Zum Erfordernis der sachlichen Prüfung eines vor Bestandskraft des Steuerbescheides gestellten Antrags auf Festsetzung einer niedrigeren Steuer nach § 163 AO 1977
Leitsatz
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) war gemeinsam mit seiner Ehefrau Eigentümer eines bebauten Grundstücks, aus dem er Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielte. Wegen einer Wertminderung dieses Grundstücks durch einen in unmittelbarer Nachbarschaft gelegenen Flughafen führten die Eheleute einen Zivilprozeß gegen die Bundesrepublik Deutschland (Bundesrepublik). Das in diesem Prozeß ergangene Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) ... vom ... 1981 sprach ihnen eine Entschädigung wegen eines enteignenden Eingriffs in ihr Eigentum und eines damit verbundenen endgültigen Wertverlustes nebst Zinsen vom bis 8./ zu. Die Zinsen auf die Entschädigung betrugen 47316 DM und wurden in der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 1981 bei den Einkünften aus Kapitalvermögen angegeben.
Noch während des Veranlagungsverfahrens stellte der Prozeßbevollmächtigte der Kläger unter Hinweis auf das (BFHE 134, 281, BStBl II 1982, 113) folgenden Antrag:
"Ich bitte um Teilerlaß der Einkommensteuer 1981 in der Weise, daß im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung 1981 § 34 EStG bzw. ein Zwischensteuersatz angewendet wird (Antrag gemäß § 227 Abs. 1 Satz 1 AO)".
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) folgte diesem Antrag nicht und setzte die Einkommensteuer 1981 ohne Berücksichtigung von Billigkeitsgesichtspunkten in Höhe von 34860 DM fest. In der Anlage zum Steuerbescheid erläuterte das FA die Ablehnung des Antrags wie folgt:
"Nachdem im anhängigen Gerichtsverfahren der Berufungsverhandlung der Anspruch auf eine Nutzungsausfallentschädigung vom Kläger aufgegeben wurde und die Entschädigung nur für den Wertverlust des Gebäudes zugesprochen wurde, kann § 34 EStG leider keine Anwendung finden. Die Zinsen sind in voller Höhe im Jahr des Zuflusses zu versteuern. Auf das (BStBl II 1981, 6) wird in diesem Zusammenhang hingewiesen. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse rechtfertigen keinen Erlaß aus Billigkeitsgründen nach § 227 der Abgabenordnung ...".
Gegen diesen Bescheid hat der Kläger rechtzeitig Einspruch eingelegt. Zur Begründung nahm er im wesentlichen Bezug auf seinen im Veranlagungsverfahren gestellten Antrag. Das FA teilte ihm daraufhin folgendes mit:
"Gegen die Festsetzung der Besteuerungsgrundlagen, u.a. Anwendung des § 34 EStG, ist der Einspruch (§ 348 AO) und gegen die im Rahmen des § 163 AO abgelehnte Billigkeitsmaßnahme die Beschwerde (§ 349 i.V.m. § 348 AO) gegeben ... Das Amt bittet Sie deshalb, in anhängiger Sache eindeutig zu erklären, ob Ihr Schriftsatz vom als Einspruch oder als Beschwerde behandelt werden soll.
Da nach Sach- und Rechtslage aus den in der Anlage zum Einkommensteuerbescheid aufgeführten Gründen weder ein Einspruch noch eine Beschwerde Aussicht auf Erfolg verspricht, kann Ihrem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ... leider nicht entsprochen werden."
Der Prozeßbevollmächtigte des Klägers erklärte hierauf, daß der Rechtsbehelf als Beschwerde behandelt werden solle.
Mit der Revision rügt das FA Verletzung materiellen und formellen Rechts.
Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen und das FA zu verpflichten, die aus der Enteignungsentschädigung bezogenen Zinsen im Billigkeitsweg (§ 163 AO 1977) nach dem ermäßigten Steuersatz des § 34 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 EStG zu besteuern.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n): BStBl 1993 II Seite 3 BFH/NV 1992 S. 73 Nr. 11 PAAAA-94420
Ihre Datenbank verwendet ausschließlich funktionale Cookies,
die technisch zwingend notwendig sind, um den vollen Funktionsumfang unseres Datenbank-Angebotes sicherzustellen.
Weitere Cookies, insbesondere für Werbezwecke oder zur Profilerstellung, werden nicht eingesetzt.