BFH Beschluss v. - V B 267/02

Keine Steuerbegünstigung für Umsätze eines als gemeinnützig anerkannten Vereins aus der Durchführung von Auftragsforschung

Gesetze: UStG § 12 Abs. 2 Nr. 8

Instanzenzug:

Gründe

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ist ein als gemeinnützig anerkannter eingetragener Verein. Er betreibt eine Krankenanstalt zur Behandlung von Patienten mit Herz- und Kreislauferkrankungen (sog. Herzzentrum) und ein angeschlossenes Rehabilitationszentrum. Nach § 2 seiner Satzung wird der Vereinszweck, die Rehabilitation für Herz- und Kreislaufkranke zu fördern, u.a. durch „die weitere Entwicklung der Rehabilitation, der Kardiologie und der Kardiochirurgie, insbesondere in Wissenschaft und Forschung„ verwirklicht.

Im Anschluss an eine Außenprüfung vertrat der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) die Ansicht, der Betrieb von Forschungseinrichtungen durch den Kläger stelle einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb dar, der kein Zweckbetrieb sei, soweit Forschung gegen Entgelt (sog. Auftragsforschung) erfolge. Diese Auffassung fand Niederschlag u.a. in dem Umsatzsteuerbescheid für 1989 (Streitjahr) vom , in dem Bescheid über den Einheitswert des Betriebsvermögens vom und in dem Bescheid über die Vermögensteuer ab vom .

Die Einsprüche des Klägers gegen diese Bescheide blieben ebenso wie seine Klage erfolglos. Das Finanzgericht (FG) führte zur Begründung u.a. aus: Das FA habe die vom Kläger betriebene Auftragsforschung in den angefochtenen Bescheiden zu Recht als wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb behandelt, dessen Umsätze dem allgemeinen Umsatzsteuersatz unterlägen, für den ein Einheitswert des Betriebsvermögens festzustellen und dessen Vermögen vermögensteuerpflichtig gewesen sei. Der Kläger habe mit seiner Auftragsforschung Leistungen im Rahmen eines Leistungsaustauschs erbracht. Der durch die Auftragsforschung begründete wirtschaftliche Geschäftsbetrieb sei kein Zweckbetrieb, da seine Tätigkeit zwar dem gemeinnützigen Tätigkeitsbereich des Klägers zugute komme, jedoch in seiner Hauptrichtung und in erster Linie dem Interesse der Auftraggeber diene (§ 65 der AbgabenordnungAO 1977—). Ein Zweckbetrieb der Auftragsforschung könne auch nicht gemäß § 68 Nr. 9 AO 1977 fingiert werden, weil die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Vorschrift nicht erfüllt seien. Soweit sich der Kläger auf eine Übergangsregelung der Steuerverwaltung (Abschn. V. 2. des , BStBl I 1999, 944) berufe, könne dies im vorliegenden Verfahren nicht berücksichtigt werden, da insoweit bisher noch kein außergerichtliches Rechtsbehelfsverfahren durchgeführt worden sei.

Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit der Nichtzulassungsbeschwerde. Er beantragt, die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zuzulassen.

Im Streitfall ist die Frist zur Begründung der Beschwerde (§ 116 Abs. 3 Satz 1 FGO) am abgelaufen. Die Begründung ist erst am eingegangen. Der Kläger beantragt, ihm wegen Versäumung dieser Frist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

II. Es kann offen bleiben, ob dem Kläger wegen Versäumung der Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde gemäß § 56 FGO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren ist. Denn seine Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg; die Voraussetzungen zur Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung liegen nicht vor.

1. Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO, wenn eine für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das (abstrakte) Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Außerdem muss die Rechtsfrage klärungsbedürftig und in einem künftigen Revisionsverfahren klärbar sein (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. , BFH/NV 2003, 504, m.w.N.). Diese Voraussetzungen müssen in der Beschwerdeschrift dargelegt werden (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO). Dazu sind substantiierte Angaben dazu erforderlich, weshalb eine Entscheidung des Revisionsgerichts über eine bestimmte Rechtsfrage im Interesse der Allgemeinheit liegt (vgl. z.B. , BFH/NV 2003, 652).

2. Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.

a) Im ersten Teil der Beschwerdebegründung wendet sich der Kläger im Kern gegen die Auffassung des FG, bei der durchgeführten Auftragsforschung handele es sich nicht um einen Zweckbetrieb i.S. des § 65 AO 1977.

Hierzu hat der BFH bereits entschieden, dass Umsätze eines als gemeinnützig anerkannten eingetragenen Vereins aus der Durchführung von Auftragsforschung nicht gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 8 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) steuerbegünstigt sind, weil insoweit kein steuerlich unschädlicher Zweckbetrieb vorliegt (vgl. , BFHE 179, 447, BStBl II 1997, 189). Der Kläger hat in seiner Beschwerdebegründung insoweit nicht schlüssig und substantiiert dargelegt, aus welchen Gründen eine bestimmte Rechtsfrage zu diesem Thema nach wie vor umstritten und inwiefern sie im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig geblieben oder erneut geworden ist (vgl. dazu , BFH/NV 2000, 1231). Vielmehr erschöpft sich das Beschwerdevorbringen insoweit im Wesentlichen darin, dass der Kläger im Stile einer Revisionsbegründung die Rechtswidrigkeit der Vorentscheidung behauptet. Das reicht zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nicht aus (vgl. z.B. , BFH/NV 2003, 659, m.w.N.).

b) Auch im Hinblick auf § 68 Nr. 9 AO 1977 hat der Kläger keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt.

Seine Auffassung, die Vorentscheidung sei so zu verstehen, dass § 68 Nr. 9 AO 1977 nur für reine Forschungseinrichtungen gelten solle, nicht jedoch für einen abgrenzbaren Teil einer Einrichtung wie hier, trifft nicht zu. Vielmehr hat das FG sein Urteil zu dieser Frage alternativ begründet (Urteil, S. 13 f.). Es hat dargelegt, dass die tatsächlichen Voraussetzungen für beide Entscheidungsalternativen nicht vorliegen. Insoweit ist im Streitfall keine grundsätzliche Rechtsfrage klärbar.

Ferner macht der Kläger geltend, das FG hätte sich mit der Frage beschäftigen müssen, was genau mit „Zuwendungen der öffentlichen Hand oder Dritter aus der Vermögensverwaltung„ i.S. des § 68 Nr. 9 AO 1977 zu verstehen sei.

Das FG hat hierzu ausgeführt, der gesamte finanzielle Bedarf des Klägers werde unstreitig und weit überwiegend durch die Entgelte gedeckt, die er für die Behandlung und Unterbringung von Patienten vereinnahme. Falls der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb „Auftragsforschung„ hingegen —entsprechend der Ansicht des Klägers— isoliert betrachtet werde, liege eine vollständige Finanzierung durch Entgelte vor. Für den darüber hinausgehenden gesamten Forschungsbereich einschließlich der sog. Eigenforschung sei nach Aktenlage davon auszugehen, dass gewisse Spenden oder sog. echte Zuschüsse, die neben den Zahlungen der Auftraggeber und den aus dem Krankenhaus verwendeten Mitteln für die Forschung zur Verfügung gestanden hätten, diese beiden anderen Finanzierungsquellen insoweit jedenfalls nicht überwogen hätten.

Der Kläger wendet sich hierzu wiederum gegen die Richtigkeit der Vorentscheidung, ohne darzulegen, aus welchen Gründen eine bestimmte Rechtsfrage umstritten ist (vgl. dazu BFH-Beschlüsse vom III B 86/00, BFH/NV 2001, 636; vom IV B 162/99, BFH/NV 2001, 890). Der vom Kläger angeführte Umstand, zu § 68 Nr. 9 AO 1977 liege noch keine höchstrichterliche Rechtsprechung vor, rechtfertigt —für sich allein genommen— nicht die Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache.

c) Die Ausführungen in der Beschwerdeschrift zur Anwendbarkeit der Übergangsregelung im BMF-Schreiben in BStBl I 1999, 944 rechtfertigen ebenfalls nicht die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung.

In dieser Übergangsregelung heißt es, nach der früheren, bundeseinheitlichen Verwaltungsauffassung sei die Auftragsforschung als Zweckbetrieb zu behandeln gewesen, wenn die Forschungsergebnisse veröffentlicht und dem Auftraggeber keine Exklusivrechte bei der Verwertung eingeräumt worden seien; aus Vertrauensschutzgründen sei bei der steuerlichen Beurteilung der Auftragsforschung von Forschungseinrichtungen, die nicht bereits nach § 68 Nr. 9 AO 1977 als Zweckbetrieb behandelt werden könnten, bis zum Veranlagungszeitraum 1996 einschließlich noch nach diesen Verwaltungsanweisungen zu verfahren.

Die vom Kläger hierzu aufgeworfenen Fragen, insbesondere, wie weit der Anwendungsbereich dieser Regelung reicht und ob sich ein Steuerpflichtiger auf diese Regelung —entsprechend der Auffassung des FG— darauf nur in einem (gesonderten) Billigkeitsverfahren berufen kann, könnten in dem angestrebten Revisionsverfahren nicht geklärt werden.

Denn —unabhängig von der vom FG verneinten Frage, ob sich der Kläger im vorliegenden Verfahren auf diese Übergangsregelung berufen kann— ist die Regelung nach ihrem Wortlaut nur anwendbar, wenn dem Auftraggeber keine Exklusivrechte bei der Verwertung der Forschungsergebnisse eingeräumt wurden. Dass dies der Fall ist, hat das FG nicht festgestellt; es hat diese —von den Beteiligten unterschiedlich beurteilte— Frage vielmehr offen gelassen (Urteil, S. 12). Nur Rechtsfragen, die sich aufgrund der finanzgerichtlichen Feststellungen ergeben, sind aber im Revisionsverfahren klärbar (vgl. z.B. , BFH/NV 2001, 326).

3. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO ab.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
VAAAB-16823