BFH Urteil v. - II R 47/98

Erlass eines neuen EW-Bescheids nach ersatzloser Aufhebung eines EW-Bescheids zulässig, wenn Festsetzungsfrist für GrSt noch nicht abgelaufen ist

Gesetze: AO § 37 Abs. 2, §§ 171, 181; BewG §§ 72, 85

Instanzenzug:

Gründe

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) errichtete im oberen Teil seines Hanggrundstückes ein Gebäude mit Wohn- und Büroräumen und parallel dazu im unteren, zur Straße gelegenen Teil ein kleineres Nebengebäude. Seitlich angrenzend an das Nebengebäude befinden sich mehrere Kfz-Stellplätze und eine Auffahrt zum Hauptgebäude. Das Hauptgebäude besteht im Wesentlichen aus drei Etagen. Zum Fortschreibungszeitpunkt befanden sich im Untergeschoss neben dem Heizungsraum mit Öllagerraum gewerblich genutzte Räume und im darüber gelegenen Obergeschoss Wohnräume. Das Dachgeschoss war noch nicht ausgebaut. Das Nebengebäude enthielt im Untergeschoss zwei Kfz-Einstellplätze sowie einen Zugang auf das Grundstück und im Obergeschoss ebenfalls noch nicht ausgebaute Räume für gewerbliche Zwecke. Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob das Grundstück zum als Einfamilienhaus oder als gemischt genutztes Grundstück zu bewerten ist und ob der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) auf den noch eine Fortschreibung durchführen durfte oder bereits Feststellungsverjährung eingetreten war.

Das FA erließ am einen Einheitswertbescheid zur Wert- und Artfortschreibung auf den , mit dem es den Einheitswert auf ... DM und die Grundstücksart Einfamilienhaus feststellte. Das FA war dabei den Angaben des Klägers in seiner 1988 abgegebenen Erklärung zur Feststellung des Einheitswerts auf diesen Stichtag gefolgt, wonach jeweils das Dachgeschoss im Hauptgebäude und im Nebengebäude noch nicht bezugsfertig waren und die zu Wohnzwecken genutzte Fläche die gewerblich genutzte Fläche überwog.

Im Jahr 1994 gab der Kläger anlässlich einer Außenprüfung an, den Fortschreibungsbescheid vom April 1989 nicht erhalten zu haben. Das FA versandte den Bescheid daraufhin am ein weiteres Mal. Nunmehr legte der Kläger Einspruch ein, mit dem er sich gegen die Feststellung der Grundstücksart Einfamilienhaus wandte und den das FA als unbegründet zurückwies. Auch die Klage, mit der der Kläger die Bewertung als gemischt genutztes Grundstück erstrebte, hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) war der Ansicht, an sich hätte ein Fortschreibungsbescheid im Jahr 1994 wegen Ablaufs der Feststellungsfrist nicht mehr ergehen dürfen; die Frist sei im Streitfall jedoch gemäß § 169 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) durch die Versendung des Bescheides vom April 1989 gewahrt worden. Das Grundstück sei zu Recht als Einfamilienhaus bewertet, weil die Wohnnutzung von 202,63 qm am Stichtag die gewerbliche Nutzung von 165,07 qm flächenmäßig übertroffen und die gewerbliche Mitbenutzung die Eigenart des Grundstücks als Einfamilienhaus nicht wesentlich beeinträchtigt habe.

Mit der Revision rügt der Kläger fehlerhafte Anwendung des § 169 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 AO 1977 sowie des § 75 Abs. 4 und 5 des Bewertungsgesetzes (BewG). Dazu trägt er vor, die Feststellungsfrist sei gemäß § 169 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 AO 1977 nur dann gewahrt, wenn der rechtzeitig abgesandte Bescheid dem Adressaten tatsächlich zugehe. Daran habe es im Streitfall gefehlt. Im Übrigen habe am Bewertungsstichtag die Wohnfläche die gewerblich genutzte Fläche nicht übertroffen, so dass es auf das Maß der Beeinträchtigung der Eigenart des Grundstücks als Einfamilienhaus nicht ankomme. Während das Untergeschoss einschließlich der Verkehrsflächen zwischen den Büros und dem Fahrstuhl bereits gänzlich zu gewerblichen Zwecken genutzt worden sei, seien die Wohnung im Obergeschoss sowie die Loggia noch nicht vollständig ausgebaut und nur eingeschränkt nutzbar gewesen. Das ebenfalls noch nicht ausgebaute Dachgeschoss des Nebengebäudes wiederum sei bereits voll zu gewerblichen Zwecken, nämlich der Lagerung von Fässern, genutzt worden. Es gehe an der Realität vorbei, dem Grundstück die Eigenart eines Einfamilienhauses beizumessen, allenfalls mache es den Eindruck eines Mehrfamilienhauses.

Das FA hat während des Revisionsverfahrens am einen als teilweisen Aufhebungsbescheid bezeichneten nochmaligen Einheitswertbescheid auf den für das streitbefangene Grundstück erlassen, mit dem es den ursprünglichen Einheitswertbescheid auf den vom dahin eingeschränkt hat, dass er ab lediglich mit Wirkung für die Grundsteuer und zusätzlich ab mit Wirkung für die Einkommensteuer gelten solle. Im Übrigen hat es den Einheitswertbescheid vom aufgehoben.

Mit Bescheid vom hat es den Bescheid vom , der vom erkennenden Senat zwischenzeitlich durch einen nicht zum Urteil gewordenen Gerichtsbescheid nicht als teilweiser Aufhebungsbescheid, sondern als Änderungsbescheid gewertet worden war, wieder aufgehoben und den Bescheid vom durch einen neuen Einheitswertbescheid auf den „ersetzt„. Dieser bleibt bei der Grundstücksart Einfamilienhaus, enthält aber den Hinweis, für die Grundsteuer ab und für die Einkommensteuer ab zu gelten. Hinsichtlich der genannten Steuern sei noch keine Festsetzungsverjährung eingetreten, da der Ablauf der Festsetzungsfrist gemäß § 171 Abs. 14 bzw. Abs. 3 AO 1977 a.F. gehemmt sei.

Der Kläger, der nur die Aufhebung der Bescheide vom und vom , nicht aber den Erlass des neuen Einheitswertbescheides auf den für rechtens hält, beantragt, den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt zu erklären und dem FA die Kosten aufzuerlegen, hilfsweise, unter Aufhebung der Vorentscheidung den Bescheid über die Feststellung des Einheitswerts des Grundvermögens auf den vom dahin gehend zu ändern, dass die Grundstücksart gemischt genutztes Grundstück festgestellt wird.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

II. Die Revision ist unbegründet. Sie war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der FinanzgerichtsordnungFGO—). Der Rechtsstreit hat sich nicht in der Hauptsache erledigt; vielmehr ist der neue Einheitswertbescheid auf den vom gemäß § 68 Satz 1 FGO zum Gegenstand des Revisionsverfahrens geworden. Der Bescheid durfte noch ergehen und ist auch sonst rechtlich nicht zu beanstanden.

1. Mit dem Hauptantrag hat die Revision keinen Erfolg, weil das FA seinerseits keine Erledigungserklärung abgegeben hat und eine Erledigung der Hauptsache tatsächlich nicht eingetreten ist. Der Bescheid des FA vom enthält dreierlei, nämlich erstens die Aufhebung des Änderungsbescheides vom sowie zweitens die Aufhebung des (erstmaligen) Einheitswertbescheides auf den vom und drittens den Erlass eines neuen Einheitswertsbescheides auf diesen Stichtag. Der zweite und der dritte Verwaltungsakt sind in der dem § 68 Satz 1 FGO entnommenen Formulierung „ersetzt„ zusammengefasst, unter der die formelle Aufhebung eines Verwaltungsaktes und dessen Ersetzung durch einen neuen verstanden wird (vgl. Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 68 FGO Tz. 8). Die Aufhebung der Bescheide vom August 2003 und Dezember 1994 war nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO 1977 auch zulässig, weil insoweit der Klage des Klägers abgeholfen worden ist. Zwar hatte sich der Kläger dabei eine ersatzlose Aufhebung bzw. eine Ersetzung durch eine Fortschreibung zum gemischt genutzten Grundstück vorgestellt; dies schließt aber die Anwendung des § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO 1977 nicht aus. Das Ziel der Vermeidung jedweder Artfortschreibung auf den oder einer Artfortschreibung auf den zum gemischt genutzten Grundstück konnte der Kläger —wenn überhaupt— nur über eine Aufhebung der bislang entgegenstehenden Artfortschreibung auf diesen Stichtag zum Einfamilienhaus erreichen. Deshalb stellt die Aufhebung der beiden Bescheide eine (Teil-) Abhilfe im Sinne der genannten Regelung des § 172 AO 1977 dar.

Der im April 1989 zur Post gegebene Fortschreibungsbescheid auf den ist dem Kläger nicht zugegangen und daher gemäß den §§ 122 Abs. 1, 124 Abs. 1 AO 1977 nicht wirksam geworden. Gleichwohl hat sich durch die Aufhebung der Bescheide von 1994 und 2003 der Rechtsstreit in der Hauptsache nicht erledigt, weil der in dem Bescheid vom enthaltene dritte Verwaltungsakt, mit dem das Grundstück auf den erneut zum Einfamilienhaus fortgeschrieben worden ist, gemäß § 121 Satz 1 i.V.m. § 68 Satz 1 FGO automatisch zum Gegenstand des Revisionsverfahrens geworden ist. Die Ersetzung nach § 68 Satz 1 FGO steht einer bloßen Änderung gleich (vgl. Seer in Tipke/Kruse, a.a.O., § 68 FGO Tz. 8).

2. Der erneute Fortschreibungsbescheid auf den durfte im Januar 2004 noch ergehen. Dem stand die im Grundsatz vierjährige Festsetzungsfrist der §§ 181 Abs. 1 Satz 1, 169 Abs. 2 Nr. 2 AO 1977 nicht entgegen. Sie war zwar mangels Bekanntgabe nicht gemäß § 169 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 AO 1977 durch die im April 1989 zur Post gegebene Art- und Wertfortschreibung auf den gewahrt worden —dazu wird auf den im Streitfall ergangenen Beschluss des Großen Senats des (BFHE 201, 1, BStBl II 2003, 548) verwiesen—; jedoch kann gemäß § 181 Abs. 5 Satz 1 AO 1977 eine gesonderte Feststellung auch noch nach Ablauf der für sie geltenden Feststellungsfrist insoweit erfolgen, als die gesonderte Feststellung für eine Steuerfestsetzung von Bedeutung ist, für die die Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen ist. Dies ist vorliegend in Bezug auf die Grundsteuer und ab auch in Bezug auf die Einkommensteuer der Fall. Bezüglich dieser Steuern war der Ablauf der Festsetzungsfrist nach § 171 Abs. 14 bzw. Abs. 3a (vormals Abs. 3) AO 1977 gehemmt.

Hinsichtlich der Grundsteuer folgt dies daraus, dass eine ersatzlose Aufhebung der Fortschreibungsbescheide vom August 2003 und Dezember 1994 zwingend (§ 175 Abs. 1 Nr. 1 AO 1977) die Aufhebung der auf ihnen beruhenden Grundsteuermessbetrags- und Grundsteuerbescheide zur Folge hat und sich dadurch gemäß § 37 Abs. 2 Satz 2 AO 1977 Grundsteuererstattungsansprüche ergäben. Nach § 171 Abs. 14 AO 1977 endet aber die Festsetzungsfrist für eine Steuer nicht, soweit ein damit zusammenhängender Erstattungsanspruch noch nicht zahlungsverjährt ist. Die Frist für diese Zahlungsverjährung begänne im Streitfall gemäß § 229 Abs. 1 Satz 1 AO 1977 —da auf die Fälligkeit abzustellen ist— nicht vor Aufhebung der Bescheide, und zwar unabhängig davon, ob der Zeitpunkt der Entstehung der Erstattungsansprüche materiell-rechtlich oder formell-rechtlich zu bestimmen wäre. Denn die Aufhebung der Bescheide wäre Voraussetzung für die erstmalige Fälligkeit der Erstattungsansprüche (vgl. noch zur Reichsabgabenordnung , BFHE 118, 163, BStBl II 1976, 438), die wiederum maßgeblich für den Beginn ihrer Zahlungsverjährung ist. Hinsichtlich der Einkommensteuern ab folgt die Ablaufhemmung der Festsetzungsfrist gemäß § 171 Abs. 3a (vormals Abs. 3) AO 1977 daraus, dass die Einkommensteuerbescheide 1989 bis 1991 Gegenstand noch offener Einspruchsverfahren sind und auf den Stichtag bereits ein neuer Fortschreibungsbescheid erlassen ist, so dass der streitgegenständliche Fortschreibungsbescheid auf den vom ohnehin nur Wirkung für die genannten Folgesteuern bis einschließlich 1991 zeigen kann.

Da dieser Fortschreibungsbescheid vom Januar 2004 im Gegensatz zu dem vom Dezember 1994 auch den nach § 181 Abs. 5 Satz 2 AO 1977 erforderlichen Hinweis auf seine eingeschränkte Wirkung enthält, ist er auch insoweit rechtsfehlerfrei.

3. Das Grundstück des Klägers ist zutreffend der Grundstücksart Einfamilienhaus zugeordnet worden.

a) Soweit der Kläger in der Revisionsbegründung im Gegensatz zu den Angaben in seiner Feststellungserklärung vorträgt, die Wohnung im Obergeschoss sei zum noch nicht bezugsfertig gewesen, weil erst ein Teil der Räume benutzbar gewesen sei, bedeutete dieses Vorbringen —träfe es zu—, dass das Grundstück zum gemäß § 72 Abs. 1 BewG noch als unbebautes Grundstück anzusehen wäre und nicht als gemischt genutztes Grundstück, wie der Kläger meint. Die mangelnde Bezugsfertigkeit des Obergeschosses schlüge auf das gesamte Gebäude durch, da im Verhältnis zu dem überwiegend gewerblich genutzten Untergeschoss keine abschnittsweise Bebauung vorlag. Davon kann nur im Verhältnis zu dem nach den Feststellungen des FG erst sechs Jahre später ausgebauten Dachgeschoss gesprochen werden (vgl. Rössler/Troll, Bewertungsgesetz, Kommentar, § 72 Anm. 14 und § 74 Anm. 6 und 8). Eine Artfortschreibung wäre dann zum noch nicht veranlasst gewesen.

Der Einwand des Klägers von der fehlenden Bezugsfertigkeit der Wohnung im Obergeschoss ist jedoch gemäß § 118 Abs. 2 FGO in der Revisionsinstanz nicht zu berücksichtigen, da er auf neuem tatsächlichen Vorbringen beruht. Der Kläger wirft dem FG kein fehlerhaftes Verständnis des Rechtsbegriffs der Bezugsfertigkeit in § 72 Abs. 1 BewG vor; vielmehr rügt er, dass die Annahme der Bezugsfertigkeit durch das FG auf mangelhafter Sachaufklärung beruht. Die Rüge mangelnder Sachaufklärung (§ 76 Abs. 1 FGO) ist jedoch nicht schlüssig. Der Kläger hat nicht dargelegt, aus welchen Gründen sich dem FG die Notwendigkeit einer weiteren Aufklärung des Sachverhalts hätte aufdrängen müssen (vgl. , BFHE 169, 250, BStBl II 1992, 1046, unter II. 1.). Die Darlegung ist unterblieben, obwohl dazu angesichts der anders lautenden Erklärung zur Feststellung des Einheitswerts sowie der ausführlichen Erörterung in der mündlichen Verhandlung vor dem FG besonderer Anlass bestand. Das FG ist dem Kläger folgend davon ausgegangen, dass die Wohnung im Obergeschoss am Stichtag bereits tatsächlich zu Wohnzwecken genutzt wurde. Es hat daraus gefolgert, dass die Wohnung bereits bezugsfertig war. Dieser Schluss war möglich und lässt keine Verletzung von Denkgesetzen oder Erfahrungssätzen erkennen.

b) Ist somit von der Bezugsfertigkeit der Räumlichkeiten im Unter- und Obergeschoss des Hauptgebäudes als erstem Bauabschnitt auszugehen (vgl. dazu Rössler/Troll, a.a.O.), ist dem FG auch darin zu folgen, dass es für die Bestimmung der Grundstücksart als Einfamilienhaus oder als gemischt genutztes Grundstück darauf ankommt, welche Nutzung überwiegt, und im Falle einer überwiegenden Nutzung zu Wohnzwecken darauf, ob die Eigenart als Einfamilienhaus durch die gewerbliche Mitbenutzung wesentlich beeinträchtigt wird oder nicht (so , BFHE 155, 128, BStBl II 1989, 135). Dies ergibt sich aus § 75 Abs. 3 und 5 BewG. Gemäß Abs. 3 der Vorschrift sind Grundstücke, die —berechnet nach der Jahresrohmiete— zu 20 v.H. oder mehr Wohnzwecken dienen, der Gruppe der Wohngrundstücke zuzurechnen. Ob sie dort zu den Einfamilienhäusern, Zweifamilienhäusern oder Mietwohngrundstücken gehören, richtet sich nach der Anzahl der Wohnungen. Ist nur eine Wohnung vorhanden, handelt es sich gemäß Abs. 5 der Vorschrift um ein Einfamilienhaus. Eine Mitbenutzung des Grundstücks zu gewerblichen Zwecken ist dabei unbeachtlich, solange sie die Eigenart als Einfamilienhaus nicht wesentlich beeinträchtigt. Unter Mitbenutzung ist eine Nutzung zu verstehen, die —berechnet nach der Nutzfläche— den Umfang der Wohnnutzung nicht erreicht (vgl. dazu , BFHE 145, 232, BStBl II 1986, 172). Ein Einfamilienhaus i.S. des § 75 Abs. 5 BewG liegt auch dann vor, wenn bei abschnittsweiser Errichtung eines Gebäudes, das im Endzustand mehrere Wohnungen enthalten soll, ein erster Bauabschnitt mit nur einer Wohnung fertig gestellt ist (vgl. , BFHE 150, 67, BStBl II 1987, 594). Dabei kann das Grundstück dann, wenn es hinsichtlich der übrigen Wohnungen nur noch am Innenausbau fehlt, von außen durchaus den Eindruck eines Zweifamilienhauses oder eines Mietwohngrundstücks machen (vgl. , BFH/NV 1991, 801).

aa) Die Einwendungen des Klägers gegen die Feststellung des FG, dass am die Nutzung des Grundstücks zu Wohnzwecken überwog, greifen nicht durch. Bereits oben zu 3. a ist ausgeführt, dass der Senat von der Bezugsfertigkeit der Wohnung im Obergeschoss auszugehen hat. Ob das Dachgeschoss des Nebengebäudes bei gleichem Bauzustand wie das Dachgeschoss im Hauptgebäude bereits deshalb der gewerblichen Nutzung zuzurechnen ist, weil —wie der Kläger meint— bei einer gewerblichen Nutzung an die Benutzbarkeit i.S. des § 72 Abs. 1 Satz 1 und 2 BewG geringere Anforderungen zu stellen seien, kann auf sich beruhen. Das FG hat festgestellt, dass auf das Dachgeschoss des Nebengebäudes unter Berücksichtigung der Räumhöhen eine Nutzfläche von 42 qm entfällt, ohne dass der Kläger dagegen eine schlüssige Revisionsrüge erhoben hätte. Die Hälfte davon —nämlich 21 qm— hat das FA der gewerblichen Nutzung zugerechnet. Der Ansatz auch der restlichen 21 qm änderte aber am Überwiegen der Nutzung zu Wohnzwecken nichts, nachdem diese die gewerbliche Nutzung nach den Feststellungen des FG um etwa 37 qm übertrifft.

bb) Hinsichtlich der als Loggia bezeichneten und als Überbau auf dem Nachbargrundstück errichteten Verbindung des Hauptgebäudes zum Gebäude auf dem Nachbargrundstück hat das FG die verschiedenen Einlassungen des Klägers zur Nutzung dieses Gebäudeteils im Obergeschoss in ihrer zeitlichen Abfolge dahin gewürdigt, dass diese Fläche jedenfalls zum nicht gewerblich genutzt wurde. Diese Würdigung ist möglich und stellt keinen Verstoß gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze dar. Ob die Zuordnung dieser Fläche mit 12,63 qm zur Wohnnutzung —wie durch das FG geschehen— zutreffend ist, bedarf aus denselben Gründen keiner Entscheidung wie die Frage der Zuordnung des Dachgeschosses im Nebengebäude zur gewerblichen Nutzung. Sie ist für das Überwiegen der Wohnfläche ohne Bedeutung. Von Bedeutung ist lediglich, dass der unfertige Zustand dieses Gebäudeteils, der trotz des mit Einverständnis der Grundstücksnachbarn, des Klägers und seiner Ehefrau, errichteten Überbaus im Einheitswert für das streitbefangene Grundstück zu erfassen ist, weil er dessen wesentlicher Bestandteil geworden ist (vgl. dazu , BGHZ 62, 141), die Benutzbarkeit der Wohnung im Obergeschoss (§ 72 Abs. 1 BewG) nicht beeinträchtigte. Dies ergibt sich aus seiner Lage vor der eigentlichen Wohnung sowie seiner Funktion als entbehrlicher Nebenraum.

Der Vortrag des Klägers, die bislang vom FG nicht erfasste Verkehrsfläche vor dem Aufzug im Untergeschoss sei der gewerblichen Nutzung zuzuordnen, stellt ein weiteres neues tatsächliches Vorbringen dar, das gemäß § 118 Abs. 2 FGO nicht berücksichtigt werden kann, da es auch insoweit an einer schlüssigen Rüge mangelhafter Sachaufklärung fehlt.

cc) Die Mitbenutzung des Grundstücks zu gewerblichen Zwecken beeinträchtigt dessen Eigenart als Einfamilienhaus nicht. Weder dem Haupt- noch dem Nebengebäude ist die gewerbliche Mitbenutzung anzusehen. Dass das Hauptgebäude nach außen nicht den Eindruck eines Einfamilienhauses, sondern den eines Zweifamilienhauses oder gar Mietwohngrundstückes macht, ändert nichts an seinem Eindruck als reines Wohngrundstück. Die Einordnung als Einfamilienhaus ergibt sich lediglich aufgrund der Anzahl der bezugsfertigen Wohnungen. Die Kfz-Stellplätze und die Werbetafel —sollte sie am Stichtag bereits vorhanden gewesen sein— sind nach der Rechtsprechung des Senats (in BFH/NV 1991, 801, unter 2.) nicht geeignet, die Eigenart als Einfamilienhaus wesentlich zu beeinträchtigen.

Fundstelle(n):
BFH/NV 2004 S. 1066
BFH/NV 2004 S. 1066 Nr. 8
DB 2004 S. 1974 Nr. 37
PAAAB-22083