Umsatzprovision als verdeckte Gewinnausschüttung
Leitsatz
Umsatzbeteiligungen für den Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH begründen regelmäßig verdeckte Gewinnausschüttungen, da ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter im Regelfall eine Erfolgsvergütung in Form einer Gewinn-, nicht hingegen in Form einer Umsatztantieme gewähren wird. Denn eine Umsatzbeteiligung, die unabhängig von der Erzielung von Erträgen zu gewähren ist, steht dem eigenen Gewinnstreben der Kapitalgesellschaft entgegen und ist mit dem Risiko einer Gewinnabsaugung verbunden. Ist die Provisionsvereinbarung mit dem für den Gesamtbetrieb zuständigen Geschäftsführer weder zeitlich noch der Höhe nach beschränkt, stellen die an ihn gezahlten Umsatzprovisionen auch dann verdeckte Gewinnausschüttungen dar, wenn sie nur für die von ihm selbst abgeschlossenen Geschäfte geleistet werden .
Gesetze: KStG § 8 Abs. 3 Satz 2
Instanzenzug: FG des Landes Brandenburg Urteil vom 2 K 1869/02 (Verfahrensverlauf),
Gründe
I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine GmbH, die im Jahre 1991 errichtet wurde. Gegenstand des Unternehmens der Klägerin ist der An- und Verkauf von Mineralölprodukten sowie von Filtern, Batterien, Ölbindemitteln und Arbeitsschutzausrüstungen. Alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer ist seit Anfang 1992 X.
X erhielt ab dem ein monatliches Gehalt in Höhe von 9 300 DM. Am beschloss die Gesellschafterversammlung, dem Geschäftsführer ab dem ein „Fixum in Höhe von DM 2500,— zuzüglich 5 % Provision vom Netto Kundenumsatz” zu zahlen.
Die Klägerin zahlte auch an andere im Vertrieb tätige Mitarbeiter erfolgsabhängige Provisionen. So erhielten der Mitarbeiter A nach einer Änderung seines ursprünglichen Anstellungsvertrages im Dezember 1997 ein monatliches Festgehalt in Höhe von 2 500 DM sowie 4 v.H. Provision vom Umsatz seiner Kunden, der Mitarbeiter B ebenfalls 4 v.H. vom Umsatz seiner Kunden, der Mitarbeiter C 8 v.H. Provision vom Umsatz seiner Kunden und der Mitarbeiter D ein monatliches Festgehalt in Höhe von 5 500 DM sowie zum Jahresende einmalig eine Prämie in Höhe von 0,5 v.H. des von ihm erzielten Jahresumsatzes.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt —FA—) behandelte die an den Gesellschafter-Geschäftsführer gezahlten umsatzabhängigen Provisionen als verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA) i.S. von § 8 Abs. 3 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) und erließ entsprechend geänderte Steuerbescheide.
Der dagegen gerichteten Klage gab das Finanzgericht (FG) des Landes Brandenburg mit Urteil vom 2 K 1869/02 (veröffentlicht in Entscheidungen der Finanzgerichte 2006, 692) statt.
Mit seiner Revision rügt das FA eine Verletzung materiellen Rechts. Es beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Klageabweisung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung —FGO—). Das FG hat zu Unrecht die an den Gesellschaftergeschäftsführer gezahlten Provisionen nicht als vGA beurteilt.
1. Unter einer vGA i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG ist bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung zu verstehen, die nicht auf einer offenen Gewinnausschüttung beruht, sich auf den Unterschiedsbetrag i.S. des § 4 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes auswirkt und durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst oder mit veranlasst ist. Eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis hat der Bundesfinanzhof für den größten Teil der zu entscheidenden Fälle bejaht, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie einem Gesellschaftsfremden unter ansonsten vergleichbaren Umständen nicht zugewendet hätte. Maßstab für den hiernach anzustellenden Fremdvergleich ist das Handeln eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters, der gemäß § 43 Abs. 1 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anwendet (vgl. Senatsurteil vom I R 10/04, BFH/NV 2005, 2058, m.w.N.).
Im Hinblick auf die steuerliche Anerkennung von Erfolgsbeteiligungen für einen Gesellschaftergeschäftsführer ist nach ständiger Rechtsprechung davon auszugehen, dass ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter im Regelfall eine Erfolgsvergütung in Form einer Gewinn-, nicht hingegen in Form einer Umsatztantieme gewähren wird. Denn eine Umsatzbeteiligung, die unabhängig von der Erzielung von Erträgen zu gewähren ist, steht dem eigenen Gewinnstreben der Kapitalgesellschaft entgegen und ist mit dem Risiko einer Gewinnabsaugung verbunden (Senatsurteil in BFH/NV 2005, 2058, m.w.N.). Umsatzbeteiligungen begründen somit regelmäßig vGA.
Ausnahmen gelten dann, wenn die mit der variablen Vergütung angestrebte Leistungssteigerung durch eine Gewinntantieme nicht zu erreichen wäre, z.B. in der Aufbauphase eines Unternehmens. Jedoch sind in diesem Falle Höchstgrenzen festzulegen und die Umsatztantieme zeitlich zu beschränken (Senatsurteil vom I R 130/94, BFH/NV 1996, 508; Gosch KStG § 8 Rz. 1273, 1244 ff.). Ebenso kann es in Einzelfällen sachgerecht sein, dem ausschließlich für den Vertrieb zuständigen Geschäftsführer eine am Umsatz bemessene variable Vergütung zuzusagen. Soweit der Geschäftsführer für den Gesamtbetrieb verantwortlich ist, erscheint hingegen eine Erfolgsbeteiligung nur in der Form einer Gewinntantieme angebracht (Senatsurteile in BFH/NV 1996, 508; vom I R 83/92, BFH/NV 1994, 124). An diesen Grundsätzen hält der Senat fest.
2. Im Streitfall liegt keine der genannten Ausnahmen vor. Die Provisionsvereinbarung mit dem für den Gesamtbetrieb zuständigen X ist —ungeachtet der Frage, ob sich die Klägerin in den Streitjahren noch in der Aufbauphase befand— weder zeitlich noch der Höhe nach beschränkt. Ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter hätte sich nicht auf eine derartige Vereinbarung eingelassen, sondern stattdessen eine Erfolgsbeteiligung in Form einer Gewinntantieme zugesagt. Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass X Provisionen nur für die von ihm selbst abgeschlossenen Geschäfte erhalten sollte. Denn auch hier besteht die Gefahr, dass die Umsätze zu Lasten der Rentabilität in die Höhe getrieben werden und dem Gewinnstreben der Kapitalgesellschaft nicht hinreichend Rechnung getragen wird.
3. Das FG ist von anderen rechtlichen Grundsätzen ausgegangen. Seine Entscheidung war daher aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BB 2007 S. 4 Nr. 44
BB 2007 S. 4 Nr. 44
BFH/NV 2007 S. 107 Nr. 1
GmbH-StB 2006 S. 348 Nr. 12
GmbHR 2006 S. 1339 Nr. 24
HFR 2007 S. 68 Nr. 1
KÖSDI 2006 S. 15305 Nr. 11
KÖSDI 2006 S. 15305 Nr. 11
NWB-Eilnachricht Nr. 47/2006 S. 3963
NWB-Eilnachricht Nr. 6/2007 S. 15
XAAAC-19472