Keine schlichte Änderung eines Steuerbescheids nach Ablauf der Einspruchsfrist
Leitsatz
Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO darf ein Steuerbescheid aufgehoben oder geändert werden, soweit der Steuerpflichtige zustimmt oder seinem Antrag der Sache nach entsprochen wird; dies gilt jedoch zugunsten des Steuerpflichtigen nur, soweit er vor Ablauf der Einspruchsfrist zugestimmt oder den Antrag gestellt hat. Für eine "schlichte" Änderung ist bei einem erst nach Ablauf der Einspruchsfrist (§ 355 AO) gestellten Antrag kein Raum. An dieser Rechtslage hat sich auch nichts durch die Neufassung des § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO durch das StBereinG 1999 geändert, wonach eine Änderung zugunsten des Steuerpflichtigen auch zulässig ist, soweit die Finanzbehörde einem Einspruch oder einer Klage abhilft. Auch § 172 Abs. 1 Satz 3 erster Halbsatz AO bietet keinerlei Rechtsgrundlage dafür.
Gesetze: AO § 172 Abs. 1
Instanzenzug:
Gründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
1. Einer Rechtssache kommt grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zu, wenn die für die Beurteilung des Streitfalles maßgebliche Rechtsfrage das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt, d.h. wenn die Beantwortung der Rechtsfrage aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit und/oder Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz 23, m.w.N.). Die Rechtsfrage muss klärungsbedürftig und im Streitfall klärungsfähig sein. An der Klärungsbedürftigkeit fehlt es, wenn sich die Antwort auf die streitige Rechtsfrage ohne weiteres aus dem klaren Wortlaut und Sinngehalt des Gesetzes ergibt oder die Rechtsfrage offensichtlich so zu beantworten ist, wie es das Finanzgericht (FG) getan hat, die Rechtslage also eindeutig ist (vgl. z.B. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs —BFH— vom III B 89/03, BFH/NV 2004, 1221; vom X B 137/04, BFH/NV 2005, 1563; Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 28, m.w.N. aus der Rechtsprechung).
2. Die vom Kläger und Beschwerdeführer aufgeworfene Frage, ob § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a und Satz 3 der Abgabenordnung (AO) nur eine strikte Auslegung nach dem Wortlaut erlauben oder ob „eine Auslegung über den Wortlaut hinaus unter Zugrundelegung des Sinn und Zwecks der Vorschrift und der Gleichbehandlung der Steuerpflichtigen in gleichen Fällen auch dahingehend geboten ist, dass ein schlichter Antrag auf Änderung auch noch nach Klageeinlegung und vor Rechtskraft von dem Steuerpflichtigen gestellt werden kann”, hat keine grundsätzliche Bedeutung. Die Antwort auf diese Rechtsfrage ergibt sich ohne weiteres aus dem klaren Wortlaut und Sinngehalt des § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a und Satz 3 AO und ist offensichtlich so zu beantworten wie es das FG getan hat.
a) Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO darf ein Steuerbescheid aufgehoben oder geändert werden, soweit der Steuerpflichtige zustimmt oder seinem Antrag der Sache nach entsprochen wird; dies gilt jedoch zugunsten des Steuerpflichtigen nur, soweit er vor Ablauf der Einspruchsfrist zugestimmt oder den Antrag gestellt hat. Für eine „schlichte” Änderung ist bei einem erst nach Ablauf der Einspruchsfrist (§ 355 AO) gestellten Antrag kein Raum (, BFHE 190, 285, BStBl II 2000, 283). An dieser Rechtslage hat sich auch nichts durch die Neufassung des § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO durch das Gesetz zur Bereinigung von steuerlichen Vorschriften vom —StBereinG 1999— (BGBl I 1999, 2601, BStBl I 2000, 13) geändert, wonach eine Änderung zugunsten des Steuerpflichtigen auch zulässig ist, soweit die Finanzbehörde einem Einspruch oder einer Klage abhilft. Damit wurde lediglich aus Gründen der „Rechtssicherheit und Rechtsklarheit” (BTDrucks 14/1514 S. 47) die Befugnis der Finanzbehörde zum Erlass eines Abhilfebescheids ausdrücklich geregelt (vgl. auch , BFHE 203, 1, BStBl II 2004, 2). Die Neufassung des § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a letzte Alternative AO scheidet sowohl nach Wortlaut als auch nach Sinn und Zweck offensichtlich als Rechtsgrundlage dafür aus, die Antragsfrist über die Einspruchsfrist hinaus zu verlängern.
b) Auch § 172 Abs. 1 Satz 3 (erster Halbsatz) AO bietet keinerlei Rechtsgrundlage dafür, einen erst nach Ablauf der Klagefrist gestellten Antrag auf „schlichte” Änderung zu berücksichtigen. Diese ebenfalls durch das StBereinG 1999 eingefügte Vorschrift lässt, wenn der Steuerbescheid durch Einspruchsentscheidung bestätigt oder geändert worden ist, eine Änderung nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO zu, „wenn der Steuerpflichtige vor Ablauf der Klagefrist zugestimmt oder den Antrag gestellt hat”. Diese zeitliche Begrenzung auf die Klagefrist (§ 47 Abs. 1 und 2 FGO) ist eindeutig und entspricht auch dem klaren Willen des Gesetzgebers. In der Gesetzesbegründung (BTDrucks 14/1514 S. 47) ist ausdrücklich ausgeführt, dass der Änderungsantrag vor Ablauf der Klagefrist gestellt werden muss und nach Ablauf dieser Frist unzulässig ist.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2007 S. 1265 Nr. 7
NWB-Eilnachricht Nr. 25/2007 S. 2081
NWB-Eilnachricht Nr. 31/2007 S. 4
XAAAC-46928