Steuerliche Behandlung von nach ausländischem Recht gegründeten grundstücksverwaltenden Körperschaften und von gewerblich geprägten Personengesellschaften mit ausländischen Körperschaften als Komplementär
Auf dem deutschen Immobilienmarkt treten zurzeit zunehmend nach ausländischem Recht gegründete Gesellschaften als Investoren auf. Sie erwerben – in teilweise sehr großem Umfang – im Inland belegenen Grundbesitz und erzielen daraus inländische Einkünfte. Bei der Veranlagung dieser Gesellschaften 1 sind folgende Besonderheiten zu beachten:
I. Kapitalgesellschaften als Erwerber
1. Prüfung der Körperschaftsteuerpflicht
Die nach ausländischem Recht gegründeten Kapitalgesellschaften haben ihren statutarischen Sitz im Ausland. Gleichwohl kann sich im Einzelfall der Ort der Geschäftsleitung i. S. v. § 10 AO im Inland befinden mit der Folge, dass diese Kapitalgesellschaften unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig nach § 1 Abs. 1 KStG sind. In diesen Fällen unterliegen sie grundsätzlich mit ihrem Welteinkommen der Besteuerung im Inland; sie werden wie nach inländischem Recht gegründete Kapitalgesellschaften besteuert.
Daher sind zunächst Ermittlungen zum Ort der Geschäftsleitung und zum Ort der Verwaltung des inländischen Grundbesitzes durchzuführen. Im Rahmen dieser Ermittlungen ist regelmäßig die Informationszentrale für steuerliche Auslandslandbeziehungen im Bundeszentralamt für Steuern (IZA) über Erkenntnisse zu den ausländischen Gesellschaft zu befragen. Zudem sind der IZA eigene Erkenntnisse über die ausländischen Gesellschaften mitzuteilen (vgl. , BStBl 2007 I S. 754, EStGK NRW DBA Allgemeines 41). Hierfür stehen die Vordrucke BZSt 1 und BZSt 3 zur Verfügung.
Legt die ausländische Kapitalgesellschaft eine von einer ausländischen Steuerbehörde ausgestellte Ansässigkeitsbescheinigung vor, kann dies als Indiz für einen im Ausland belegenen Geschäftsleitungsort gewertet werden. Eine Bindungswirkung für das deutsche Besteuerungsverfahren entsteht hierdurch nicht.
Befinden sich sowohl der statutarische Sitz als auch der Ort der Geschäftsleitung im Ausland, ist die ausländische Kapitalgesellschaft lediglich mit ihren inländischen Einkünften i.S.v. § 49 EStG beschränkt körperschaftsteuerpflichtig nach § 2 Nr. 1 KStG.
Die laufenden Vermietungseinkünfte sind bei beschränkt steuerpflichtigen Körperschaften als inländische Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nach § 49 Abs. 1 Nr. 6 EStG zu beurteilen, da nach § 8 Abs. 2 KStG nur unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaften i. S. v. § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 KStG bereits kraft Rechtsform Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielen. Auch wenn neben der vermögensverwaltenden Tätigkeit ein Gewerbebetrieb im Ausland unterhalten wird, führt dies nicht zur Umqualifizierung der inländischen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in gewerbliche Einkünfte nach § 49 Abs. 1 Nr. 2 EStG. Aufgrund der isolierenden Betrachtungsweise des § 49 Abs. 2 EStG bleiben ausländische Besteuerungsmerkmale, soweit bei ihrer Berücksichtigung inländische Einkünfte nicht angenommen werden können, außer Betracht (R 49.3 Abs. 1 EStR 2005).
Dessen ungeachtet fingiert § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f EStG inländische gewerbliche Einkünfte aus der Veräußerung von inländischen Grundstücken, die ebenfalls der beschränkten Steuerpflicht unterliegen. Die ausländischen Kapitalgesellschaften werden insoweit den unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtigen Kapitalgesellschaften gleichgestellt ( BStBl 1994 I S. 883).
2. Ermittlung der Einkünfte
Die gesetzlichen Regelungen des § 8 KStG zur Ermittlung des Einkommens gelten sowohl bei unbeschränkt als auch bei beschränkt Steuerpflichtigen und ebenso bei Körperschaften, die andere als gewerbliche Einkünfte erzielen (R 29 Abs. 2 KStR). Die Ermittlung der laufenden Einkünfte erfolgt durch die Berechnung des Überschusses der Einnahmen über die Werbungskosten (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 EStG); die Ermittlung der Einkünfte nach § 49 Abs. 1 Nr. 6 EStG durch freiwilligen Betriebsvermögensvergleich ist ausgeschlossen. Folglich stellt der inländische Grundbesitz vermögensverwaltender ausländischer Kapitalgesellschaften kein Betriebsvermögen dar.
Dies hat zur Folge, dass
nur die lineare AfA für Gebäude nach § 7 Abs. 4 Nr. 2 EStG in Anspruch genommen werden kann,
die Vornahme von Teilwertabschreibungen bei dauernder Wertminderung nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG nicht zulässig ist (vgl. auch , BStBl 2006 II S. 712) und
die Übertragung stiller Reserven auf Reinvestitionsgüter oder die Bildung einer einkunftsmindernden Rücklage nach § 6b EStG nicht statthaft ist (§§ 6b Abs. 3, 6c EStG).
Gleichwohl sind auch bei vermögensverwaltenden beschränkt körperschaftsteuerpflichtigen Kapitalgesellschaften die Vorschriften über verdeckte Gewinnausschüttungen nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG zu beachten; bei nicht zur Buchführung verpflichteten Körperschaften ist auf die Einkünfte statt auf das (Betriebs-)Vermögen abzustellen (R 36 Abs. 1 Satz 2 KStR).
Soweit der Erwerb der Inlandsimmobilien über Gesellschafter-Fremdkapital finanziert wird, ist – bis einschl. VZ 2007 – die Anwendung des § 8a KStG a. F. (vgl. Tz. 3 des BStBl 2004 I S. 593) zu prüfen.
Ab VZ 2008 ist insbesondere bei fremdfinanziertem Erwerb der Inlandsimmobilie die Anwendung des § 8a KStG n. F. (Zinsschranke) zu prüfen. Nach § 8a Abs. 1 Satz 4 KStG n. F. ist auf Kapitalgesellschaften, die ihre Einkünfte nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 EStG ermitteln, § 4h EStG sinngemäß anzuwenden.
Die nach § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f EStG steuerpflichtigen Einkünfte aus der Veräußerung inländischer Grundstücke sind entsprechend dem BStBl I S. 883 zu ermitteln. Die Ermittlung des Veräußerungsgewinns erfolgt nach § 4 Abs. 1 EStG ( BStBl 2004 II, S. 344).
3. Anordnung des Steuerabzuges nach § 50a Abs. 7 EStG
Zur Sicherstellung der Steuerrealisierung kann es bei vermuteter Gefährdung des Steueranspruchs angebracht sein, statt der Festsetzung von Körperschaftsteuervorauszahlungen von der Anordnung des Steuerabzugs nach § 50a Abs. 7 EStG Gebrauch zu machen. Der Vergütungsschuldner (Mieter, Pächter, Grundstückserwerber) ist auf Anordnung des Finanzamtes verpflichtet, für Rechnung der beschränkt steuerpflichtigen Kapitalgesellschaft einen Steuerabzug von 25 % der Einnahmen (Miete, Pacht, Veräußerungspreis) einzubehalten und abzuführen. Unterlässt der Vergütungsschuldner pflichtwidrig die Vornahme des angeordneten Steuerabzugs, haftet er nach § 50a Abs. 5 Satz 5 EStG für die Einbehaltung und Entrichtung der Steuer.
Weitere Ausführungen dazu enthält der Leitfaden zum Steuerabzug nach § 50a EStG unter Tz. 4 sowie das BStBl 2002 I S. 710, EStGK NRW §§ 50, 50a EStG 13. III.
4. Gewerbesteuer
Die ausländischen grundstücksverwaltenden Kapitalgesellschaften sind grundsätzlich nicht bereits nach § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG als „Gewerbebetriebe kraft Rechtsform” zu qualifizieren. Mangels Betriebsstätte im Inland liegt regelmäßig kein Gewerbebetrieb im Inland i. S. v. § 2 Abs. 1 GewStG vor, so dass die laufenden Vermietungseinkünfte keiner Gewerbesteuerpflicht unterliegen. Das im Inland belegene Grundstück stellt regelmäßig keine Betriebsstätte dar (vgl. auch Tz. 1.2.1.1 des BStBl 1999 I S. 1076). Auch die kraft Gesetzes als Einkünfte aus Gewerbebetrieb einzuordnenden Gewinne aus der Veräußerung von inländischen Immobilien unterliegen mangels Betriebsstätte im Inland nicht der Gewerbesteuer. Etwas anderes gilt nur bei nach dem Recht eines anderen EU-Mitgliedstaates gegründeten Kapitalgesellschaften mit Geschäftsleitung im Inland; insoweit liegt (zumindest) eine inländische Geschäftsleitungsbetriebsstätte i. S. v. § 12 AO vor (vgl. koordinierten Ländererlass vom , BStBl 2005 I S. 727).
II. Immobilienerwerb durch gewerblich geprägte Personengesellschaften
Die Fiktion eines Gewerbebetriebs gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 EStG gilt auch bei einer vermögensverwaltenden ausländischen Personengesellschaft, wenn sie nach ihrem rechtlichen Aufbau und ihrer wirtschaftlichen Gestaltung einer inländischen Personengesellschaft entspricht (vgl. , BStBl 2007 II S. 924). Dabei kann die gewerbliche Prägung bei ausländischen wie bei inländischen Personengesellschaften auf die Komplementärstellung einer ausländischen Kapitalgesellschaft zurückzuführen sein.
Bei der Beurteilung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von inländischen Grundstücken durch nach deutscher Rechtsauffassung gewerblich geprägten Personengesellschaft ohne inländische Betriebsstätte ist die isolierende Betrachtungsweise des § 49 Abs. 2 EStG zu beachten. Das Merkmal, das zu einer gewerblichen Prägung einer solchen Personengesellschaft führt, ist durch die ausländische geschäftsführende und persönlich haftende Kapitalgesellschaft allein im Ausland gegeben. Für die Anwendung des § 49 Abs. 1 EStG bleiben diese im Ausland gegebenen Besteuerungsmerkmale außer Betracht, soweit bei ihrer Berücksichtigung inländische Einkünfte nicht angenommen werden können. Somit können auch die beschränkt steuerpflichtigen Gesellschafter einer Ltd. & Co. KG Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nach § 49 Abs. 1 Nr. 6 EStG erzielen.
Durch die Veräußerung von inländischem Grundbesitz erzielen die ausländischen Gesellschafter einer gewerblich geprägten Personengesellschaft ohne inländische Betriebsstätte inländische gewerbliche Einkünfte nach § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f Satz 1 EStG; für die Annahme von inländischen Einkünften bedarf es insoweit nicht der isolierenden Betrachtungsweise des § 49 Abs. 2 EStG.
III. Zuständigkeiten
Sofern der Ort der Geschäftsleitung nicht im Inland belegen ist, ist die grundstücksverwaltende Kapitalgesellschaft ertragsteuerlich in dem Finanzamt zu führen, in dessen Bezirk sich ihr Vermögen befindet, § 20 Abs. 3 AO (Belegenheitsfinanzamt). Erstreckt sich das Vermögen über mehrere Finanzamtsbezirke, ist das Finanzamt zuständig, in dessen Bezirk sich der wertvollste Teil befindet.
Für die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte von grundstücksverwaltenden Personengesellschaften ist ebenfalls das Belegenheitsfinanzamt nach § 18 Abs. 1 Nr. 4 AO zuständig.
Liegt eine umsatzsteuerpflichtige Grundstücksvermietung vor, besteht hinsichtlich der Festsetzung der Umsatzsteuer nach § 21 Abs. 1 Satz 2 AO i. V. m. § 1 der Umsatzsteuerzuständigkeitsverordnung eine Zentralzuständigkeit für im Ausland ansässige Unternehmen. Zur Vermeidung einer abweichenden Zuständigkeit für die Umsatz- und Ertragsbesteuerung und eines damit zusammenhängenden erschwerten Verwaltungsvollzuges ist in geeigneten Fällen eine Zuständigkeitsvereinbarung nach § 27 AO anzustreben, nach der das für die Ertragsbesteuerung zuständige
(Belegenheits-)Finanzamt auch für die Umsatzsteuer zuständig wird (vgl. AEAO zu §§ 21 und 27 AO).
Fußnoten
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1) | Zu Besonderheiten bei Grundstücksgeschäften ausländischer Domizilgesellschaften siehe EStGK NRW § 2 EStG 800. |
Oberfinanzdirektion Münster v. - S 1300 - 169 - St 45-32
Auf diese Anweisung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
GmbH-StB 2008 S. 298 Nr. 10
GmbHR 2008 S. 1007 Nr. 18
RIW 2008 S. 735 Nr. 10
StBW 2008 S. 9 Nr. 18
XAAAC-87451