BFH Beschluss v. - I B 61/03

Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung und der Divergenz

Gesetze: FGO § 115 Abs. 2 Nrn. 1, 2

Instanzenzug:

Gründe

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ist ein eingetragener Verein. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) versagte ihm für die Streitjahre 1994 bis 1998 die Anerkennung als gemeinnützig und setzte Körperschaftsteuer fest. Nachdem das FA gegen die hiergegen eingelegten Einsprüche nicht entschied, erhob der Kläger durch seinen Präsidenten mit Schriftsatz vom Untätigkeitsklage beim Finanzgericht —FG— (Az. des FG 1 K 2254/00).

Zudem erhob der Kläger am 10. Januar und sowohl durch seinen Prozessbevollmächtigten als auch durch den Präsidenten jeweils Klagen wegen Körperschaftsteuer 1994 bis 1998 (Az. 7 K 52/01 und 7 K 58/01). Diese wurden einerseits durch den Präsidenten „wegen Zweifacherhebung” mit Schreiben vom als auch durch den Prozessbevollmächtigten mit Schreiben vom (im Hinblick auf das Verfahren 1 K 2254/00) zurückgenommen.

Mit Einspruchsentscheidung vom , deren Erlass der Kläger im Klageverfahren wegen Untätigkeit (Az. 1 K 2254/00) begehrt hatte, hat das FA inzwischen die Einsprüche des Klägers zurückgewiesen. In einem Schreiben an das wies das FA allerdings darauf hin, dass das Verfahren nicht erledigt sei. Die Untätigkeitsklage sei als Anfechtungsklage gegen die Körperschaftsteuerbescheide 1994 bis 1998 zu behandeln. Dieses Schreiben übersandte das FG dem Präsidenten des Klägers mit Schreiben vom mit der Bitte um Stellungnahme. Darauf teilte dieser dem FG mit Schreiben vom mit: „Hierdurch nehmen wir die Klage wegen Untätigkeit des FA zurück. Das Amt ist inzwischen tätig geworden.” Das FG stellte darauf das Verfahren 1 K 2254/00 mit Beschluss vom ein.

Dagegen macht der Kläger nunmehr die Unwirksamkeit der Klagerücknahme im Verfahren 1 K 2254/00 geltend. Der Präsident sei irrtümlich davon ausgegangen, dass das Verfahren wegen Körperschaftsteuer für die Streitjahre (unter dem Az. 7 K 52/01) weitergeführt werde. Daher habe er die Untätigkeitsklage zurückgenommen. Diese Klagerücknahme vom beruhe somit auf einem offensichtlichen Versehen.

Demgegenüber entschied das FG (Az. 1 K 835/01), der Kläger habe die Klage wirksam zurückgenommen. Die Erklärung der Rücknahme einer Klage unterliege als empfangsbedürftige Willenserklärung des Verfahrensrechts den Auslegungsregeln der §§ 133, 157 des Bürgerlichen Gesetzbuchs —BGB— (Hinweis auf , BFHE 193, 85, BStBl II 2001, 162). Entscheidend sei, wie das Gericht als Erklärungsempfänger den objektiven Erklärungswert des Rücknahmeschreibens verstehen müsse. Dabei seien auch Umstände in Betracht zu ziehen, die sich nicht aus dem Rücknahmeschreiben selbst ergäben, jedoch dem Gericht bekannt seien.

Im Streitfall sei dem Gericht nicht bekannt gewesen, dass der Kläger ein Verfahren habe fortführen wollen. Nachdem dieser durch die Übermittlung des Schreibens des FA vom ausdrücklich darauf hingewiesen worden sei, dass das Verfahren 1 K 2254/00 fortzuführen sei, wenn die Körperschaftsteuerbescheide 1994 bis 1998 weiterhin angefochten werden sollten, sei im Hinblick auf die Begründung der Klagerücknahme („das Amt ist inzwischen tätig geworden”) für das FG als deren Empfänger die einzig mögliche Auslegung gewesen, dass der Kläger mit seiner Untätigkeitsklage ein Tätigwerden des FA habe erreichen, aber aufgrund der Ausführungen in den Einspruchsentscheidungen sein Klagebegehren nicht weiter habe verfolgen wollen.

Mit seiner Beschwerde begehrt der Kläger die Zulassung der Revision.

Der Rechtssache komme grundsätzliche Bedeutung zu (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der FinanzgerichtsordnungFGO—). Es bestehe ein abstraktes Interesse der Allgemeinheit an der Klärung der Frage, ob eine Klagerücknahme im Verfahren wegen Untätigkeit des FA in eine Rücknahme der als Anfechtungsklage fortgesetzten Klage umzudeuten sei, wenn dem Gericht bekannt sei, dass der Kläger unter keinen Umständen eine abschlägige Entscheidung des FA hinnehmen werde.

Zudem rügt der Kläger Divergenz (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 zweite Alternative FGO). Die Vorentscheidung weiche vom BFH-Urteil in BFHE 193, 85, BStBl II 2001, 162 ab, wonach das Gericht alle Umstände in Betracht zu ziehen habe, die sich nicht aus dem Rücknahmeschreiben selbst ergäben. Vorliegend sei dem FG bekannt gewesen, dass der Kläger seit Jahren gegen das FA kämpfe und sich mit einer abschlägigen Entscheidung niemals einverstanden erklären würde.

II. Die Beschwerde ist unzulässig, sie war daher zu verwerfen. Der Kläger hat die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO nicht entsprechend den gesetzlichen Erfordernissen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO dargelegt.

1. Zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache muss der Beschwerdeführer konkret auf eine bestimmte, im Revisionsverfahren zu klärende Rechtsfrage und ihre Bedeutung für die Allgemeinheit eingehen (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. , BFH/NV 2004, 69). Dazu reicht die Behauptung nicht aus, einer Sache komme grundsätzliche Bedeutung zu. Zudem fehlt es im Streitfall an einer ordnungsgemäßen Darlegung der Klärungsfähigkeit der Rechtsfrage, weil der Kläger von einem Sachverhalt ausgeht, der in den Feststellungen der Vorinstanz keine Stütze findet (BFH-Beschlüsse vom VII B 29/93, BFH/NV 1994, 326; vom IX B 5/00, BFH/NV 2000, 1238). Entgegen dem Beschwerdevorbringen hat das FG ausdrücklich festgestellt, ihm sei nicht bekannt gewesen, dass der Kläger eines der Verfahren habe fortführen wollen. Diese Feststellung hat der Kläger nicht mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen angegriffen, sie wäre daher für das Revisionsgericht bindend (§ 118 Abs. 2 FGO).

2. Zur Darlegung des Zulassungsgrundes der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 zweite Alternative FGO), der die Fälle der Divergenz mit umfasst, muss dargetan werden, dass dem angefochtenen Urteil bei gleichem, vergleichbaren oder gleich gelagertem festgestellten Sachverhalt (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 115 Anm. 53, m.w.N.) ein abstrakter Rechtssatz zugrunde liegt, der mit tragenden Rechtsausführungen in einer Entscheidung eines anderen Gerichts nicht übereinstimmt. Dabei müssen sich die voneinander abweichenden Rechtssätze aus dem angefochtenen Urteil des FG und der oder den Divergenzentscheidungen unmittelbar und mit hinreichender Deutlichkeit ergeben (, BFH/NV 2004, 503; Gräber/ Ruban, a.a.O., § 115 Anm. 54, m.w.N.). Diesen Anforderungen wird die vorliegende Beschwerdebegründung nicht gerecht. Im Übrigen folgt das FG den Grundsätzen des BFH-Urteils in BFHE 193, 85, BStBl II 2001, 162 ausdrücklich.

Fundstelle(n):
AAAAB-24499