Finanzministerium NRW - S 4521 - 4 - V A 2 S 4521 - 20 - V A 2

Gegenleistung bei
a) Grundstückserwerben für Straßenbauzwecke,
b) Grundstücksenteignungen und Grundstücksveräußerungen zur Vermeidung der Enteignung,
c) landbeschaffung für Zwecke der Verteidigung

Bezug:

Bezug:

Der Bezugserlass wird in Tz 2.1.3 und Tz 4 geändert und erhält damit folgende Fassung:

  1. Gegenleistung im Sinne des Grunderwerbsteuergesetzes ist jede Leistung, die der Erwerber als Entgelt für den Erwerb des Grundstücks gewährt, oder die der Veräußerer als Entgelt für die Veräußerung des Grundstücks empfängt. Dabei ist unerheblich, ob die Leistung auf freiwilliger oder gesetzlicher Grundlage beruht.

    1.1

    Bei einem Kauf gelten als Gegenleistung der Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen und der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG).

    1.1.1

    Als sonstige Leistungen kommen Leistungen aller Art in Betracht, die an sich der Verkäufer zur Erfüllung der ihm nach § 433 BGB obliegenden Pflicht, dem Käufer das Grundstück zu übergeben und das Eigentum daran zu verschaffen, aufzuwenden hätte, die aber vom Käufer getragen werden ( und , RFHE Band 12, 32 und Band 52, 291; BStBl 1975 II S. 362).

    1.2

    Bei der Enteignung gilt als Gegenleistung die Entschädigung. Wird ein Grundstück enteignet, das zusammen mit anderen Grundstücken eine wirtschaftliche Einheit bildet, so gehört die besondere Entschädigung für eine Wertminderung der nicht enteigneten Grundstücke nicht zur Gegenleistung; dies gilt auch dann, wenn ein Grundstück zur Vermeidung der Enteignung freiwillig veräußert wird (§ 9 Abs. 1 Nr. 7 GrEStG).

    1.2.1

    Unter „Entschädigung” sind Leistungen zu verstehen, die im Enteignungsverfahren als Entschädigungen festgesetzt und dem Entschädigungsberechtigten zugesprochen werden ( BStBl 1975 II S. 454).

    Sie werden gewährt für

    1. den durch die Enteignung eintretenden Rechtsverlust

      und

    2. andere durch die Enteignung eintretende Vermögensnachteile.

    1.2.2

    Zu den Entschädigungen im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 7 GrEStG gehören außer der Barentschädigung oder einer Landentschädigung auch sonstige Leistungen, die der Enteignungsberechtigte dem Inanspruchgenommenen bzw. dem Verkäufer gegenüber für den Erwerb des Grundstücks erbringt. Zur grunderwerbsteuerlichen Bemessungsgrundlage gehören jedoch keine Leistungen, mit denen nicht der Erwerb des Grundstücks abgegolten wird.

  2. 2.1

    Für eine freiwillige Veräußerung zur Vermeidung der Enteignung ist Voraussetzung, dass eine Enteignung ernstlich gedroht hat. Außerdem bedarf die besondere Entschädigung für die Wertminderung der nichtveräußerten Grundstücke der Vereinbarung im Kaufvertrag.

    2.1.1

    Eine freiwillige Veräußerung zur Vermeidung der Enteignung liegt dann vor, wenn bei Abschluss des Vertrages eine Enteignung formell und materiell möglich war (vgl. BStBl 1980 II S. 362). Diese Voraussetzung ist ohne weitere Nachprüfung als erfüllt anzusehen, wenn die zuständige Enteignungsbehörde bestätigt, dass die Veräußerung zur Vermeidung der Enteignung erfolgte.

    2.1.2

    Grundstückserwerbe durch den Bund für Zwecke der Verteidigung setzen den Abschluss des in § 1 Abs. 2 und 3 des Landbeschaffungsgesetzes – LBG – vorgeschriebenen Verfahrens voraus. Da nach Abschluss dieses Verfahrens auch eine Enteignung zulässig wäre, erfolgen freiwillige Veräußerungen für Verteidigungszwecke stets zur Vermeidung der Enteignung. Einer Bestätigung im Sinne der vorstehenden Tz. 2.1.1 bedarf es deshalb nicht.

    2.1.3

    Grundstücksveräußerungen an die zuständigen Körperschaften des öffentlichen Rechts, ihre Zweckverbände oder Genossenschaften für Zwecke von Straßenbauvorhaben, Deichbau-, Hochwasser- oder Lawinenschutzmaßnahmen stellen stets eine Veräußerung zur Vermeidung einer Enteignung im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 7 GrEStG dar, wenn nicht besondere Umstände eine andere Beurteilung rechtfertigen.

  3. 3.1

    Zur Gegenleistung gehören daher nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 7 GrEStG zum Beispiel:

    • dem Verkäufer gewährte Entschädigungen für die Räumung des Kaufgrundstücks und den etwaigen Erwerb eines Ersatzgrundstücks (z.B. Entschädigungen für Umzugs- und Verlegungskosten, Restbetriebsbelastungen, Erwerbsverluste; RFHE Band 52, 291; BStBl 1953 III S. 145).

    • Entschädigung für Aufwuchs (z.B. Holzbestand, Dauerkulturen) und Aufbauten,

    • Entschädigungen, die der Veräußerer des Teils eines Betriebsgrundstücks für eine Betriebseinschränkung auf dem Restgrundstück erhält, wenn die Betriebseinschränkung unmittelbare Folge der Veräußerung des Grundstücksteils ist. Entsprechendes gilt für Vergütungen, die für den Abbruch von Gebäuden auf dem veräußerten Grundstücksteil geleistet werden ( BStBl 1992 II S. 986).

    • die vom Erwerber übernommenen Kosten der Vermessung und Beschaffung von Katastermaterial, die als Kosten der Übergabe der verkauften Sache nach § 448 BGB dem Verkäufer zur Last fallen ( BStBl 1975 II S. 362) – wegen der Ausnahmen vgl. Tz 3.2 –,

    • Kostenübernahmen des Erwerbers z.B. nach § 5 LBG (auch wenn dies im Kaufvertrag selbst nicht vereinbart ist), z.B. für Ersatz oder Verlegung von Verkehrs-, Fernmelde- oder Versorgungseinrichtungen sowie von Einrichtungen und Anlagen der Abwasserwirtschaft,

    Beispiel:

    Die Gemeinde X veräußert ein Grundstück, über das ein Gemeindeweg verläuft, an den Bund. Dieser muss neben dem Kaufpreis die Kosten für die Anlage eines Ersatzweges übernehmen.

    • Entschädigung für Bodenvorkommen – z.B. Kies, Sand, Torf ( BStBl 1966 III S. 550 und 552),

    • Entschädigungen für Ernteausfall und Vorratsdüngung,

    • Entschädigung für mit dem Boden festverbundene Anlagen (z.B. Zäune, Tränken, Pumpanlagen).

    3.2

    Nicht zur Gegenleistung gehören zum Beispiel:

    • Entschädigungen für den bisherigen Pächter für die Freimachung (Räumung) von Liegenschaften (insbesondere Entschädigungen für eine vorzeitige Beendigung von Pachtverhältnissen oder für Aufwuchsentschädigungen),

    • solche Vermessungs- und Katasterkosten, die ein Enteignungsberechtigter aufwenden muss, um das für die Enteignung vorgesehene Grundstück bezeichnen zu können ( BStBl 1975 II S. 454). Das gilt auch, wenn das Enteignungsverfahren durch eine freiwillige Veräußerung vermieden wird,

    • Kosten des Verfahrens und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen, wenn diese von dem Enteignungsbegünstigten oder im Falle einer freiwilligen Veräußerung des Grundstücks zur Vermeidung einer Enteignung vom Grundstückserwerber ohne Rücksicht auf den Ausgang des Enteignungsverfahrens zu übernehmen sind ( BStBl 1991 II S. 146 und vom , BStBl 1992 II S. 301),

    • Leistungen des Grundstückserwerbers an Dritte, die nicht als Gegenleistung für den Verzicht auf den Grundstückserwerb anzusehen sind (z.B. Verlegungskosten nach § 5 LBG),

    Beispiel:

    Die Gemeinde X veräußert ein Grundstück an den Bund. Über das Grundstück verlaufen ein Fernmeldekabel der Deutschen Telekom und die Wasserleitung eines Zweckverbandes. Beide Leitungen müssen im Interesse des Bundes verlegt werden. Der Bund zahlt den Kaufpreis an X und übernimmt gegenüber der Deutschen Telekom und dem Zweckverband die Verlegungskosten.

    • im Einzelfall festgesetzte besondere Entschädigungen für Wertminderungen der nicht enteigneten Grundstücke des Betroffenen – siehe Tz 1.2 (z.B. Resthofentschädigungen bei An- und Durchschneidungen, Umwegen). Die bei freihändigen Erwerben vereinbarten Entschädigungen sind in voller Höhe anzuerkennen, wenn sie von den zuständigen Behörden nach den entsprechenden Richtlinien für die Bemessung der Entschädigung (Entschädigungsrichtlinien Landwirtschaft – LandR – oder Waldwertermittlungsrichtlinien – WaldR –in der jeweils geltenden Fassung) berechnet worden sind,

    • Kosten bestimmter Ersatzvornahmen, die der Erwerber durchführen lässt, falls sie für eine Wertminderung des nichtenteigneten Grundstücks aufgewendet werden,

    Beispiel:

    Vom Eigentümer eines bebauten Eckgrundstücks wird zur Verbreiterung der Straße ein Geländestreifen (wertvoller Teil des Ziergartens) erworben. Dadurch kann der Zugang zum Haus nur beibehalten werden, wenn – anstelle der bisher sanft ansteigenden Zuwegung – eine verhältnismäßig steile Eingangstreppe errichtet wird. Durch die unmittelbare Nähe zur Straße und den Treppenzugang wird das bebaute Grundstück jetzt eine Wertminderung erfahren. Neben dem Kaufpreis für den Geländestreifen zahlt der Erwerber für die Wertminderung des Grundstücks eine Entschädigung in Geld und lässt auf seine Kosten die Eingangstreppe bauen.

  4. Da die Vermessung der erworbenen Grundstücke einerseits häufig erst Jahre später erfolgt, die Vermessungsergebnisse andererseits von den angenommenen Flächengrößen jedoch z.T. erheblich abweichen, wird die öffentliche Hand im Hinblick darauf, dass nach Ablauf der Festsetzungsfrist eine Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO nicht mehr möglich ist, keine endgültigen Grunderwerbsteuerfestsetzungen mit vorläufigen Bemessungsgrundlagen akzeptieren können. Das FinMin bittet daher, die Grunderwerbsteuer für derartige Erwerbsvorgänge nach § 165 Abs. 1 AO vorläufig festzusetzen. Abschnitt II Nr. 3 des FinMin NRW Erlasses vom  – S 4521 – 3 – V A 2 in der jeweils aktuellen Fassung ist dann nicht anzuwenden.

Dieser Erlass geht im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der anderen Länder und tritt an die Stelle des Bezugserlasses.

Finanzministerium NRW v. - S 4521 - 4 - V A 2S 4521 - 20 - V A 2

Fundstelle(n):
VAAAB-25571