Aktien einer Zuckerfabrik als notwendiges BV eines landwirtschaftlichen Betriebs
Leitsatz
Aktien einer Zuckerfabrik sind auch dann dem notwendigen Betriebsvermögen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs zuzuordnen, wenn mit dem Aktienbesitz satzungsgemäß eine Anbau- und Lieferverpflichtung verbunden ist, die bereits vor Einführung der Europäischen Zuckermarktordnung nicht beachtet wurde, und wenn den Lieferbeziehungen im Streitjahr eine Branchenvereinbarung i.S. der VO (EWG) Nr. 206/68 zu Grunde lag.
Gesetze: EStG § 4 Abs. 1
Instanzenzug: (EFG 2003, 830) (Verfahrensverlauf), ,
Gründe
Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) betreiben eine Landwirtschaft in der Rechtsform einer BGB-Gesellschaft, deren Gewinn für das Normal-Wirtschaftsjahr durch Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ermittelt wird. Bei einer Betriebsprüfung stellte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) u.a. fest, dass die Kläger Ende 1989 insgesamt 18 Aktien der Zuckerfabrik Z AG (Z-AG) zum nominellen Stückwert von 100 DM für 900 DM das Stück veräußert hatten. Nach Auskunft der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Finanzgericht (FG) handelte es sich um vinkulierte Namensaktien. Da jeder Aktionär nach § 6 der Satzung der Z-AG verpflichtet war, für je 50 DM des Nominalwerts seiner Aktien jährlich 1/10 Morgen Zuckerrüben anzubauen und abzuliefern, ging das FA davon aus, dass die Aktien notwendiges Betriebsvermögen des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs der Kläger waren. Unter Berücksichtigung der Anschaffungskosten von 250 DM pro Papier erfasste das FA einen laufenden Gewinn in Höhe von 11 700 DM im Wirtschaftsjahr 1989/90 und erließ die angefochtenen geänderten Feststellungsbescheide für die Streitjahre (1989 und 1990).
Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das Urteil des FG ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2003, 830 veröffentlicht.
Mit ihrer dagegen gerichteten Revision rügen die Kläger die Verletzung formellen und materiellen Rechts und machen geltend: Da im Klageverfahren substantiiert vorgetragen worden sei, dass sich weder die Z-AG noch die Aktionäre auf die satzungsmäßige Anbau- und Lieferverpflichtung bzw. Abnahmeverpflichtung hätten berufen können, hätten sich dem FG weitere Ermittlungen, etwa durch Vernehmung der ehemaligen Vorstandsmitglieder der Z-AG, aufdrängen müssen.
In der Sache sind die Kläger der Auffassung, der Streitfall unterscheide sich von den bisher vom Bundesfinanzhof (BFH) entschiedenen Fällen, in denen Lieferbeziehungen zwischen den Landwirten und der Zuckerfabrik bestanden hatten (Senatsurteil vom IV R 134/92, BFH/NV 1995, 114, und Senatsbeschluss vom IV B 184/92, BFH/NV 1994, 614). Im Anbaugebiet…habe schon vor Einführung der EG-Zuckermarktordnung der Aktienbesitz für den Umfang des Lieferrechts keine Rolle gespielt. Stattdessen sei durch Branchenvereinbarung vom eine verbindliche Regelung getroffen worden, die auch anderslautenden Satzungsbestimmungen vorgehe und durch die Verordnung (EWG) Nr. 206/68 (VO Nr. 206/68) über Rahmenvorschriften für die Verträge und Branchenvereinbarungen für den Kauf von Zuckerrüben vom (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften —ABlEG— Nr. L 47/1) autorisiert sei. Nach dem hätten die Aktionäre der Z-AG jedenfalls nicht mehr auf dem ihnen nach der Satzung zustehenden Lieferrecht bestehen können.
Auch wenn man der finanzgerichtlichen Auffassung folgen wollte, wonach die einmal entstandenen satzungsmäßigen Lieferrechte nicht durch die Branchenvereinbarung aufgehoben worden seien, so sei im Streitfall zu berücksichtigen, dass sie, die Kläger, zu keiner Zeit Zuckerrüben an die Z-AG geliefert hätten. Da die satzungsgemäßen Liefer- und Abnahmeverpflichtungen seit Jahrzehnten keine rechtliche Bedeutung mehr gehabt hätten, seien sie verwirkt. Keine der Parteien hätte sich ohne Verstoß gegen Treu und Glauben darauf berufen können, denn die Z-AG habe allein die Branchenvereinbarung als maßgebend angesehen und danach Aktionäre wie Nichtaktionäre hinsichtlich der Lieferrechte gleich behandelt, während umgekehrt die Aktionäre die Branchenvereinbarung nicht beanstandet hätten. Beide Seiten hätten also im Vertrauen auf die Ungültigkeit der Satzungsbestimmung gehandelt. Jedenfalls hätte die Branchenvereinbarung als vorrangiges Recht die Satzungsbestimmung außer Kraft gesetzt.
Die Kläger beantragen, die Vorentscheidung aufzuheben und die Gewinnfeststellungsbescheide 1989 und 1990 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom mit der Maßgabe zu ändern, dass die Einnahmen aus Land- und Forstwirtschaft um den Gewinn aus der Veräußerung der Aktien gemindert werden.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Die Revision ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung —FGO—).
1. Die Verfahrensrüge kann keinen Erfolg haben.
a) Soweit die Kläger rügen, dem FG hätte sich von Amts wegen eine Zeugenvernehmung aufdrängen müssen, weil im Verfahren die faktische Durchsetzung der Liefer- und Abnahmeverpflichtungen substantiiert bestritten worden sei, ist die Rüge unzulässig. Wird eine solche Verfahrensrüge erhoben, so sind die unaufgeklärt gebliebenen, aber aufklärungsbedürftigen Tatsachen und die Umstände zu benennen, aufgrund derer sich dem FG eine weitere Sachverhaltsermittlung hätte aufdrängen müssen; außerdem ist das vermutliche Ergebnis der Ermittlungen anzugeben sowie dessen Einfluss auf den Verfahrensausgang zu beschreiben (vgl. z.B. , BFH/NV 2000, 416, II. 1., m.w.N.). Diesen Anforderungen entspricht die Begründung der Revision insoweit nicht, als die Kläger zwar die aufklärungsbedürftigen Tatsachen benannt haben, aber weder auf das vermutliche Ergebnis der Ermittlungen noch dessen Einfluss auf den Verfahrensausgang eingegangen sind.
b) Dem FG brauchte sich eine weitere Sachaufklärung hinsichtlich der Möglichkeit einer Durchsetzung der Liefer- und Abnahmeverpflichtungen ohne einen dahin gehenden besonderen Antrag der Kläger auch nicht aufzudrängen. Da die Kläger im Prozess sachkundig vertreten waren, konnte das FG davon ausgehen, der Prozessbevollmächtigte werde sachdienliche und erfolgversprechende Beweisanträge hinsichtlich der zugunsten des Antragstellers sprechenden Tatsachen stellen. Das gilt insbesondere hier, wo sich die Kläger auf den außergewöhnlichen Sachverhalt berufen, dass satzungsmäßige Liefer- und Abnahmeverpflichtungen auf Grund des Tatbestands der Verwirkung außer Kraft gesetzt worden sein sollen.
2. Zutreffend hat das FG auch die Aktien dem notwendigen Betriebsvermögen des landwirtschaftlichen Betriebs der Kläger zugeordnet mit der Folge, dass der Gewinn aus der Veräußerung dieser Wertpapiere als Teil des laufenden Gewinns aus Land- und Forstwirtschaft im Wirtschaftsjahr 1989/90 zu erfassen war.
a) Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens (§ 4 Abs. 1, § 5 EStG) können solche des notwendigen oder des gewillkürten Betriebsvermögens sein. Während die Zuordnung zum gewillkürten Betriebsvermögen eines Widmungsaktes bedarf, der in aller Regel in der Bilanzierung des Wirtschaftsguts gesehen wird, sind Wirtschaftsgüter des notwendigen Betriebsvermögens ohne Rücksicht auf ihre buchmäßige Behandlung dem Betriebsvermögen zuzuordnen, wie dies im Streitfall seitens des FA geschehen ist (vgl. , BFHE 113, 279, BStBl II 1974, 734). Ohne Änderung ihrer konkreten Verwendung kann der Steuerpflichtige solche Wirtschaftsgüter auch nicht durch einen Willensentschluss zu Privatvermögen machen (, BFHE 164, 246, BStBl II 1991, 829, zu I. 2. c der Entscheidungsgründe).
Notwendiges Betriebsvermögen sind nur solche Wirtschaftsgüter, die schon ihrer Funktion nach objektiv erkennbar dem Betrieb gewidmet sind (Senatsurteil vom IV R 4/75, BFHE 119, 256, BStBl II 1976, 617, m.w.N.). Beteiligungen an einer Kapitalgesellschaft genügen diesem Erfordernis, wenn sie die geschäftlichen Beziehungen des Unternehmens zur Beteiligungsgesellschaft fördern oder sichern (, BFHE 113, 209, BStBl II 1974, 736; Senatsurteil in BFHE 119, 256, BStBl II 1976, 617). Auf Aktien von Zuckerfabriken trifft dies nach ständiger Rechtsprechung jedenfalls dann zu, wenn diese Anteile mit Rübenlieferrechten verbunden sind (Urteil des Reichsfinanzhofs —RFH— vom VI A 1858/32, RStBl 1933, 1006; Senatsurteil in BFH/NV 1995, 114, und Senatsbeschluss in BFH/NV 1994, 614, sowie , BFH/NV 1997, 831 aus bewertungsrechtlicher Sicht). Dem folgt das Schrifttum (s. nur Felsmann/ Giere, Einkommensbesteuerung der Land- und Forstwirte, 3. Aufl. 1983, Anm. B 321; Märkle/Hiller, Die Einkommensteuer bei Land- und Forstwirten, 8. Aufl. 2001, Rz. 207 und 212a; Leingärtner/ Kanzler, Besteuerung der Landwirte, Kap. 24 Rz. 51). Auch zivilrechtlich sind diese Aktien Bestandteil eines Hofes (, BGHZ 45, 196) und sind bei Beendigung eines Pachtvertrags selbst dann vom Pächter auf den Verpächter zu übertragen, wenn der Pächter sie erworben hat (, Neue Juristische Wochenschrift —NJW— 2001, 2537).
b) Ob ein Gegenstand durch Erwerb zu einem Wirtschaftsgut des notwendigen Betriebsvermögens geworden ist, ist im Wesentlichen Tatfrage (vgl. Senatsurteil vom IV R 98/82, BFH/NV 1985, 29, und BFH-Urteil in BFHE 164, 246, BStBl II 1991, 829, zu I. 3. der Entscheidungsgründe). Im Streitfall hat das FG die Aktien danach zutreffend dem notwendigen Betriebsvermögen der Kläger zugeordnet.
Erwirbt ein Rüben anbauender Landwirt mit Lieferrechten verbundene Aktien einer Zuckerfabrik-AG, so spricht schon eine tatsächliche Vermutung dafür, dass er diese Wertpapiere nicht als bloße Kapitalanlage, sondern zu betrieblichen Zwecken angeschafft hat (Senatsurteil vom IV R 22/77, BFHE 130, 312, BStBl II 1980, 439) und dass ihm andererseits diese Aktien aber auch nur aus betrieblichen Gründen überlassen wurden. Denn nach der Satzung der Z-AG waren die Aktien mit einer flächenbezogenen Anbau- und Ablieferungsverpflichtung verbunden, der eine Abnahmeverpflichtung der Z-AG entsprach. Dienten die Aktien danach dem Absatz der erzeugten Produkte des landwirtschaftlichen Betriebs der Kläger, so wurden sie von diesen zum notwendigen Betriebsvermögen angeschafft. Im Streitfall wird dieser betriebliche Bezug noch dadurch unterstrichen, dass es sich bei den streitigen Wertpapieren um vinkulierte Namensaktien (§ 68 Abs. 2 des Aktiengesetzes —AktG—) gehandelt hat, deren Ausgabe offenkundig verhindern sollte, dass die Z-AG zu einer Publikumsgesellschaft wird und Anteilseigner findet, deren Interesse nicht vorrangig dem Rübenanbau gilt. Dieser Sachlage entspricht es, dass derartige mit Lieferrechten verbundene Aktien ihren Inhabern auch einen Einfluss auf die Geschäftsführung der AG vermitteln. Hierauf hat das FG zutreffend hingewiesen. Wenn die Z-AG —wie die Kläger vortragen— gleichwohl zugelassen hat, dass sich die Mehrzahl der Aktien nicht in der Hand von Rübenlieferanten befand, so mag dies darauf beruhen, dass man zum einen den Einfluss der Rübenlieferanten zurückdrängen wollte und zum anderen den Bedarf an Zuckerrüben auf andere Weise decken konnte. Die Bedeutung der Aktien für den Betrieb der Kläger kann dies aber nur unterstreichen. Nach dem Vorbringen der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat beruhte der Streubesitz in der Hand Branchenfremder vor allem auf dem Umstand, dass die ursprünglichen Anteilseigner ihre Aktien zur Abfindung weichender Erben bei Hofübergabe eingesetzt haben. Auch diese Verwendung der Aktien bestätigt die Vermutung einer betrieblichen Veranlassung der Anschaffung.
c) Dieser Würdigung steht nicht entgegen, dass die Kläger der Lieferverpflichtung tatsächlich nicht nachgekommen sind und ihr Belieferungsrecht in der Praxis nicht in Anspruch genommen haben, weil die Lieferungen auf der Grundlage individuell ausgehandelter Anbau- und Lieferverträge zwischen der Z-AG und den Rübenerzeugern erfolgten, sowie dass die Kläger ihre Zuckerrüben an eine andere Zuckerfabrik lieferten. Denn die Qualifizierung eines Wirtschaftsguts als notwendiges Betriebsvermögen setzt nicht voraus, dass dieses Wirtschaftsgut für den Betrieb notwendig, wesentlich oder gar unentbehrlich ist (vgl. , BFHE 121, 135, BStBl II 1977, 315; vom IV R 175/85, BFHE 149, 193, BStBl II 1987, 430, und in BFHE 164, 246, BStBl II 1991, 829, zu I. 2. b der Entscheidungsgründe). Die Eigenschaft eines Wirtschaftsguts als Betriebsvermögen wird nicht erst durch betriebliche Maßnahmen begründet, sondern vorliegend allein durch die dem Betrieb dienlichen Belieferungsrechte gewährleistet. Dass diese Rechte auch ausgeübt werden, ist nicht zu verlangen (Senatsbeschluss in BFH/NV 1994, 614).
d) Entgegen der Auffassung der Kläger ist die die Anbau- und Lieferverpflichtung regelnde Satzungsbestimmung der Z-AG nicht mit dem In-Kraft-Treten der EG-Zuckermarktordnung gegenstandslos geworden. Die dazu ergangene VO Nr. 206/68 sieht weder ein Verbot anderslautender Satzungsbestimmungen vor noch beansprucht sie Vorrang gegenüber solchen Regelungen. Sie enthält lediglich Rahmenvorschriften für Branchenvereinbarungen, die festlegen, welche allgemeinen Bedingungen für Kauf, Lieferung, Abnahme und Bezahlung der Zuckerrüben in den Vereinbarungen zu beachten sind. Dabei zählen zu den Branchenvereinbarungen im Sinne dieser Verordnung nicht nur die von den Klägern aufgeführten Vereinbarungen zwischen Herstellern oder Herstellerverbänden und anerkannten Verkäuferverbänden (Art. 1 Nr. 3 Buchst. b VO Nr. 206/68), sondern auch die gesellschaftsrechtlichen oder genossenschaftsrechtlichen Bestimmungen, soweit diese die Lieferung von Zuckerrüben durch die Anteilseigner oder Genossen einer Zucker erzeugenden Gesellschaft oder Genossenschaft zum Gegenstand haben (Art. 1 Nr. 3 Buchst. c VO Nr. 206/68). Die VO Nr. 206/68 ließ daher sowohl die Satzung der Z-AG als auch die am getroffene Branchenvereinbarung unberührt. Das FG hat daraus zutreffend gefolgert, dass ein etwaiger Verstoß der Satzungsbestimmung gegen die getroffenen Branchenvereinbarungen kein Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot wäre, sondern nur gegen eine privatrechtliche Vereinbarung.
Die danach fortbestehende Möglichkeit beider Parteien, die Einhaltung der satzungsgemäßen Liefer- und Abnahmeverpflichtung zu verlangen, unterscheidet den im Streitfall vorliegenden Sachverhalt von dem Sachverhalt, der dem (BFHE 185, 384, BStBl II 1998, 301) zu Grunde gelegen hat und auf das sich die Kläger berufen. In jenem Fall waren die von einem Apotheker neben Pflichtanteilen freiwillig gezeichneten Anteile an einer Apothekergenossenschaft nicht dem notwendigen Betriebsvermögen zugeordnet worden, weil sie dem Betrieb des Klägers keine besonderen Vorteile vermittelten, weil auch Nichtmitglieder zu denselben Konditionen beliefert wurden und die Möglichkeit, die Geschäftspolitik der Genossenschaft zu beeinflussen, bereits durch die Pflichtanteile vermittelt wurde. Im Gegensatz dazu handelte es sich bei den Beteiligungen im Streitfall um vinkulierte Namensaktien, die —wie zu 2. b ausgeführt— außer den Liefer- und Abnahmeverpflichtungen auch die Möglichkeit boten, über das Stimmrecht die Geschäftspolitik der Z-AG zu beeinflussen.
e) Zu Unrecht haben die Kläger schließlich eingewandt, den satzungsgemäßen Lieferrechten und -pflichten könne deshalb keine Bedeutung mehr für die Zuordnung der Aktien zum notwendigen Betriebsvermögen beigemessen werden, weil diese Rechte und Pflichten verwirkt seien. Da diese Rechte und Pflichten viele Jahre nicht beansprucht und eingefordert worden seien, verstoße es gegen Treu und Glauben, wenn einer der Beteiligten sich hierauf berufe.
Der jahrelange Verzicht auf die Anwendung der Satzungsbestimmung begründet aber im Streitfall allein keinen Vertrauenstatbestand, auf den sich einer der Beteiligten für den Fall berufen könnte, dass er in Anspruch genommen wird.
Ein Recht ist verwirkt, wenn sich der Schuldner wegen der Untätigkeit seines Gläubigers über einen gewissen Zeitraum hin bei objektiver Beurteilung darauf einrichten darf und eingerichtet hat, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen, so dass die verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt (, Zeitschrift für Wirtschaftsrecht 1992, 1402, Neue Juristische Woche - Rechtsprechungs-Report Zivilrecht 1992, 1240, und vom VII ZR 23/02, NJW 2003, 824). Zu dem Zeitablauf müssen besondere, auf dem Verhalten des Berechtigten beruhende Umstände hinzutreten, die das Vertrauen des Verpflichteten rechtfertigen, der Berechtigte werde seinen Anspruch nicht mehr geltend machen (, NJW 2001, 1649).
Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Unabhängig von der Frage, ob die verstrichene Zeit für die Annahme einer Verwirkung im Streitfall überhaupt ausreichend sein könnte, fehlt es jedenfalls an den erforderlichen Anhaltspunkten dafür, dass sich die Z-AG darauf einrichten durfte und eingerichtet hat, die Kläger würden auch dann nicht mehr auf der Abnahmeverpflichtung bestehen, wenn die anderen Liefervereinbarungen entfallen wären. Auch die Kläger konnten nicht davon ausgehen, dass die Z-AG endgültig auf ihre mit den Aktien verbundenen Lieferrechte verzichtet. Entgegen der Auffassung der Kläger kann schließlich auch aus dem Umstand, dass die Z-AG bei Abschluss der Lieferverträge nicht mehr zwischen Aktionären und Nichtaktionären unterschieden hat, nichts Entscheidendes für die Annahme einer Verwirkung hergeleitet werden. Diese Handhabung der Lieferverträge hat die Position der Aktionäre nicht entwertet. Denn sollten die Lieferverträge einmal gekündigt werden, so kämen den Aktionären wie der Z-AG die Anbau- und Lieferrechte wieder zu Gute. Dies und nicht —wie die Kläger meinen— ein Versehen oder Gründe der Bequemlichkeit mag der eigentliche Grund für die unveränderte Fortgeltung der Satzungsbestimmung gewesen sein.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BStBl 2004 II Seite 280
BB 2004 S. 594 Nr. 11
BFH/NV 2004 S. 577
BFH/NV 2004 S. 577 Nr. 4
BStBl II 2004 S. 280 Nr. 7
DB 2005 S. 10 Nr. 34
DStRE 2004 S. 433 Nr. 8
FR 2004 S. 463 Nr. 8
INF 2004 S. 323 Nr. 9
KÖSDI 2004 S. 14129 Nr. 4
NWB-Eilnachricht Nr. 36/2005 S. 3030
NWB-Eilnachricht Nr. 42/2005 S. 3529
StB 2004 S. 122 Nr. 4
UAAAB-16832