmächtigten zu benennen, so gilt für die Rechtsbehelfsbelehrung der Baustein „AO_356_Rb_Belehrung_Einspruch_inlaend_Ebv”, a.a.O..
Enthält die getroffene Entscheidung mehrere Verwaltungsakte, so ist in der Rechtsbehelfsbelehrung die Pluralform „Entscheidungen” zu verwenden und der Text entsprechend anzupassen. Betrifft ein Verwaltungsakt dabei die Kirchensteuer, so ist zusätzlich der Baustein „AO_356_Rb_Belehrung_Zusatz_Kirchensteuer”, a.a.O., zu verwenden.
Wird mit der Entscheidung unmittelbar eine Geldleistung gefordert, ist außerdem der Baustein „AO_356_Rb_Belehrung_Zusatz_Zahlungserinnerung”, a.a.O., zu verwenden. Dazu gehören jedoch z.B. nicht solche Verwaltungsakte, durch die die Stundung oder der Erlass einer Steuer abgelehnt wird.
In den Fällen des § 100 Abs. 2 Sätze 2 und 3 FGO (Betragsermittlung durch das Finanzamt) ist die Rechtsbehelfsbelehrung des Bescheides durch folgenden Zusatz einzuschränken:
„Mit dem Einspruch kann nur eingewandt werden, dass die Betragsberechnung nicht dem Urteil entspricht.” (Hinweis auf AO-Kartei § 100 FGO Karte 1).
OFD Hannover v. - S 0622 - 221 - StO 321S 0622 - 347 - StH 461
Fundstelle(n):
HAAAB-27832