OFD Stuttgart - S 0339 A - 13 - St 44

§ 170 AO; Inanspruchnahme des Entrichtungspflichtigen für
– Kapitalertragsteuer auf verdeckte Gewinnausschüttungen an ausländische Anteilseigner
– Steuerabzugsbeträge nach § 50 a Abs. 4 EStG

Bezug:

Mit Urteil vom I R 10/02, BStBl 2003 II S. 687, hat der BFH seine im Urteil vom I R 82/95, BStBl 1996 II S. 608, vertretene Auffassung bestätigt, wonach die dem Entrichtungspflichtigen auferlegte Pflicht zur Abgabe der Kapitalertragsteuer-Anmeldung gegenüber dem Steuerschuldner zu einer Anlaufhemmung nach § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO führt. Der zum a. a. O., ergangene Nicht-Anwendungserlass vom , BStBl 1997 I S. 414, wurde daraufhin aufgehoben ( BStBl 2003 I S. 427). Ziffer 1 der Bezugsverfügung ist damit insoweit überholt, als dort auf diesen Nicht-Anwendungserlass und die darin zum Ausdruck kommende, nunmehr überholte Verwaltungsauffassung verwiesen wird.

Im Einklang mit der Rechtsprechung des BFH ist nunmehr davon auszugehen, dass die dem Entrichtungspflichtigen auferlegte Pflicht zur Abgabe der Kapitalertragsteuer-Anmeldung auch zu einer Anlaufhemmung nach § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO beim Steuerschuldner (Gläubiger der Kapitalerträge) führt.

Bei Nichtabgabe der Kapitalertragsteuer-Anmeldung durch den zum Steuerabzug und zur Anmeldung der Kapitalertragsteuer verpflichteten Entrichtungspflichtigen ist demzufolge hinsichtlich der Festsetzungsfrist für den Steueranspruch gegen den Steuerschuldner (Gläubiger der Kapitalerträge) von einer 3-jährigen Anlaufhemmung nach § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO auszugehen.

Die bei Nichtabgabe der Kapitalertragsteuer-Anmeldung für den Steuerschuldner maßgebliche 3-jährige Anlaufhemmung erweitert die Möglichkeit, den Entrichtungspflichtigen durch Haftungsbescheid in Anspruch zu nehmen (s. § 191 Abs. 3 Satz 4 und Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 AO).

Im Hinblick auf die bei Nichtabgabe der Kapitalertragsteuer-Anmeldung beim Steuerschuldner eintretende 3-jährige Anlaufhemmung nach § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO kann der Entrichtungspflichtige auf der Grundlage des § 44 Abs. 5 EStG gem. § 191 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 AO – ausgehend von der regulären Festsetzungsfrist von 4 Jahren (§ 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO) – noch bis zum Ablauf des 7. Jahres nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Anspruch auf die Kapitalertragsteuer entstanden ist, durch Haftungsbescheid in Anspruch genommen werden.

Ist aus den dargelegten Gründen im Fall der Nichtabgabe der Kapitalertragsteuer-Anmeldung der Erlass eines Haftungsbescheids gegen den Entrichtungspflichtigen unter dem Gesichtspunkt der Akzessorietät der Haftung (§ 191 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 AO) im Einzelfall zulässig, kann dennoch auch künftig – wie in der Bezugsverfügung ausgeführt – die nicht entrichtete Kapitalertragsteuer regelmäßig durch Nachforderungsbescheid gegen den Entrichtungspflichtigen festgesetzt werden.

Bei Erlass eines Nachforderungsbescheids über nicht angemeldete Kapitalertragsteuer gegen den Entrichtungspflichtigen sind die für Steuerbescheide maßgeblichen Regeln der Festsetzungsverjährung (§§ 169 bis 171 AO) zu beachten. Die Pflicht des Entrichtungspflichtigen zur Abgabe der Kapitalertragsteuer-Anmeldung führt zu einer Anlaufhemmung nach § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO. Auch hat der Beginn einer Außenprüfung beim Entrichtungspflichtigen eine Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 4 AO hinsichtlich der Kapitalertragsteuer-Entrichtungsschuld zur Folge, wenn die Kapitalertragsteuer entsprechend der Prüfungsanordnung Gegenstand der Außenprüfung ist.

Bei Inanspruchnahme des Entrichtungspflichtigen für Steuerabzugsbeträge nach § 50 a Abs. 4 EStG gelten die vorstehenden Ausführungen entsprechend.

OFD Stuttgart v. - S 0339 A - 13 - St 44

Fundstelle(n):
WAAAB-15709