Ausschluß der Verlustverrechnung nach § 22 Nr. 3 Satz 3 EStG
Leitsatz
Verfassungswidrigkeit des § 22 Nr. 3 Satz 3 EStG ab VZ 1984, soweit er sich auf laufende Einkünfte aus der Vermietung beweglicher Gegenstände bezieht
Gesetze: EStG § 22 Nr. 3GG Art. 3 Abs. 1
Instanzenzug: (Verfahrensverlauf), ,
Tatbestand
A. - I.
Das Verfahren betrifft die Frage, ob § 22 Nr. 3 EStG den Ausgleich und Abzug von Verlusten bei den sonstigen Einkünften aus der Vermietung von beweglichen Sachen ausschließen darf. Die Beschwerdeführer hatten durch die Vermietung einer Segeljacht in einem Veranlagungszeitraum Verluste erzielt.
1. Das Einkommensteuerrecht sieht grundsätzlich eine Verlustverrechnung vor. Es erlaubt in der "Summe der Einkünfte" eine Verrechnung von positiven und negativen Einkünften innerhalb eines Veranlagungszeitraums (Verlustausgleich) und gestattet darüber hinaus die Verrechnung der negativen Ergebnisse mit den positiven Ergebnissen der vergangenen und künftigen Veranlagungszeiträume gemäß § 10d EStG (Verlustabzug), soweit mit anderen Einkünften nicht ausreichend positive Ergebnisse im Veranlagungszeitraum der erwirtschafteten Verluste erzielt worden sind (§ 2 Abs. 3 EStG).
2. Ausnahmen von diesen Verrechnungsmöglichkeiten sieht das Einkommensteuergesetz in § 2a für ausländische Verluste, in § 15 Abs. 4 für Verluste aus gewerblicher Tierzucht, in § 15a für Verluste von Kommanditisten, soweit die Verluste deren Haftungskapital übersteigen, in § 23 Abs. 3 Satz 4 für Einkünfte aus Spekulationsgeschäften sowie in § 22 Nr. 3 EStG - terminologisch noch nach dem Stand des Einkommensteuergesetzes 1934 - für Einkünfte aus sonstigen Leistungen vor. § 22 Nr. 3 EStG lautet seit der Neufassung des Einkommensteuergesetzes in der Bekanntmachung vom (BGBl I 1984 S. 113):
§22 Arten der sonstigen Einkünfte
Sonstige Einkünfte sind
1. bis 2. ...;
3. Einkünfte aus Leistungen, soweit sie weder zu anderen Einkunftsarten (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 6) noch zu den Einkünften im Sinne der Nummern 1, 1a, 2 oder 4 gehören, z. B. Einkünfte aus gelegentlichen Vermittlungen und aus der Vermietung beweglicher Gegenstände. Solche Einkünfte sind nicht einkommensteuerpflichtig, wenn sie weniger als 500 Deutsche Mark im Kalenderjahr betragen haben. Übersteigen die Werbungskosten die Einnahmen, so darf der übersteigende Betrag bei Ermittlung des Einkommens nicht ausgeglichen werden; er darf auch nicht nach § 10d abgezogen werden;
4. ...
a) §22 Nr. 3 EStG nimmt allerdings innerhalb dieser Ausnahmen wiederum eine Sonderstellung ein: Nur hier ist auch der Abzug von Verlusten innerhalb derselben Einkunftsart ausgeschlossen. Bei allen anderen Einkünften sind jedenfalls Verrechnungen mit künftigen Gewinnen aus diesen Tätigkeiten zulässig; für die Einkünfte gemäß §§ 2a, 15 Abs. 4 und 15a EStG ergibt sich dies unmittelbar aus dem Gesetz, bei den Einkünften aus Spekulationsgeschäften gemäß § 23 EStG folgt dies aus der Handhabung dieses Tatbestandes durch die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (vgl. BFH, BStBl II 1991 S. 916 (918)).
b) Einnahmen und Werbungskosten werden grundsätzlich nur nach dem Zeitpunkt des Zuflusses berücksichtigt (§ 11 EStG). Diese Regelung kann bei den sonstigen Einkünften i. S. des § 22 Nr. 3 EStG zu einer Anhäufung der einkommensteuerlich als positive Einkünfte zu erfassenden Zuflüsse in dem einen Kalenderjahr und zu einer Anhäufung von negativen, einkommensteuerlich nicht zu berücksichtigenden Einkünften aus derselben Tätigkeit in einem anderen Jahr führen (vgl. schon Kaemmel / Bacciocco, Kommentar EStG 1934, § 9 Rn. 6; Enno Becker, StuW 1936 I, Spalte 513 (532)). Eine Verrechnung der positiven Ergebnisse des einen Veranlagungszeitraums mit Verlusten aus derselben Tätigkeit in vorangegangenen oder künftigen Veranlagungszeiträumen sieht § 22 Nr. 3 EStG jedoch nicht vor.
aa) Die Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs und des Bundesfinanzhofs mildert diese Rechtsfolge für den Sonderfall, daß diesen Einkünften einmalige Leistungen zugrunde liegen. Bei diesen Leistungen wird von der Grundnorm des § 11 EStG abgewichen. Die Rechtsprechung hat damit den Tatbestand der sonstigen Einkünfte ähnlich wie den Tatbestand der Einkünfte aus Spekulationsgeschäften (vgl. BFH, BStBl II 1991 S. 916 (917 f.)) im Ergebnis dahin modifiziert, daß den gesamten Einnahmen aus einer einmaligen Leistung die gesamten damit wirtschaftlich in Zusammenhang stehenden Aufwendungen gegenübergestellt und zum Abzug gebracht werden können. Dies gilt unabhängig davon, in welchen Kalenderjahren die Aufwendungen, die saldiert mit den jeweiligen Zuflüssen zu den sonstigen Einkünften gehören, entstanden und abgeflossen sind (vgl. RFH, RStBl 1936 S. 123 (125); BStBl II 1992 S. 1017 (1018 ff.); FG Nürnberg, EFG 1961, S. 494 (496); FG Düsseldorf, EFG 1978, S. 78; dass. EFG 1987, S. 116). Die Rechtsprechung mindert die Beschränkungen des Verlustausgleichs und Verlustabzugs dadurch, daß der Gesamterfolg der Tätigkeit nicht nach Kalenderjahren und Veranlagungszeiträumen getrennt ermittelt wird, sondern in einer Gesamtbetrachtung alle Zu- und Abflüsse anläßlich einer bestimmten Tätigkeit über die einzelnen Veranlagungszeiträume hinweg zusammengefaßt werden; ein Verlustausgleich ist danach nur insoweit ausgeschlossen, als aus der Tätigkeit insgesamt ein Verlust entsteht. Diese erweiternde Anwendung der §§ 11, 22 Nr. 3 EStG wird damit begründet, daß eine wortgetreue Anwendung der §§ 11, 22 Nr. 3 Satz 3 EStG "zu ungerechten Ergebnissen führt, die vom Gesetzgeber nicht gewollt sein" könnten (vgl. FG Nürnberg, EFG 1961, S. 494 (496)).
Die Rechtsprechung mildert damit die in § 22 Nr. 3 EStG angelegten Wirkungen eines Zusammentreffens von grundsätzlichem Verlustausgleichsverbot und periodengerechter Abgrenzung der Zu- und Abflüsse gemäß § 11 EStG. Sie entspricht der schon zum Einkommensteuergesetz 1934 geäußerten Kritik am Zusammenwirken des Verlustverrechnungsverbots bei den sonstigen Einkünften und der Grundnorm des § 11 EStG (vgl. Kaemmel / Bacciocco, Kommentar EStG 1934, § 9 Rn. 6; Bericht der Einkommensteuerkommission 1964, Schriftenreihe des BMF, Heft 7, S. 218). Die Rechtsprechung vermeidet so die Folgen einer jahresbezogenen Abgrenzung und Zuordnung von Einnahmen und Werbungskosten, die für die übrigen Einkünfte entweder durch den periodenübergreifenden Verlustabzug (§ 10d EStG) oder bei Einkünften mit beschränkter Verlustverrechnung durch interne Verrechnungsmöglichkeiten (§ 2a Abs. 1 Satz 3, § 15 Abs. 4, § 15a Abs. 2 EStG) gemildert werden.
bb) Der Bundesfinanzhof wendet allerdings in den Fällen, in denen den Einkünften i. S. des § 22 Nr. 3 EStG nicht einmalige, sondern laufende Leistungen zugrunde liegen, diese modifizierte Rechtsprechung nicht an. Bei laufenden Leistungen, die zu Einkünften i. S. des § 22 Nr. 3 EStG führen, werden für jedes Jahr der Tätigkeit die Einkünfte gesondert ermittelt; ein so ermittelter Jahresverlust unterliegt dem Verlustverrechnungsverbot des § 22 Nr. 3 Satz 3 EStG (vgl. BFH, BStBl II 1992, S. 1017 (1019)).
II.
1. Die Beschwerdeführer vercharterten im Veranlagungszeitraum 1984 eine Segeljacht. Die Jacht war nicht in das Schiffsregister eingetragen. Aus der Chartertätigkeit entstand ein Verlust in Höhe von 5.500 DM, den die Beschwerdeführer in ihrer Einkommensteuererklärung 1984 als Verluste aus Gewerbebetrieb geltend machten. Das Finanzamt, das Finanzgericht und der Bundesfinanzhof qualifizierten diese Tätigkeit jedoch als "sonstige Einkünfte" im Sinne des § 22 Nr. 3 EStG: Bei dieser Qualifizierung findet das Verlustausgleichs- und Verlustabzugsverbot gemäß § 22 Nr. 3 Satz 3 EStG Anwendung, so daß der Verlust weder mit anderen Einkünften desselben Jahres noch mit künftigen Gewinnen aus dieser Tätigkeit verrechnet werden kann.
Eine Qualifizierung der Einkünfte aus der Schiffsvercharterung als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 EStG) schied nach Auffassung des Finanzgerichts aufgrund des Wortlauts des § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG aus, da die vercharterte Segeljacht nicht ins Schiffsregister eingetragen sei. Die Tätigkeit des Vercharterns könnte auch nicht zu Einkünften aus Gewerbebetrieb (§ 15 Abs. 2 Satz 1 EStG) führen. Die Beschwerdeführer hätten ausschließlich mit einer Firma in geschäftlichen Beziehungen gestanden. Diese wiederum habe die Jacht an die einzelnen Segler weiter verchartert. Die Beschwerdeführer hätten sich also nicht am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr beteiligt.
2. Mit der Revision legten die Beschwerdeführer nochmals ihre Auffassung dar, daß es sich bei dem Verchartern der Segeljacht um eine gewerbliche Tätigkeit im Sinne des § 15 EStG handele. Darüber hinaus begegne die Entscheidung des Finanzgerichts verfassungsrechtlichen Bedenken. Die Qualifikation der Einkünfte als "sonstige Einkünfte" im Sinne des § 22 Nr. 3 EStG sei mit dem Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit unvereinbar, der Ausschluß des Verlustausgleichs führe zu unvertretbaren Härten: Falle in einem Jahr ein Verlust an, im nächsten ein Gewinn, werde nur der Gewinn ohne Berücksichtigung des vorangegangenen Verlustes besteuert. Der Steuerpflichtige werde im Umfang seiner positiven Einkünfte als leistungsfähig angesehen, ohne daß die Verluste als Ausdruck verminderter Leistungsfähigkeit Berücksichtigung fänden. Eine Besteuerung, die nur positive Erträge ohne Berücksichtigung früherer Verluste belaste, sei konfiskatorisch und verletze damit auch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG.
Der Bundesfinanzhof wies unter Berufung auf Entscheidungen der Finanzgerichte und auf seine eigene Rechtsprechung die Revision als unbegründet zurück. Die Einkünfte aus der Vermietung seien als sonstige Einkünfte im Sinne des § 22 Nr. 3 EStG zu qualifizieren.
III.
Die Beschwerdeführer rügen mit der Verfassungsbeschwerde die Verletzung ihrer Rechte aus Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 2 GG. Sie wenden sich insbesondere gegen den in § 22 Nr. 3 Satz 3 EStG geregelten Ausschluß des Verlustausgleichs.
Das verfassungsrechtlich gewährleistete Prinzip der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit finde seinen Ausdruck auch im Verlustausgleich und im Verlustabzug. Verluste berührten die Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen unmittelbar: Würden Verluste nicht berücksichtigt, so entstünde bei einem über verschiedene Jahre hinweg erzielten Gesamtergebnis von 0 DM dennoch eine Einkommensteuer. Sei in den Jahren 1984 und 1985 jeweils ein Verlust in Höhe von 5.000 DM und in den Jahren 1986 und 1987 jeweils ein Gewinn von 5.000 DM erzielt worden, so betrage das Gesamtergebnis 0 DM, die Einkommensteuer bei einem Steuersatz von 40 % jedoch 4.000 DM.
Betrachte man weitere im Einkommensteuergesetz geregelte Ausschlüsse des Verlustausgleichs und Verlustabzugs - §§ 15 Abs. 4, 15a, 2a EStG -, so zeige sich, daß ihnen jedenfalls ein konkretes gesetzgeberisches Programm zugrunde liege, etwa agrarpolitische Lenkungsmaßnahmen oder die Bekämpfung von unerwünschten
Auslands-Verlustzuweisungsmodellen. Ein solches Programm fehle bei § 22 Nr. 3 Satz 3 EStG. Für den Ausschluß des Verlustausgleichs lasse sich ein sachlicher Grund nicht finden.
IV.
Zu der Verfassungsbeschwerde haben der Präsident des Bundesfinanzhofs, der Ministerpräsident des Landes
Schleswig-Holstein und für die Bundesregierung der Bundesminister der Finanzen Stellung genommen.
Gründe
B.
Die Verfassungsbeschwerde ist begründet.
I.
1. Art. 3 GG verlangt die Gleichbehandlung "aller Menschen" vor dem Gesetz und verbietet jede Benachteiligung oder Bevorzugung wegen persönlichkeitsbedingter Eigenheiten. Der Gleichheitssatz ist umso strikter, je mehr er den Einzelnen als Person betrifft und umso mehr für gesetzgeberische Gestaltungen offen, als allgemeine, für rechtliche Gestaltungen zugängliche Lebensverhältnisse geregelt werden (vgl. BVerfGE 96, 1 (5 f.)).
2. Für den Sachbereich des Steuerrechts gilt die Gestaltungsgleichheit. Der Gesetzgeber hat bei der Auswahl des Steuergegenstandes und bei der Bestimmung des Steuersatzes einen weitreichenden Gestaltungsraum. Nach Regelung dieses Ausgangstatbestandes aber hat er die einmal getroffene Belastungsentscheidung folgerichtig im Sinne der Belastungsgleichheit umzusetzen (vgl. BVerfG, stRspr, zuletzt BVerfGE 93, 121 (136)).
Die Einkommensteuer erfaßt die Einkünfte, die der Steuerpflichtige "aus" einer bestimmten Erwerbsgrundlage erzielt (§ 2 Abs. 1 EStG). Voraussetzungen sind gemäß § 2 Abs. 1 und 2 EStG eine Erwerbsgrundlage (Zustandstatbestand), deren Nutzung (Handlungstatbestand) und ein daraus sich ergebender Gewinn oder Überschuß (Erfolgstatbestand). Das Einkommensteuergesetz belastet die in § 2, §§ 13 ff. näher bestimmten Einkunftsarten grundsätzlich gleich. Soweit das Einkommensteuerrecht mehrere Einkunftsarten unterscheidet und daran auch unterschiedliche Rechtsfolgen knüpft, müssen diese ihre Rechtfertigung in besonderen sachlichen Gründen finden. Allein die systematische Unterscheidung durch den Gesetzgeber kann die Ungleichbehandlung in den Rechtsfolgen nicht rechtfertigen (vgl. BVerfGE 84, 348 (363 f.); 96, 1 (6)).
II.
Nach diesem Maßstab verstößt der völlige Ausschluß der Verlustverrechnung bei laufenden Einkünften aus der Vermietung beweglicher Gegenstände durch § 22 Nr. 3 Satz 3 EStG gegen das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG.
1. Das geltende Einkommensteuerrecht besteuert das Einkommen, das unter Nutzung der von der Rechtsgemeinschaft eröffneten Märkte und der staatlichen Rechtsordnung erzielt worden ist. Dieser Belastungsgrund ist im Einkommensteuergesetz tatbestandlich in den jeweiligen Einkunftsarten des § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 7 i. V. m. §§ 13 ff. EStG geregelt. Einkommensteuerbar sind nur die aus der Nutzung einer der in § 2 Abs. 1 EStG genannten Erwerbsgrundlagen erzielten Einkünfte.
2. Die Einkünfte aus Leistungen gemäß § 22 Nr. 3 EStG nehmen diesen einkommensteuerlichen Belastungsgrund auf und fügen sich in das Belastungsprinzip des Einkommensteuergesetzes ein. Der Tatbestand der Einkünfte aus Leistungen steht gleichrangig neben den übrigen Einkunftsarten des Einkommensteuergesetzes. Trotz weiter tatbestandlicher Fassung des § 22 Nr. 3 EStG eröffnet er insbesondere keinen Generaltatbestand, der jede Bereicherung - unabhängig vom Belastungsgrund der Einkommensteuer - für einkommensteuerbar erklärt. Auf die mit dem weiten Wortlaut des § 22 Nr. 3 EStG verbundene Gefahr und die Notwendigkeit einer restriktiven Auslegung hat schon Enno Becker (vgl. StuW, 1936 I, Spalte 1669 (1671 f.)) aufmerksam gemacht. Dementsprechend wird in ständiger Rechtsprechung der Tatbestand unter Rückgriff auf das der Einkommensteuer zugrundeliegende Belastungsprinzip eingegrenzt. Wertsteigerungen, die durch die Veräußerung privater Vermögenswerte realisiert worden sind, dürfen nur unter der weiteren Voraussetzung einer Erwerbsgrundlage besteuert werden. Der Bundesfinanzhof präzisiert den Tatbestand des § 22 Nr. 3 EStG dahin, daß sonstige Leistung jedes um des Entgelts willen erbrachte Tun, Dulden oder Unterlassen sein kann, sofern es sich nicht um Veräußerungsvorgänge oder veräußerungsähnliche Vorgänge im privaten Bereich handelt (vgl. BFH, BStBl II 1993 S. 200 (201); BStBl II 1990 S. 1054; RFH, StuW 1934 II, Nr. 659), stützt sich also neben dem Handlungstatbestand - dem Erbringen von Leistungen - auch auf einen Zustandstatbestand - die marktbezogene, nicht private Erwerbsgrundlage.
3. Grundsätzlich genügt das Einkommensteuerrecht dem Gebot der Gleichbehandlung der Einkunftsarten insoweit, als es für alle Einkunftsarten den Ausgleich und Abzug von Verlusten vorsieht.
a) §2 Abs. 2 EStG sichert die Gleichbehandlung der sieben Einkunftsarten, soweit dort für alle Einkunftsarten das Prinzip begründet ist, den Erwerbseinnahmen die Erwerbsaufwendungen gegenüberzustellen und zum Abzug zuzulassen. Der Gesetzgeber erfaßt sämtliche Einkunftsarten nach dem Nettoprinzip, das die durch Erwerbstätigkeit bedingten Aufwendungen zum Abzug zuläßt, weil sie das disponible, für die Einkommenbesteuerung verfügbare Einkommen mindern.
b) Das Einkommensteuergesetz verdeutlicht dieses Prinzip insoweit, als es einen Abzug von Erwerbsaufwendungen auch zuläßt, wenn die Erwerbsaufwendungen nicht im Veranlagungszeitraum des Zugangs der Erwerbseinnahmen anfallen. Dies gilt - in eingeschränktem Maße - grundsätzlich auch für die Einkünfte mit nur beschränkter Verlustverrechnung; auch dort sind meist Verrechnungen innerhalb der einzelnen Einkunftsarten zugelassen.
4. Im Rahmen dieses gesetzlichen Belastungssystems benachteiligt § 22 Nr. 3 Satz 3 EStG Steuerpflichtige mit Einkünften aus laufender sonstiger Leistung, wenn Erwerbsaufwendungen und Erwerbseinnahmen in verschiedenen Veranlagungszeiträumen anfallen. Die Erwerbseinnahmen unterliegen dann in vollem Umfang der Einkommenbesteuerung, ohne daß die Erwerbsaufwendungen im Veranlagungszeitraum ihrer Entstehung oder in dem Veranlagungszeitraum, in dem die Erwerbseinnahmen erfaßt werden, Berücksichtigung fänden. Für diese Ungleichbehandlung sind keine rechtfertigenden Gründe: ersichtlich.
a) Es ist nicht erkennbar, daß Einkünfte aus Leistungen typischerweise für unerwünschte Steuergestaltungen genutzt werden, die in einem stärkeren Maße eingedämmt werden müßten als bei den übrigen Einkünften. Die Materialien und die Entstehungsgeschichte des § 22 Nr. 3 EStG nennen auch keine Gründe, weswegen die Verlustverrechnungen bei den "sonstigen" Einkünften in stärkerem Umfang eingeschränkt werden als bei den übrigen Einkünften mit beschränkter Verlustverrechnung.
Vielmehr wird das umfassende Verbot jeder Verlustverrechnung von Anfang an (vgl. Kaemmel / Bacciocco, a. a. O.; Enno Becker, a. a. O.) und auch gegenwärtig (vgl. Stuhrmann, in: Blümich, EStG, Stand: März 1995, § 22 Rn. 160; Bericht der Einkommensteuerkommission 1964, Schriftenreihe des BMF, Heft 7, S. 218; Jansen, in: Herrmann / Heuer / Raupach, Kommentar zum EStG, § 22 Rn. 239 (Stand: März 1992); Höhmann, DStR 1997, S. 601; Keuk, DB 1972, S. 1130 (1132 f.), Tipke / Lang, Steuerrecht, 15. Aufl., 1996, § 9 Rn. 67) als unangemessene Regelung verstanden, die "zu einem nach dem Gesetz kaum lösbaren Konflikt" führe (vgl. Heinicke, in: Schmidt, EStG, 17. Aufl., 1998, § 22 Anm. 143).
b) Die Einkünfte aus Leistungen gemäß § 22 Nr. 3 EStG gehen auf § 41 Abs. 1 Nr. 2 EStG 1925 (vgl. RGBl I 1925 S. 189) - "sonstige Leistungsgewinne" - zurück, sahen aber für diese "sonstigen Leistungsgewinne" noch keine Verlustausgleichs- und -abzugsbeschränkungen vor. Die Leistungseinkünfte gemäß § 41 EStG 1925 umfaßten in § 41 Abs. 1 Nr. 1 EStG die einmaligen Veräußerungsgeschäfte - seit dem Einkommensteuergesetz 1934 in § 23 als Spekulationsgeschäfte erfaßt - und in § 41 Abs. 1 Nr. 2 die übrigen Leistungsgewinne - seit dem Einkommensteuergesetz 1934 in § 22 Nr. 3 als sonstige Einkünfte geregelt. Nach § 41 EStG 1925 waren "insbesondere Einkünfte aus gelegentlichen Vermittlungen und aus der Vermietung beweglicher Gegenstände einschließlich der Schiffe, die nicht ins Schiffsregister eingetragen sind", einkommensteuerbar; nach der Rechtslage des Einkommensteuergesetzes 1925 waren damit Einkünfte aus der Vermietung beweglicher Sachen einschließlich nicht ins Schiffsregister eingetragener Schiffe den übrigen Einkünften gleichgestellt.
Die "sonstigen Leistungsgewinne" wurden durch das Einkommensteuergesetz 1934 (vgl. RGBl I 1934 S. 1005) systematisch den sonstigen Einkünften zugeordnet. Dabei wurde in § 22 Nr. 3 Satz 3 EStG das Verlustausgleichsverbot eingeführt und bis heute beibehalten. In der Amtlichen Begründung zum Einkommensteuergesetz 1934 (vgl. RStBl 1935 S. 33 (44)) findet sich zum Ausschluß des Verlustausgleichs lediglich der Hinweis, das Verbot, Verluste aus Leistungseinkünften auszugleichen, sei neu. Im übrigen beabsichtigte das Einkommensteuergesetz 1934 keine Änderungen bei diesen Einkünften (vgl. Begründung zum Einkommensteuergesetz 1934, a. a. O.); die Einkünfte aus Leistungen i. S. des § 22 EStG 1934 entsprachen sachlich den Einkünften aus anderer Tätigkeit i. S. des § 41 Abs. 1 Ziff. 2 EStG 1925.
Zur Frage der grundsätzlichen Einkommensteuerbarkeit und zur Rechtfertigung der Steuerbarkeit der "Leistungseinkünfte" des § 41 EStG 1925 führten die Materialien zum Einkommensteuergesetz 1925 aus, daß auch einmalige Tätigkeiten steuerbar sein könnten, eine erschöpfende Aufzählung solcher steuerbarer Tätigkeiten nicht möglich sei (vgl. Verhandlungen des Reichstags, 3. WP, 1924/25, RTDrucks 1924/25, Bd. 400, Nr. 795, S. 59), die steuerliche Freilassung von Einkünften dieser Art aber nicht angehe, weil dies den Grundsätzen der steuerlichen Leistungsfähigkeit widersprechen würde (vgl. RTDrucks, a. a. O., S. 25).
c) Die Beschränkungen der Verlustverrechnung bei den sonstigen Einkünften lassen sich auch nicht deshalb rechtfertigen, weil aus diesen Einkünften typischerweise keine Überschüsse erzielt werden. Solche als "Liebhaberei" bezeichnete Tätigkeiten sind einkommensteuerlich unerheblich, weil sie nicht auf die Erzielung eines Totalgewinns oder Totalüberschusses angelegt sind. "Liebhaberei" ist eine aus privater Neigung nicht zur Einkünfteerzielung unternommene Tätigkeit; sie ist daher insgesamt - mit ihren Erträgen wie mit ihren Aufwendungen - nicht einkommensteuerbar. Die "Leistungen" werden in § 22 Nr. 3 EStG jedoch als "Leistungsgewinn" erfaßt, setzen also eine auf das Erzielen eines Überschusses angelegte Erwerbsgrundlage voraus.
d) Allerdings ist dieser Zustandstatbestand des § 22 Nr. 3 EStG im Text dieser Vorschrift nicht deutlich umgrenzt, sondern muß aus dem System des Einkommensteuergesetzes erschlossen werden. Deshalb wäre der Gesetzgeber befugt, die Unschärfe des Zustandstatbestandes des § 22 Nr. 3 EStG typisierend durch eine Begrenzung der Verlustverrechnung auszugleichen und dadurch die nicht auf Überschüsse angelegten Tätigkeiten verläßlich vom Tatbestand auszunehmen. Die in § 22 Nr. 3 Satz 3 EStG enthaltene Regelung genügt aber einer derart zulässigen Modifizierung nicht.
5. Entsprechend dem Gegenstand der Verfassungsbeschwerde wird die Verfassungswidrigkeit des § 22 Nr. 3 Satz 3 EStG nur insoweit festgestellt, als er sich auf laufende Einkünfte aus der Vermietung beweglicher Gegenstände bezieht. Die Verfassungswidrigkeit hat die Nichtigkeit der Vorschrift in dem im Tenor bestimmten sachlichen und zeitlichen Umfang zur Folge. Damit sind die Verluste aus der Vermietung beweglicher Gegenstände i. S. des § 22 Nr. 3 Satz 3 EStG für die vergangenen Veranlagungszeiträume entsprechend den das Einkommensteuergesetz bestimmenden allgemeinen Regeln über Verlustausgleich und Verlustabzug zu behandeln. Für die Zukunft ist es Sache des Gesetzgebers, die allgemeinen Grundsätze der Verlustverrechnung nach § 2 Abs. 3 und § 10d EStG zu überprüfen und die Regelung des § 22 Nr. 3 EStG gleichheitsgerecht auf diese Grundsätze abzustimmen.
C.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG.
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Fundstelle(n):
HFR 1999 S. 44
ZAAAA-96806