BFH Beschluss v. - IX R 46/02 BStBl 2004 II S. 284

Rückwirkende Verlängerung der Spekulationsfrist des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 EStG durch das StEntlG 1999/2000/2002

Leitsatz

Es wird eine Entscheidung des BVerfG darüber eingeholt, ob § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 EStG i.V.m. § 52 Abs. 39 Satz 1 EStG in der Fassung des StEntlG 1999/2000/2002 vom (BGBl I 1999, 402) mit dem Grundgesetz insoweit unvereinbar ist, als danach auch private Grundstücksveräußerungsgeschäfte nach dem , bei denen zu diesem Stichtag die zuvor geltende Spekulationsfrist von zwei Jahren (§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG a.F.) bereits abgelaufen war, übergangslos der Einkommensbesteuerung unterworfen werden.

Gesetze: GG Art. 2 Abs. 1GG Art. 20 Abs. 3GG Art. 100 Abs. 1EStG § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1EStG § 52 Abs. 39 Satz 1

Instanzenzug: (EFG 2002, 1614) (Verfahrensverlauf),

Gründe

A. Gegenstand der Vorlage

I. Sachverhalt

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) hatte im Jahre 1990 ein mit einem Einfamilienhaus bebautes Grundstück erworben. Am veräußerte er das Grundstück, nachdem er bereits im Oktober 1997 einen Makler mit dem Verkauf beauftragt hatte.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) sah in dem Vorgang ein privates Veräußerungsgeschäft i.S. des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes i.d.F. des Steuerentlastungsgesetzes (StEntlG) 1999/2000/2002 (EStG) und unterwarf den nach § 23 Abs. 3 Satz 1 EStG ermittelten Veräußerungsgewinn im Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1999 vom der Einkommensteuer. Der Einspruch des Klägers wurde durch Einspruchsentscheidung vom als unbegründet zurückgewiesen.

II. Aussetzung der Vollziehung

Durch Beschluss vom IX B 90/00 (BFHE 195, 205, BStBl II 2001, 405) hat der vorlegende Senat den angefochtenen Einkommensteuerbescheid von der Vollziehung ausgesetzt, da bei der im Aussetzungsverfahren nach § 69 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) gebotenen summarischen Prüfung die rückwirkende Verlängerung der Veräußerungsfrist für Grundstücke von zwei auf zehn Jahre nach seiner Auffassung schwerwiegenden verfassungsrechtlichen Zweifeln begegne, weil der Gesetzgeber Anschaffungsvorgänge in die Regelung einbezogen habe, für die die Spekulationsfrist des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG in der vor dem geltenden Fassung (§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG a.F.) bereits abgelaufen gewesen sei.

III. Entscheidung des Finanzgerichts

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage, mit der der Kläger die Verfassungswidrigkeit des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 EStG geltend gemacht hatte, ab. Es vertrat in seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2002, 1614 veröffentlichten Urteil die Auffassung, die gesetzliche Regelung der § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 EStG i.V.m. § 52 Abs. 39 Satz 1 EStG sei nicht verfassungswidrig; sie verstoße insbesondere nicht gegen das so genannte Rückwirkungsverbot.

1. Es liege eine unechte Rückwirkung (tatbestandliche Rückanknüpfung) vor, die bei der gebotenen Abwägung zwischen einem schutzwürdigen Vertrauen des Klägers in eine bestehende Rechtsposition und dem gesetzgeberischen Anliegen für das Gemeinwohl nicht unzulässig sei. Dem Anliegen des Gesetzgebers, auch in der Vergangenheit entstandene Wertsteigerungen bei der Veräußerung privater Grundstücke steuerlich zu erfassen, gebühre der Vorrang vor den nur eingeschränkt schutzwürdigen Interessen des Klägers. Auch für eine Übergangsregelung bestehe kein verfassungsrechtlich zwingender Grund. Da kein generelles, verfassungsrechtlich schutzwürdiges Vertrauen des Klägers in die Beibehaltung der zweijährigen Spekulationsfrist bestanden habe, dürften auch Wertsteigerungen des Grundstücks von dessen Anschaffung an erfasst werden.

2. Die Regelung verstoße des Weiteren weder im Verhältnis zum Verkauf anderer Wirtschaftsgüter noch im Verhältnis zu den sog. Gewinneinkünften (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 3, Abs. 2 Nr. 1 EStG) gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 des Grundgesetzes (GG). Dass die Gewinne aus der Veräußerung privater Grundstücke nicht wie außerordentliche Einkünfte nach § 34 Abs. 1 EStG steuerrechtlich begünstigt seien, verstoße ebenfalls nicht gegen Art. 3 GG. Auch die Nichtberücksichtigung der zwischen den Anschaffungs- und den Veräußerungsgeschäften eingetretenen Geldentwertung führe nicht zur Verfassungswidrigkeit der Vorschrift.

IV. Vortrag der Beteiligten im Revisionsverfahren

1. Mit der Revision rügt der Kläger die Verfassungswidrigkeit des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG i.V.m. § 52 Abs. 39 Satz 1 EStG. Die Vorschrift verstoße gegen den Gleichheitssatz, den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, Art. 106 Abs. 2 Nr. 4 GG und das Rückwirkungsverbot.

a) Die Regelung verstoße gegen den allgemeinen Gleichheitssatz, weil sie für Grundstücke und andere Wirtschaftsgüter in § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 EStG unterschiedliche Veräußerungsfristen vorsehe. Dies sei, insbesondere im Vergleich zu GmbH-Anteilen, nicht zu rechtfertigen. Auch die Ungleichbehandlung der privaten Veräußerungsgeschäfte gegenüber den Gewinneinkünften hinsichtlich der Gewinnermittlung, z.B. im Hinblick auf § 6b EStG, sei nicht gerechtfertigt. Zudem verstoße die im Veräußerungsfall erfolgende „Nachversteuerung„ der Absetzung für Abnutzung (AfA), die bei Arbeitnehmern nicht vorgenommen werde, gegen das Leistungsfähigkeitsprinzip. Darüber hinaus sei die Nichteinbeziehung der Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften in die Regelung des § 34 Abs. 2 EStG verfassungswidrig.

b) Die Regelung sei unverhältnismäßig. Der Veräußerungsgewinn müsse um inflationsbedingte Wertsteigerungen bereinigt werden, da ansonsten Scheingewinne besteuert würden. Diese Problematik habe sich durch die Verlängerung der Veräußerungsfrist verschärft; Freigrenzen, Freibeträge und Tarifanpassungen seien als Ausgleich unzureichend. Die durch das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) vorgenommene Rechtfertigung des Nominalwertprinzips sei daher nicht mehr haltbar; der inflationsbereinigte Zuwachs der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit könne beispielsweise durch Indexierung ohne Schwierigkeiten ermittelt werden.

c) Die Regelung verstoße auch gegen die Vorschrift des Art. 106 Abs. 2 Nr. 4 GG, nach der das Aufkommen der Verkehrsteuern grundsätzlich den Ländern zustehe. Werde die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer nicht um den Kaufkraftschwund bereinigt, degeneriere diese jedenfalls in Höhe des Kaufkraftschwundes zur Verkehrsteuer. Damit werde die Verteilungsregel des Art. 106 Abs. 2 GG zugunsten des Bundes umgangen.

d) Die Regelung verstoße zudem gegen das Rückwirkungsverbot. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 EStG entfalte eine echte Rückwirkung, da er auf einen negativ abgeschlossenen Lebenssachverhalt einwirke. Durch den Ablauf der Spekulationsfrist des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG a.F. sei § 23 EStG a.F. tatbestandlich endgültig nicht verwirklicht gewesen.

Selbst wenn man aber von einer unechten Rückwirkung ausgehe, liege ein Verfassungsverstoß vor. Das Vertrauen des Klägers überwiege die öffentlichen Interessen. Er habe Anspruch auf Rechtskontinuität, da er im Vertrauen auf die ihm beim Erwerb bekannte, bisherige Gesetzeslage eine Disposition getroffen habe, die er nicht mehr rückgängig machen könne. Auf diese Gesetzeslage dürfe er nach der Rechtsprechung des BVerfG vertrauen.

Der Gesetzgeber sei jedenfalls verpflichtet gewesen, die Rechtsänderung in eine angemessene Übergangsregelung einzubetten. Nach dem Ablauf des Gesetzgebungsverfahrens sei den Steuerpflichtigen nur ein Zeitraum von wenigen Wochen verblieben, um eine erneute rückwirkende „Steuerverstrickung„ ihres zum damaligen Zeitpunkt „steuerentstrickten„ Vermögens zu vermeiden. Dieser Zeitraum sei für Grundstücksverkäufe unzureichend und hätte bei Veräußerung sämtlicher bereits „steuerentstrickter„ Grundstücke, die durch die Neuregelung des § 23 EStG erfasst wurden, zu einem erheblichen Preisverfall am Grundstücksmarkt geführt.

Der Kläger beantragt sinngemäß, das Urteil des FG und die Einspruchsentscheidung des FA vom aufzuheben sowie den Einkommensteuerbescheid des FA für 1999 vom dahin gehend zu ändern, dass der Gewinn aus der Veräußerung des Grundstücks in Höhe von 49 047,93 DM nicht als sonstige Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften berücksichtigt wird.

2. Das FA hat keinen Antrag gestellt. Es verweist auf das Urteil des FG und seine bisherigen Schriftsätze.

B. Entscheidungsgründe

Die Vorlage an das BVerfG ist gemäß Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG i.V.m. § 80 Abs. 1 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht (BVerfGG) geboten, weil der erkennende Senat § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 EStG i.V.m. § 52 Abs. 39 Satz 1 EStG insoweit für verfassungswidrig hält, als danach auch private Grundstücksveräußerungsgeschäfte nach dem , bei denen zu diesem Stichtag die zuvor geltende Spekulationsfrist von zwei Jahren (§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG a.F.) bereits abgelaufen war, übergangslos der Einkommensbesteuerung unterworfen werden.

I. Rechtsentwicklung der im Streitfall maßgeblichen Vorschriften

1. Die Rechtsentwicklung der im Streitfall maßgeblichen Vorschriften stellt sich bis zum Streitjahr 1999 wie folgt dar:

a) § 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 EStG gehen im Ergebnis auf § 5, § 11 Nr. 5 EStG vom (RGBl 1920, 359; —EStG 1920—) zurück. Danach gehörten zum steuerbaren Einkommen insbesondere auch die durch einzelne Veräußerungsgeschäfte erzielten Gewinne. Die grundsätzliche Steuerpflicht von Veräußerungsgewinnen im Privatvermögen war jedoch für Grundstücke erheblich eingeschränkt: Nach § 12 Nr. 13 EStG 1920 galten Gewinne, die durch die Veräußerung von Grundstücken erzielt worden sind, nicht als steuerbares Einkommen, es sei denn, dass die Grundstücke erst innerhalb der letzten zehn Jahre oder zum Zwecke der Wiederveräußerung erworben worden waren. Auch eine Übergangsregelung hatte der Gesetzgeber vorgesehen: Nach § 12 Nr. 13 Satz 2 EStG 1920 galt bei einem Erwerb vor dem die zehnjährige Frist als erfüllt.

Diesen Grundsatz der generellen Steuerpflicht von Veräußerungsgewinnen im Privatvermögen hat der Gesetzgeber allerdings alsbald wieder aufgegeben. Aufgrund der Änderung des § 11 Nr. 5 EStG 1920 durch das Gesetz zur Änderung des Einkommensteuergesetzes vom (RGBl I 1921, 313) waren Veräußerungsgewinne nur noch dann steuerpflichtig, wenn der Erwerb des veräußerten Gegenstandes zum Zwecke gewinnbringender Wiederveräußerung —mithin in Spekulationsabsicht— erfolgt war. Gleichzeitig wurde § 12 Nr. 13 EStG 1920 gestrichen. Zur Begründung dieser Änderungen wurde darauf hingewiesen, die bisherige Rechtslage habe zu wirtschaftlichen Schwierigkeiten geführt. Außerdem seien in der Praxis Gewinne in zahlreichen Fällen nicht deklariert, die Verluste hingegen regelmäßig zur Anmeldung gebracht worden (RTDrucks, I. Wahlperiode 1920/21 Nr. 1710, S. 1381).

b) Durch § 41 Abs. 1 Nr. 1, § 42 EStG vom (RGBl I 1925, 189; —EStG 1925—) wurden die Vorschriften erneut reformiert. § 41 Abs. 1 Nr. 1 EStG 1925 bestimmte, dass zu den nach § 6 Abs. 1 Nr. 8 EStG 1925 steuerbaren sonstigen Leistungsgewinnen u.a. auch Einkünfte aus Veräußerungsgeschäften gehörten, soweit sie nach § 42 Abs. 1 EStG 1925 als Spekulationsgeschäfte anzusehen waren. Als Spekulationsgeschäfte galten nach § 42 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Buchst. a EStG 1925 Veräußerungsgeschäfte bei Grundstücken, wenn der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung (sog. Spekulationsfrist) weniger als zwei Jahre betrug. Aufgrund von § 42 Abs. 2 Nr. 3 EStG 1925 waren diese Spekulationsgeschäfte bei fehlender Spekulationsabsicht steuerfrei. Diese Einschränkungen erfolgten, da nach Auffassung des Gesetzgebers die praktische Durchführung des § 11 Nr. 5 EStG 1920 weiterhin auf große Schwierigkeiten gestoßen war, die auch durch Verwaltungsanordnungen nicht befriedigend gelöst werden konnten (RTDrucks, III. Wahlperiode 1924/25 Nr. 795, S. 25, 59 f.). Veräußerungsgeschäfte sollten deshalb aus Vereinfachungsgründen dann als Spekulationsgeschäfte angesehen werden, wenn der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung kurz war, wovon das Gesetz für Grundstücke bei einem Zeitraum von zwei Jahren ausging; die damit im Einzelfall verbundene Härte müsse im Interesse der Vereinfachung getragen werden (RTDrucks, III. Wahlperiode 1924/25 Nr. 795, S. 60).

c) Diese Rechtslage wurde in § 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a EStG vom (RGBl I 1934, 1005; —EStG 1934—), das die Steuerbefreiung bei fehlender Spekulationsabsicht beseitigte und den Tatbestand auf grundstücksgleiche Rechte erweiterte, ansonsten unverändert übernommen und bestand bis Ende 1998 fort.

d) Durch Art. 1 Nr. 31 StEntlG 1999/2000/2002 vom (BGBl I, 402) wurde § 23 EStG neu gefasst. Die bis dahin als Spekulationsgeschäfte benannten Veräußerungstatbestände werden —unter gleichzeitiger Änderung der Nummerierung in § 23 Abs. 1 EStG— nunmehr als „Private Veräußerungsgeschäfte„ bezeichnet. Dadurch soll zum Ausdruck gebracht werden, dass nicht nur Geschäfte mit Spekulationsabsicht der Besteuerung unterliegen, sondern allgemein Veräußerungsgeschäfte, bei denen das Tatbestandsmerkmal der Veräußerung innerhalb einer bestimmten Frist nach Anschaffung erfüllt ist (BTDrucks 14/443, S. 28 zu Nummer 31). Ferner wurde als Maßnahme zur Gegenfinanzierung des Gesetzes durch Verbreiterung der Bemessungsgrundlage (BTDrucks 14/443, S. 2, 4, rechte Spalte, 5. Spiegelstrich) u.a. die Spekulationsfrist bei der Veräußerung von Grundstücken auf zehn Jahre mit der Begründung verlängert, dies entspreche dem Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit und dem Gebot der Steuergerechtigkeit (BTDrucks 14/23, S. 179 zu Nummer 27). Nach den neu gefassten Anwendungsvorschriften des § 52 Abs. 1 Satz 1, Abs. 39 Satz 1 EStG (Art. 1 Nr. 56 StEntlG 1999/2000/ 2002) ist § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 EStG erstmals auf Veräußerungsgeschäfte anzuwenden, bei denen die Veräußerung auf einem nach dem rechtswirksam abgeschlossenen obligatorischen Vertrag oder gleichstehenden Rechtsakt beruht. § 52 Abs. 39 Satz 1 EStG, der erst auf Vorschlag des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages Eingang in das Gesetz gefunden hat (BTDrucks 14/442, S. 23), sollte für § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG eine besondere Anwendungsregelung schaffen (BTDrucks 14/443, S. 33 zu Absatz 39). Gegen diese Änderungen wurden im Gesetzgebungsverfahren durch den Rechtsausschuss des Deutschen Bundestags keine rechtsförmlichen oder verfassungsrechtlichen Bedenken erhoben (BTDrucks 14/443, S. 5 unter 3. a). Aufgrund der Neuregelung und der Einbeziehung von Herstellungsfällen wurden für Bund, Länder und Gemeinden jährliche Mehreinnahmen in Höhe von insgesamt 665 Mio. DM erwartet (BTDrucks 14/23, S. 154).

e) Die durch Art. 1 Nr. 16, Nr. 40 Buchst. n des Steuerbereinigungsgesetzes 1999 vom (BGBl I, 2601) mit Wirkung für das Streitjahr vorgenommenen Änderungen der § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 und 3, Abs. 3, § 52 Abs. 39 Satz 1 EStG haben für die hier zu beurteilende Rechtslage keine Bedeutung.

2. Die weitere Rechtsentwicklung der maßgeblichen Vorschriften nach dem Streitjahr 1999 verlief wie folgt:

Durch das Steuervergünstigungsabbaugesetz vom (BGBl I, 660; —StVergAbG—) sollte die Besteuerung privater Veräußerungsgeschäfte umfassend neu gestaltet und § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 EStG im Ergebnis dahin gehend geändert werden, dass die Veräußerungsfrist aufgehoben wird (BTDrucks 15/119, S. 4 f.). Durch die zeitlich unbegrenzte Besteuerung der Gewinne aus der Veräußerung von Wirtschaftsgütern sollte der durch die Veräußerung eintretende Zuwachs an wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit berücksichtigt werden (BTDrucks 15/119, S. 38). Als § 23 Abs. 3 Satz 6 EStG (im Folgenden: § 23 Abs. 3 Satz 6 EStG-E) war eine Übergangsregelung für Anschaffungen vor dem Tag des Beschlusses des Steuervergünstigungsabbaugesetzes vorgesehen: Für diese Fälle sollten 10 v.H. des Veräußerungspreises als Gewinn gelten, wenn die Anschaffungs- oder Herstellungskosten den Betrag von 90 v.H. des Veräußerungspreises nicht überstiegen (BTDrucks 15/119, S. 5). Damit war beabsichtigt, Veräußerungsgeschäfte von Wirtschaftsgütern, welche der Steuerpflichtige bereits über einen langen Zeitraum gehalten hat, den Veräußerungsgeschäften von Wirtschaftsgütern mit kurzer Besitzzeit gleichzustellen (BTDrucks 15/119, S. 39). Zudem sollte die Einkommensteuer für sonstige Einkünfte i.S. des § 22 Nr. 2 EStG nach § 32a Abs. 7 Satz 1 EStG pauschal 15 v.H. der Einkünfte betragen (Art. 1 Nr. 18 StVergAbG, BTDrucks 15/119, S. 6). Diese Vorschriften sollten nach § 52 Abs. 39 Satz 1 und 5, § 52 Abs. 41 EStG (BTDrucks 15/119, S. 8) auf alle Veräußerungsgeschäfte anzuwenden sein, bei denen die Veräußerung auf einem nach dem Tag des Gesetzesbeschlusses rechtswirksam abgeschlossenen obligatorischen Vertrag oder gleichstehenden Rechtsakt beruht. Damit sollte das Rückwirkungsverbot gewahrt werden (BTDrucks 15/119, S. 42). Das vom Bundestag beschlossene (BTDrucks 120/03) Steuervergünstigungsabbaugesetz wurde indes aufgrund der Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses (BTDrucks 15/841) geändert (BRDrucks 253/03 und 253/03 (Beschluss)); dabei wurden die Änderungen der Besteuerung der privaten Veräußerungsgeschäfte wieder aufgehoben (Anlage zur BTDrucks 15/841, zu Art. 1 Buchst. a und d).

II. Verfassungsrechtliche Beurteilung in Rechtsprechung und Schrifttum

1. Das BVerfG hat zwar mehrfach zu § 23 EStG Stellung genommen und § 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG a.F. für mit dem Grundgesetz vereinbar erachtet (s. BVerfG-Beschlüsse vom 2 BvL 20/65, BVerfGE 26, 302, 307 ff.; vom 1 BvR 141/75, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung —HFR— 1975, 581; vom 1 BvR 836/76, HFR 1977, 510, zur Berücksichtigung eines Kaufkraftverlusts bei der Ermittlung der Anschaffungskosten i.S. des § 23 EStG). Die im Streitfall zu entscheidende Frage, ob § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 EStG i.V.m. § 52 Abs. 39 Satz 1 EStG i.d.F. des StEntlG 1999/2000/ 2002 mit dem Grundgesetz insoweit unvereinbar ist, als danach auch private Grundstücksveräußerungsgeschäfte nach dem , bei denen zu diesem Stichtag die zuvor geltende Spekulationsfrist von zwei Jahren (§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG a.F.) bereits abgelaufen war, übergangslos der Einkommensbesteuerung unterworfen werden, ist bisher jedoch noch nicht Gegenstand verfassungsgerichtlicher Prüfung gewesen.

2. Der Bundesfinanzhof (BFH) und die Finanzgerichte haben bereits mehrfach zur Verfassungsmäßigkeit der Verlängerung der Veräußerungsfrist von zwei auf zehn Jahre Stellung genommen.

a) Für Veräußerungen, die nach Verkündung des StEntlG 1999/ 2000/2002 am erfolgt sind und bei denen die frühere Spekulationsfrist von zwei Jahren bereits abgelaufen war, hat der vorlegende Senat im Verfahren wegen Aussetzung der Vollziehung in seinem unter A. II. genannten Beschluss in BFHE 195, 205, BStBl II 2001, 405 selbst bei Annahme einer unechten Rückwirkung schwerwiegende verfassungsrechtliche Zweifel an der rückwirkenden Verlängerung der Spekulationsfrist von zwei auf zehn Jahre geäußert. Diese Ansicht ist in der Rechtsprechung der Finanzgerichte auf Zustimmung (, EFG 2002, 464; vgl. auch (E), EFG 2001, 695), aber auch —in Übereinstimmung mit der angefochtenen Vorentscheidung— auf Ablehnung gestoßen (, EFG 2003, 714, Aktenzeichen des BFH: IX R 19/03; Beschlüsse der Vorinstanz vom 2 V 13/00, EFG 2000, 1004; des , EFG 2001, 71).

b) Für Veräußerungen zwischen dem und der Verkündung des StEntlG 1999/2000/2002 am wird teilweise von einer verfassungsrechtlich unzulässigen echten Rückwirkung ausgegangen (Beschluss des FG des Saarlands vom 2 V 28/03, juris-Dokument Nr. STRE200370695) und teilweise eine zusätzliche zeitliche Unterscheidung vorgenommen:

aa) Für Veräußerungen bis zum Beschluss des StEntlG 1999/ 2000/2002 durch den Deutschen Bundestag am , bei denen die frühere Spekulationsfrist von zwei Jahren bereits abgelaufen war, geht das FG Köln in seinem Vorlagebeschluss vom 13 K 460/01 (EFG 2002, 1236; Az. des BVerfG: 2 BvL 14/02) von einer verfassungswidrigen unechten Rückwirkung aus (vgl. auch , rkr., EFG 2001, 294).

bb) Für Veräußerungen zwischen dem und dem wird dagegen ein Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot verneint (, EFG 2004, 45, Az. des BFH: IX R 57/03; FG Münster in EFG 2003, 714).

c) Auch soweit die frühere Spekulationsfrist von zwei Jahren zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens des StEntlG 1999/2000/2002 noch nicht abgelaufen war, werden ernstliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Verlängerung der Spekulationsfrist von zwei auf zehn Jahre geäußert (, nicht veröffentlicht —n.v.—; siehe dazu , n.v.). Dass die Spekulationsfrist zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgelaufen und das Grundstück nicht „steuerentstrickt„ gewesen sei, ändere nichts daran, dass insoweit eine unechte Rückwirkung vorliege, die rechtsstaatlich bedenklich sei; das Gesetz lasse eine verfassungskonforme Übergangsregelung vermissen.

Andere Finanzgerichte gehen dagegen insoweit von einer verfassungsrechtlich zulässigen Rückwirkung aus, da in derartigen Fällen eine gesicherte Rechtsposition des Steuerpflichtigen im Sinne einer „Steuerentstrickung„ des Grundstücks zum Zeitpunkt der Gesetzesänderung noch nicht eingetreten sei; dann stehe es dem Gesetzgeber grundsätzlich frei, die Frist zu verlängern (, EFG 2002, 1177 f.; , EFG 2001, 1386 f.; , n.v., Aktenzeichen des BFH: IX B 116/03). Dieser Ansicht hat sich der vorlegende Senat angeschlossen (, n.v., unter II. 3.; zur Begründung siehe unten B. III. 4. c bb (2)).

3. Im Schrifttum wird kontrovers diskutiert, ob die rückwirkende Verlängerung der Spekulationsfrist von zwei auf zehn Jahre in den Fällen verfassungsgemäß ist, in denen die Spekulationsfrist des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG a.F. bereits abgelaufen war.

a) Vielfach wird dies —mit unterschiedlicher Begründung— für verfassungswidrig erachtet.

Nach einer Meinung liegt eine unzulässige echte Rückwirkung vor. Durch den Ablauf der Spekulationsfrist sei § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG a.F. abgeschlossen gewesen (u.a. Birk/Kulosa, Finanz-Rundschau —FR— 1999, 433, 438; Pleyer, Neue Juristische Wochenschrift —NJW— 1999, 3156, 3158 ff.; Wermeckes, Deutsche Steuer-Zeitung —DStZ— 1999, 479, 485; Jansen in Herrmann/Heuer/Raupach —HHR—, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, Kommentar, 21. Aufl., § 23 EStG Anm. 116; v. Wallis/Ceranowski, Zeitschrift für Immobilienrecht —ZfIR— 2001, 316, 317; Kupfer, Kölner Steuerdialog 2000, 12271, 12273; Kommentierte Finanzrechtsprechung —KFR— F 3 EStG § 23, 4/01, S. 249, 252 (Hettler); Balmes, FR 2001, 392, 394). Es handele sich in wirtschaftlicher Hinsicht um einen Zugriff auf die abgeschlossene Anschaffung zu niedrigeren Kosten (Wendt, FR 1999, 333, 353) bzw. um einen Eingriff in abgeschlossene Veranlagungszeiträume (Strahl, Steuerberater-Jahrbuch 1999/2000, 327, 333).

Andere Stimmen gehen von einer im Einzelfall ausnahmsweise unzulässigen, unechten Rückwirkung aus (Reimer, DStZ 2001, 725, 733 f.; Urban, Die Information über Steuer und Wirtschaft —Inf— 1999, 389, 391). Es könne nicht richtig sein, dass der Gesetzgeber frühere Vermögenszuwächse mit Steuern belasten dürfe, indem er diese Belastung als Steuer für ein künftiges Jahr erhebe (Paus, Inf 1999, 513, 514); ein solches Vorgehen „ohne Rücksicht auf Verluste„ sei unzulässig (Bilsdorfer, Steuer und Studium 2001, 324, 325).

Eine weitere Auffassung erachtet die Verlängerung der Spekulationsfrist ohne Übergangsregelung als unzulässig, verzichtet dabei aber auf die Einordnung als echte oder unechte Rückwirkung (Tipke/Lang, Steuerrecht, 17. Aufl., § 9 Rz. 595, § 4 Rz. 178 ff.; Hey, Steuerplanungssicherheit als Rechtsproblem, 2002, 480 ff.; Micker, Betriebsberater —BB— 2002, 120, 122 ff.; Risthaus in HHR, Steuerreform I, § 23 EStG Anm. R 2).

b) Die Gegenansicht geht davon aus, dass die rückwirkende Verlängerung der Spekulationsfrist als unechte Rückwirkung verfassungsgemäß sei (Haass, Zeitschrift für Rechtspolitik —ZRP— 2001, 78 ff.; Weber-Grellet, Deutsches Steuerrecht —DStR— 2003, 283; Schwenke, FR 1997, 45, 49; Seitz, DStR 2001, 277, 286).Auf die Anschaffung komme es nicht an (Harenberg, Gestaltende Steuerberatung 2001, 423, 424). Wegen der Diskussionen über die Verlängerung der Spekulationsfristen habe sich schutzwürdiges Vertrauen nicht bilden können (Blümich/Glenk, Einkommensteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz, Gewerbesteuergesetz, Kommentar, § 23 EStG Rz. 3), zumal der Besteuerung mit relativ leichten Mitteln ausgewichen werden könne (Weber-Grellet, Steuer und Wirtschaft —StuW— 2003, 278, 283).

c) Eine differenzierende Auffassung bejaht zwar ausdrücklich eine verfassungswidrige Rückwirkung für Veräußerungen vor dem Gesetzesbeschluss oder der Verkündung des StEntlG 1999/2000/ 2002, geht aber in Fällen, bei dem die Veräußerung später erfolgt ist, von einer verfassungsrechtlich zulässigen unechten Rückwirkung aus (u.a. Offerhaus, DStZ 2000, 9, 13 f.; v. Bornhaupt, BB 2003, 125, 127; P. Fischer in Kirchhof, Einkommensteuergesetz, KompaktKommentar, 3. Aufl., § 23 Rz. 3; Demuth/Strunk, DStR 2001, 57; Wehrheim/Schmitz, Steuern und Bilanzen 2001, 759, 760). Durch die Länge der Spekulationsfrist habe der Gesetzgeber kein Motiv für die Grundstücksanschaffung im Privatvermögen gesetzt (Jachmann, Thüringer Verwaltungsblätter —ThVBl— 1999, 269, 277).

III. Rechtsansicht des vorlegenden Senats zur Verfassungsfrage

Nach der Überzeugung des vorlegenden Senats ist § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 EStG i.V.m. § 52 Abs. 39 Satz 1 EStG mit dem Grundgesetz nicht vereinbar. Die Regelung bewirkt im Streitfall als unzulässige tatbestandliche Rückanknüpfung (unechte Rückwirkung) einen Verstoß gegen den verfassungsrechtlich gebotenen Vertrauensschutz des Klägers im Rahmen der von ihm ausgeübten wirtschaftlichen Betätigungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG).

1. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG, der nach § 52 Abs. 39 Satz 1 EStG auf den Streitfall anzuwenden ist, erfasst Einkünfte aus Veräußerungsgeschäften bei Grundstücken und Rechten, die den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke unterliegen (z.B. Erbbaurecht, Mineralgewinnungsrecht), bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als zehn Jahre beträgt. Der Überschuss aus dem Veräußerungsgeschäft —das Gesetz spricht insoweit (wie in § 2 Abs. 2 Nr. 1 EStG) von „Gewinn"— ist der Unterschied zwischen dem Veräußerungspreis einerseits und den Anschaffungs- oder Herstellungskosten und den Werbungskosten andererseits (§ 23 Abs. 3 Satz 1 EStG). Diese Einkünfte sind nach § 22 Nr. 2 EStG sonstige Einkünfte i.S. des § 2 Abs. 1 Nr. 7 EStG.

a) Abweichend von dem für die sog. Überschusseinkünfte (§ 2 Abs. 1 Nr. 4 bis 7 EStG) in § 2 Abs. 2 Nr. 2, §§ 8 ff. EStG normierten Grundsatz, dass —anders als bei den Gewinneinkünften (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 3, Abs. 2 Nr. 1, §§ 4 ff. EStG)— durch Veräußerung realisierte Wertsteigerungen von Wirtschaftsgütern grundsätzlich nicht steuerbar sind (sog. Einkünftedualismus; BVerfG-Beschluss in BVerfGE 26, 302, 311; P. Kirchhof, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, Einkommensteuergesetz, Kommentar, § 2 Rdnr. C 6, C 46 ff.), unterwirft § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG innerhalb der Veräußerungsfrist realisierte Wertveränderungen der Einkommensteuer (vgl. , BFHE 178, 151, BStBl II 1996, 215, unter 1. d; vom X R 4/84, BFHE 156, 465, BStBl II 1989, 652, unter a). Die Vorschrift stellt damit als Durchbrechung des Grundsatzes der Nichtsteuerbarkeit von Wertzuwächsen im Privatvermögen nach der Systematik der Überschusseinkünfte eine Ausnahme dar (vgl. Crezelius, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 23 Rdnr. A 1; v. Bornhaupt, BB 2003, 125, 126).

b) Anschaffung und Veräußerung sind Tatbestandsmerkmale des § 23 Abs. 1 EStG (vgl. , BFHE 120, 522, BStBl II 1977, 384, unter III. zu § 23 EStG a.F.). Der maßgebliche Besteuerungstatbestand besteht also nicht nur in der Veräußerung des Grundstücks, sondern es handelt sich bei § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 EStG um einen sog. gestreckten Steuertatbestand, dessen Verwirklichung mit der Anschaffung des Wirtschaftsguts beginnt und mit dessen Veräußerung endet (vgl. Crezelius, in: Kirchhof/Söhn/ Mellinghoff, EStG, § 23 Rdnr. B 5), wobei die während der gesamten Besitzzeit eintretenden Wertsteigerungen erfasst werden (, EFG 1995, 672).

Die Bestimmung der Frist in § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 EStG, die Regelungen des § 23 Abs. 1 Sätze 2 bis 5 EStG i.d.F. des Steuerbereinigungsgesetzes 1999 (s. B. I. 1. e) sowie die erforderliche Identität des angeschafften und veräußerten Wirtschaftsguts (sog. Nämlichkeit; vgl. , BFHE 202, 309, BStBl II 2003, 712, unter II. 2. b, m.w.N.) zeigen, dass die Anschaffung den Beginn der Tatbestandsverwirklichung des § 23 EStG darstellt. Fehlt es an einer Anschaffung (oder einer Anschaffungsfiktion), so wird eine Veräußerung nicht von § 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 Satz 1 EStG erfasst (vgl. BFH-Urteile in BFHE 120, 522, BStBl II 1977, 384; vom I R 43/77, BFHE 131, 351, BStBl II 1981, 19, unter f, m.w.N.).

Abgeschlossen wird der Tatbestand durch die Veräußerung, die die Besteuerung auslöst (Schmidt/Heinicke, Einkommensteuergesetz, 22. Aufl., § 23 Rz. 3; P. Fischer in Kirchhof, EStG, KompaktKommentar, 3. Aufl., § 23 Rz. 3) und mit der die seit der Anschaffung erzielten Wertsteigerungen des Privatvermögens realisiert werden (vgl. , BFHE 192, 435, BStBl II 2000, 614; vom IX R 74/96, BFHE 192, 88, BStBl II 2000, 469).

c) Auf der Grundlage dieser Vorschriften haben das FA und das FG zutreffend angenommen, dass der Kläger im Streitjahr sonstige Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften i.S. des § 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG erzielt hat. Diese Neuregelung ist gemäß § 52 Abs. 39 Satz 1 EStG auf den Streitfall anzuwenden, da der Kläger das Grundstück mit Kaufvertrag vom veräußert hat. Der vom Kläger erzielte, in der Höhe unstreitige Überschuss ist, da die Freigrenze des § 23 Abs. 3 Satz 5 EStG überschritten ist, in voller Höhe der Besteuerung zu unterwerfen. Hiernach müsste der vorlegende Senat, die Verfassungsmäßigkeit des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 EStG i.V.m. § 52 Abs. 39 Satz 1 EStG vorausgesetzt, die Revision als unbegründet zurückweisen. Der vorlegende Senat hält diese Vorschriften indes in dem sich aus der Vorlagefrage ergebenden Umfang für verfassungswidrig.

2. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 EStG i.V.m. § 52 Abs. 39 Satz 1 EStG ist am Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) i.V.m. der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) zu messen. Mit dem Erwerb des Grundstücks hat der Kläger eine wirtschaftlich motivierte Disposition getroffen und hierbei jedenfalls das Grundrecht der wirtschaftlichen Betätigungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG in Anspruch genommen (vgl. , BVerfGE 105, 17, 32, 38).

a) Nach der Rechtsprechung des BVerfG bedarf es vor dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) einer besonderen Rechtfertigung, wenn der Gesetzgeber die Rechtsfolgen eines der Vergangenheit zugehörigen Verhaltens nachträglich belastend ändert. Der Bürger wird in seinem Vertrauen auf die Verlässlichkeit der Rechtsordnung enttäuscht und in seiner Freiheit erheblich gefährdet, wenn der Gesetzgeber an bereits abgeschlossene Tatbestände im Nachhinein ungünstigere Folgen knüpft als diejenigen, von denen der Bürger bei seinen Dispositionen ausgehen durfte (vgl. BVerfG-Beschlüsse vom 2 BvL 3/68, BVerfGE 30, 272, 285; vom 2 BvR 499/74, 1042/75, BVerfGE 45, 142, 167 f.; vom 2 BvL 2/83, BVerfGE 72, 200, 257 f.; vom 2 BvR 882/97, BVerfGE 97, 67, 78). Der Staatsbürger muss vielmehr die ihm gegenüber möglichen staatlichen Eingriffe voraussehen und sich dementsprechend einrichten können (, BVerfGE 13, 261, 271; , BVerfGE 25, 269, 290).

aa) Dies gilt auch und besonders im Steuerrecht. Das Rückwirkungsverbot des Art. 103 Abs. 2 GG ist zwar auf Steuergesetze nicht (entsprechend) anwendbar (, BVerfGE 7, 89, 95); da jedoch Abgabengesetze vom Staatsbürger Geldleistungen fordern, wenn er bestimmte Tatbestände verwirklicht, orientiert er sich bei seinen wirtschaftlichen Dispositionen an den jeweils geltenden Steuergesetzen. Er muss darauf vertrauen können, dass sein dem geltenden Recht entsprechendes Handeln von der Rechtsordnung mit allen ursprünglich damit verbundenen Rechtsfolgen anerkannt bleibt. Soweit Steuertatbestände an Handlungen anknüpfen, muss also die Rechtsfolge bereits im Augenblick des Handelns gesetzlich vorgesehen sein (BVerfG-Urteil in BVerfGE 13, 261, 271).

bb) Rechtssicherheit und Vertrauensschutz stehen jedoch in einem Spannungsverhältnis zum Demokratieprinzip (Art. 20 Abs. 1 GG). Der demokratisch legitimierte Gesetzgeber kann beachtliche Gründe haben, bestehende Rechtslagen zu ändern, auch wenn er dabei auf Tatbestände einwirken muss, die sich in der Entwicklung befinden und die im Vertrauen auf eine bestehende günstige Rechtslage geplant wurden. Er wäre in seinen Dispositionsmöglichkeiten unvertretbar eingeengt, wenn eine Einwirkung auf bestehende Rechtsverhältnisse grundsätzlich unzulässig wäre (, BVerfGE 50, 386, 396).

Der Bürger kann deshalb nicht darauf vertrauen, dass der Gesetzgeber Steuervergünstigungen, die er bisher mit Rücksicht auf bestimmte Tatsachen oder Umstände gewährt hat, uneingeschränkt auch für die Zukunft aufrechterhält (BVerfG-Beschlüsse vom 2 BvL 22, 23/63, BVerfGE 18, 135, 144; in BVerfGE 105, 17, 40). Dies gilt auch für die Aufhebung von „Freiräumen„ und die Erhebung zusätzlicher Steuern (BVerfG-Beschlüsse vom 2 BvL 27/81, BVerfGE 63, 312, 331; vom 1 BvR 1157/82, BVerfGE 68, 287, 307). Andernfalls würde der zum Ausgleich zu bringende Widerstreit zwischen den aus Art. 20 Abs. 3 GG folgenden Prinzipien der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes einerseits und dem aus Art 20 Abs. 1 GG folgenden Recht des Gesetzgebers auf Vornahme notwendiger Rechtsänderungen andererseits in nicht mehr vertretbarer Weise zu Lasten der Anpassungsfähigkeit der Rechtsordnung gelöst und damit der dem Gesamtwohl verpflichtete demokratische Gesetzgeber in wichtigen Bereichen gegenüber Einzelinteressen gelähmt (vgl. BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 63, 312, 331; vom 2 BvR 933/82, BVerfGE 76, 256, 348). Deshalb sind im Rahmen dieses Ausgleichs nach dem Grundsatz der praktischen Konkordanz (vgl. , BVerfGE 93, 1, 21, m.w.N.; Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland, 20. Aufl., Rz. 317 ff.) beide Prinzipien größtmöglich zur Wirkung zu bringen.

cc) In diesem Zusammenhang unterscheidet das BVerfG seit 1960 zwischen echter (retroaktiver) Rückwirkung und unechter (retrospektiver) Rückwirkung. Echte Rückwirkung eines Gesetzes liegt danach vor, wenn das Gesetz nachträglich ändernd in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände eingreift; wo es nur auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen für die Zukunft einwirkt, liegt eine unechte Rückwirkung vor (, BVerfGE 11, 139, 145 f.; Meyer-Cording, Juristenzeitung —JZ— 1952, 161).

Der 2. Senat des BVerfG unterscheidet seit 1986 zwischen der Rückbewirkung von Rechtsfolgen und der tatbestandlichen Rückanknüpfung (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 72, 200, 241 ff.): Danach entfaltet eine Rechtsnorm dann Rückwirkung, wenn der Beginn ihres zeitlichen Anwendungsbereichs normativ auf einen Zeitpunkt festgelegt ist, der vor dem Zeitpunkt liegt, zu dem die Norm mit ihrer Verkündung gültig geworden ist. Gefragt wird danach, ob diese Rechtsfolgen für einen bestimmten, vor dem Zeitpunkt der Verkündung der Norm liegenden Zeitraum eintreten sollen (Rückbewirkung von Rechtsfolgen). Eine tatbestandliche Rückanknüpfung ist hingegen einer Norm insoweit eigen, als sie den Eintritt ihrer Rechtsfolgen von Gegebenheiten aus der Zeit vor ihrer Verkündung abhängig macht. Der 2. Senat des BVerfG macht durch synonyme Verwendung der Begriffe (vgl. BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 105, 17, 36 f.; in BVerfGE 97, 67, 78 f.) deutlich, dass sachliche Differenzen nicht mehr beabsichtigt sind (vgl. dazu auch Papier, Die Steuerberatung —Stbg— 1999, 49, 56). Der vorlegende Senat geht daher im Weiteren zwar begrifflich vom Gegensatzpaar „Rückbewirkung von Rechtsfolgen„ und „tatbestandliche Rückanknüpfung„ aus, verwendet dieses aber synonym zu den vom 1. Senat des BVerfG verwendeten Begriffen „echte„ und „unechte„ Rückwirkung.

dd) Bei der Abgrenzung der Rückbewirkung von Rechtsfolgen von der tatbestandlichen Rückanknüpfung führt allein der Umstand, dass eine oder mehrere Dispositionen des Klägers in der Vergangenheit liegen, nicht zur Annahme einer Rückbewirkung von Rechtsfolgen, wenn das Geschehen noch nicht abgeschlossen ist (vgl. BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 18, 135, 143; in BVerfGE 105, 17, 37 f.). Die gilt ungeachtet eines in der Vergangenheit liegenden Anknüpfungspunkts auch bei (erstmaliger) Begründung einer Steuerpflicht (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 63, 312, 328 f.). Eine Rückbewirkung von Rechtsfolgen ist nur gegeben, wenn ein neues Gesetz in Sachverhalte eingreift, die vor der Gesetzesverkündung abgeschlossen waren und die die Voraussetzungen eines bisher geltenden Tatbestands erfüllten (, 2 BvR 168, 196, 197, 210, 472/66, BVerfGE 30, 367, 386 f.). Für diese Annahme fordert das BVerfG bei Steuergesetzen, dass die Steuer im Zeitpunkt der Verkündung des Gesetzes bereits entstanden ist (sog. Veranlagungszeitraum-Rechtsprechung, vgl. u.a. BVerfG-Beschlüsse vom 2 BvL 17/69, BVerfGE 30, 392, 401 f.; in BVerfGE 72, 200, 253; im Ergebnis schon z.B. BVerfG- Urteil in BVerfGE 13, 274 ff.).

b) Sowohl der vorlegende Senat (Urteile vom IX R 162/85, BFHE 164, 327, BStBl II 1991, 704; vom IX R 54/81, BFHE 148, 17, BStBl II 1987, 57; vom IX R 14/83, BFHE 144, 508, BStBl II 1986, 99; Beschluss vom IX B 121/84, BFHE 146, 433, BStBl II 1986, 749) als auch andere Senate des BFH sind dieser Rechtsprechung grundsätzlich gefolgt (vgl. u.a. Beschluss vom XI R 42/01, BFHE 200, 560, BStBl II 2003, 257; Urteile vom VIII R 23/01, BFHE 197, 425; vom I R 102/00, BFHE 195, 344, BStBl II 2001, 710). Auch das Schrifttum stimmt dieser traditionellen Unterscheidung teilweise grundsätzlich zu (Papier, Stbg 1999, 49, 56 f.; Mellinghoff, DStR 2003, Beihefter 3 zu Heft 20-21, S. 13 f.; K. Vogel, Festschrift für Martin Heckel, 875, 876 ff.; Leisner, Kontinuität als Verfassungsprinzip, 493 ff., 503 ff., 564 f.; Reimer, DStZ 2001, 725, 728 ff.; Wernsmann, Juristische Schulung —JuS— 2000, 39, 42 f.).

Jedoch wird die Abgrenzung nach dem Zeitpunkt der Entstehung der Steuer zum Ende des Veranlagungszeitraums (§ 36 Abs. 1 EStG) nahezu einhellig abgelehnt (u.a. Steinberger, BVerfGE 72, 200, 276, 278; , BFHE 137, 275, BStBl II 1983, 259; Friauf, BB 1972, 669, 676; K. Vogel, Festschrift für Martin Heckel, 875, 879 ff.; Ruppe, Festschrift für Adamovich, 567, 581 f.; Schwenke, FR 1997, 45, 48; Mellinghoff, DStR 2003, Beihefter 3 zu Heft 20-21, S. 13 f.).

c) Der Rechtsprechung des BVerfG wird teilweise entgegengehalten, sie habe überzeugenden Vertrauensschutz für die Dispositionen des Steuerpflichtigen bisher nicht hervorzubringen vermocht (Birk, Die Verwaltung Bd. 35, 91, 109, 111). Daher wird gefordert, von einem einheitlichen, dispositionsbezogenen Rückwirkungsbegriff auszugehen (Friauf, BB 1972, 669, 675; Lang, Die Wirtschaftsprüfung —WPg— 1998, 163 ff. und in Tipke/Lang, Steuerrecht, 17. Aufl., § 4 Rz. 178; Schaumburg, Der Betrieb —DB— 2000, 1884 ff.; Jachmann, ThVBl 1999, 269 ff.; ausführlich Hey, Steuerplanungssicherheit als Rechtsproblem, 245 ff., m.w.N.). Rückwirkung liege vor, wenn ein Gesetz Rechtsfolgen für Vertrauensbetätigungen ändere, die vor dem endgültigen Änderungsbeschluss des Gesetzgebers oder der Verkündung des Gesetzes als abgeschlossen zu beurteilen seien (Lang, WPg 1998, 163, 172). Im Zeitpunkt der Disposition werde grundrechtliche Freiheit wahrgenommen und rechtsstaatliches Vertrauen betätigt (F. Kirchhof, StuW 2002, 185, 197). Es sei unerheblich, ob die Gesetzesänderung den Steuerpflichtigen in einer Rechtsposition betreffe, in der er aufgrund eines abgeschlossenen oder eines noch offenen, jeweils aber fortwirkenden Sachverhalts steuerbegründend gebunden sei (P. Kirchhof, StuW 2000, 221, 229). Eine Veräußerung am unterscheide sich insoweit nicht von einer solchen am (Schwenke, FR 1997, 45, 48 f.).

d) In seiner neueren Rechtsprechung betont das BVerfG im Bereich von Lenkungsnormen die Bedeutung des Dispositionsschutzes: Bietet ein Steuergesetz dem Steuerpflichtigen eine Verschonungssubvention oder Steuervergünstigung an, die dieser nur während des Veranlagungszeitraums annehmen kann, so schafft dieses Angebot für diese Disposition in ihrer zeitlichen Bindung eine Vertrauensgrundlage, auf die der Steuerpflichtige seine Entscheidung stützt. Er entscheidet sich um des steuerlichen Vorteils willen für ein bestimmtes wirtschaftliches Verhalten, das er ohne den steuerlichen Anreiz so nicht gewählt hätte. Diese Dispositionsbedingungen werden damit vom Tag der Entscheidung an zu einer schutzwürdigen Vertrauensgrundlage (BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 97, 67, 80; in BVerfGE 105, 17, 40; vom 1 BvR 382/01, DB 2001, 1650); insoweit wird nicht mehr auf den Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 36 Abs. 1 EStG) abgestellt (vgl. BFH-Beschluss in BFHE 200, 560, BStBl II 2003, 257, unter B. II. 2., m.w.N.; Schaumburg, DB 2000, 1884, 1888).

e) Der vorlegende Senat gründet seine Auffassung auf diese neuere Rechtsprechung des BVerfG (in diesem Sinne auch , BFHE 193, 204, BStBl II 2001, 499, unter II. 1. b; vom II R 64/98, BFHE 194, 252, BStBl II 2001, 422, unter II. 1. b ee; , BFH/NV 2001, 1303).

aa) Er hält dabei nach erneuter Überprüfung an der Unterscheidung von Rückbewirkung von Rechtsfolgen und tatbestandlicher Rückanknüpfung fest, weil sonst die Gefahr bestünde, den verfassungsrechtlichen Schutz im Bereich der Rückbewirkung von Rechtsfolgen zu verringern.

Der Eingriff in einen abgeschlossenen, der Vergangenheit angehörenden Sachverhalt ist besonders einschneidend und bedarf daher stärkeren Schutzes ( u.a., BVerfGE 30, 250, 268), die Rückbewirkung von Rechtsfolgen ist grundsätzlich unzulässig (BVerfG-Beschluss in in BVerfGE 97, 67, 78), ohne dass es —anders als bei tatbestandlicher Rückanknüpfung (vgl. , 1 BvL 16/82 und 5/84, BVerfGE 75, 246, 280)— hierzu einer Betätigung des Steuerpflichtigen im Vertrauen auf die alte Rechtslage bedarf. Denn der Gesetzgeber greift mit der Rückbewirkung von Rechtsfolgen nicht nur in Dispositionen des Steuerpflichtigen ein, sondern er verstößt zusätzlich auch gegen das verfassungsrechtliche Gebot der Rechtssicherheit. Dieses Gebot enthält als Ausprägung des Rechtsstaatsprinzips des Art. 20 Abs. 3 GG ein objektives Element (so auch Hey, Steuerplanungssicherheit als Rechtsproblem, 2002, 112, m.w.N.). Es verlangt eine gewisse Rechtsbeständigkeit (, BVerfGE 11, 64, 72), Berechenbarkeit und die Verlässlichkeit der geltenden Rechtsordnung (, BVerfGE 101, 239, 262; BVerfG-Beschluss in BVerfGE 45, 142, 167 f.; vgl. F. Kirchhof, StuW 2002, 185, 196). Die Verlässlichkeit der Rechtsordnung ist für eine freiheitliche Ordnung und damit für einen Wandel in geordneter Freiheit wesensnotwendig (BVerfG-Beschlüsse vom 2 BvL 26/81, BVerfGE 60, 253, 268; in BVerfGE 72, 200, 257; Steinberger, BVerfGE 48, 1, 24 f., insoweit nicht abweichend). Teilweise wird auch von einem sog. rechtsstaatlichen Kontinuitätsgebot gesprochen (vgl. , BVerfGE 84, 239, 285; 1 BvL 16, 17, 18, 19, 20/96 und 18/97, BVerfGE 102, 68, 97; P. Kirchhof, StuW 2000, 221, 222, 224, 227; A. Leisner, StuW 1998, 254, 258, und in: Kontinuität als Verfassungsprinzip, 2002, 465 ff., 477 ff.). Dieses objektive Element gewinnt dort an Bedeutung, wo eine rückwirkende Rechtsänderung ohne Dispositionsbezug erfolgt (vgl. z.B. BVerfG-Beschluss in BVerfGE 97, 378, 389, unter 2.; siehe auch Hey, Steuerplanungssicherheit als Rechtsproblem, 2002, 173); in diesen Fällen besteht aufgrund von Art. 20 Abs. 3 GG auch ohne Disposition Schutz vor einer Rückbewirkung von Rechtsfolgen.

Bei der tatbestandlichen Rückanknüpfung ist das rechtsstaatliche Kontinuitätsgebot hingegen (lediglich) zugunsten des Steuerpflichtigen in die Abwägung einzubeziehen, ob das Änderungsinteresse des Staates das —durch eine Disposition— betätigte Vertrauen des Steuerpflichtigen überwiegt. Deshalb hält es der Senat mit der neueren Rechtsprechung des BVerfG für erforderlich, bei tatbestandlicher Rückanknüpfung in jedem Einzelfall zu prüfen, inwieweit und mit welchem Gewicht das Vertrauen in die bestehende günstige Rechtslage schützenswert ist und ob die öffentlichen Belange, die eine nachteilige Änderung rechtfertigen, dieses Vertrauen überwiegen (so BVerfG-Beschluss in BVerfGE 105, 17, 37).

bb) Dieser —vom BVerfG bisher nur für (Verschonungs-)Subventionen und Steuervergünstigungen gewährte— verstärkte Schutz von Dispositionen ist nach Auffassung des vorlegenden Senats auf alle Steuerrechtsnormen zu erstrecken. In anderem Zusammenhang hat das BVerfG ausdrücklich darauf hingewiesen, Gegenstand der verfassungsrechtlichen Überprüfung seien allein der sachliche Inhalt einer Vorschrift und ihre Wirkung. Auf die gesetzgeberischen Motive, die für die Regelung bestimmend waren, komme es nicht an (Beschluss vom 1 BvR 464, 605/81 und 427, 440/82, BVerfGE 67, 71, 87). Dies gilt auch im vorliegenden Zusammenhang. Sowohl Lenkungs- als auch Fiskalzwecknormen beeinflussen die Gestaltung ökonomischer Sachverhalte (F. Kirchhof, StuW 2002, 185, 197). Es gibt viele Fälle, in denen Steuerpflichtige sich um der Wirkung eines steuerlichen Vorteils willen für ein bestimmtes wirtschaftliches Verhalten entscheiden. Der erstrebte wirtschaftliche Vorteil kann nicht nur in der Inanspruchnahme einer steuerlichen Subvention, sondern ebenso gut in der Vermeidung einer zusätzlichen steuerlichen Belastung bestehen. Deshalb kann die in Randzonen ohnehin zweifelhafte Unterscheidung zwischen Lenkungsnormen und „regulären„ Steuerrechtsnormen für die Frage des Vertrauensschutzes nicht maßgeblich sein (vgl. Osterloh in I. Ebling (Hrsg.), Besteuerung von Einkommen —Veröffentlichungen der Deutschen Steuerjuristischen Gesellschaft, Bd. 24—, 2001, 383, 404; die Maßgeblichkeit der Unterscheidung verneinen u.a. Offerhaus, DB 2001, 556, 559; Jachmann, Juristische Ausbildung —JA— 2000, 152, 153; Schmehl, Die Verlängerung der Spekulationsfristen in § 23 EStG und der Wandel der Rückwirkungsdogmatik, 2001, 21; Arndt/Schuhmacher, NJW 1998, 1538, 1539; so auch nunmehr P. Kirchhof, StuW 2000, 221, 226; Hey, Steuerplanungssicherheit als Rechtsproblem, 2002, 309 ff.; a.A. , BFHE 191, 319, BStBl II 2000, 344, unter II. 3. c; , FR 2002, 843; Az. des BFH: XI R 61/03; Tipke, Die Steuerrechtsordnung —StRO—, Bd. 1, 2. Aufl., 166 f.; A. Leisner, Kontinuität als Verfassungsprinzip, 2002, 574 ff.). In seinem Vertrauen auf die bestehende Rechtsordnung verdient der Bürger deshalb gegen den rückwirkenden Wegfall einer Steuervergünstigung den gleichen Schutz wie gegen die rückwirkende Belastung mit einem neu begründeten Steueranspruch (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 30, 272, 285 f.). Dies gilt auch für die Aufhebung von „Freiräumen„ (vgl. BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 63, 312, 331; in BVerfGE 68, 287, 307). Rechtssicherheit und Vertrauensschutz sind Strukturelemente des Steuerrechts (Weber-Grellet, Steuern im modernen Verfassungsstaat, 2001, 243), nicht nur der steuerrechtlichen Lenkungsnormen.

Wie wenig tragfähig die Unterscheidung von Lenkungs- und Fiskalzwecknormen für die Frage des Vertrauensschutzes ist, zeigt sich an § 23 EStG: Dieser soll der Erzielung von Einnahmen dienen sowie früher aufgetretene Erhebungsdefizite und wirtschaftliche Probleme einer weiter gehenden Vorläuferregelung vermeiden. Außerdem wird die Auffassung vertreten, die Vorschrift diene der Vermeidung von Spekulationen (Pleyer, NJW 1999, 3156, 3158 f. unter Berufung auf den BVerfG-Beschluss in BVerfGE 26, 302, 314, der dies jedoch offen gelassen hat; siehe aber BVerfG-Beschluss in HFR 1975, 581, unter 2. zu § 23 Abs. 4 Satz 3 EStG a.F.). § 23 EStG verfolgt also verschiedene Zwecke, wie dies nach der abgabenrechtlichen Steuerdefinition zulässig ist (vgl. § 3 Abs. 1 Halbsatz 2 der AbgabenordnungAO 1977—). Da die Disposition des Steuerpflichtigen bei einer „Mehrzwecknorm„ nicht in Bezug auf einen intensiv geschützten Lenkungs- und Vereinfachungsanteil und einen weniger geschützten Fiskalzweckanteil zerlegt werden kann, ist der für den Vertrauensschutz relevante Zeitpunkt auch vor diesem Hintergrund einheitlich festzulegen (vgl. Seer/Drüen, GmbH-Rundschau —GmbHR— 2002, 1093, 1098 f.). Entscheidend ist daher, ob die durch eine Steuerrechtsnorm hervorgerufene steuerliche Wirkung geeignet ist, eine wirtschaftliche Disposition zu veranlassen, die ohne diesen Vorteil so nicht vorgenommen würde (Mellinghoff, FR 2000, 627, 628).

3. Gemessen daran liegt im Streitfall eine tatbestandliche Rückanknüpfung vor. Es handelt sich um ein Geschehen, das zum Zeitpunkt der Gesetzesänderung weder tatsächlich noch rechtlich abgeschlossen war.

a) Erst die Veräußerung im April 1999 beendete das der Besteuerung zugrunde liegende tatsächliche Geschehen. Der Kläger erzielte die vom FA als Einkünfte der Besteuerung unterworfenen Wertzuwächse im Privatvermögen bis zur Veräußerung.

b) Die Veräußerung löste die Rechtsfolgen des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG aus (siehe dazu B. III. 1. b). Der Ablauf der alten Spekulationsfrist führte hingegen noch nicht zur Abgeschlossenheit des Tatbestandes des § 23 EStG. Deshalb folgt der Senat nicht der Auffassung, durch den Ablauf der Spekulationsfrist sei der Sachverhalt in negativer Weise abgeschlossen (Birk/Kulosa, FR 1999, 433, 438), es trete die Rechtsfolge der Nichtsteuerbarkeit eines Veräußerungsgewinns ein (Schmehl, Die Verlängerung der Spekulationsfristen in § 23 EStG und der Wandel der Rückwirkungsdogmatik, 16 ff.), das Grundstück sei quasi „freigesprochen„ worden (v. Schönberg, in: Godesberger Steuerfachtagung 2002, 57, 79). Dies lässt sich aus dem Ablauf der ursprünglichen Frist von zwei Jahren nicht entnehmen. Anders als beispielsweise durch den Ablauf der Festsetzungsfrist (§ 169 AO 1977) oder der Zahlungsverjährungsfrist (§§ 228, 232 AO 1977) erlöschen durch den Ablauf der Spekulations- oder Veräußerungsfrist nach § 47 AO 1977 keine Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis. Der Fristablauf führt auch nicht im Sinne einer „negativen„ Rechtsfolge dazu, dass ein Steueranspruch aus § 23 EStG nach § 38 AO 1977, § 36 Abs. 1 EStG nicht mehr entstehen kann; denn maßgebend hierfür ist die Rechtslage zu dem Zeitpunkt, zu dem der Steuerpflichtige den Tatbestand verwirklicht (, BFHE 156, 103, BStBl II 1989, 563, unter 3. c, m.w.N.).

Insofern beruht die Annahme tatbestandlicher Rückanknüpfung sowohl auf der mangelnden Abgeschlossenheit des tatsächlichen Geschehens zum Zeitpunkt der Gesetzesänderung als auch auf der tatbestandlichen Struktur des § 23 EStG.

4. Nach Auffassung des vorlegenden Senats überwiegt im Streitfall der Vertrauensschutz des Klägers das Änderungsinteresse des Gesetzgebers. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1, § 52 Abs. 39 Satz 1 EStG sind insoweit verfassungswidrig, als es vor dem Hintergrund des dem Rechtsstaatsprinzip entspringenden Kontinuitätsgebots und des Vertrauensschutzes verfassungsrechtlich zu beanstanden ist, dass der Kläger im Vertrauen auf seine Vermögensdispositionen schutzlos gelassen wurde und sich der Gesetzgeber durch eine abrupte Kursänderung in Widerspruch zu seinen vorangegangenen Regelungen gesetzt hat.

a) Aus dem Gebot der Rechtssicherheit und des daraus folgenden Vertrauensschutzes ergeben sich Grenzen auch für solche Gesetze, die ihre Wirkung auf Tatbestände erstrecken, deren Verwirklichung bereits begonnen hat (, BVerfGE 13, 279, 283; in BVerfGE 101, 239, 263). Denn im Vertrauen auf die Beständigkeit und Berechenbarkeit des Rechts, das der Staatsbürger dem ordnungsgemäß gesetzten Recht entgegenbringen darf und das es ihm ermöglicht, auf längere Zeit zu planen und zu disponieren, wird der Bürger getäuscht, wenn der Gesetzgeber an zurückliegende oder in der Entwicklung befindliche Tatbestände andere, ungünstigere Rechtsfolgen knüpft als diejenigen, auf welche sich der Steuerpflichtige bei seinen Dispositionen einrichten konnte (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 18, 135, 144).

So ist es dem Gesetzgeber verwehrt, einen Eingriff vorzunehmen, mit dem die Betroffenen nicht rechnen und den sie daher bei ihren Dispositionen nicht berücksichtigen konnten (, BVerfGE 24, 260, 266). Andererseits geht verfassungsrechtlicher Vertrauensschutz nicht so weit, dem Bürger jede Enttäuschung zu ersparen. Vielmehr sind das Ausmaß des Vertrauensschadens und das gesetzgeberische Anliegen für das Wohl der Allgemeinheit gegeneinander abzuwägen (BVerfG-Beschlüsse vom 1 BvL 22/57, BVerfGE 14, 288, 299 f.; vom 1 BvL 7/62, BVerfGE 24, 220, 230 f.). Hierbei ist zu berücksichtigen, ob der Bürger an der Begründung seines Vertrauens durch eine eigene Leistung mitgewirkt hat (vgl. , BVerfGE 72, 141, 154 f.). Änderungen eines in der Vergangenheit begründeten und noch bestehenden Rechtsverhältnisses für die Zukunft sind danach zulässig, wenn die Bedeutung des gesetzgeberischen Anliegens für die Allgemeinheit das Vertrauen des Einzelnen auf die Fortgeltung der bestehenden Rechtslage überwiegt (vgl. BVerfG-Beschlüsse vom 1 BvR 2261, 2268/73, BVerfGE 40, 65, 75 f.; vom 1 BvR 133/89, BVerfGE 89, 48, 66; vom 1 BvR 1509, 1648/91, BVerfGE 88, 384, 406) oder wenn das schutzwürdige Bestandsinteresse des Einzelnen die gesetzlich verfolgten Gemeinwohlinteressen nicht überwiegt (vgl. , BVerfGE 103, 392, 403, m.w.N.). Unzulässig ist eine Neuregelung hingegen, wenn sie —wiewohl von sachlichen Gründen getragen— hinter ein überwiegendes schutzwürdiges Vertrauen der Betroffenen zurücktreten muss, welches auf die Bewahrung der nach der ursprünglich maßgeblichen Rechtslage bevorstehenden (günstigeren) Rechtsfolge ihres vergangenen Handelns gerichtet ist (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 72, 200, 254). Im Rahmen dieser Abwägung hat das BVerfG die tatbestandliche Rückanknüpfung zwar für „grundsätzlich zulässig„ erachtet, in neuester Zeit aber —wie unter B. III. 2. e aa dargelegt— betont, dass in jedem Einzelfall zu ermitteln ist, inwieweit und mit welchem Gewicht das Vertrauen in die bestehende günstige Rechtslage schützenswert ist und ob die öffentlichen Belange, die eine nachteilige Änderung rechtfertigen, dieses Vertrauen überwiegen (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 105, 17, 37, m.w.N.).

b) Als maßgeblicher, einem Vertrauenstatbestand zu Grunde liegender Sachverhalt ist zunächst auf den Erwerb des Grundstücks durch den Kläger abzustellen. Mit dem Erwerb des Grundstücks hat der Kläger eine wirtschaftlich motivierte Disposition getroffen und hierbei das Grundrecht der wirtschaftlichen Betätigungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG in Anspruch genommen (vgl. BVerfG in BVerfGE 105, 17, 32, 38; a.A. Erkenntnis des Österreichischen Verfassungsgerichtshofs vom B 2022/92, VfSlg. 13461/1993 unter II.1.3.2. zur Verlängerung der Spekulationsfrist von fünf auf zehn Jahre). § 23 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a EStG 1990 war als im Zeitpunkt dieser Anlagedisposition geltendes Gesetz Grundlage des vom Kläger durch die Anschaffung betätigten Vertrauens.

Der Kläger hat zudem auf die ihm bekannte Regelung vertraut. Wenn ein Sachverhalt durch die Rechtsordnung geregelt ist, so bezieht der Einzelne in seine Überlegungen auch die Erwartung ein, dass diese ihm bekannte Regelung für die Zukunft verbindlich bleibt (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 105, 17, 38, m.w.N.). Die Frage der steuerlichen Behandlung späterer Veräußerungsgewinne war auch bereits bei Anschaffung von erheblicher Bedeutung (a.A. Jachmann, ThVBl 1999, 269, 277); denn eine zumindest bedingte Absicht des Steuerpflichtigen, ein angeschafftes Grundstück wieder zu veräußern, besteht im Grunde stets (vgl. , BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291, unter C. III. 5.). Welche Bedeutung die Frage der Steuerverstrickung bereits bei Anschaffung des Grundstücks für die Steuerpflichtigen hat, zeigt sich u.a. daran, dass der BFH seit Jahrzehnten mit der Frage befasst wird, ob die Anschaffung einer Immobilie im Falle anschließender Vermietung zu einer (unechten) Betriebsaufspaltung führt (vgl. u.a. , BFH/NV 2003, 1321; vom I 57/61 S, BFHE 74, 275, BStBl III 1962, 104). Auch die Frage, ob einkünftemindernd in Anspruch genommene AfA im Veräußerungsfall über § 23 Abs. 3 Satz 3 EStG wirtschaftlich rückgängig gemacht wird, ist zumindest aus betriebswirtschaftlicher Sicht (vgl. Theisen, StuW 1999, 255, 260 ff.) für die Beurteilung des voraussichtlichen wirtschaftlichen Erfolgs einer Immobilienanlage wesentlich. Wenn Wertsteigerungen und Steuervorteile außer Betracht bleiben, ist mit Immobilien je nach Umfang der Fremdfinanzierung allenfalls erst nach sehr langen Zeiträumen eine Rendite zu erwirtschaften (, BFHE 184, 406, BStBl II 1998, 771, unter 2. c, m.w.N.). Für die Renditeberechnung spielen weniger die Mieterträge als vielmehr die steuerlichen Begünstigungen und der später steuerfreie Veräußerungsgewinn eine Rolle (Lüdemann/Zugmaier, DStR 1996, 1636, 1638).

c) Das Vertrauen des Klägers ist besonders schutzwürdig. Der Kläger musste mit dem steuerlichen Zugriff des Gesetzgebers in wirtschaftlich bereits eingetretene, bisher nicht steuerbare Wertzuwächse nicht rechnen und konnte dies bei seinen Dispositionen daher nicht berücksichtigen.

aa) Das Vertrauen des Klägers ist schon aufgrund der jahrzehntelangen Geltung der Vorgängerregelung von besonderem Gewicht. Die alte Rechtslage galt bei der Anschaffung des Grundstücks seit 65 Jahren, bei der Gesetzesänderung seit 74 Jahren unverändert. Ist eine gesetzliche Regelung seit Jahrzehnten maßgebend, ist das Vertrauen darauf, dass diese Regelung jedenfalls nicht ohne Übergangsvorschrift fortfallen wird, besonders fest begründet (, BVerfGE 72, 9, 24).

bb) Das Vertrauen des Klägers ist im Streitfall zudem entscheidungserheblich verstärkt.

(1) Er durfte nach Ablauf der Spekulationsfrist des § 23 EStG 1990 im Jahr 1992 erwarten, sein Grundstück nunmehr nicht steuerbar veräußern zu können. In Kenntnis dessen hat der Kläger sein Grundstück bis ins Jahr 1999 behalten. Das Unterlassen der Veräußerung war hierbei gegenüber der Veräußerung unter Vertrauensschutzgesichtspunkten gleichwertig. Es stellt als sog. Portfolioentscheidung (vgl. P. Kirchhof, DStR 2003, Beihefter 5 zu Heft 37, S. 3), auch wenn es nicht den Tatbestand des § 23 EStG a.F. ausgelöst hat, eine Disposition des Steuerpflichtigen im Vertrauen auf die alte Rechtslage dar (vgl. Prodinger, Österreichische Steuer-Zeitung —ÖStZ— 1994, 313, 314 f.; Eilers in Nomos und Ethos —Festschrift für Isensee—, 2002, 421, 433). Denn auch ein Unterlassen kann steuerrechtlich von Bedeutung sein (vgl. , BFH/NV 2002, 643 zu § 22 Nr. 3 EStG, m.w.N.; vom III R 32/00, BFH/NV 2003, 441 zu § 173 AO 1977).

(2) Insoweit unterscheidet sich der Streitfall grundlegend von denjenigen Fällen, in denen die Spekulationsfrist zum Zeitpunkt der Gesetzesänderung noch nicht abgelaufen war. Das mit der Anschaffung begründete Vertrauen in die alte Spekulationsfrist von zwei Jahren ist zwar auch dann nicht ohne Gewicht; es ist in diesen Fällen jedoch noch nicht durch den Ablauf der Spekulationsfrist zu einem Vertrauen in die „Steuerentstrickung„ erstarkt, demgegenüber das allgemeine Interesse an einem alsbaldigen Wirksamwerden der Neuregelung zurücktreten müsste. Schützenswertes Vertrauen in den Fortbestand einer steuerrechtlichen Regelung kann sich nicht über die zeitlichen Vorgaben des gesetzlichen Tatbestands und seines Schutzzwecks hinaus erstrecken (vgl. BVerfG-Beschluss in BVerfGE 105, 17, 40 f.). Innerhalb der zeitlichen Grenzen des früheren Tatbestandes unterlag in derartigen Fällen ein eventuell bereits eingetretener Wertzuwachs des Grundstücks im Veräußerungsfall noch der Besteuerung. Die jeweiligen Grundstückseigentümer konnten bis zur Gesetzesänderung zu keinem Zeitpunkt davon ausgehen, sie könnten ihr Grundstück nunmehr veräußern, ohne dass der Gewinn steuerpflichtig sei.

Verlängert der Gesetzgeber für solche Fälle die Spekulationsfrist, so nimmt er lediglich seine Befugnis, Gewinne aus der Veräußerung von Gegenständen des Privatvermögens auch zeitlich unbefristet zu besteuern (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 26, 302, 312), ex nunc für längere Zeit als bisher in Anspruch; der Steuerzugriff erstreckt sich auf noch steuerverstrickte Wertzuwächse. Das Vertrauen der Steuerpflichtigen reduziert sich damit auf die bloße Hoffnung, der Gesetzgeber werde die Regelung des § 23 EStG unverändert bis zu einer späteren Veräußerung beibehalten und ihr Grundstück werde zukünftig nach zwei Jahren steuerentstrickt werden. Die Enttäuschung dieses Vertrauens ist hinzunehmen. Wer lediglich erwartet, eine für ihn günstige Steuerrechtslage werde —bei Fortgeltung des bisherigen Rechts— in Zukunft eintreten, verdient nicht den gleichen Vertrauensschutz wie derjenige, bei dem diese Rechtslage nach bisherigem Recht bereits eingetreten war (vgl. und 695, 696/70, BVerfGE 29, 245, 259).

cc) Auch die Systematik des § 2 Abs. 2 EStG, die das StEntlG 1999/2000/2002 nicht verändert hat, macht das Vertrauen in den Ablauf der alten Spekulationsfrist besonders schutzwürdig. Die im Ablauf der Spekulationsfrist liegende Rückkehr zur Systematik des Einkommensteuergesetzes ist von Verfassungs wegen von erheblicher Bedeutung; denn der Gesetzgeber ist insbesondere für den Bereich des Einkommensteuerrechts von Verfassungs wegen verpflichtet, eine einmal getroffene Belastungsgrundentscheidung folgerichtig im Sinne der Belastungsgleichheit umzusetzen (vgl. BVerfG-Beschlüsse vom 2 BvR 400/98, 2 BvR 1735/00, BGBl I 2003, 636, BStBl II 2003, 534, unter C. I. 1. b; vom 2 BvR 1818/91, BVerfGE 99, 88, 95). Ausnahmen bedürfen eines besonderen sachlichen Grundes, Durchbrechungen einer selbst gesetzten Systematik sind ein Indiz für einen Gleichheitsverstoß (vgl. BVerfG-Beschlüsse vom 1 BvR 33/64, BVerfGE 21, 54, 63 f.; vom 1 BvL 44/86 und 48/87, BVerfGE 81, 156, 207). Der Aussage, das Vertrauen in den Bestand von „Grundvorschriften„, die zum systematischen Kern der geregelten Materie gehören, sei besonders schutzwürdig (vgl. Lang, WPg 1998, 163, 174), ist daher angesichts des verfassungsrechtlichen Gebots der Folgerichtigkeit so lange zuzustimmen, wie der Gesetzgeber nicht einen Systemwechsel vollzieht. Bei einem Systemwechsel hingegen kann in Bezug auf die alte Regelung Systemgerechtigkeit und Folgerichtigkeit nicht hergestellt werden; in diesem Fall hat der Gesetzgeber größere Freiheiten (BFH-Beschlüsse vom XI B 68/02, BFHE 201, 14, BStBl II 2003, 341; vom X B 106/02, BFH/NV 2003, 618).

Im Streitfall endete mit dem Ablauf der Spekulationsfrist und der Rückkehr zum System des § 2 Abs. 2 Nr. 2 EStG der Systembruch; der Gesetzgeber setzte die in § 2 Abs. 2 Nr. 2 EStG getroffene (Nicht-)Belastungsgrundentscheidung, Wertzuwächse im Privatvermögen nicht zu besteuern, nach Fristablauf wieder folgerichtig um. Anders als in Fällen, in denen die alte Spekulationsfrist zum Zeitpunkt der Gesetzesänderung noch nicht abgelaufen war, bestand für den Kläger mithin ein zusätzlicher Grund, darauf zu vertrauen, der Gesetzgeber werde die für ihn günstige Position, auf die er sein Verhalten —zunächst erfolgreich— eingestellt hatte, auf Dauer beibehalten, da diese Position systemgerecht und folgerichtig war. Das Vertrauen des Klägers ist insoweit auch Vertrauen in die Belastungsgrundentscheidungen des Gesetzgebers.

dd) Das Vertrauen des Klägers auf einen Fortbestand der zweijährigen Spekulationsfrist bis zur Veräußerung war zuletzt auch durch die Äußerung der Bundesregierung aus dem Jahr 1996 bestärkt worden, man wolle an der bisherigen Rechtslage festhalten (BTDrucks 13/3446, S. 12 zu Frage 19). Hieran haben die in den Jahren 1995 und 1997 unternommenen Versuche, die Spekulationsfrist für Grundstücke auf sieben Jahre (siehe BTDrucks 13/1686, vom , S. 39 f.) oder auf zehn Jahre zu verlängern (BTDrucks 13/7480 vom , S. 38, 91 mit Begründung auf S. 198, 210), nichts geändert, denn diese Versuche sind gescheitert. Die jeweiligen Gesetzgebungsverfahren haben bestätigt, dass die bisherige Rechtslage unverändert bleiben sollte. Gescheiterte Gesetzentwürfe sind unter Vertrauensschutzgesichtspunkten neutral (vgl. , BVerfGE 13, 206, 208, 213).

Unter den danach unverändert weiter geltenden Rahmenbedingungen hat der Kläger im Übrigen sein verstärktes Vertrauen in die Kontinuität der Rechtslage erneut betätigt, indem er im Oktober 1997 einen Maklerauftrag für das Grundstück erteilt und damit die spätere Veräußerung in die Wege geleitet hat.

ee) Das Vertrauen des Klägers ist nicht deshalb abgeschwächt, weil er sich der Besteuerung hätte relativ einfach entziehen können, indem er den Ablauf der neuen Veräußerungsfrist abwartete. Das FG geht insoweit von der Annahme aus, der Kläger habe den Zeitpunkt der Veräußerung völlig frei bestimmen können. Dies ist indes nicht der Fall. Der Kläger war darauf angewiesen, (zur gewünschten Zeit) einen Käufer zu finden. Er hat im Streitfall seit der Erteilung des Maklerauftrags im Oktober 1997 einen Käufer gesucht, ihn aber erst im April 1999 gefunden. Das Grundstück des Klägers war somit nicht —wie das FG meint— ohne weiteres auch später veräußerbar. Deshalb kann dem Kläger nicht entgegengehalten werden, er hätte die sich nach eineinhalbjähriger Suche (endlich) bietende Gelegenheit zur Veräußerung eines schwer verkäuflichen Grundstücks ungenutzt verstreichen lassen und die Veräußerung bis zum Ablauf der zehnjährigen Veräußerungsfrist —d.h. um weitere 16 Monate— verschieben können.

Überdies ist die Möglichkeit, einer Rechtsänderung auszuweichen, unbeachtlich, wenn die Folgen der Regelung vielfach nicht ausgeglichen werden können (vgl. , BVerfGE 51, 356, 364 f.). Hiervon ist bei der vorgelegten Regelung auszugehen, weil Steuerpflichtige oftmals aus finanziellen, beruflichen oder sonstigen Gründen zur möglichst kurzfristigen Veräußerung von Immobilien gezwungen sein können.

d) Öffentliche Interessen überwiegen dieses schutzwürdige Vertrauen des Klägers nicht. Die rückwirkende Erweiterung des § 23 EStG war als Maßnahme der Gegenfinanzierung der sich aufgrund des StEntlG 1999/2000/2002 ergebenden Steuerausfälle gedacht. Außerdem ist im Gesetzgebungsverfahren zur Rechtfertigung der Verfassungsgrundsatz der Steuergerechtigkeit herangezogen worden (s. B. I. 1. d). Beide Gründe sind zwar öffentliche Interessen, überwiegen aber im Streitfall das schutzwürdige Vertrauen des Klägers nicht.

aa) Die Absicht der Gegenfinanzierung bildet im Streitfall keine Rechtfertigung des Eingriffs in das geschützte Vertrauen des Klägers. Die bloße Absicht, staatliche Mehreinkünfte zu erzielen, kann für sich genommen kein Kriterium des Gemeinwohls sein, weil dieses Ziel durch jedes, auch durch sprunghaftes und willkürliches Besteuern erreicht würde (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 105, 17, 45, m.w.N.). Gerade bei wachsendem staatlichem Finanzbedarf ist der Gesetzgeber gehalten, eine gerechte Verteilung der Lasten zu gewährleisten (, BVerfGE 87, 153, 172 f.). Dies gilt umso mehr, wenn der Finanzbedarf —und damit das öffentliche Interesse an einer rückwirkenden Steuerverschärfung— durch andere —steuersenkende— gesetzgeberische Maßnahmen in vorhersehbarer Weise selbst geschaffen wird: Bei der beabsichtigten Entlastung Aller ist es erforderlich, dem Dispositionsschutz des Einzelnen ausreichend Rechnung zu tragen (vgl. BVerfG-Beschluss in BVerfGE 40, 65, 80). Ob der Ausgleich unerwarteter Mindereinnahmen oder finanzieller Lasten in Sondersituationen ein legitimes Interesse des Staatsganzen darstellt (vgl. BVerfG-Beschlüsse vom 1 BvR 99, 461/85, BVerfGE 72, 175, 198; in BVerfGE 105, 17, 44 f.; a.A. Hey, BB 2002, 2312, 2314), bedarf keiner Entscheidung; denn eine solche Sondersituation liegt im Streitfall jedenfalls nicht vor.

bb) Auch der Grundsatz der Steuergerechtigkeit bildet keine Rechtfertigung, die das Vertrauen des Klägers überwiegt.

Die Regelung des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 EStG schränkt den sog. Einkünftedualismus, d.h. den bisher systemtragenden Grundsatz (s. B. III. 1. a) teilweise ein, dass nur betriebliche, nicht aber private Veräußerungsgewinne besteuert werden (zur Kritik vgl. Tipke/Lang, Steuerrecht, 17. Aufl., § 9 Rz. 187, m.w.N.). Der Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung kann durchaus eine Rechtfertigung für eine zukünftige Neuregelung bilden, die auch Wertsteigerungen des Privatvermögens erfasst. Dies gilt auch für zukünftige Wertsteigerungen von „Altbesitz„, bei dem die Frist des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG a.F. abgelaufen war. Da die Wertveränderungen des Grundstücks nach der Gesetzesänderung unter der Herrschaft des neuen Rechts eintreten, sind sie gegen den Steuerzugriff des Staates nicht abgeschirmt; auch bei „Altbesitz„ darf auf Einkünfte, die nach der Gesetzesänderung eintreten, zugegriffen werden (vgl. , BVerfGE 19, 119, 126 ff.). Das schutzwürdige Vertrauen des Klägers ist daher auf die bis zur Gesetzesänderung eingetretenen Wertzuwächse begrenzt.

Jedoch ist nicht erkennbar, inwieweit dies eine Einbeziehung von steuerentstrickten Wertzuwächsen der Vergangenheit rechtfertigt. Besteht für eine gesetzliche Neuordnung ein begründetes Interesse der Allgemeinheit, dann stellt sich die weitere Frage, ob auch eine Übergangsregel mit der Anordnung eines Stichtags, der vor der Verkündung der Neuregelung lag, durch das Allgemeininteresse geboten war (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 24, 220, 232; vgl. auch , BVerfGE 24, 75, 103). Eine Begründung für die rückwirkende Verschärfung des § 23 EStG ist den Gesetzesmaterialien nicht zu entnehmen und auch sonst nicht ersichtlich.

(1) Die allgemeine Begründung, die Neuregelung solle Steuergerechtigkeit herstellen, ist insoweit widersprüchlich. Die Steuerfreiheit von Wertzuwächsen im Privatvermögen ist trotz der hieran geäußerten Kritik im Grundsatz beibehalten und nicht generell der Besteuerung unterworfen worden. Der Gesetzgeber akzeptiert also einerseits in Fällen, in denen auch die neue Veräußerungsfrist abgelaufen ist, das weitere Entstehen von nicht steuerbaren Wertzuwächsen des Privatvermögens als mit der Steuergerechtigkeit vereinbar. Durch die rückwirkende Verlängerung der Frist soll aber andererseits —in wirtschaftlicher Hinsicht wie eine Rückbewirkung von Rechtsfolgen— ein Steuerzugriff auf nach bisheriger Rechtslage steuerentstrickte, nicht steuerbare Wertzuwächse der Vergangenheit erfolgen, deren Nichtsteuerbarkeit nach der Systematik des Einkommensteuergesetzes folgerichtig ist. Der Gesetzgeber hat insoweit nicht eine systemwidrige Vorschrift ersetzt (vgl. dazu BVerfG-Beschlüsse vom 2 BvR 345/60, BVerfGE 13, 215, 223 f.; vom 2 BvL 8/64, BVerfGE 19, 187, 197), eine Steuervergünstigung abgeschafft oder eine Ausnahmevorschrift eingeschränkt und damit die Belastungsgründe des Einkommensteuergesetzes folgerichtig ausgestaltet (vgl. u.a. BVerfG-Beschlüsse vom 1 BvR 1402, 1528/87, BVerfGE 81, 108, 118 f.; in BVerfGE 105, 17, 33 f.), sondern er hat im Gegenteil durch die Rückwirkung die Durchbrechung des § 2 Abs. 2 Nr. 2 EStG vertieft, eine Ausnahmeregelung weiter ausgedehnt und ist von der Systematik des Einkommensteuergesetzes ohne sachlichen Grund zu Lasten des Klägers abgewichen.

(2) Die Einbeziehung von Wertzuwächsen der Vergangenheit durch § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 EStG kann auch nicht mit der Begründung zur Regelung des § 17 EStG (BTDrucks 14/23, S. 178) gerechtfertigt werden. Das Argument der Vereinheitlichung von Beteiligungsgrenzen trifft auf § 23 EStG nicht zu. Da die Wiederverstrickung bereits entstrickter Grundstücke nach der Regelung des § 23 EStG nicht möglich ist, greift auch das Argument der Gleichbehandlung der bis zur Gesetzesänderung entstandenen Wertzuwächse von Immobilien mit später rückverstrickten Wertzuwächsen gemäß § 17 EStG nicht. Überdies ist gemäß § 17 EStG nach der Rechtsprechung des BFH die Rückverstrickung bisher steuerentstrickter Wertzuwächse zwar möglich (vgl. , BFH/NV 1993, 597; vom VIII R 15/94, BFHE 180, 146, BStBl II 1996, 312). Jedoch betreffen die Entscheidungen wesentlich andere Sachverhalte, in denen die Steuerpflichtigen die Rückverstrickung durch Erhöhung der Beteiligungsquote —anders als der Kläger— selbst herbeiführen und dabei in Kauf nehmen.

(3) Die mit dem StEntlG 1999/2000/2002 zudem beabsichtigte Vereinfachung des Steuerrechts rechtfertigt für sich allein ebenfalls nicht, schutzwürdiges Vertrauen des Steuerpflichtigen zurücktreten zu lassen. Zwar ist dieser Gesichtspunkt bei der Abwägung und der Prüfung der Übergangsgerechtigkeit zu berücksichtigen (vgl. BVerfG-Beschluss in BVerfGE 105, 17, 44 f.). Die Neuregelung des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 EStG führt aber gerade nicht zu Vereinfachung, sondern zu einer Komplizierung. Schon die Verlängerung der Frist führt zu mehr steuerpflichtigen Veräußerungsvorgängen und zudem zu längerem Dokumentations- und Überwachungsaufwand der Steuerpflichtigen und der Finanzverwaltung, der sich in den Fällen der Rückwirkung außerdem auf Vorgänge erstreckt, in denen eine Dokumentations- und Überwachungspflicht der Beteiligten nicht mehr bestand. Notwendige Unterlagen sind daher häufig nicht mehr vorhanden. Überdies ist die Bereitstellung einer Übergangsregelung, wie u.a. der im Steuervergünstigungsabbaugesetz geplante § 23 Abs. 3 Satz 6 EStG-E (vgl. B. I. 2.) zeigt, nicht notwendigerweise aufwändig und streitanfällig.

5. Da nach den Ausführungen unter B. III. 4. das Vertrauen des Klägers das öffentliche Interesse überwiegt, verletzt die übergangslose Neuregelung das Rechtsstaatsprinzip und das daraus folgende Gebot des Vertrauensschutzes. Daher ist der Gesetzgeber gehalten, diese Verletzung dadurch auszugleichen, dass er eine angemessene Übergangsregelung trifft (BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 51, 356, 368; vom 1 BvR 900/78 u.a., BVerfGE 62, 117, 162; Heiderich, Übergangsvorschriften in der neueren Gesetzgebungspraxis, 1967, S. 77 ff., S. 81 ff.; Hey, Steuerplanungssicherheit als Rechtsproblem, 2002, 387 ff., 389, m.w.N.). Der Gesetzgeber muss jedenfalls diejenigen Fälle in eine dem schützenswerten Vertrauen des Steuerpflichtigen hinreichend Rechnung tragende Übergangsregelung einbetten, in denen —wie im Streitfall— die Spekulationsfrist des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG a.F. bereits abgelaufen war und die Steuerpflichtigen nach altem Recht eine geschützte, gegen den (früheren) Steuerzugriff abgeschirmte Rechtsposition erlangt hatten. Bei der Ausgestaltung der Übergangsregelung steht dem Gesetzgeber ein weiter Gestaltungsspielraum zur Verfügung (vgl. BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 51, 356, 368 f.; vom 2 BvL 19/82, BVerfGE 67, 1, 15, m.w.N.). Insoweit sind mehrere Möglichkeiten denkbar (zu grundsätzlichen Methoden vgl. Hey, Steuerplanungssicherheit als Rechtsproblem, 2002, 407 ff.):

a) Der Gesetzgeber kann die Anwendung der verlängerten Veräußerungsfrist auf Grundstücke beschränken, die nach der Gesetzesänderung angeschafft wurden. Auch Grundstücke, bei denen die alte Spekulationsfrist zum Zeitpunkt der Neuregelung noch nicht abgelaufen war, kann er einbeziehen (B. III. 4. c bb (2)).

b) In Altfällen, in denen die Spekulationsfrist bereits abgelaufen war, können die nach der Gesetzesänderung entstehenden Wertsteigerungen der Besteuerung unterworfen werden (vgl. B. III. 4. d bb). Zu diesem Zweck kann der Wert des Grundstücks zum Zeitpunkt der Gesetzesänderung ermittelt und im Veräußerungsfall statt der Anschaffungs- und Herstellungskosten vom Veräußerungspreis abgezogen werden. Dazu könnte in § 23 Abs. 3 EStG statt der Anschaffungskosten der gemeine Wert (§ 9 Abs. 2 des BewertungsgesetzesBewG—) des Grundstücks zum Zeitpunkt der mit der Gesetzesänderung verbundenen, erneuten Steuerverstrickung als Anknüpfungspunkt für die Einkünfteermittlung gewählt werden. Da dessen Feststellung aber aufwändig und streitanfällig ist (vgl. BTDrucks 14/23, S. 178 zu Nr. 23 Buchst. a), kann der Gesetzgeber insoweit zum Mittel der Typisierung greifen:

aa) Er kann den im Veräußerungsfall nach § 23 Abs. 3 EStG zu ermittelnden Veräußerungsgewinn typisierend nach der Besitzzeit des Grundstücks in einen steuerbaren und in einen nicht steuerbaren Teil aufteilen, wobei sich der Umfang der Steuerbarkeit nach dem Verhältnis der Besitzzeit nach dem im Verhältnis zur Gesamtbesitzzeit bemisst. Die Anknüpfung an den ergibt sich daraus, dass das BVerfG bei verfassungswidriger Rückwirkung im Rechtsfolgenausspruch nicht auf den Zeitpunkt des Gesetzesbeschlusses, sondern auf die Verkündung des Gesetzes abstellt (vgl. BVerfG-Beschluss in BVerfGE 13, 206, 214). Diese Aufteilung könnte, da Anschaffungs- und Veräußerungsdatum zur Prüfung der Veräußerungsfrist ohnehin ermittelt werden müssen, durch lediglich einen zusätzlichen Rechenschritt durchgeführt werden.

bb) Der Gesetzgeber könnte auch —vergleichbar der Regelung in § 55 EStG— die Anschaffungs- und Herstellungskosten des Grundstücks fiktiv erhöhen und —vergleichbar der Regelung in § 55 Abs. 5 EStG— dem Steuerpflichtigen den Nachweis eines höheren tatsächlichen Werts ermöglichen.

cc) Der Gesetzgeber kann aber auch, um zusätzlich die möglicherweise schwierige Ermittlung der Anschaffungs- und Herstellungskosten eines zuvor bereits steuerentstrickten Grundstücks zu vermeiden, im Wege der Typisierung des auf die Steuerverstrickung entfallenden Wertzuwachses als steuerbaren Überschuss —wie dies im Ergebnis im Steuervergünstigungsabbaugesetz durch § 23 Abs. 3 Satz 6 EStG-E vorgesehen war— einen bestimmten Prozentsatz des Veräußerungspreises als Überschuss ansetzen und zur Vermeidung von Härten dem Steuerpflichtigen den Gegenbeweis ermöglichen, es sei kein Überschuss angefallen. Auch diese Übergangsregelung wäre verfassungsrechtlich zulässig (gl.A. Möstl, DStR 2003, 720, 724).

c) Da der Steuerpflichtige nicht auf den unbefristeten Fortbestand der gesetzlichen Regelung vertrauen darf und der Gesetzgeber grundsätzlich berechtigt ist, auch Veräußerungsgewinne im Privatvermögen einkommensteuerrechtlich zu erfassen, könnte der Gesetzgeber auch in den Altfällen, in denen die Spekulationsfrist vor der Gesetzesänderung bereits abgelaufen war, (erneut) zu einer uneingeschränkten Steuerpflicht des Veräußerungsgewinns übergehen, allerdings nur nach einer mehrjährigen Übergangszeit, die es dem Steuerpflichtigen erlaubt, sich auf die veränderte Situation einzustellen (vgl. BVerfG-Beschluss in BVerfGE 63, 312, 331 f.). Auch insoweit ist zwischen dem Ausmaß des Vertrauensschadens des Einzelnen und dem Interesse, die Regelung alsbald auf Altpositionen zu erstrecken, abzuwägen (BVerfG-Beschlüsse vom 1 BvR 743/86, 1 BvL 80/86, BVerfGE 79, 29, 46; vom 1 BvL 12/83, BVerfGE 70, 101, 114).

IV. Verfassungsmäßigkeit des § 23 EStG im Übrigen

1. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 EStG ist —entgegen der Auffassung des Klägers— im Übrigen verfassungsgemäß (vgl. zu § 23 EStG a.F. BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 26, 302, 307 ff.; in HFR 1975, 581).

Dies gilt insbesondere für die einkommensteuerrechtliche Nichtberücksichtigung des Kaufkraftverlusts (vgl. BVerfG-Beschlüsse in HFR 1977, 510, unter 6. zu § 23 EStG a.F.; vom 1 BvR 335, 427, 811/76, BVerfGE 50, 57, 76 ff. zu § 20 EStG). Damit liegt auch der geltend gemachte Verstoß gegen Art. 106 Abs. 2 Nr. 4 GG nicht vor (vgl. BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 26, 302, 309 f.; vom 2 BvL 3/66, 2 BvR 701/64, BVerfGE 27, 111, 126 zur Abgrenzung der Einkommensteuer auf Veräußerungsgewinne von der Wertzuwachssteuer i.S. des Art. 105 Abs. 2 Nr. 1 GG a.F.).

Auch die Nichteinbeziehung des Veräußerungsgewinns in die Regelung des § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG durch den Gesetzgeber hält sich innerhalb des insoweit gegebenen Spielraums des Gesetzgebers (vgl. BVerfG-Beschluss in BVerfGE 81, 108, 117 ff.).

2. Ob —wie der Kläger meint— § 23 Abs. 3 Satz 3 EStG (jetzt: § 23 Abs. 3 Satz 4 EStG) verfassungswidrig ist, bedarf —worauf das FG zutreffend hingewiesen hat— im Streitfall keiner Entscheidung, da diese Vorschrift im Streitfall gemäß § 52 Abs. 39 Satz 3 EStG (jetzt: § 52 Abs. 39 Satz 4 EStG) nicht zur Anwendung gelangt. Soweit der Kläger hierin eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung des seine vermietete Immobilie veräußernden Vermieters gegenüber dem Arbeitnehmer sieht, der seinen Arbeitsplatz wechselt und seine AfA für Arbeitszimmer, Arbeitsmittel etc. nicht nachversteuern müsse, liegt diese überdies nicht vor: Der Arbeitsplatzwechsel des Arbeitnehmers führt weder zur Veräußerung der Einkunftsquelle „Arbeitskraft„ noch zur Veräußerung der (bisher) beruflich genutzten Wirtschaftsgüter.

Gleiches gilt im Übrigen für den Wechsel der Vermietungstätigkeit, wie beispielhaft der Übergang zur Selbstnutzung eines bisher vermieten Gebäudes unter gleichzeitiger Vermietung einer bisher selbst genutzten Immobilie zeigt: Auch dieser Wechsel ist nicht mit der Veräußerung der zur Einkünfteerzielung genutzten Wirtschaftsgüter verbunden. Sollte sich hingegen ein Arbeitnehmer anlässlich des Arbeitsplatzwechsels oder ein Vermieter anlässlich des Wechsels seiner Vermietungstätigkeit dazu entschließen, bisher zur Einkünfteerzielung genutzte Wirtschaftsgüter i.S. des § 23 Abs. 1 EStG innerhalb der Veräußerungsfrist zu veräußern, wäre —vorbehaltlich des § 52 Abs. 39 Satz 3 EStG— für beide die Vorschrift des § 23 Abs. 3 Satz 3 EStG zu berücksichtigen (vgl. Schmidt/Heinicke, EStG, 22. Aufl., § 23 Rz. 84; , BStBl I 2000, 1383, 1390, Tz. 39 Satz 1; zum häuslichen Arbeitszimmer).

Auch die Nichtanwendung der §§ 4 ff. EStG, insbesondere des § 6b EStG, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Sie beruht letztlich auf der vom Gesetzgeber in § 2 Abs. 2 Nr. 1 und 2 EStG getroffenen Unterscheidung der Einkünfte in Gewinn- und Überschusseinkünfte (sog. Einkünftedualismus), die das BVerfG in ständiger Rechtsprechung für verfassungsrechtlich zulässig erachtet hat (vgl. BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 26, 302, 312; in BVerfGE 27, 111, 127; vom 1 BvL 17/67, BVerfGE 28, 227, 236 ff.; vom 1 BvR 727/82, HFR 1985, 381 f.; a.A. u.a. Tipke, StRO Bd. 2, 649 ff.; Tipke/ Lang, Steuerrecht, 17. Aufl., § 9 Rz. 187; offen lassend , BFH/NV 2001, 904, unter III. 2., m.w.N.). Hierfür spricht auch, dass diese Unterscheidung vom Gesetzgeber aufgrund der Feststellung vorgenommen worden ist, dass die praktische Durchführung des zunächst gewählten Ansatzes der generellen Steuerpflicht aller, auch privater Veräußerungsgewinne (§ 5, § 11 Nr. 5 EStG 1920) auf große Schwierigkeiten gestoßen war, die nicht befriedigend gelöst werden konnten (RTDrucks, III. Wahlperiode 1924/25 Nr. 795, S. 25, 59 f.). Überdies leidet bereits die lediglich zeitlich befristete Besteuerung von Spekulationsgeschäften bei anderen Wirtschaftsgütern nach Auffassung des Senats an einem strukturellen Vollzugsdefizit (vgl. , BFHE 199, 451, BStBl II 2003, 74). Daher ist aus Sicht des Senats die Nichtanwendung der §§ 4 ff. EStG auf private Veräußerungsgeschäfte als folgerichtige Ausformung des vom BVerfG als verfassungsgemäß beurteilten Einkünftedualismus nicht zu beanstanden. Dies gilt jedenfalls solange, wie sich der Gesetzgeber nicht zu einer Überwindung des Einkünftedualismus durch die generelle Besteuerung von realisierten Wertsteigerungen im Privatvermögen entschließt, deren Vollzug sicher gestellt ist, und damit im Ergebnis die grundsätzlich unterschiedliche steuerrechtliche Behandlung von Betriebsvermögen und Privatvermögen beseitigt.

3. Die Regelung des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 EStG ist auch nicht wegen struktureller Vollzugshindernisse verfassungswidrig; denn —im Gegensatz zu dem Bereich der anderen Wirtschaftsgüter i.S. des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG (vgl. BFH-Beschluss in BFHE 199, 451, BStBl II 2003, 74 zu § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b EStG a.F.; Az. des BVerfG: 2 BvL 17/02)— geht der Senat davon aus, dass der Gesetzgeber für den gleichmäßigen Vollzug des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 EStG durch die in § 18 Abs. 1 und 2 des Grunderwerbsteuergesetzes statuierten Anzeigepflichten ausreichend Vorsorge getroffen hat (vgl. BFH-Beschluss in BFHE 199, 451, BStBl II 2003, 74, unter B. III. 2. d aa).

V. Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefrage

1. Der Senat hat das Verfahren auszusetzen und eine Entscheidung des BVerfG zu der Vorlagefrage einzuholen, da es für die Entscheidung des Streitfalles auf die Gültigkeit der § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 EStG i.V.m. § 52 Abs. 39 Satz 1 EStG ankommt (Art. 100 Abs. 1 GG; § 80 Abs. 1 BVerfGG).

Im Rahmen des anhängigen Revisionsverfahrens ist eine abschließende Sachentscheidung darüber zu treffen, ob der vom Kläger erzielte Gewinn aus der Veräußerung seines Grundstücks nach § 22 Nr. 2 i.V.m. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 EStG der Besteuerung zu unterwerfen ist. Sind die Vorschriften verfassungsgemäß, ist die Revision zurückzuweisen (B. III. 1. c). Entfaltet die vorgelegte materielle Steuerrechtsnorm eine verfassungsrechtlich unzulässige Rückwirkung, würde die Steuerbelastung des Klägers im Streitjahr geringer ausfallen, wenn die vorgelegte Norm deswegen unanwendbar wäre.

2. Ein verfassungskonformes Ergebnis kann nicht durch verfassungskonforme Auslegung gewonnen werden.

a) Im Rahmen der Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG ist der vorlegende Senat verpflichtet darzulegen, weshalb er von der Unmöglichkeit einer verfassungskonformen Auslegung überzeugt ist (vgl. u.a., BVerfGE 90, 145, 170). Lassen der Wortlaut, die Entstehungsgeschichte, der Gesamtzusammenhang der einschlägigen Regelungen und deren Sinn und Zweck mehrere Deutungen zu, von denen eine zu einem verfassungsgemäßen Ergebnis führt, so ist diese geboten (, 1381/90, 1 BvL 11/90, BVerfGE 88, 145, 166).

Ein Normverständnis, das mit dem Wortlaut nicht mehr in Einklang zu bringen ist, kann aber durch verfassungskonforme Auslegung ebenso wenig gewonnen werden wie ein solches, das in Widerspruch zu dem klar erkennbaren Willen des Gesetzes treten würde (, BVerfGE 95, 64, 93). Im Wege der Auslegung darf einem nach Wortlaut und Sinn eindeutigen Gesetz nicht ein entgegengesetzter Sinn verliehen, der normative Gehalt der auszulegenden Norm nicht grundlegend neu bestimmt oder das gesetzgeberische Ziel nicht in einem wesentlichen Punkt verfehlt werden (vgl. , Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht Rechtsprechungs-Report —NVwZ-RR— 2002, 117, unter II. 1.).

b) Gemessen daran ist eine verfassungskonforme Auslegung der maßgebenden Vorschriften nicht möglich.

aa) Der Senat sieht keine Möglichkeit, zur Vermeidung eines verfassungswidrigen Ergebnisses in § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 EStG an den Maklerauftrag vom Oktober 1997 als Veräußerung anzuknüpfen. Unter Veräußerung i.S. des § 23 EStG ist nach der Rechtsprechung des BFH die entgeltliche Übertragung eines Wirtschaftsguts auf einen Dritten zu verstehen (, BFHE 196, 567, BStBl II 2002, 10; in BFHE 192, 435, BStBl II 2000, 614). Dabei ist nach ständiger Rechtsprechung des BFH grundsätzlich der Zeitpunkt maßgebend, in dem der obligatorische Vertrag abgeschlossen wurde (vgl. BFH-Urteile in BFHE 196, 567, BStBl II 2002, 10; vom X R 49/91, BFHE 173, 144, BStBl II 1994, 687). Zwar müssen ausnahmsweise nicht beide Vertragserklärungen innerhalb der Frist abgegeben werden. Auch ein rechtlich bindendes Verkaufsangebot kann eine Veräußerung i.S. des § 23 EStG sein, wenn mit dem Angebot der Verkauf durch den Übergang von Besitz, Gefahr sowie Nutzungen und Lasten wirtschaftlich bereits vollzogen war (vgl. , BFHE 87, 140, BStBl III 1967, 73; vom VI R 166/67, BFHE 100, 93, 97, BStBl II 1970, 806; vom VIII R 84/71, BFHE 104, 513, BStBl II 1972, 452). Diese Voraussetzungen erfüllt der Maklerauftrag indes in doppelter Hinsicht nicht; er stellt weder ein Verkaufsangebot dar, noch ist damit die Übertragung des Grundstücks vollzogen worden. Vor diesem Hintergrund bleibt für eine Anknüpfung an den Maklerauftrag kein Raum; der mögliche Wortsinn des Begriffs Veräußerung i.S. des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 EStG —als Grenze der Auslegung (s. , BVerfGE 54, 277, 299 f.)— ist unmissverständlich.

bb) Auch eine verfassungskonforme Auslegung des § 52 Abs. 39 Satz 1 EStG kommt nicht in Betracht. Die Anwendung des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 EStG ist gegenüber § 52 Abs. 1 EStG aufgrund der Beratungen im Finanzausschuss durch § 52 Abs. 39 Satz 1 EStG als spezielle Anwendungsregelung in eindeutiger Weise konkretisiert worden. Der Gesetzgeber hat insoweit nicht —wie er es z.B. im Fall in § 52 Abs. 26 Satz 6 f., § 52 Abs. 29 EStG getan hat— auf den Beginn der Tatbestandsverwirklichung abgestellt, sondern auf die Veräußerung und den Vertragsschluss. Der mögliche Wortsinn der gewählten Formulierung „nach dem rechtswirksam abgeschlossener obligatorischer Vertrag„ als Auslegungsgrenze lässt eine Auslegung, der Verkauf des Klägers im Jahr 1999 sei nicht einzubeziehen, nicht zu.

Sie widerspräche zudem angesichts der Gesetzgebungsgeschichte auch dem erkennbaren Gesetzeswillen (vgl. dazu BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 95, 64, 93 ff.; vom 1 BvR 1333/89, HFR 1993, 327). Die Anwendungsregelung des § 52 Abs. 39 EStG ist eingefügt worden, um die Anwendung des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG zu regeln (vgl. BTDrucks 14/443, S. 33). Der Gesetzgeber hat das Anwendungsproblem der Vorschrift erkannt, die zunächst beabsichtigte Regelung des § 52 Abs. 1 EStG für nicht präzise genug erachtet und die Anwendung mit § 52 Abs. 39 Satz 1 EStG einer klaren und zweifelsfreien Regelung zugeführt. Daraus und aus der Gesetzesbegründung zu § 17 EStG (BTDrucks 14/23, S. 178 zu Nummer 23) ist zu folgern, dass die rückwirkende Anwendung vom Gesetzgeber gewollt ist. Aufgrund dieser bewussten gesetzgeberischen Entscheidung verbleibt für den Senat insoweit kein Raum für eine verfassungskonforme Auslegung.

cc) Auch eine verfassungskonforme Auslegung des § 23 Abs. 3 EStG kann ein verfassungswidriges Ergebnis nicht vermeiden. Danach ist der Gewinn aus Veräußerungsgeschäften nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG der Unterschied zwischen Veräußerungspreis einerseits und den Anschaffungs- oder Herstellungskosten sowie Werbungskosten andererseits. Eine Auslegung dieser Vorschrift dahin gehend, dass unter den Anschaffungskosten des Klägers der Wert des Grundstücks zum Zeitpunkt der erneuten Steuerverstrickung zu verstehen ist, scheidet nach Auffassung des Senats ebenfalls aus.

Den Begriff der Anschaffungskosten legt der BFH auch bei § 23 EStG in ständiger Rechtsprechung entsprechend der Vorschrift des § 255 Abs. 1 und 2 des Handelsgesetzbuches (HGB) aus (vgl. , BFHE 194, 182, BStBl II 2001, 345; vom IX R 78/98, BFHE 195, 392, BStBl II 2001, 756). Will das Gesetz insoweit nicht den Ansatz der (historischen) Anschaffungs- oder Herstellungskosten, sondern des Teilwerts (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG) oder des gemeinen Werts (§ 9 Abs. 2 BewG), so bringt es dies in § 23 Abs. 3 EStG eindeutig zum Ausdruck. Dies ergibt sich aus § 23 Abs. 3 Satz 2 und 3 EStG i.d.F. des Steuerbereinigungsgesetzes 1999 (s. B. I. 1. e), die den Ansatz von anderen Werten für bestimmte Fallgruppen ausdrücklich anordnen, im Streitfall aber nicht eingreifen. Insbesondere ist die erneute Steuerverstrickung eines Wirtschaftsguts keine Einlage. Durch sie wird nicht i.S. des § 4 Abs. 1 Satz 5 EStG ein Wirtschaftsgut einem Betrieb zugeführt.

dd) Zuletzt ist auch eine entsprechende Anwendung des § 55 EStG nicht möglich. Diese Sondervorschrift ist vom Gesetzgeber eingefügt worden, nachdem das BVerfG durch Beschluss in BVerfGE 28, 227 festgestellt hat, dass § 4 Abs. 1 Satz 5 EStG 1958 mit Art. 3 Abs. 1 GG insoweit nicht vereinbar ist, als Gewinne aus einer Veräußerung oder Entnahme von Grund und Boden bei Landwirten in jedem Fall außer Ansatz blieben. Als Folge dieser Entscheidung sollten durch § 55 EStG Wertsteigerungen von Grund und Boden steuerlich nicht erfasst werden, die vor dem entstanden und bis dahin bei der Gewinnermittlung nach § 4 EStG außer Ansatz geblieben sind. Deshalb waren bei der ab erforderlichen Bilanzierung des Grund und Bodens nicht die tatsächlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten anzusetzen, sondern das Zweifache eines nach § 55 Abs. 2 bis 4 EStG pauschal zu ermittelnden Ausgangsbetrags (§ 55 Abs. 1 Satz 1 EStG) oder der Teilwert zum (§ 55 Abs. 5 EStG).

Der in § 55 EStG gewählte Ansatz, stille Reserven der Vergangenheit vor der Steuerverstrickung zu bewahren, wäre zwar —wie unter B. III. 5. b bb dargestellt— grundsätzlich für eine verfassungsrechtlichen Anforderungen genügende Übergangsregelung geeignet. Allerdings ist die geltende Regelung des § 55 EStG in mehrfacher Hinsicht nicht im Wege verfassungskonformer Auslegung auf § 23 EStG übertragbar.

(1) § 55 EStG regelt erstens nur den Wertansatz von Grund und Boden, nicht den von Gebäuden. Er behandelt bebaute Grundstücke, die nicht zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen gehören, als unbebaut (§ 55 Abs. 4 Nr. 2 EStG) und bewertet sie mit dem zweifachen Einheitswert zum (§ 55 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Nr. 1 EStG). Dies vermag den Streitfall nicht verfassungskonform zu lösen, denn mit dem Ansatz des zweifachen Einheitswerts des Grundstücks des Klägers zum bei Nichtberücksichtigung des Gebäudes ist die Steuerfreistellung der bis zum eingetretenen Wertzuwächse nicht erreichbar.

(2) Zweitens ist der nach § 55 Abs. 5 EStG mögliche Nachweis eines höheren Teilwerts —selbst wenn man entgegen § 55 Abs. 5 EStG den Stichtag im Wege verfassungskonformer Auslegung durch den (wie in § 52 Abs. 39 Satz 1 EStG), (Gesetzesbeschluss des Deutschen Bundestags), (Zustimmung des Bundesrats), (Datum des Gesetzes) oder (Datum der Verkündung) ersetzte— auf die Regelung des § 23 EStG nicht übertragbar, da die Bewertung eines Wirtschaftsguts im Privatvermögen mit dem Teilwert nicht möglich ist. Der Teilwert ist gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG unter Berücksichtigung des wertbestimmenden Einflusses der Zugehörigkeit des Wirtschaftsguts zu einem Betrieb zu ermitteln (Blümich/Ehmcke, EStG, KStG, GewStG, § 6 EStG Rz. 589; Schmidt/Glanegger, EStG, § 6 Rz. 215) und entspricht daher nicht dem bei Veräußerung des einzelnen Wirtschaftsguts erzielbaren Preis (so schon § 19 Abs. 1 Satz 2 EStG 1925; siehe auch Werndl, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 6 Rdnr. B 332).

Damit müsste der vorlegende Senat den maßgebenden Stichtag und den zutreffenden Bewertungsansatz selbst bestimmen. Bereits dies überschritte die Grenze verfassungskonformer Auslegung. Nimmt man hinzu, dass bei Übernahme des § 19 EStG 1925 in § 6 EStG 1934 der Gesetzgeber den in § 19 Abs. 1 Satz 1 EStG 1925 zunächst verwendeten Begriff des gemeinen Werts in § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG durch den Begriff des Teilwerts ersetzt hat (RStBl 1935, 33, 38), kann der vorlegende Senat im Wege der Auslegung auch nicht auf den Ansatz mit dem gemeinen Wert (§ 9 Abs. 2 BewG) zurückgreifen, ohne sich zu dieser gesetzgeberischen Entscheidung in Widerspruch zu setzen.

(3) Drittens kommt die Vorschrift nach der im StEntlG 1999/ 2000/2002 ausdrücklich getroffenen Entscheidung des Gesetzgebers für eine verfassungskonforme Auslegung nicht in Betracht. § 55 EStG ist eine Regelung einer bestimmten historischen Sondersituation. Sie ist Folge eines Gesetzgebungsauftrags des BVerfG zur Beseitigung einer verfassungswidrigen Rechtslage (vgl. BVerfG-Beschluss in BVerfGE 28, 227, 233 ff.), und nicht mit einer Gesetzesinitiative von Bundesregierung (BRDrucks 910/98) und Regierungsfraktionen (BTDrucks 14/23) vergleichbar. Für die Neuregelung des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 EStG hat sich der Gesetzgeber gerade nicht für eine gleiche oder ähnliche Regelung wie in § 55 EStG entschieden, sondern, wie die Gesamtschau der § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 1, § 52 Abs. 39 Satz 1, § 52 Abs. 1 EStG eindeutig ergibt, für die uneingeschränkte Rückwirkung der Neuregelung auf den . Darin kommt der Wille des Gesetzgebers klar zum Ausdruck, mit dem StEntlG 1999/2000/2002 auch Wertzuwächse der Besteuerung zu unterwerfen, die bis zur Änderung des Gesetzes nicht steuerverstrickt waren.

3. Auch die Verpflichtung zu einer Billigkeitsmaßnahme nach § 163 AO 1977 kann die Verfassungswidrigkeit nicht beseitigen; denn sie dient weder dazu, eine vom Gesetzgeber bewusst mit Rückwirkung versehene Regelung zu korrigieren, noch kann sie im vorliegenden Verfahren ausgesprochen werden (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Beschluss in BFHE 200, 560, BStBl II 2003, 257, unter B. I. 3., m.w.N.).

4. Im Streitfall besteht die Notwendigkeit einer alternativen Entscheidung durch den vorlegenden Senat.

a) Entfaltet die Vorschrift des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 EStG i.V.m. § 52 Abs. 39 Satz 1 EStG eine verfassungsrechtlich unzulässige Rückwirkung, hätte das Klagebegehren nach einer dahin gehenden Entscheidung des BVerfG in vollem Umfang Erfolg. Die Revision des Klägers wäre begründet.

b) Ggf. wäre das Ausgangsverfahren nach § 74 FGO auszusetzen, bis der Gesetzgeber eine dem schutzwürdigen Vertrauen des Klägers Rechnung tragenden Übergangsregelung geschaffen hat. Auch die Aussetzung des Ausgangsverfahrens bis zu einer gesetzlichen Neuregelung wäre indes eine „andere Entscheidung„ als im Falle der Gültigkeit des Gesetzes, wobei es für die Entscheidungserheblichkeit der Vorlage keine Rolle spielen kann, dass im Falle einer Unvereinbarkeitserklärung das BVerfG gemäß § 35 BVerfGG die weitere Anwendung des bisherigen Rechts anordnen kann (vgl. , BVerfGE 93, 121, 130 f., m.w.N.).

Im Übrigen stünde es nach Auffassung des vorlegenden Senats in der Entscheidungsfreiheit des Gesetzgebers, auf welche Weise er dem verfassungsrechtlich schutzwürdigen Vertrauen des Klägers in die Möglichkeit, das Grundstück nach Ablauf einer Frist von zwei Jahren nicht steuerbar veräußern zu können, im Rahmen einer Übergangsregelung Rechnung trägt. Das Begehren des Klägers im Revisionsverfahren richtet sich darauf, dass der erzielte Überschuss aus dem privaten Veräußerungsgeschäft i.S. des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 EStG bei seiner Einkommensteuerveranlagung im Streitjahr außer Ansatz bleibt. Insoweit ist auch bei einer Neuregelung durch den Gesetzgeber eine vollumfängliche Stattgabe der Klage möglich.

5. Der Senat entscheidet nach § 90 Abs. 2 i.V.m. § 121 Satz 1 FGO ohne mündliche Verhandlung, da die Beteiligten auf mündliche Verhandlung verzichtet haben, die tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte des Streitfalls erörtert sind und nach Auffassung des Senats auch ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung die Entscheidungserheblichkeit der Norm mit Sicherheit feststeht (vgl. , BVerfGE 79, 256, 264 f.; , BVerfGE 17, 148, 152). Das FA ist der Revision entgegengetreten und hat dabei auf das Urteil des FG, das von der Verfassungsmäßigkeit der Vorschriften ausgeht, Bezug genommen.

Fundstelle(n):
BStBl 2004 II Seite 284
BB 2004 S. 370 Nr. 7
BFH/NV 2004 S. 412
BFH/NV 2004 S. 412 Nr. 3
BStBl II 2004 S. 284 Nr. 7
DB 2004 S. 360 Nr. 7
DStRE 2004 S. 199 Nr. 4
EFG 2004 S. 13 Nr. 8
FR 2004 S. 351 Nr. 6
INF 2004 S. 167 Nr. 5
KÖSDI 2004 S. 14086 Nr. 3
NWB-Eilnachricht Nr. 48/2005 S. 4054
NWB-Eilnachricht Nr. 50/2005 S. 4250
StB 2004 S. 168 Nr. 5
TAAAB-15856