OFD Nürnberg - S 2150 a - 58/St 31

§ 162 AO; Schätzung des Gewinns aus Land- und Forstwirtschaft

Schätzungsverfahren

1. Allgemeines

Sofern nicht eine auf die besonderen betrieblichen Verhältnisse abgestimmte Schätzungsmethode vorzuziehen ist, soll der Gewinn nach den ermittelten Richtsätzen wie folgt ermittelt werden:

Schätzungsgrundbetrag für die maßgebende landw. Nutzfläche – LN –


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+
Sondergewinne
+
Pachtzinsen
+
(ggf.) Nutzungswert der Wohnung
./.
Lohnaufwendungen
./.
Pachtzinsen
./.
Schuldzinsen
+ ./.
 sonstige Zu- und Abrechnungen
=
Gewinn des Wirtschaftsjahres

Einem Antrag des Stpfl., von den Schätzungsgrundbeträgen aufgrund besonderer Verhältnisse seines Betriebes nach unten abzuweichen, kann regelmäßig nicht gefolgt werden (vgl. BStBl 1982 II S. 273). Die mit einer Schätzung nach Richtsätzen verbundenen Unsicherheiten muss der Stpfl. hinnehmen, weil er sie jederzeit durch Einrichtung einer Buchführung bzw. das Führen von Aufzeichnungen nach § 4 Abs. 3 EStG vermeiden kann (vgl. BStBl 1984 II S. 352 und vom BStBl 2001 II S. 484).

Auf die Ausführungen in – 57/St 31 wird besonders hingewiesen.

2. Schätzungsgrundbetrag für landwirtschaftliche Nutzfläche

Die Schätzungsgrundbeträge je ha landwirtschaftlicher Nutzfläche – LN – werden für jedes Wirtschaftsjahr aus den tatsächlichen Ergebnissen buchführender Betriebe abgeleitet und durch besondere Verfügung – 55/St 31 und S 2150 a – 74/St 31) bekannt gegeben. Sie bemessen sich nach der landwirtschaftlichen Vergleichszahl – LVZ – nach § 38 BewG, dem Anteil des Hackfruchtbaus an der LN und dem durchschnittlichen Milchkuhbestand je ha LN.

Die für die Schätzung maßgebende LN umfasst die selbstbewirtschafteten eigenen und die zugepachteten landwirtschaftlichen Produktionsflächen abzüglich der Flächen, die mit Sondemutzungen als Hauptfrucht bestellt sind und für die der Gewinn gesondert anzusetzen ist (vgl. Nr. 4). Flächen für Gebäude, Hofraum. Wege, Gräben, Feldraine, Wasser sowie Unland, Abbauland, Geringstland und Hausgärten sind nicht zu berücksichtigen. Almen und Hutungen sind mit einem Viertel, Obstbauflächen mit regelmäßiger landwirtschaftlicher Unternutzung zur Hälfte anzusetzen. Flächen, die stillgelegt wurden (z.B. ESt-Kartei § 13 Karte 10.2.2), sind ab dem Wirtschaftsjahr, in dem erstmals die Erträge wegen der fehlenden Ernte ausfallen, nicht als selbstbewirtschaftete Flächen zu berücksichtigen (vgl. Tz. 5). Dagegen sind beim Anbau nachwachsender Rohstoffe (z. B. Raps) auf konjunkturell stillgelegten Flächen diese Flächen als selbstbewirtschaftete Flächen zu berücksichtigen. Mit dem Ansatz des Schätzungsgrundbetrags für diese Flächen sind die Stilllegungsprämie und die Erträge aus dem Verkauf der nachwachsenden Rohstoffe abgegolten.

Zum Hackfruchtbau gehören Flächen, die dem Anbau von Zuckerrüben, Kartoffeln, Futterrüben, Futterkohl sowie Markstammkohl dienen und zwar auch insoweit, als Pflanz- oder Saatgut angebaut wird.

Zum vereinfachten Nachweis der bewirtschafteten Fläche kann der mit dem Mehrfachantrag vom StMLF ausgegebene Flächen- und Nutzungsnachweis (= Zusammenstellung wichtiger Betriebsdaten und beantragter Fördermaßnahmen) vom Stpfl. übersandt oder von ihm angefordert werden (vgl. – 57/St 31 Tz. 5)

3. Sondergewinne

Mit dem Ansatz des Schätzungsgrundbetrags wird nur der Gewinn aus der normalen landwirtschaftlichen Nutzung erfasst. Besondere Betriebsverhältnisse sind noch zusätzlich zu berücksichtigen. Bei den in Tz. 3.1 – Tz. 5 beispielhaft aufgeführten Nutzungen ist folgendes zu beachten:

3.1

Übernormale Tierhaltung

Siehe – 77/St 31 und S 2150 a – 50 und 75/St 31

3.2

Zuchtviehverkäufe

Bei Zuchtviehverkäufen ist der Erlös, der die Normaleinnahme übersteigt, als Mehrgewinn zu erfassen. Als Normaleinnahmen (Nettopreis ohne USt) gelten bei

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Zuchtpferden (gilt auch für Reitpferde)
3.100 DM 
1.600 €
Zuchtbullen
3.100 DM 
1.600 €
Zuchtkühen
2.700 DM 
1.400 €
Zuchtnndern
2.500 DM 
1.300 €
Zuchtsauen und Zuchtebern
900 DM 
500 €
Zuchtböcken
900 DM.
500 €

Als Mehrgewinn sind 80 % des Betrages anzusetzen, um den der Verkaufserlös die Normaleinnahme übersteigt. Damit sind die besonderen Aufwendungen des Verkaufs (Gebühren, Provisionen, Transport-, Tierarztkosten usw.) abgegolten. Der Gewinn ist für jedes verkaufte Tier gesondert zu ermitteln.

Bei einer Besteuerung nach Durchschnittssätzen nach § 24 UStG sind die Normaleinnahmen um die USt ( 10 %; ab : 9 %) zu erhöhen.

3.3

Sonstige Sondergewinne

  1. Beherbergung von Feriengästen (ESt-Kartei § 13 Karte 1.4)

  2. Vermietung von Gebäuden oder Gebäudeteilen, die zum Betriebsvermögen gehören

  3. Veräußerung oder Entnahme von Grund und Boden und Gebäuden § 6 b EStG gilt nur für Steuerpflichtige, die ihren Gewinn (aufgrund einer eingerichteten Buchführung) durch Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 oder § 5 EStG ermitteln. Steuerpflichtige, deren Gewinn wegen fehlender Buchführung geschätzt werden muss, können deshalb die Vergünstigung des § 6 b EStG nicht in Anspruch nehmen, vgl. . BStBl 1990 II S. 426.

  4. Veräußerung (Übertragung) von Milchanlieferungs-Referenzmengen (ESt-Kartei § 13 Karte 10.5.9)

  5. Entgelte für die Abnahme von Klärschlamm, Kippgebühren

4. Schätzungsbeträge für andere land- und forstwirtschaftliche Betriebszweige

Das Betriebseinkommen für nachfolgend genannte Sondernutzungen ist in abgedruckt:


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Betriebszweig
Az
S 2150 a
Baumschulen
– 59/St 31
Hopfen
– 53/St 31
Teichwirtschaft
– 65/St 31
Wanderschäferei
– 78/St 31
Weihnachtsbaumkulturen
– 68/St 31

Für andere Sonderhutzungen werden die Richtsätze mit OFD-Verfügung bekannt gegeben.

Forstwirtschaftliche Nutzungen

Bei der Ermittlung des Betriebseinkommens ist eine Pauschalierung der Betriebsausgaben nach § 51 EStDV nicht zulässig. Können in derartigen Fällen die tatsächlichen Betriebsausgaben nicht nachgewiesen werden, bestehen im Regelfall keine Bedenken, die Betriebsausgaben mit 45 % der Betriebseinnahmen aus der Holznutzung zu schätzen. Damit sind sämtliche Betriebsausgaben des Wirtschaftsjahres der Holznutzung (einschließlich der Wiederaufforstungskosten) abgegolten

5. Steuerliche Behandlung der staatlichen Transferleistungen

 – Staatliche Prämien und Beihilfen, die als Ausgleich für geringere Erträge gezahlt werden (z.B. Ausgleichszulage und sonstige flächen- oder tierhaltungsbezogene Direktzahlungsprogramme; Förderung der Extensivierung nach dem Kulturlandschaftsprogramm) sind mit dem Ansatz des Schätzungsbetrags abgegolten.

 – Prämien, die nach dem Flächenstilllegungsprogramm gezahlt werden (ESt-Kartei § 13 Karte 10.2.2) sind in dem Wirtschaftsjahr, zu dem sie wirtschaftlich gehören, gesondert zu berücksichtigen. Erfahrungsgemäß entstehen im Zusammenhang mit diesen Flächen Betriebsausgaben in Höhe von etwa 15 % der zahlten Prämien. Als Sondergewinn sind daher 85 % der gezahlten Prämien anzusetzen.

6. Lohnaufwendungen

Lohnaufwendungen sind in der nachgewiesenen Höhe abzusetzen, soweit sie sich nicht bereits bei der Einzelberechnung von Sondergewinnen ausgewirkt haben. Bei Zahlungen an Lohnunternehmer kann der darin enthaltene Lohnkostenanteil berücksichtigt werden. Liegen keine genaueren Unterlagen vor, so kann dieser Lohnkostenanteil mit einem Drittel der gesamten Zahlungen geschätzt werden.

Wegen der Beurteilung von Arbeitsverhältnissen zwischen Angehörigen vgl. R 19 EStR.

7. Schuldzinsen und Zinsen

Betrieblich veranlasste nachgewiesene Schuldzinsen sind – gemindert um Zinszuschüsse – in dem Wirtschaftsjahr abzusetzen, zu dem sie wirtschaftlich gehören. Zu den Regelungen in § 4 Abs. 4 a EStG wird hingewiesen.

8. Pacht-/Mietaufwendungen und Pacht-/Mieterträge

Anzusetzen sind jene Beträge, die dem Wirtschaftsjahr, für das der Gewinn zu schätzen ist, wirtschaftlich zuzuordnen sind.

9. Sonderabschreibungen

Land- und Forstwirte, deren Gewinn geschätzt werden muss, können Wahlrechte, die bei einer Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG oder § 4 Abs. 3 EStG zulässig sind, nicht ausüben ( BStBl 1993 II S. 276 und vom . BStBl 1988 II S. 672). Daher können Sonderabschreibungen nach § 7 g EStG bei einer Gewinnschätzung nicht in Anspruch genommen werden.

Soweit der Landwirt – entsprechend der früheren Rechtslage – für Wirtschaftsgüter, die bis zum Ende des Wirtschaftsjahres 1991/92 angeschafft oder hergestellt wurden, Sonderabschreibungen nach § 76 EStDV in Anspruch genommen hat, ist auf deren Normalisierung nach dem Vergünstigungszeitraum zu achten (ESt-Kartei § 51 Karte 1.2).

10. Nutzungswert der Wohnung (Baudenkmal)

Wurde die Nutzungswertbesteuerung für ein als Baudenkmal eingestuftes Wohngebäude noch nicht abgewählt, ist der Nutzungswert nach ESt-Kartei § 13 Karte 11.4 zu ermitteln (§ 13 Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 4 EStG). Anzusetzen ist der (Brutto)Mietwert. Die als Betriebsausgaben zu berücksichtigenden Aufwendungen sind mit Ausnahme der Schuldzinsen bereits im Schätzungsgrundbetrag enthalten. Erhaltungsaufwendungen können noch zusätzlich berücksichtigt werden, soweit sie 5.000 € (10.000 DM) übersteigen. Hat der Stpfl. den Wegfall der Nutzungswertbesteuerung beantragt, ist wegen der betragsmäßig geringen Auswirkungen eine Anpassung des Schätzungsgrundbetrages nicht erforderlich.

11. Hinweise im Steuerbescheid

Im maschinellen Verfahren ist der Erläuterungstext KZ 129 zu verwenden (Hinweis auf die erfolgte Gewinnschätzung und die möglichen strafrechtlichen Folgen).

Die Schätzungsgrundbeträge werden aus einer ausreichenden Anzahl tatsächlicher Ergebnisse (aus Buchführung, Überschussrechnung) für das maßgebende Wirtschaftsjahr abgeleitet. Da diese Ergebnisse erst nach Eingang der entsprechenden Steuererklärungen und ihrer Überprüfung durch das Finanzamt feststehen, können die Schätzungsgrundbeträge (vgl. – 55/St 31 und – 74/St 31) nicht zeitnah bekannt gegeben werden. Die ESt-Veranlagung von Stpfl., bei denen Gewinnschätzungen unter Zugrundelegung von Schätzungsgrundbeträgen in Betracht kommen, ist bis zur Bekanntgabe der Schätzungsgrundbeträge für das jeweilige Wirtschaftsjahr zurückzustellen; das schließt nicht aus, dass vorweg eine Veranlagung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 AO) unter einstweiliger Zugrundelegung der Schätzungsgrundbeträge des Vorjahres durchgeführt wird, wenn es die Sachlage erfordert (z.B. bei einer zu erwartenden hohen Steuererstattung, bei Vorliegen eines erheblichen Veräußerungsgewinns).

OFD Nürnberg v. - S 2150 a - 58/St 31

Fundstelle(n):
OAAAB-15943