WK-Abzug bei leer stehender Wohnung
Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),
Gründe
I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) machte in seiner Einkommensteuererklärung 1996 für die von ihm im Juni 1991 erworbene und im September 1996 veräußerte Eigentumswohnung einen Werbungskostenüberschuss bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von ... DM geltend. Die Eigentumswohnung war bis zum Juli 1995 vermietet und hatte in der Folgezeit bis zum Verkauf leer gestanden.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) erkannte den Werbungskostenüberschuss wegen fehlender Einkünfteerzielungsabsicht im Streitjahr nicht an. Einspruch und Klage des Klägers hatten keinen Erfolg.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage im Wesentlichen mit der Begründung ab, die Verkaufsanzeigen des Klägers während des Leerstands der Wohnung und deren späterer Verkauf deuteten auf eine im Streitjahr neben der Vermietungsabsicht bestehende zumindest gleichgewichtige Verkaufsabsicht. Schon deshalb könne sich der Kläger nicht mehr überzeugend darauf berufen, er habe die Absicht gehabt, durch langfristige Fremdvermietung einen
Totalüberschuss zu erzielen.
Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts sowie des Verfahrensrechts.
Er beantragt, den Einkommensteuerbescheid für 1996 vom in Gestalt der Einspruchsentscheidung unter Aufhebung des angefochtenen Urteils dergestalt zu ändern, dass hinsichtlich der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung ein Werbungskostenüberschuss in Höhe von ... DM berücksichtigt wird.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Es trägt im Wesentlichen vor:
Aufwendungen im Zusammenhang mit der geplanten Veräußerung des Objekts seien nicht als Werbungskosten gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) abziehbar. Nach Auffassung des Großen Senats des Bundesfinanzhofs (BFH) setze die Abzugsfähigkeit der Aufwendungen voraus, dass der Steuerpflichtige die Absicht habe, langfristig nachhaltige Einnahmenüberschüsse, d.h. auf die Dauer der Vermögensnutzung (Totalperiode) einen Totalüberschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu erzielen. Seit dem Auszug des Mieters habe nach dem Gesamtbild der Verhältnisse und dem tatsächlichen Geschehensablauf neben einer Vermietungsabsicht eine mindestens gleichgewichtig einzustufende Absicht bestanden, das Objekt zu veräußern. Damit habe kein wirtschaftlicher Zusammenhang mehr mit einer künftigen Vermietung bestanden. Habe jemand die Absicht, eine Immobilie bei der nächstbesten Gelegenheit zu veräußern, könne er nicht mehr geltend machen, weiterhin durch langfristige Vermietung einen Totalgewinn erzielen zu wollen. Der Kläger habe seine Behauptung, die Vermietungsabsicht erst kurz vor dem Verkauf aufgegeben zu haben, nicht glaubhaft machen können; insoweit trage
er die Feststellungslast.
II. Die Revision ist begründet. Das angefochtene Urteil wird aufgehoben; die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückverwiesen (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung —FGO—).
Zu Unrecht hat das FG die streitigen Werbungskostenüberschüsse bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung allein mit der Begründung außer Acht gelassen, der Kläger habe neben seiner —unterstellten— Absicht zur Vermietung der leer stehenden Wohnung zumindest auch deren Veräußerung beabsichtigt und sei schon deshalb nicht mehr mit Einkünfteerzielungsabsicht i.S. des § 2 EStG tätig geworden.
1. Der Abzug von Aufwendungen als Werbungskosten setzt nach § 9 Abs. 1 EStG voraus, dass sie der „Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen„ aus einer der Einkunftsarten i.S. des § 2 EStG dienen.
a) Dies erfordert, dass der Steuerpflichtige die Absicht hat, auf Dauer aus der betreffenden Einkunftsart —wie hier nach § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG— einen Einnahmenüberschuss zu erzielen. Nach dem Regelungszweck des § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG ist bei einer auf Dauer angelegten Vermietungstätigkeit grundsätzlich davon auszugehen, dass der Steuerpflichtige beabsichtigt, einen solchen Einnahmenüberschuss zu erwirtschaften (, BFHE 184, 406, BStBl II 1998, 771). Hat der Steuerpflichtige den Entschluss, auf Dauer zu vermieten, endgültig gefasst, gelten diese Grundsätze für die Dauer seiner Vermietungstätigkeit auch dann, wenn er das bebaute Grundstück aufgrund eines neu gefassten Entschlusses veräußert. Dagegen liegt ein gegen die Einkünfteerzielungsabsicht sprechendes Indiz vor, wenn der Steuerpflichtige ein bebautes Grundstück innerhalb eines engen zeitlichen Zusammenhangs —von in der Regel bis zu fünf Jahren— seit der Anschaffung oder Herstellung wieder veräußert und innerhalb dieser Zeit nur einen Werbungskostenüberschuss erzielt (z.B. , BFHE 199, 417, BStBl II 2003, 580).
b) Nach diesen Maßstäben sind Aufwendungen für eine Wohnung, die nach vorheriger auf Dauer angelegter Vermietung —wie im Streitfall— leer steht, jedenfalls als Werbungskosten abziehbar, solange der Steuerpflichtige den Entschluss zur Einkünfteerzielung im Zusammenhang mit dem Leerstand der Wohnung nicht endgültig aufgegeben hat (vgl. , BFH/NV 1993, 532: Aufgabe der Einkünfteerzielungsabsicht durch —unbedingten— (Makler-)Auftrag zur Veräußerung eines leer stehenden Hauses). Daran fehlt es, solange sich der Steuerpflichtige ernsthaft und nachhaltig um eine Vermietung bemüht, selbst wenn er das Vermietungsobjekt daneben —z.B. wegen der Schwierigkeiten einer Vermietung— auch zum Erwerb anbietet (vgl. dazu das Urteil des Senats vom selben Tag IX R 102/00, BFHE 203, 86, auf dessen Gründe zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird).
2. Nach diesen Grundsätzen kann die angefochtene Entscheidung keinen Bestand haben, weil sie auf einer rechtsfehlerhaften Tatsachenwürdigung beruht.
a) Nach ständiger Rechtsprechung ist die Tatsachen- und Beweiswürdigung durch das FG, zu der auch die Feststellungen zur Einkünfteerzielungsabsicht i.S. des § 2 EStG gehören (vgl. , BFHE 177, 95, BStBl II 1995, 462), nur dann nach § 118 Abs. 2 FGO für den BFH bindend, wenn sie zumindest möglich ist (, BFHE 192, 559, BStBl II 2000, 676, unter II.2.a. (3), m.w.N.). Daran fehlt es, wenn sie in sich widersprüchlich, lückenhaft oder unklar ist, gegen Denkgesetze oder gesichertes Erfahrungswissen verstößt oder ihr zu hohe Anforderungen an die Überzeugungsbildung zugrunde liegen (, BFH/NV 1994, 746; vom VII R 93/93, BFH/NV 1995, 572, jeweils m.w.N.).
b) Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall vor. Denn die Würdigung des FG, der Kläger habe seine Einkünfteerzielungsabsicht endgültig aufgegeben, beruht allein auf der Feststellung, dass er zumindest eine „gleichgewichtige Verkaufsabsicht„ gehabt habe. Diese Tatsache trägt indessen —wie unter II.1.b ausgeführt— die Feststellung einer endgültigen Aufgabe der Einkünfteerzielungsabsicht nicht.
3. Die Sache ist nicht spruchreif.
Auf der Grundlage der bisherigen tatsächlichen Feststellungen des FG kann der Senat nicht abschließend entscheiden, ob der Kläger im Streitjahr mit Einkünfteerzielungsabsicht tätig geworden ist.
a) Insbesondere fehlen tatsächliche Feststellungen dazu, ob sich aus der zeitnahen Veräußerung der Wohnung (im Streitfall nach fünf Jahren und drei Monaten) ein Indiz für das Fehlen der Einkünfteerzielungsabsicht ergibt (vgl. BFH-Urteile in BFHE 199, 417, BStBl II 2003, 580; vom IX R 99/00, BFH/NV 2002, 1563, m.w.N.).
b) Soweit die zeitnahe Veräußerung keinen Anlass zu Zweifeln an der Einkünfteerzielungsabsicht des Klägers bietet, kann die Berücksichtigung des streitigen Werbungskostenüberschusses bei der Einkommensteuerveranlagung nicht abgelehnt werden, wenn das FG —ggf. nach Vernehmung der vom Kläger benannten Zeugen— feststellen kann, dass der Kläger mit dem Auszug der Mieter seine Vermietungsabsicht nicht endgültig aufgegeben hat.
c) Die Feststellungslast für das Vorliegen der Einkünfteerzielungsabsicht trägt im Übrigen im Zweifel der Steuerpflichtige (BFH-Urteil in BFHE 199, 417, BStBl II 2003, 580).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2004 S. 1382
BFH/NV 2004 S. 1382 Nr. 10
QAAAB-15844