BFH Beschluss v. - XI B 128/02

Für die Abgrenzung zwischen arbeitsvertraglichen Erfüllungsleistungen und Entschädigungen ist maßgebend, zu welchem Zeitpunkt das Arbeitsverhältnis wirksam beendet worden ist

Gesetze: EStG §§ 24, 34

Instanzenzug:

Gründe

I. Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) werden als Ehegatten zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.

Am kündigte der Arbeitgeber des Klägers das mit diesem bestehende Arbeitsverhältnis aus betriebsbedingten Gründen zum . Der daraufhin vom Kläger angestrengte Kündigungsschutzprozess endete am mit einem gerichtlichen Vergleich. Danach waren sich der Kläger und sein Arbeitgeber einig, dass das Arbeitsverhältnis zum beendet worden ist. Der Arbeitgeber verpflichtete sich, als sozialen Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes zur Zahlung einer Abfindung in Höhe von 400 000 DM.

In ihrer Einkommensteuererklärung für 1998 beantragten die Kläger eine Steuerermäßigung nach § 34 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in der für das Streitjahr 1998 geltenden Fassung auf einen Abfindungsbetrag von 376 000 DM (nach Abzug eines nach § 3 Nr. 9 EStG steuerfreien Betrages von 24 000 DM). Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) besteuerte hingegen den Abfindungsbetrag nach § 34 Abs. 1, 2 EStG mit dem halben durchschnittlichen Steuersatz.

Das Finanzgericht wies die Klage ab. Es folgte der vom FA in der Einspruchsentscheidung dargelegten Rechtsauffassung. Dort hatte das FA ausgeführt, eine Steuerermäßigung nach § 34 Abs. 3 EStG setze Zahlungen aufgrund von Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis voraus, die für mehrere Jahre erbracht würden. Das sei hier nicht der Fall, weil nach dem Wortlaut des gerichtlichen Vergleichs mit der Abfindung die durch den Arbeitsplatzverlust entgehenden oder entgangenen Einnahmen abgegolten werden sollten.

Die gegen das finanzgerichtliche Urteil eingelegte Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision stützen die Kläger auf grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der FinanzgerichtsordnungFGO—). Gleichzeitig halten sie eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Fortbildung des Rechts für erforderlich (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 1. Alternative FGO). Zur Begründung tragen sie im Wesentlichen vor: Der BFH habe bislang noch keinen Fall entschieden, dem ein mit dem Streitfall vergleichbarer Sachverhalt zugrunde gelegen habe. Es sei aber der „typische Fall einer Abfindung”, dass nach der Kündigung durch den Arbeitgeber in einem nachfolgenden Kündigungsschutzprozess über die Zulässigkeit der Kündigung gestritten werde. Komme es im Laufe des Rechtsstreits dann zu einer Auflösung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung, so umfasse diese Abfindung regelmäßig sowohl eine Nachzahlung von Arbeitslohn als auch eine Entschädigung für den Wegfall des Arbeitsplatzes in der Zukunft. Nur der letztere Teil unterfalle der Regelung des § 24 Nr. 1 EStG i.V.m. § 34 Abs. 1 EStG, während auf den Teil, der eine Nachzahlung für laufenden Arbeitslohn bilde, § 34 Abs. 3 EStG anzuwenden sei.

II. Die Beschwerde ist unbegründet. Die von den Klägern aufgeworfene Rechtsfrage hat keine grundsätzliche Bedeutung.

Die Kläger stellen mit ihrem Vorbringen die Rechtsfrage heraus, ob und inwieweit im Falle einer erst im Verlauf eines Kündigungsschutzprozesses vereinbarten Auflösung eines Arbeitsverhältnisses ein gezahlter Abfindungsbetrag neben einer Entschädigungsleistung auch eine Nachzahlung für geschuldeten Arbeitslohn beinhaltet, auf die § 34 Abs. 3 EStG anzuwenden ist. Diese Rechtsfrage ist durch die Rechtsprechung des BFH bereits geklärt und hat deswegen keine grundsätzliche Bedeutung.

Der Senat hat unter Hinweis auf frühere Rechtsprechung des (BFHE 203, 490, BStBl II 2004, 264) entschieden, dass für die Abgrenzung zwischen arbeitsvertraglichen Erfüllungsleistungen und Entschädigungen i.S. des § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG maßgeblich ist, zu welchem Zeitpunkt das Arbeitsverhältnis nach bürgerlichem (Arbeits-)Recht wirksam beendet worden ist. In diesem Urteil hat der Senat auch dargelegt, dass es Arbeitgeber und Arbeitnehmer dabei —bis an die Grenze des Gestaltungsmissbrauchs— selbst in der Hand haben, durch vertragliche Vereinbarung zu bestimmen, in welchem Umfang gemäß § 3 Nr. 9 EStG steuerfreie Abfindungen an die Stelle von steuerpflichtigen Lohnansprüchen treten.

Mit dieser Entscheidung ist auch die im Streitfall aufgeworfene Rechtsfrage geklärt. Hier ist das Arbeitsverhältnis des Klägers rechtswirksam zum beendet worden, nachdem der Kläger diesen Kündigungszeitpunkt im arbeitsgerichtlichen Vergleich vom akzeptiert hat. In diesem Vergleich ist auch vereinbart worden, dass der Kläger von seinem Arbeitgeber „für den Verlust des Arbeitsplatzes gem. §§ 9 und 10 KSchG eine Abfindung in Höhe von 400 000 DM” erhält. Von einer Nachzahlung von geschuldetem Arbeitslohn ist darin nicht die Rede.

Aus den zur Frage der grundsätzlichen Bedeutung angeführten Gründen kommt eine Zulassung der Revision zum Zwecke der Rechtsfortbildung gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 1. Alternative FGO ebenfalls nicht in Betracht. Auch dieser Zulassungsgrund setzt voraus, dass über eine bisher noch ungeklärte Rechtsfrage zu entscheiden ist oder dass gegen eine bestehende höchstrichterliche Rechtsprechung gewichtige Argumente vorgetragen worden sind, die der BFH noch nicht erwogen hat (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, § 115 Rz. 41, m.w.N.). Beides trifft hier nicht zu.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


Fundstelle(n):
BFH/NV 2004 S. 1251
BFH/NV 2004 S. 1251 Nr. 9
LAAAB-24306