OFD Nürnberg - S 2150 a - 57/St 31

§ 162 AO; Schätzung des Gewinns aus Land- und Forstwirtschaft;

Allgemeine Grundsätze

1. Allgemeines

Führen Land- und Forstwirte, die zur Buchführung verpflichtet sind, keine ordnungsgemäßen Bücher, ist der Gewinn nach den Grundsätzen des § 4 Abs. 1 EStG zu schätzen. Dies gilt auch für Land- und Forstwirte, die weder zur Buchführung verpflichtet sind, noch die Voraussetzungen des § 13 a Abs. 1 Nr. 2-4 EStG erfüllen, wenn sie keine Bücher geführt und auch die Betriebseinnahmen und -ausgaben nicht aufgezeichnet haben (R 127 Abs. 1 EStR).

Ziel der Schätzung muss es sein, möglichst den tatsächlichen Gewinn des Wirtschaftsjahres festzustellen. Dabei liegt es im Ermessen des Finanzamts, diejenige Schätzungsmethode anzuwenden, die den Verhältnissen des Einzelfalles am besten gerecht wird (z.B. Richtsatzschätzung in Anlehnung an die Ergebnisse gleichgelagerter buchführender Betriebe (vgl. – 58/St 31) oder Schätzung des Gewinns durch Vermögensvergleich). Zu beachten ist, dass bei einem Landwirt, der seine Buchführung aufgegeben hat und dessen Gewinn nunmehr geschätzt werden muss, der geschätzte Gewinn regelmäßig nicht unter dem Ergebnis der Vorjahre liegen soll. Ebenso sind bei einem Betrieb, der geprüft wurde, im Regelfall zumindest die aufgrund der Betriebsprüfung ermittelten Ergebnisse der künftigen Schätzung zugrunde zu legen.

Führt der Stpfl. aus außersteuerlichen Gründen Bücher, so können diese Buchführungsunterlagen grundsätzlich auch für die Schätzung des Gewinns herangezogen werden.

Die Schätzung ist ein Verfahren. Besteuerungsgrundlagen mit Hilfe von Wahrscheinlichkeitsüberlegungen zu ermitteln, wenn eine sichere Feststellung trotz des Bemühens um Aufklärung nicht möglich ist. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für ein solches Verfahren von Bedeutung sein können. Auszugehen ist von dem aufgeklärten Sachverhalt. Es bedarf weiterhin der Feststellung, dass eine weitere Sachaufklärung nicht möglich oder nicht zumutbar ist. Erst in diesem Stadium setzen die Schätzungsüberlegungen ein, die aus dem festgestellten Sachverhalt folgern, dass die Besteuerungsgrundlagen in einer wahrscheinlichen Höhe verwirklicht worden sind. Die durch Schätzung ermittelte Besteuerungsgrundlage enthält einen Unsicherheitsbereich, der vom Wahrscheinlichkeitsgrad der Schätzung abhängig ist. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Schätzung zutreffend ist, wird um so größer sein, je umfangreicher der zugrunde gelegte gewisse Sachverhalt und je zuverlässiger die angewandte Schätzungsmethode ist. Eine genaue Bestimmung der Besteuerungsgrundlage kann im Schätzungsweg trotz Bemühens um Zuverlässigkeit allenfalls zufällig erreicht werden.

Diese Unschärfe, die jeder Schätzung anhaftet, kann im allgemeinen vernachlässigt werden. Soweit sie sich zuungunsten des Steuerpflichtigen auswirkt, muss er sie hinnehmen, zumal wenn er den Anlass für die Schätzung gegeben hat. Welche Schätzungsmethode dem Ziel, die Besteuerungsgrundlagen durch Wahrscheinlichkeitsüberlegungen so zu bestimmen, dass sie der Wirklichkeit möglichst nahe kommen, am besten gerecht wird, ist grundsätzlich eine Frage der Tatsachenfeststellung. Schätzungen müssen insgesamt in sich schlüssig sein; ihre Ergebnisse müssen darüber hinaus wirtschaftlich vernünftig und möglich sein. (aus BStBl 1986 II S. 226).

2. Richtsätze

Die Richtsätze sind ein Hilfsmittel (Anhaltspunkt) für die Finanzverwaltung. Umsätze und Gewinne zu verproben und ggf. bei Fehlen anderer geeigneter Unterlagen zu schätzen. Ein Anspruch darauf, nach Richtsätzen besteuert zu werden, besteht nicht.

Die Richtsätze bestehen aus einem oberen und einem unteren Rahmensatz sowie einem Mittelsatz. Die Rahmensätze tragen den unterschiedlichen Verhältnissen Rechnung. Der Mittelsatz ist das gewogene Mittel aus den Einzelergebnissen der geprüften Betriebe.

3. Begriffserläuterungen

Die Richtsätze sind nach dem Betriebseinkommen ermittelt worden. Das Betriebseinkommen errechnet sich aus den Erlösen abzüglich Sachkosten. In den Erlösen ist die Umsatzsteuer enthalten, da die Richtsätze unterstellen, dass der Stpfl. die Durchschnittsbesteuerung nach § 24 UStG gewählt hat. Das Betriebseinkommen berücksichtigt alle sachlichen Kosten mit Ausnahme der Fremdlöhne, der Miet- und Pachtzinsen und der Schuldzinsen. Diese Aufwendungen sind daher noch abzuziehen.
Der Rohertrag beinhaltet nicht die Miet- und Pachteinnahmen, Zinsen aus betrieblichen Konten, Gewinne aus der Veräußerung von Grundstücken oder Gebäuden sowie ggf. den Nutzungswert der Wohnung (Baudenkmal). Diese Beträge sind daher dem Betriebseinkommen noch hinzuzurechnen.


Tabelle in neuem Fenster öffnen
 
Erlöse (einschl. USt nach § 24 UStG)
-
Sachkosten (ohne Fremdlöhne, Miet-, Pacht u. Schuldzinsen)
 
Betriebseinkommen
-
Arbeitslöhne
-
Miet- und Pachtzinsen
-
Schuldzinsen
 
Gewinn (aus der Bewirtschaftung)
Miet- und Pachterträge
+
Zinsen aus betrieblichen Konten
+
Gewinne aus der Veräußerung von Grundstücken und Gebäuden
+
Nutzungswert der Wohnung (ggf. noch bei Baudenkmalen)
 
Gewinn

Bei der Schätzung nach Richtsätzen führt die Anwendung der Mittelsätze im allgemeinen zu dem Ergebnis, das mit der größten Wahrscheinlichkeit den tatsächlichen Verhältnissen am nächsten kommt. Ein Abweichen vom Mittelsatz kann jedoch durch besondere betriebliche oder persönliche Verhältnisse begründet sein.

Bei den Gestehungskosten handelt es sich um die sachlichen Bebauungskosten die bei der Bewirtschaftung anfallen. Bestimmte Aufwendungen sind noch einzeln zu ermitteln (vgl. Hopfengestehungskosten – 53/St 31; Bebauungskostenpauschbetrag im Weinbau – 79/St 31)

4. Euro-Umrechnung

Die ESt-Festsetzungen für (letztmals) den Besteuerungszeitraum VZ 2001 erfolgen in DM.
In der Landwirtschaft ist bereits der Gewinn für das Wj. 2001/2002 in Euro zu ermitteln (vgl. Euro-Einführungsschreiben vom BStBl 1998 I S. 1625 Tz. 2.2, 2.3.1 und 6.2). Die in den VZ 2001 fallenden anteiligen Beträge (§ 4 a Abs. 2 Nr. 1 EStG) sind dann wieder in DM umzurechnen. Der Umrechnungskurs für 1 € beträgt 1,95583 DM.

5. Außersteuerliche Unterlagen zur Sachverhaltsermittlung bzw. Mitwirkung des Stpfl.

Eine Verprobung der bewirtschafteten Flächen kann über aktuelle EW-Bescheide bzw. die jährlich beim Landwirtschaftsamt eingereichten Mehrfachanträge (Stichtag 15. Mai) durchgeführt werden.

Bei den von der Landwirtschaftsverwaltung verwendeten Vordrucken zum Antragsverfahren für agrarpolitische Förderungsmaßnahmen sind der Mehrfachantrag, der hierzu gehörende FNN und das Betriebsdatenblatt FNN besonders zu erwähnen. Das Betriebsdatenblatt FNN enthält als Zusammenfassung der Angaben des Vorjahres-Mehrfachantrages die wichtigsten Flächenwerte für die einzelnen Kulturartengruppen und die beantragten flächenbezogenen Förderungsmaßnahmen. Aus der Codierliste zum FNN können die jeweiligen Nutzungen entnommen werden. Der jeweilige Mehrfachantrag -FNN- enthält die zum Zeitpunkt der Antragstellung (spätestens 15. Mai) vom Antragsteller selbst bewirtschafteten Flächen sowie deren Nutzung in dem jeweiligen Kalenderjahr. (Beispiel: Der Mehrfachantrag 2002 -FNN- enthält daher die im Mai 2002 selbstbewirtschafteten Flächen sowie die Nutzung im Kj. 2002. Das Betriebsdatenblatt und der FNN enthalten nachrichtlich die – geprüften – Nutzungen des Vor-Kj. 2001).
Der subventionsrechtlich erhebliche Flächen- und Nutzungsnachweis kann vom Stpfl. zur vereinfachten Erklärung von steuerlich relevanten Nutzungen (z.B. Gesamtfläche, Hackfruchtanteil, Stilllegungsflächen) verwendet werden. Dabei sind Veränderungen zwischen der Antragstellung (z.B. 15. Mai) und dem maßgebenden Wirtschaftsjahr gesondert darzustellen. In begründeten Einzelfällen kann zur Sachverhaltsermittlung nach § 88 AO auch die Vorlage der o.a. Unterlagen vom Stpfl. angefordert werden. Dies gilt auch für das Viehverzeichnis.
Werden für die Durchführung eines Besteuerungsverfahrens Angaben von den Landwirtschaftsämtern benötigt, sind diese ausschließlich nach § 93 AO einzuholen. Für das Auskunftsersuchen kann falls erforderlich die in UNIFA (Ordner Veranlagung\Bearbeitung Steuererklärungen\Auskunfts-Vorlageersuchen an Dritte) eingestellte Vorlage verwendet werden.

6. Wechsel der Gewinnermittlungsart

Bei einer erstmaligen Schätzung des Gewinns ist ggf. durch den Wechsel der Gewinnermittlungsart von der GnD nach § 13 a EStG zur Gewinnschätzung die Prüfung eines Übergangsgewinns veranlasst. Auf die – 7/St 31 mit den Bearbeitungshinweisen zur Prüfung des Übergangsgewinns beim Wechsel der Gewinnermittlungsarten (S 2146 – 7/St 31, Stand Dezember 2000) bzw. Bearbeitungshinweisen zur Prüfung der Übergangsbilanzen (S 2163 – 43/St 31, Stand Dezember 2000) wird hingewiesen.

OFD Nürnberg v. - S 2150 a - 57/St 31

Fundstelle(n):
EAAAB-15942