BFH Beschluss v. - III B 144/02

Verstoß gegen Treu und Glauben bei Aufhebung eines EigZ-Bescheids

Gesetze: EigZulG § 15

Instanzenzug:

Gründe

Die Beschwerde ist unzulässig, weil in ihrer Begründung keiner der Zulassungsgründe des § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) in einer den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO entsprechenden Weise bezeichnet ist.

1. Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) halten die Rechtsfrage für grundsätzlich bedeutend, ob Eigenheimzulage auch für die Anschaffung einer Wohnung zu gewähren ist, wenn diese zwar in einem Sondergebiet i.S. von § 1 Abs. 2 Nr. 10, § 10 Abs. 1 der Baunutzungsverordnung (BauNVO) gelegen und die Nutzung zum dauernden Bewohnen nicht genehmigt ist, die Bauaufsichtsbehörde jedoch dauerhaftes Bewohnen stillschweigend duldet. Das Ziel der gesetzgeberischen Einschränkung, Ferien- und Wochenendwohnungen, bei denen die Befriedigung des allgemeinen Wohnbedürfnisses nicht im Vordergrund stehe, nicht zu begünstigen, müsse nach den tatsächlichen Gegebenheiten gewürdigt werden. Mit dem dauerhaften Bewohnen trügen sie gerade zur Linderung des zunehmenden Wohnraumbedarfs bei, die Befriedigung des allgemeinen Wohnbedürfnisses stehe im Vordergrund. Das gesetzgeberische Ziel der Eigenheimzulage sei im Falle einer behördlichen Duldung ebenso erreicht, wie bei Vorliegen einer Genehmigung.

a) Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache muss in der Beschwerdeschrift dargelegt werden. Dazu muss der Beschwerdeführer konkret auf die Rechtsfrage, ihre Klärungsbedürftigkeit und ihre über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung eingehen. Insbesondere sind Ausführungen erforderlich, aus welchen Gründen und in welchem Umfang die Rechtsfrage umstritten ist (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. , BFH/NV 2002, 1482, m.w.N.). Liegt bereits Rechtsprechung zu der angesprochenen Problematik vor, so ist darzutun, weshalb eine erneute Entscheidung erforderlich sein soll (vgl. , BFH/NV 2002, 1479).

Eine Rechtsfrage ist nicht klärungsbedürftig, wenn bei einer gesetzlichen Neuregelung eines Sachverhalts in das neue Gesetz —wie hier in § 2 Abs. 1 Satz 2 des Eigenheimzulagengesetzes (EigZulG)— Tatbestandsmerkmale übernommen werden, zu denen es bereits eine feststehende höchstrichterliche Rechtsprechung —wie hier zu § 10e Abs. 1 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG)— gibt (vgl. BFH-Beschlüsse vom IX B 38/99, BFHE 188, 395, BStBl II 1999, 587, unter 1.; vom IX B 109/00, BFH/NV 2001, 599).

b) Diese Anforderungen erfüllt die Beschwerdeschrift nicht. Es fehlt an Ausführungen zur Klärungsbedürftigkeit.

Die Kläger setzen sich nicht mit der zur Eigenheimzulage bei nicht genehmigter, aber geduldeter Wohnnutzung eines Ferienhauses ergangenen Rechtsprechung auseinander. Der BFH hatte bereits im Urteil vom X R 160/88 (BFHE 160, 481, BStBl II 1990, 815) entschieden, dass unter Ferien- und Wochenendwohnungen solche Wohnungen zu verstehen sind, die baurechtlich nicht ganzjährig bewohnt werden dürfen oder sich aufgrund ihrer Bauweise nicht zum dauernden Bewohnen eignen. In ausdrücklicher Fortführung dieser Rechtsprechung sind auch Wohnungen in sog. Sondernutzungsgebieten (§§ 10, 11 BauNVO) nicht nach § 10e EStG begünstigt, es sei denn, die zuständige Baubehörde hat aufgrund einer Ausnahmeregelung des Bebauungsplanes die dauernde Nutzung genehmigt. Ohne Bedeutung für die steuerrechtliche Beurteilung ist mithin, ob die Kläger dort mit Hauptwohnsitz gemeldet sind und dass die Gemeinde ein dauerndes Bewohnen duldet (, BFHE 178, 140, BStBl II 1995, 720, und X R 263/93, BFH/NV 1996, 39; vom X R 103/94, BFH/NV 1996, 536; vom X R 110/95, BFHE 187, 488, BStBl II 1999, 225, und BFH-Beschluss in BFH/NV 2001, 599).

c) Das Finanzgericht (FG) hat die BFH-Rechtsprechung zutreffend auf den Streitfall angewendet. Es hat die Eigenheimzulage nicht gewährt, weil die Genehmigung für den Neubau des Ferienhauses keine Feststellung enthalte, dass das Gebäude nicht nur zu Wochenend- und Ferienhauszwecken, sondern auch zum dauernden Wohnen genutzt werden dürfe. Da die zuständige Bauaufsichtsbehörde die ganzjährige Eigennutzung des Hauses nicht (nachträglich) genehmigt habe, könne auch die den Klägern nicht untersagte dauernde Eigennutzung nicht dazu führen, den Ausschluss der Begünstigung von in Wochenendhaus- oder Ferienhausgebieten gelegenen Wohnungen in Fällen besonderer Intensität der Nutzung des Hauses zu Wohnzwecken gegen den Wortlaut des § 2 Abs. 1 Satz 2 EigZulG weiter einzuengen.

d) Abgesehen davon geht die Auffassung der Kläger fehl, das gesetzgeberische Ziel der Eigenheimzulage sei im Falle einer behördlichen Duldung ebenso erreicht, wie bei Vorliegen einer Genehmigung. Denn auch eine langjährige Duldung hindert die Bauaufsichtsbehörde regelmäßig nicht daran, die Nutzung zum dauernden Wohnen für die Zukunft zu untersagen (vgl. z.B. Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 9 UZ 700/02, Baurecht 2003, 594; Oberverwaltungsgericht Lüneburg vom 1 L 4487/99, Niedersächsisches Verwaltungsblatt 2002, 22). Das von den Klägern selbst formulierte, mit der Eigenheimzulage verfolgte gesetzgeberische Ziel, Wohnungen zu begünstigen, die der Befriedigung des allgemeinen Wohnbedürfnisses dienen, kann bei einer stillschweigenden bauaufsichtsbehördlichen Duldung nicht erreicht werden.

2. Nach Auffassung der Kläger hat die Rechtssache ferner grundsätzliche Bedeutung, weil zu klären sei, ob der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) durch die ursprüngliche Festsetzung einer Eigenheimzulage in Höhe von 4 000 DM jährlich bis zum Jahr 2007 einen Vertrauenstatbestand geschaffen habe, der einer Änderung des Eigenheimzulagenbescheids entgegenstehe. Auch insoweit haben die Kläger aber die Klärungsbedürftigkeit dieser Frage nicht dargelegt.

Die Frage ist im Übrigen auch nicht klärungsbedürftig, da sie sich ohne Weiteres aus dem Gesetz beantworten lässt (, BFH/NV 2002, 645, m.w.N.). Aus § 11 Abs. 2 bis 5 EigZulG ergibt sich, dass die Eigenheimzulage zur Fehlerkorrektur neu festgesetzt oder aufgehoben werden kann; nach § 15 Abs. 1 Satz 1 EigZulG i.V.m. §§ 129, 164, 165 und 172 bis 177 der Abgabenordnung (AO 1977) können Eigenheimzulagenbescheide berichtigt, aufgehoben und geändert werden. Aus diesen Regelungen folgt unmittelbar, dass allein die Festsetzung der Eigenheimzulage für den Förderzeitraum keinen Vertrauenstatbestand schaffen kann, der das FA nach Treu und Glauben daran hindern könnte, den Eigenheimzulagenbescheid aufzuheben, wenn die Voraussetzungen einer Änderungsvorschrift gegeben sind.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
BFH/NV 2004 S. 163 Nr. 2
ZAAAB-13738