Tatbestand
1. Der Kläger, Revisionskläger und Revisionsbeklagte (Kläger) bewohnt mit seiner Familie ein Einfamilienhaus in A. Er erzielt als Seelotse Einkünfte aus selbständiger Arbeit. Als solcher gehört er einer Lotsenbrüderschaft an. Sie hat ihre Verwaltungsstelle (Lotsenstation) in L. Aufgabe der Lotsenbrüderschaft ist insbesondere, die Dienstfolge der Seelotsen mittels einer "Börtordnung" zu regeln und die von allen Lotsen eingefahrenen Lotsgelder unter den Mitgliedern zu verteilen. Der in der Börtliste ein getragene Lotse muß (im allgemeinen im Reihendienst) ständig dienstbereit sein. Aufträge nimmt er, sofern er sich nicht auf einer der Seestationen der Lotsenbrüderschaft befindet, in seiner Wohnung entgegen. Neben dem Reihendienst wird der Lotse verschiedentlich auch für Wachdienste in der Lotsenstation herangezogen. Der Kläger unterhält im Kellergeschoß seines Hauses ein 12 qm großes Arbeitszimmer, in dem sich ein Telefonanschluß sowie die für die Berufsausübung erforderlichen Ausrüstungsgegenstände (UKW-Station, Fernglas, Schwimmweste, See- und Peilkarten) befinden. Dort bewahrt er auch seine Verträge und Buchführungsunterlagen auf.
An 127 Tagen des Streitjahres hatte der Kläger Lotsungen von L aus durchzuführen. Für die Fahrten von seiner Wohnung nach L (27 km) benutzte er seinen Pkw. Weitere 26 Einsatzorte (außerhalb des Lotsreviers) erreichte er auf anderem Wege. Daneben war der Kläger im Streitjahr an 18 Tagen auch als Lotse im Hafengebiet von A tätig. Art, Umfang und räumliche Erstreckung der Reisetätigkeit des Klägers ergeben sich aus von ihm vorgelegten Aufstellungen und Kartenausschnitten.
Bei der Ermittlung seiner Einkünfte aus selbständiger Arbeit berücksichtigte der Kläger u. a. seine Kfz-Kosten und den Verpflegungsmehraufwand im Zusammenhang mit seinen von L ausgehenden Einsätzen als Betriebsausgaben im Rahmen von Geschäftsreisen. Demgegenüber erkannte der Beklagte, Revisionsbeklagte und Revisionskläger (das Finanzamt -- FA --) für diese 127 Fahrten nach L lediglich die sich aus § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ergebenden Beträge (0,58 DM pro Entfernungskilometer) und als Verpflegungsmehraufwendungen für die entsprechenden Einsätze in Anlehnung an die Regelung für an ständig wechselnden Einsatzstellen beschäftigte Arbeitnehmer bei mehr als sechsstündiger Abwesenheit nur eine Pauschale von 8 DM pro Tag an.
2. Insoweit hatte die Klage teilweise Erfolg.
Das Finanzgericht (FG) entschied, die Fahrten des Klägers nach L seien mit den tatsächlichen Aufwendungen von 0,72 DM pro gefahrenen Kilometer anzusetzen. Zwar handele es sich dabei nicht um Geschäftsreisen, sondern um Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte i. S. von § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 i. V. m. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG. Denn der Kläger habe in seinem Wohnhaus keine Betriebsstätte unterhalten; Ausgangspunkt der Fahrten sei jeweils die Wohnung gewesen. Das häusliche Büro des Klägers habe sich in einem Kellerraum befunden und sei von seinem Wohnbereich umschlossen worden. Es habe keine selbständige Einheit gebildet, die dem Gebäude teilweise den Charakter des Privaten nehmen könne. Auch die vom Kläger dort ausgeübten Tätigkeiten rechtfertigten es nicht, das häusliche Arbeitszimmer als Betriebsstätte anzusehen. Der Kernbereich seiner Tätigkeit habe sich im Bereich des Lotsreviers, bei der Beratung der Schiffskapitäne und beim Wachdienst vollzogen. Daneben trete die Vor- und Nacharbeit der Einsätze sowie die Erstellung der Buchführung in der Gewichtung zurück. Ebenso nehme der zeitliche Umfang der Rufbereitschaft der Wohnung selbst nicht den Charakter des Privaten. Betriebsstätte des Klägers sei der Ort, an dem der Schwerpunkt seiner beruflichen Tätigkeit liege. Dies seien die jeweiligen Schiffe und im Wachdienst die Lotsenstation gewesen.
Im Streitfall seien die Fahrtkosten dennoch unbeschränkt (mit 0,72 DM pro gefahrenen Kilometer) anzuerkennen, da der Kläger an ständig wechselnden Beschäftigungsstätten tätig geworden sei. Der Kläger habe die ihm übertragenen Lotsen- sowie die Wachdienste, zu denen er eingeteilt worden sei, übernehmen müssen, ohne daß der jeweilige Einsatzort im voraus habe bestimmt werden können. Der Bereich der Tätigkeit des Klägers, der sich über mehrere 100 km erstreke, könne auch nicht als großräumige Beschäftigungsstätte angesehen werden. Es habe sich weder um ein zusammenhängendes Gelände gehandelt, noch hätten die Einsatzstellen in unmittelbarer Nähe zueinander gelegen.
Dem unbeschränkten Fahrtkostenabzug stehe auch nicht entgegen, daß die Lotsenstation in L an 127 Tagen Zwischenstation des Klägers auf seinem Weg zum jeweiligen Einsatzort gewesen sei. Da diese Fahrten infolge mangelnder Vorhersehbarkeit nicht regelmäßig stattgefunden und sich über mehr als 20 km erstreckt hätten, entsprächen sie nicht dem Grundtypus der von § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG erfaßten Fahrten.
Anzuerkennen seien damit zusätzliche Betriebsausgaben.
Der Ansatz höherer Verpflegungsmehraufwendungen als vom FA pauschal (mit 8 DM pro Tag) anerkannt, sei dagegen zu versagen. Sie seien nur für Geschäftsreisen anzuerkennen, die voraussetzten, daß ein Steuerpflichtiger sich von einem Ort, an dem sich seine Betriebsstätte befinde, an einen Ort begebe, der nicht Betriebsstätte sei.
3. Gegen die Entscheidung des FG haben beide Beteiligte Revision eingelegt.
Der Kläger rügt Verletzung von § 4 Abs. 4 EStG. Er macht unverändert geltend, seine Betriebsstätte in seinem Wohnhaus, nicht dagegen an seinen Einsatzorten unterhalten zu haben. Die Reisen dorthin seien daher Geschäftsreisen gewesen. Aus der Vorschrift des § 12 der Abgabenordnung (AO 1977), die für das gesamte Steuerrecht maßgeblich sei, ergebe sich, daß als Betriebsstätte nur der Teil eines Grundstücks in Betracht komme, über den der Steuerpflichtige verfügungsbefugt sei. Daher scheide das Lotsrevier des Klägers mit einer Länge von mehr als 200 km aus. Auch auf den verschiedenen Schiffen habe der Lotse keine "festen Geschäftseinrichtungen oder Anlagen" zur Verfügung. Er halte sich dort jeweils nur einige Stunden auf, Beginn und Ende der Lotsungen seien örtlich nicht vorhersehbar.
In seinem Arbeitszimmer unterliege der Lotse dagegen mit Ausnahme seines Einsatzes ständiger Rufbereitschaft. Diese umfasse 2/3 seiner Dienstzeit und setzte einen festen Abrufpunkt voraus. Hier bereite er Informationen auf, plane die einzelnen Lotsungen und arbeite sie auf, warte technische Geräte und erledige schriftliche Arbeiten. Dort befänden sich auch die berufsspezifischen Unterlagen (etwa See- und Peilkarten). Von diesem Arbeitszimmer begebe sich der Kläger jeweils zu seinen Einsatzorten. Es handele sich daher um seine (einzige) Betriebsstätte.
Im übrigen sei der Betriebsstättenbegriff für die streitige Frage, ob der Kläger Verpflegungsmehraufwand geltend machen könne, nicht bedeutsam. Gemäß § 4 Abs. 4 EStG sei entscheidend, ob der Aufwand betrieblich veranlaßt sei. Der Kläger könne nicht vorherbestimmen, wann und wohin er jeweils abgerufen werde, die Lotsenstation sei dabei lediglich die vermittelnde Zentrale. Er könne daher auch keine Vorsorge für kostengünstige Mahlzeiten treffen. Auch zu Hause könne er seine Mahlzeiten nicht immer einnehmen und sei dann darauf angewiesen, sich unterwegs zu verpflegen. Dies bedinge erhöhten Verpflegungsaufwand, der nach wie vor geltend gemacht werde.
Der Kläger beantragt sinngemäß, die Vorentscheidung insoweit aufzuheben, als weitere Betriebsausgaben in Höhe von ... DM nicht anerkannt worden sind, und die Steuer entsprechend festzusetzen.
Das FA beantragt, im wesentlichen unter Berufung auf die Vorentscheidung, die Revision des Klägers zurückzuweisen.
Das FA rügt mit seiner Revision Verletzung von § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 i. V. m. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG. Im Streitfall seien die Grundsätze über die Behandlung der Fahrten zwischen Wohnung und wechselnder Einsatzstelle nicht anwendbar, da die streitigen Fahrten regelmäßig zu einem gleichbleibenden Treffpunkt geführt hätten, von dem aus der Kläger zum jeweiligen Einsatzort weiterbefördert worden sei. Dies entspreche nicht der Einsatzwechseltätigkeit, die begünstigt werden sollte, weil der je weilige Arbeitnehmer sich auf immer neue Arbeitsstätten einzustellen habe und den erhöhten Fahrtkosten nicht durch entsprechende Wohnsitznahme begegnen könne. Bei dieser Regelmäßigkeit der Fahrten komme es nicht auf deren zeitliche Vorhersehbarkeit und auch nicht auf die Ausdehnung des Einzugsbereichs an.
Das FA beantragt sinngemäß, die Vorentscheidung aufzuheben, soweit die Einkommensteuer niedriger als mit ... DM festgesetzt wurde, und die Klage insoweit abzuweisen.
Der Kläger beantragt seinerseits, die Revision des FA zurückzuweisen. Da das Einsatzgebiet des Klägers von ... bis ... reiche, bestehe nicht die Möglichkeit einer günstigeren Wohnsitznahme. Zudem sei der Kläger auch als Lotse im Hafen von A tätig. Wachdienst in der Lotsenstation habe der Kläger im Streitjahr nur zweimal und im Folgejahr nur einmal verrichtet.