Oberfinanzdirektion Frankfurt am Main - S 0370 A - 10 - St II 4.03

§ 191 AO; Haftungsbescheide, Duldungsbescheide

Bezug: BStBl 2003 I S. 483

  1. Die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für den Erlass eines Haftungs- oder Duldungsbescheides ergeben sich aus den §§ 69 bis 77, den Einzelsteuergesetzen oder den zivilrechtlichen Vorschriften (z.B. §§ 25, 128 HGB). §§ 93, 227 Abs. 2 InsO schließen eine Haftungsinanspruchnahme nach §§ 69 ff. nicht aus ( BStBl 2002 II S. 73). Der Gesellschafter einer Außen-GbR haftet für Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis, hinsichtlich deren die GbR Schuldnerin ist, in entsprechender Anwendung des § 128 HGB (vgl. NJW, 1056); dies gilt auch für Ansprüche, die bei seinem Eintritt in die GbR bereits bestanden (entsprechende Anwendung des § 130 HGB; NJW, 1803). Nach Ausscheiden haftet der Gesellschafter für die Altschulden in analoger Anwendung des § 160 HGB. Bei Auflösung der Gesellschaft ist § 159 HGB entsprechend anzuwenden (vgl. § 736 Abs. 2 BGB; BStBl 1997 II S. 745). Für Gesellschafter aller Formen der Außen-GbR, die vor dem in die Gesellschaft eingetreten sind, kommt aus Gründen des allgemeinen Vertrauensschutzes eine Haftung nur für solche Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis in Betracht, die nach ihrem Eintritt in die Gesellschaft entstanden sind.

  2. Die Befugnis zum Erlass eines Haftungs- oder Duldungsbescheides besteht auch, soweit die Haftung und Duldung sich auf steuerliche Nebenleistungen erstreckt.

  3. Für die Korrektur von Haftungsbescheiden gelten nicht die für Steuerbescheide maßgeblichen Korrekturvorschriften (§§ 172 ff.), sondern die allgemeinen Vorschriften über die Berichtigung, die Rücknahme und den Widerruf von Verwaltungsakten (§§ 129 – 131). Die Rechtmäßigkeit des Haftungsbescheides richtet sich nach den Verhältnissen im Zeitpunkt seines Erlasses bzw. der entsprechenden Einspruchsentscheidung. Anders als bei der Änderung der Steuerfestsetzung ( BStBl 1998 II S. 131) berühren Minderungen der dem Haftungsbescheid zugrunde liegenden Steuerschuld durch Zahlungen des Steuerschuldners nach Ergehen einer Einspruchsentscheidung die Rechtmäßigkeit des Haftungsbescheides nicht. Ein rechtmäßiger Haftungsbescheid ist aber zugunsten des Haftungsschuldners zu widerrufen, soweit die ihm zugrundeliegende Steuerschuld später gemindert worden ist.

  4. Auf den (erstmaligen) Erlass eines Haftungsbescheides sind die Vorschriften über die Festsetzungsfrist (§§ 169 – 171) entsprechend anzuwenden. Eine Korrektur zugunsten des Haftungsschuldners kann dagegen auch noch nach Ablauf der Festsetzungsfrist erfolgen ( BStBl 1998 II S. 131).

  5. Für Duldungsbescheide gelten die Nrn. 3 und 4 entsprechend. Die Inanspruchnahme des Duldungspflichtigen wird durch § 191 Abs. 3 zeitlich weder begrenzt noch ausgedehnt.

  6. Zur Zahlungsaufforderung bei Haftungsbescheiden vgl. § 219 AO.

  7. In den Fällen des § 191 Abs. 2 soll die Frist für die Abgabe einer Stellungnahme der zuständigen Berufskammer im allgemeinen zwei Monate betragen. Die Stellungnahme kann in dringenden Fällen auch fernmündlich eingeholt werden. Eine versehentlich unterlassene Anhörung kann nachgeholt werden. Wird innerhalb der von der Finanzbehörde zu setzenden Frist keine Stellungnahme abgegeben, kann gleichwohl ein Haftungsbescheid ergehen.

Oberfinanzdirektion Frankfurt am Main v. - S 0370 A - 10 - St II 4.03

Fundstelle(n):
NAAAB-15712