BFH Beschluss v. - I B 99-101/03

Instanzenzug: Az. 13 K 2/99, 13 K 97/01, 13 K 442/01

Gründe

I. Die Beteiligten streiten für die Streitjahre 1988 bis 1995 über den Abzug von Verlusten aus einem Ferienhaus in Schweden und über die Höhe von Kinderfreibeträgen. Das Finanzgericht (FG) hat sowohl den Verlustabzug als auch die Einbeziehung in den negativen Progressionsvorbehalt unter Berufung auf Art. 4 Abs. 2 und Art. 19 Abs. 2 Satz 1 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Schweden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung bei den Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie bei den Erbschaft- und Schenkungsteuern und zur Leistung gegenseitigen Beistands bei den Steuern vom i.d.F. des Protokolls vom sowie § 2a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) abgelehnt. Das FG hat überdies die Höhe der steuerlichen Freistellung des Existenzminimums für Kinder gemäß § 53 Satz 1 EStG unbeanstandet gelassen.

Da die Revisionen nicht zugelassen wurden, haben die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) gegen die am zugestellten Urteile des FG per Telefax Nichtzulassungsbeschwerden erhoben. Ausweislich der Telefaxausdrucke wurden die Beschwerden vom Büro der Prozessbevollmächtigten der Kläger am um 00:01 Uhr abgesandt und gingen sie um 00:02 Uhr beim Bundesfinanzhof (BFH) ein, im Hinblick auf die Rechtsbehelfsfrist von einem Monat gemäß § 116 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) also verspätet. Die Kläger wurden auf die Fristenversäumnis durch die Geschäftsstelle des I. Senats mit Schreiben vom , abgesandt am , hingewiesen. Sie beantragten daraufhin am Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, und begründeten den Antrag wie folgt: Der Prozessbevollmächtigte habe die Beschwerden am Abend des abgefasst und ausgedruckt. Er sei sodann infolge starker beruflicher Belastung plötzlich und unerwartet eingeschlafen und erst kurz vor Mitternacht aufgewacht. Die jeweils aus nur einer Seite bestehenden Beschwerdeschriftsätze seien von ihm dann laut Funkuhr ab 23:58 Uhr in einer Sendung an den BFH gefaxt worden. In Anbetracht dessen könnten die Eingangsdaten beim BFH nur auf der üblicherweise ungenauen Telefaxuhr oder auf einem Versehen beruhen. Denn die Telefaxübertragung habe nur 37 Sekunden gedauert. Letzteres ergebe sich aus dem beigefügten Sendebericht des Prozessbevollmächtigten. Die darin angegebene Uhrzeit von 00:01 zeige das Ende des Faxvorganges an.

Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) hält die Beschwerden sämtlich für verfristet und damit für unzulässig.

II. Die —gemäß § 73 Abs. 1 FGO zur gemeinsamen Entscheidung verbundenen— Beschwerden sind unzulässig.

1. Sie waren nach § 116 Abs. 2 Satz 1 FGO innerhalb eines Monats nach Zustellung der vollständigen Urteile beim BFH einzulegen. Da die angefochtenen Urteile des FG den Klägern am zugestellt wurden, endeten die Beschwerdefristen folglich am um 24:00 Uhr. Tatsächlich sind sie ausweislich der Telefaxausdrucke des BFH erst am um 00:02 Uhr beim BFH und damit verspätet eingegangen. Ein dem Gericht durch Telefax übermittelter Schriftsatz ist, wenn der Ausdruck beim Empfänger nicht durch einen Fehler in der Funktion oder bei der Bedienung des Empfangsgerätes verzögert worden ist, in dem Zeitpunkt eingegangen, in dem er vom Empfangsgerät ausgedruckt worden ist (vgl. , Neue Juristische Wochenschrift 1994, 2097; , BFH/NV 2000, 1344). Dafür, dass die Telefaxuhr ungenau gewesen und der Telefaxeingang tatsächlich noch vor 24:00 Uhr erfolgt sein könnte, ist nichts ersichtlich. Dagegen spricht der Sendebericht des Prozessbevollmächtigten, der als Übertragungszeitpunkt übereinstimmend mit den Telefaxausdrucken beim BFH den 00:01 Uhr ausweist. Bei einer im Sendebericht vermerkten Übertragungszeit von 37 Sekunden wird auch dadurch die Richtigkeit der Empfangszeit 00:02 Uhr belegt.

2. Wiedereinsetzungen in den vorigen Stand (§ 56 FGO) sind den Klägern nicht zu gewähren.

Dabei kann dahinstehen, ob die —nicht näher substantiierte— Behauptung ihres Prozessbevollmächtigten, er sei infolge Arbeitsüberlastung am Abend des plötzlich und unerwartet eingeschlafen und erst kurz vor Mitternacht wieder aufgewacht, zutrifft oder nicht. Arbeitsüberlastung stellt grundsätzlich keinen entschuldbaren Hinderungsgrund dar (vgl. Koch in Gräber, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 56 Rz. 20 Stichwort Arbeitsüberlastung, m.w.N.). Ein durch Arbeit überlasteter Rechtsanwalt muss rechtzeitig Sorge tragen, dass er Fristen dennoch einhalten kann. Das gilt umso mehr, wenn die Arbeitsüberlastung bereits ein derartiges Maß angenommen hat, dass sie ein plötzliches und unerwartetes Einschlafen während der Erstellung von Schriftsätzen zur Folge haben könnte.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:




Fundstelle(n):
BFH/NV 2004 S. 358
BFH/NV 2004 S. 358 Nr. 3
OAAAB-15366