StuB Nr. 6 vom Seite 1

Zum Zwischenbericht des Sustainable Finance-Beirats

Prof. Dr. Patrick Velte | Lüneburg

Am 5.3. hat der Sustainable-Finance-Beirat der Bundesregierung einen Zwischenbericht mit dem Titel „Die Bedeutung einer nachhaltigen Finanzwirtschaft für die große Transformation“ vorgelegt. In dem Zwischenbericht werden nicht nur Vorschläge für das Finanzwesen, sondern auch Empfehlungen zur Weiterentwicklung der Rechnungslegung unterbreitet, um die ambitionierten Klimaschutzziele der Bundesregierung zu erfüllen. Diese werden im Folgenden reflektiert.

Seit dem Geschäftsjahr 2017 müssen bestimmte Unternehmen des öffentlichen Interesses (Public Interest Entities – PIEs) eine nichtfinanzielle Erklärung abgeben. Empirische Untersuchungen für den deutschen Kapitalmarkt zum Erstjahr der Pflichtanwendung verdeutlichen, dass die Qualität der nichtfinanziellen Erklärungen unzureichend ist und nicht den steigenden Stakeholder-Erwartungen entspricht. Aufgrund einer „doppelten“ Wesentlichkeitsschwelle verzichten die berichtspflichtigen Unternehmen mehrheitlich auf eine Angabe von nichtfinanziellen Risiken, z. B. Klimarisiken, in ihrer nichtfinanziellen Erklärung. Damit steigt das Risiko von „Greenwashing“ und einer unausgewogenen Berichterstattung.

Die eingeschränkte Durchsetzungskraft der EU-CSR-Richtlinie hatte auch die EU-Kommission schnell erkannt und als „Nachtrag“ im Sommer 2019 unverbindliche Leitlinien zur Klimaberichterstattung erlassen. Die EU-Leitlinien orientieren sich stark an den Empfehlungen der sog. Task Force on Climate-related Financial Disclosures (TCFD) zu klimabezogenen Unternehmensangaben. Derzeit hat die EU-Kommission eine öffentliche Konsultation zur Weiterentwicklung der nichtfinanziellen Berichterstattung gestartet. Es ist zu erwarten, dass noch in diesem Jahr eine „EU-CSR-Richtlinie 2.0“ und ein zwingendes Climate Change Reporting für die PIEs eingeführt wird.

Der Sustainable Finance-Beirat empfiehlt, die Berichtspflicht der nichtfinanziellen Erklärung auf alle Kapitalgesellschaften (inklusive kapitalmarktferner GmbHs) auszudehnen. Die berichtspflichtigen nichtfinanziellen Aspekte nach § 289c HGB sollen des Weiteren eine Konkretisierung und Ausweitung, z. B. um die Themen Lieferketten, Klimaschutz und Compliance, erfahren. Eine besonders weit reichende Empfehlung richtet sich an die gesetzliche Regelung für börsennotierte Unternehmen, ab 2022 die Empfehlungen der TCFD zur Klimaberichterstattung zwingend zu befolgen. Ihre Einhaltung setzt eine integrierte Steuerung und Berichterstattung von Klimarisiken und -chancen, u. a. mittels aufwendiger Szenarioanalysen, voraus. Angestrebt wird insgesamt eine integrierte Berichterstattung von Finanz- und Nachhaltigkeitsaspekten anstelle einer bisherigen dominanten Parallel-Berichterstattung. Bliebe nur noch die Klärung, welche globale Institution analog zum IASB die nichtfinanzielle Berichterstattung aus globaler Sicht koordiniert und harmonisieren soll.

Fazit: Der Zwischenbericht des Sustainable Finance-Beirats umfasst auch vielfältige Empfehlungen zur weitergehenden Regulierung der nichtfinanziellen Berichterstattung. Unschwer erkennbar ist, dass nachhaltiges Finanz- und Rechnungswesen sowie Regulierungen zur nachhaltigen Unternehmensführung und -überwachung „Hand in Hand“ gehen müssen. Eine integrierte Berichterstattung, zumindest für Klimaaspekte nach den TCFD-Leitlinien ab 2022, würde eine sehr ambitionierte Strategie für die börsennotierten Unternehmen in Deutschland darstellen. Langfristig wird die Reise dahin führen müssen, um Greenwashing und Information Overload wirkungsvoll zu senken.

Patrick Velte

Fundstelle(n):
StuB 6/2020 Seite 1
NWB WAAAH-44294