BFH Beschluss v. - I B 154/01

Gründe

I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung und gehört zur Firmengruppe ihres Gesellschafter-Geschäftsführers X. Im Jahre 1986 ordnete das seinerzeit zuständige Finanzamt bei ihr für die Jahre 1980 bis 1984 eine Außenprüfung an, mit der die seinerzeitige Großbetriebsprüfungsstelle der Oberfinanzdirektion (OFD) beauftragt wurde. Die Prüfung begann im April 1986 und wurde vom Prüfer H durchgeführt. Parallel begannen Außenprüfungen auch bei den Eheleuten X sowie bei anderen Gruppenunternehmen. Sowohl die Eheleute X als auch die betroffenen Unternehmen der X-Gruppe wurden durch den Steuerberater Y beraten. Auf Grund erster Feststellung im Rahmen der Außenprüfung wurden sowohl gegen die Eheleute X als auch den Y Steuerstrafverfahren eingeleitet.

Die Klägerin legte sowohl gegen die o.g. Prüfungsanordnung als auch die Verfügung hinsichtlich der Fortführung der Betriebsprüfung durch das in 1986 eingerichtete Finanzamt für Großbetriebsprüfung (FA GBp) Beschwerden ein. Die Ermittlungen bei der Firmengruppe X wurden allerdings Ende 1986 durch das Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung (FA Steufa) übernommen. Dort war neben dem Fahndungsprüfer T inzwischen auf Grund einer Abordnung auch H tätig. Die OFD wies die Beschwerden der Klägerin als unbegründet zurück. Dagegen erhob die Klägerin Klage beim Finanzgericht (FG).

Während des Klageverfahrens wurden die Ermittlungen gegen X und seine Firmen abgeschlossen und gegen die geprüften Personen Steuerbescheide erlassen, gegen die allesamt Einsprüche eingelegt wurden. Die Eheleute X wurden dabei nunmehr durch den Rechtsanwalt Z vertreten, während ansonsten Y bevollmächtigt blieb. Die Staatsanwaltschaft signalisierte die Bereitschaft, die Strafverfahren gegen X und Y nach § 153a der Strafprozessordnung (StPO) einzustellen, soweit in beiden Verfahren sowie den entsprechenden Besteuerungsverfahren Einvernehmen erzielt werde. Zwischen Y und dem für ihn zuständigen FA kam daraufhin eine tatsächliche Verständigung zustande. Im Besteuerungsverfahren des X übermittelte T dem Z den Vorschlag einer tatsächlichen Verständigung zur Erledigung des gesamten ”Steuerfalles X” (Besteuerungsverfahren hinsichtlich der Eheleute X und des Einzelunternehmens des X, der Strafverfahren und der anhängigen Klagen und Rechtsbehelfe). Z gab daraufhin in einem weiteren Schreiben die einzelnen Punkte des Vorschlags wieder und teilte mit, dass der Vorschlag ”im Auftrage von X…unwiderruflich akzeptiert wird”. Die Beantwortung dieses Schreibens durch das FA und eine darin enthaltene Abweichung bei den Einkünften aus Kapitalvermögen bestätigte Z wiederum schriftlich.

Anfang September 1991 kam es zwischen X und Z zum Zerwürfnis, weil Z den Eindruck gewonnen hatte, dass sich Y im Auftrage des X nicht an die Einigung halte. X kündigte das Mandatsverhältnis und nahm auch die o.g. Klage nicht zurück.

Das FG gab der Klage statt. Das Urteil des FG hob der Bundesfinanzhof (BFH) allerdings durch Urteil vom I R 63/95 (BFH/NV 1997, 765) auf und verwies die Rechtssache an das FG zurück, weil dessen Feststellungen nicht ausreichten, um die Zulässigkeit der Klage zu beurteilen.

Im II. Rechtszug wies das ) die Klage als unzulässig ab, da das Festhalten der Klägerin an ihrer Klage entgegen der von ihrem Geschäftsführer X wirksam ausgesprochenen Verpflichtung zur Klagerücknahme eine unzulässige Rechtsausübung darstelle. Das FG ließ die Revision gegen sein Urteil nicht zu.

Dagegen wehrt sich die Klägerin mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde, mit der sie sinngemäß beantragt, die Revision gegen das Urteil der Vorinstanz zuzulassen.

Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—), welches die Zuständigkeiten des inzwischen aufgelösten FA GBp übernommen hat, beantragt sinngemäß, die Beschwerde zurückzuweisen.

II. Die Beschwerde ist unzulässig und war daher zurückzuweisen. Die Klägerin hat die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) nicht in der nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO gebotenen Weise dargelegt.

1. Nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO müssen in der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO dargelegt werden. Eine nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO ausreichende Begründung ist Zulässigkeitsvoraussetzung der Nichtzulassungsbeschwerde (vgl. nur Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, § 116 Rz. 25, m.w.N.). Danach muss der Beschwerdeführer die Voraussetzungen der jeweils in § 115 Abs. 2 FGO enthaltenen Zulassungsvorschrift substantiiert und schlüssig darlegen. Das bedeutet, dass zumindest die in § 115 Abs. 2 FGO ausdrücklich genannten Tatbestandsmerkmale in der Beschwerdebegründung näher erläutert werden müssen (vgl. nur die Materialien in BTDrucks 14/4061 S. 10, sowie Ruban, a.a.O., Rz. 26). Bei den Zulassungsgründen nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO sind daher substantielle und konkrete Angaben darüber zu machen, weshalb eine Entscheidung des Revisionsgerichts über eine bestimmte Rechtsfrage aus Gründen der Rechtsklarheit, der Rechtsfortbildung oder der Einheitlichkeit der Rechtsprechung im allgemeinen Interesse liegt (vgl. nur BFH-Beschlüsse vom VIII B 21/93, BFHE 178, 379, BStBl II 1995, 890, und vom VIII B 68/96, BFH/NV 1998, 29). Beim Zulassungsgrund nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO ist weiter gehend eine konkrete und schlüssige Bezeichnung der Tatsachen erforderlich, die den behaupteten Verfahrensmangel ergeben (vgl. § 120 Abs. 3 Nr. 2 b FGO).

2. Die Beschwerde der Klägerin entspricht den vorgenannten Anforderungen nicht: Sie enthält zwar umfangreiche Darstellungen über den streitigen Sachverhalt und wirft auch die Frage auf, ob das Urteil der Vorinstanz materiell-rechtlich richtig ist. Sie enthält aber keinen ausreichenden Vortrag zum Vorliegen eines Zulassungsgrundes nach § 115 Abs. 2 FGO. Eine für den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO erforderliche konkrete Rechtsfrage hat die Klägerin nicht herausgearbeitet und auch nichts dazu dargelegt, dass die Klärung einer solchen Rechtsfrage im Allgemeininteresse liege. Sie hat auch das Vorliegen eines Zulassungsgrundes nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO nicht hinreichend dargetan, da auch dort Darlegungen dazu erforderlich sind, warum eine Entscheidung des BFH zur Rechtsfortbildung oder zur Einheitlichkeit des Rechts erforderlich ist. Schließlich hat sie weder den Verstoß gegen eine Verfahrensvorschrift behauptet noch die zu dessen Feststellung durch das Revisionsgericht erforderlichen Tatsachen angegeben. Dem Revisionsgericht ist es daher unmöglich darüber zu entscheiden, ob ein Zulassungsgrund nach § 115 Abs. 2 FGO vorliegt.

Die Entscheidung ergeht im Übrigen ohne weitere Begründung (§ 116 Abs. 5 Satz 2 FGO).

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


Fundstelle(n):
BFH/NV 2003 S. 52
BFH/NV 2003 S. 52 Nr. 1
XAAAA-68049