BFH Beschluss v. - V B 110/03

Zeitpunkt der Lieferung bei Sicherungsübereignung

Gesetze: UStG §§ 3, 1

Instanzenzug:

Gründe

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ist Konkursverwalter über das Vermögen einer GmbH. Über ihr Vermögen wurde am der Konkurs eröffnet.

Die GmbH hatte in ihrem Anlagevermögen Baumaschinen und Fahrzeuge, die sie bereits vor Konkurseröffnung Banken zur Sicherung von Krediten übereignet hatte.

Nach Eröffnung des Konkursverfahrens veräußerten die Banken die Gegenstände im ersten Halbjahr 1991 und schrieben der GmbH die Verkaufserlöse mit gesondertem Ausweis der Umsatzsteuer gut.

Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) erfuhr von diesem Sachverhalt aufgrund einer Umsatzsteueraußenprüfung und setzte die den Gutschriften entsprechende Umsatzsteuer gegenüber dem Kläger fest (Umsatzsteuerbescheid für 1991 vom ).

Einspruch und Klage gegen den Umsatzsteuerbescheid hatten keinen Erfolg.

Mit der Beschwerde begehrt der Kläger Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der FinanzgerichtsordnungFGO—) und wegen eines Verfahrensfehlers (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO). Der Kläger meint, das Finanzgericht (FG) habe die „Doppelumsatztheorie„ des Bundesfinanzhofs (BFH) unzulässig weit ausgedehnt, da die Wirtschaftsgüter im Streitfall —anders als in dem vom (BFHE 175, 164, BStBl II 1994, 878, Umsatzsteuer-Rundschau —UR— 1994, 427 mit Anm. Weiß) entschiedenen Fall— nicht im Gewahrsam der Gemeinschuldnerin geblieben seien. Außerdem habe das FG ein vom Kläger vorgelegtes Schreiben unbeachtet gelassen, nach dem die Bank Sicherungsgut bereits im Jahre 1990 an die G-GmbH & Co. vermietet habe. Hierin sei ein Verfahrensfehler zu sehen.

Das FA ist der Beschwerde entgegengetreten.

II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

1. Nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO ist die Revision zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Die Revision kann aus diesem Grund nur wegen klärungsbedürftiger und klärbarer Rechtsfragen zugelassen werden. In der Beschwerdebegründung müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO dargelegt werden (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO).

2. Der Kläger hält sinngemäß die Rechtsfrage für klärungsbedürftig, ob eine Lieferung eines zur Sicherheit übereigneten Gegenstands erst mit der Verwertung durch den Sicherungsnehmer oder bereits mit der „Verwertungsfreigabe„ vorliegt.

a) Diese Rechtsfrage ist jedoch geklärt. In ständiger Rechtsprechung hat der BFH entschieden, dass es erst mit der Veräußerung des Sicherungsgutes durch den Sicherungsnehmer an einen Dritten zu zwei Lieferungen kommt: Der Sicherungsnehmer liefert an den Erwerber und der Sicherungsgeber liefert an den Sicherungsnehmer. Erst mit dem Zeitpunkt der Veräußerung an den Erwerber ist der Gegenstand (auch wirtschaftlich) endgültig aus dem Vermögen des Sicherungsgebers ausgeschieden (vgl. BFH-Urteile in BFHE 175, 164, BStBl II 1994, 878, UR 1994, 427; vom V R 108/91, BFHE 173, 458, BStBl II 1994, 483; vom XI R 87/96, BFHE 182, 444, BStBl II 1997, 585; Beschluss vom V B 38/98, BFH/NV 1999, 680). Eine Vereinbarung, nach der der Sicherungsgeber dem Sicherungsnehmer das Sicherungsgut zur Verwertung freigibt und auf sein Auslöserecht verzichtet, stellt noch keine Lieferung des Sicherungsguts an den Sicherungsnehmer dar (BFH in BFHE 175, 164, BStBl II 1994, 878, UR 1994, 427).

b) Entgegen der Ansicht des Klägers kommt es nicht entscheidend darauf an, ob der Sicherungsgeber im Zeitpunkt der Veräußerung des Sicherungsguts durch den Sicherungsnehmer noch den Gewahrsam an dem Sicherungsgut hatte. Der BFH hat zwar im Urteil in BFHE 175, 164, BStBl II 1994, 878 ausgeführt, „im Streitfall„ seien Substanz, Wert und Ertrag des Sicherungsguts trotz der zivilrechtlichen Übereignung an den Sicherungsnehmer bei der Sicherungsgeberin verblieben, da das Sicherungsgut weiterhin im Gewahrsam der Sicherungsgeberin gestanden habe und die Verwertung für Rechnung der Sicherungsgeberin habe erfolgen sollen. Im Urteil in BFHE 182, 444, BStBl II 1997, 585 hat der BFH jedoch klargestellt, dass für die Sicherungsübereignung und die Verpfändung beweglicher Sachen dieselben Grundsätze gelten. Da der Pfandleiher regelmäßig den Gewahrsam an den ihm verpfändeten Sachen hat und er wie der Sicherungsnehmer behandelt wird, kommt es folglich nicht entscheidend darauf an, ob der Sicherungsgeber oder der Sicherungsnehmer den Gewahrsam am Sicherungsgut hat, sondern darauf, dass der Sicherungsnehmer das Sicherungsgut vereinbarungsgemäß für Rechnung des Sicherungsgebers verwertet.

c) Aus der Beschwerdeschrift ergeben sich keine Gesichtspunkte, die eine neue Entscheidung des BFH erforderlich erscheinen lassen. Weiß (UR 1994, 429) stimmt dem Urteil in BFHE 175, 164, BStBl II 1994, 878, UR 1994, 427 ausdrücklich zu. Onusseit (in Onusseit/Kunz, Steuern in der Insolvenz, 2. Aufl., Köln 1997, Rz. 345 ff.) steht zwar der Rechtsprechung des BFH kritisch gegenüber; seine Argumente sind jedoch nicht neu und vom BFH bereits erwogen worden. Hinzu kommt, dass heute die Interessenlage anders ist, als nach der Rechtslage in den Streitjahren. Nunmehr ist der Sicherungsnehmer (und nicht mehr der Sicherungsgeber) der Steuerschuldner bei Lieferungen sicherungsübereigneter Gegenstände durch den Sicherungsgeber an den Sicherungsnehmer außerhalb des Insolvenzverfahrens (§ 13b Abs. 1 Nr. 2 des Umsatzsteuergesetzes). Auch dies spricht gegen einen weiteren Klärungsbedarf.

3. Der vom Kläger gerügte Verfahrensfehler besteht nicht.

Bei der Beurteilung der Frage, ob ein Verfahrensmangel vorliegt, ist von der materiell-rechtlichen Auffassung des FG auszugehen (ständige Rechtsprechung, vgl. u.a. , BFHE 119, 274, BStBl II 1976, 621). Materiell-rechtlich war das FG der Auffassung, die GmbH habe das Sicherungsgut an die Banken im Zeitpunkt der Verwertung des Sicherungsguts durch diese geliefert; es hat es für unerheblich angesehen, ob diesen das Sicherungsgut bereits vor Konkurseröffnung (im November bzw. Dezember 1990) herausgegeben worden ist. Nach der materiell-rechtlichen Auffassung des FG hatte die GmbH deshalb der Bank das im Schreiben vom genannte Sicherungsgut erst mit der Verwertung nach Konkurseröffnung geliefert. Auf die zwischenzeitliche Vermietung konnte es deshalb nach den Grundsätzen der Vorentscheidung nicht ankommen. Das FG hat deshalb auch nicht seine Sachaufklärungspflicht verletzt, indem es das Schreiben der Bank vom in der Vorentscheidung nicht ausdrücklich erwähnte.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Verwaltungsanweisungen:

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:






Fundstelle(n):
BFH/NV 2004 S. 832 Nr. 6
CAAAB-17486