Österreich: Zuwendungen an Einrichtungen mit Forschungs- und Lehraufgaben
Leitsatz
Die Republik Österreich hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus dem EWR-Abkommen verstoßen, dass sie die steuerliche Abzugsfähigkeit von Zuwendungen an Einrichtungen mit Forschungs- und Lehraufgaben nur im Fall von in Österreich ansässigen Einrichtungen zugelassen hat.
Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),
Gründe
Mit ihrer Klage beantragt die Europäische Kommission die Feststellung, dass die Republik Österreich dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 56 EG und Art. 40 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum vom (ABl. 1994, L 1, S. 3, im Folgenden: EWR-Abkommen) verstoßen hat, dass sie die steuerliche Abzugsfähigkeit von Zuwendungen an Einrichtungen mit Forschungs- und Lehraufgaben nur im Fall von in Österreich ansässigen Einrichtungen zugelassen hat.
Rechtlicher Rahmen
EWR-Abkommen
Art. 40 EWR-Abkommen lautet:
"Im Rahmen dieses Abkommens unterliegt der Kapitalverkehr in Bezug auf Berechtigte, die in den ... Mitgliedstaaten [der Europäischen Union] oder den ... Staaten [der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA)] ansässig sind, keinen Beschränkungen und keiner Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit oder des Wohnortes der Parteien oder des Anlageortes. Die Durchführungsbestimmungen zu diesem Artikel sind in Anhang XII enthalten."
Anhang XII ("Freier Kapitalverkehr") des EWR-Abkommens nimmt auf die Richtlinie 88/361/EWG des Rates vom zur Durchführung von Artikel 67 des Vertrages [Artikel aufgehoben durch den Vertrag von Amsterdam] (ABl. L 178, S. 5) Bezug. Nach Art. 1 Abs. 1 dieser Richtlinie wird der Kapitalverkehr entsprechend der Nomenklatur in ihrem Anhang I gegliedert.
Nationales Recht
§ 4 des Einkommensteuergesetzes 1988 (Bundesgesetz vom , BGBl. Nr. 400/1988, im Folgenden: EStG) behandelt die Ermittlung des Gewinns als Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer. Nach dieser Bestimmung wird der Gewinn durch Betriebsausgaben gemindert. Insbesondere sind nach § 4 Abs. 4 EStG bestimmte ausdrücklich aufgeführte Ausgabenposten "jedenfalls" Betriebsausgaben.
§ 4a Z 1 EStG in der durch das Steuerreformgesetz 2009 (BGBl. I Nr. 26/2009) geänderten Fassung (im Folgenden: EStG in der geänderten Fassung), der Zuwendungen aus dem Betriebsvermögen betrifft, führt eine Reihe von Zuwendungen auf, die ebenfalls als Betriebsausgaben gelten. § 4a EStG in der geänderten Fassung übernimmt hierzu die bis in § 4 Abs. 4 Z 5 EStG enthaltene Liste von Betriebsausgaben.
§ 4a EStG in der geänderten Fassung bestimmt Folgendes:
"Als Betriebsausgaben gelten auch:
1. Zuwendungen aus dem Betriebsvermögen zur Durchführung von
- Forschungsaufgaben oder
- der Erwachsenenbildung dienenden Lehraufgaben, welche die wissenschaftliche oder künstlerische Lehre betreffen und dem Universitätsgesetz 2002 entsprechen,
sowie damit verbundenen wissenschaftlichen Publikationen und Dokumentationen an folgende Einrichtungen:
a) Universitäten, Kunsthochschulen und die Akademie der bildenden Künste, deren Fakultäten, Institute und besondere Einrichtungen;
b) durch Bundes- oder Landesgesetz errichtete Fonds, die mit Aufgaben der Forschungsförderung betraut sind;
c) die Österreichische Akademie der Wissenschaften;
d) juristisch unselbständige Einrichtungen von Gebietskörperschaften, die im Wesentlichen mit Forschungs- oder Lehraufgaben der genannten Art für die österreichische Wissenschaft oder Wirtschaft und damit verbundenen wissenschaftlichen Publikationen oder Dokumentationen befasst sind;
e) juristische Personen, die im Wesentlichen mit Forschungs- oder Lehraufgaben der genannten Art für die österreichische Wissenschaft oder Wirtschaft und damit verbundenen wissenschaftlichen Publikationen oder Dokumentationen befasst sind. Weitere Voraussetzung ist, dass an diesen juristischen Personen entweder eine Gebietskörperschaft zumindest mehrheitlich beteiligt ist oder die juristische Person als Körperschaft im Sinne der §§ 34 ff der Bundesabgabenordnung ausschließlich wissenschaftliche Zwecke verfolgt.
Die Voraussetzungen der lit. d und e sind von der jeweiligen Einrichtung durch einen unter dem Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufs erteilten Bescheid des Finanzamtes Wien 1/23 nachzuweisen. Sämtliche Einrichtungen, für die ein solcher Bescheid ausgestellt wurde, sind zumindest einmal jährlich in elektronisch geeigneter Form auf der Homepage des Bundesministeriums für Finanzen zu veröffentlichen. Der gemeine Wert der Zuwendungen ist insoweit abzugsfähig, als er zusammen mit dem gemeinen Wert von Zuwendungen im Sinne der Z 2 insgesamt 10 % des Gewinnes des unmittelbar vorangegangenen Wirtschaftsjahres nicht übersteigt. ...
..."
Sachverhalt und Vorverfahren
Mit Schreiben vom bat die Kommission beim österreichischen Bundesministerium für Finanzen um Klarstellung, ob die Empfänger von Zuwendungen nach § 4 Abs. 4 Z 5 EStG (jetzt § 4a Z 1 EStG in der geänderten Fassung) nur in Österreich ansässige Einrichtungen sein könnten, oder ob es sich dabei auch um entsprechende Einrichtungen handeln dürfe, die in anderen Mitgliedstaaten der Union oder des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) ansässig seien.
Mit Schreiben vom bestätigte das Bundesministerium für Finanzen, dass es sich bei den in § 4 Abs. 4 Z 5 lit. a bis d EStG umschriebenen Spendenempfängern nur um österreichische Einrichtungen handeln könne. Hingegen sei die Anwendung von § 4 Abs. 4 Z 5 lit. e EStG nach dessen Wortlaut nicht auf inländische Einrichtungen beschränkt.
Am richtete die Kommission an die Republik Österreich ein erstes Mahnschreiben, in dem sie zu dem Ergebnis gelangte, dass § 4 Abs. 4 Z 5 lit. a bis e EStG gegen Art. 49 EG und Art. 36 EWR-Abkommen verstoße, und diesen Mitgliedstaat aufforderte, sich hierzu innerhalb einer Frist von zwei Monaten ab der Zuleitung dieses Schreibens zu äußern.
In ihrer Antwort vom trat die Republik Österreich der Anwendung der Bestimmungen über den freien Dienstleistungsverkehr mit der Begründung entgegen, dass die von der streitigen Bestimmung geregelten Zuwendungen kein Entgelt für eine Leistung darstellten. Ferner bestritt sie jeglichen Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit.
In einem ergänzenden Mahnschreiben vom , das der Republik Österreich am zugeleitet wurde, ergänzte die Kommission ihre im ersten Mahnschreiben dargelegte rechtliche Beurteilung dahin, dass sie diese neben den Bestimmungen über den freien Dienstleistungsverkehr auch auf diejenigen über den freien Kapitalverkehr, nämlich auf Art. 56 EG und Art. 40 EWR-Abkommen stütze, da die fragliche steuerliche Regelung Spenden an in anderen Mitgliedstaaten der Union oder des EWR ansässige Einrichtungen weniger attraktiv mache.
In ihrer Antwort vom verwies die Republik Österreich im Wesentlichen auf ihre Stellungnahme vom , wonach weder gegen den freien Dienstleistungsverkehr noch gegen die Kapitalverkehrsfreiheit verstoßen worden sei.
Da diese Antwort die Kommission nicht zufriedenstellte, erließ sie am eine mit Gründen versehene Stellungnahme, in der sie zu dem Ergebnis gelangte, dass die Republik Österreich dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 56 EG und Art. 40 EWR-Abkommen verstoßen habe, dass sie die steuerliche Abzugsfähigkeit von Zuwendungen an Einrichtungen mit Forschungs- und Lehraufgaben nur im Fall von in Österreich ansässigen Einrichtungen zugelassen habe. In ihrer rechtlichen Analyse von § 4 Abs. 4 Z 5 EStG unterschied die Kommission zwischen § 4 Abs. 4 Z 5 lit. a bis d EStG und Z 5 lit. e dieser Bestimmung. Nach Ansicht der Kommission differenzierten die lit. a bis d des § 4 Abs. 4 Z 5 EStG nach dem Ort der Ansässigkeit der betreffenden Einrichtung. Nur Zuwendungen an die in diesen lit. a bis d genannten und in Österreich niedergelassenen Einrichtungen könnten als abzugsfähige Betriebsausgaben anerkannt werden. Hingegen unterscheide Art. 4 Abs. 4 Z 5 lit. e EStG zwar nicht nach der Ansässigkeit des Spendenempfängers, die Spenden würden jedoch nur als Betriebsausgaben anerkannt, wenn die betreffende juristische Person ihre Tätigkeiten im Wesentlichen für die österreichische Wissenschaft oder Wirtschaft ausübe.
Mit Stellungnahme vom bekräftigte und ergänzte die Republik Österreich ihre bereits in ihren Äußerungen zum Mahnschreiben und zum ergänzenden Mahnschreiben dargelegte Auffassung. Vor diesem Hintergrund hat die Kommission beschlossen, die vorliegende Klage zu erheben.
Zur Klage
Vorbringen der Verfahrensbeteiligten
Nach Ansicht der Kommission verstößt § 4a Z 1 lit. a bis d EStG in der geänderten Fassung dadurch, dass er den Betriebsausgabenabzug nur für Zuwendungen an mit Forschungs- und Lehraufgaben befasste Einrichtungen zulasse, die in Österreich ansässig seien, und zwar unter Ausschluss von Spenden an vergleichbare Einrichtungen, die in anderen Mitgliedstaaten der Union oder des EWR niedergelassen seien, gegen den durch Art. 56 EG und Art. 40 EWR-Abkommen garantierten freien Kapitalverkehr.
Eine solche Bestimmung des österreichischen Rechts sei grundsätzlich nach Art. 56 EG verboten und könne nicht gerechtfertigt werden. Nach ihrem Wortlaut und nach den Ausführungen der Republik Österreich im Vorverfahren unterscheide diese Bestimmung eindeutig nach rein geografischen Kriterien, nämlich danach, ob der Spendenempfänger in Österreich ansässig sei. All diese Erwägungen zu Art. 56 EG gälten entsprechend für Art. 40 EWR-Abkommen.
Die Republik Österreich räumt ein, dass § 4a Z 1 lit. a bis d EStG in der geänderten Fassung in bestimmtem Umfang zwischen in Österreich ansässigen Einrichtungen und solchen, die in anderen Mitgliedstaaten niedergelassen seien, differenziere, doch stelle diese Bestimmung keine Beschränkung des freien Kapitalverkehrs dar. Zunächst seien die in § 4a Z 1 lit. a bis d EStG in der geänderten Fassung aufgeführten Forschungs- und Bildungseinrichtungen mit in anderen Mitgliedstaaten ansässigen ähnlichen Einrichtungen nicht objektiv vergleichbar, da nur Erstere einer hoheitlichen Einflussnahme durch die Republik Österreich unterlägen.
Soweit ferner eine Beschränkung des freien Kapitalverkehrs festgestellt werde, sei diese aus einem zwingenden Grund des Allgemeininteresses gerechtfertigt. Insbesondere entspreche die Beschränkung der Spendenbegünstigung auf die in § 4a Z 1 lit. a bis d EStG in der geänderten Fassung genannten Einrichtungen der im Allgemeininteresse der inländischen Öffentlichkeit gelegenen Zielsetzung, die Stellung Österreichs als Wissens- und Wissenschaftsstandort langfristig zu erhalten und zu fördern. Einrichtungen, die nicht unter § 4a Z 1 lit. a bis d EStG in der geänderten Fassung fielen, könnten nach § 4a Z 1 lit. e EStG in der geänderten Fassung, ebenso wie vergleichbare Einrichtungen, die in anderen Mitgliedstaaten als der Republik Österreich ansässig seien, dennoch in den Genuss der Spendenbegünstigung kommen, wenn sie dem Gemeinwohl dienende Zwecke im Bereich der Wissenschaft und Wirtschaft verfolgten.
Der Verzicht auf Steuereinnahmen durch die steuerliche Abzugsfähigkeit von Spenden an die in § 4a Z 1 lit. a bis d EStG in der geänderten Fassung genannten Forschungs- und Bildungseinrichtungen finde seine Rechtfertigung darin, dass diese Einrichtungen ihren Beitrag zum Gemeinwohl durch Sachleistungen erbrächten und dass diese Spenden die Steuerzahlung substituieren könnten. Durch die steuerliche Abzugsfähigkeit von Spenden nach dieser Bestimmung könnten daher zusätzliche Mittel für öffentliche Aufgaben bereitgestellt werden.
Die Beschränkung der Spendenbegünstigung auf die in § 4a Z 1 lit. a bis d EStG in der geänderten Fassung genannten Forschungs- und Bildungseinrichtungen sei zur Erreichung dieses Ziels geeignet und erforderlich. Ihre Ausdehnung auf Einrichtungen, die in anderen Mitgliedstaaten als der Republik Österreich ansässig seien, könne die Erreichung dieses Ziels nicht in gleicher Weise gewährleisten, da sie zur Folge hätte, dass ein Teil der fraglichen Spenden, die in Höhe von bis zu 10 % des Gewinns des Spenderunternehmens abzugsfähig seien, Einrichtungen zugutekäme, die Ziele verfolgten, die nicht dem Gemeinwohl in der Republik Österreich dienten, was die Mittel der in diesem Mitgliedstaat ansässigen Einrichtungen entsprechend verringere.
Würdigung durch den Gerichtshof
Zunächst ist an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass die Kommission nach ihrer Klageschrift nur auf § 4a Z 1 lit. a bis d EStG in der geänderten Fassung abzielt und nicht auf Z 1 lit. e dieser Bestimmung.
Die Kommission ist im Wesentlichen der Ansicht, dass § 4a Z 1 lit. a bis d EStG in der geänderten Fassung dadurch, dass er die steuerliche Abzugsfähigkeit von Spenden nur an die in dieser Bestimmung genannten Einrichtungen zulasse, eine Unterscheidung allein nach dem Kriterium der Ansässigkeit des Spendenempfängers vornehme, was mit den Anforderungen nach Art. 56 EG und Art. 40 EWR-Abkommen unvereinbar sei.
Es ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung die direkten Steuern zwar in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fallen, diese jedoch ihre Befugnisse unter Wahrung des Unionsrechts ausüben müssen (vgl. u. a. Urteil vom , Établissements Rimbaud, C-72/09, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 23 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Art. 56 Abs. 1 EG verbietet alle Beschränkungen des Kapitalverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten sowie zwischen den Mitgliedstaaten und dritten Ländern. Der EG-Vertrag bestimmt zwar den Begriff "Kapitalverkehr" nicht, es steht jedoch fest, dass der Richtlinie 88/361 in Verbindung mit der Nomenklatur in ihrem Anhang Hinweischarakter für die Definition dieses Begriffs zukommt (vgl. Urteil vom , Kommission/Niederlande, C-282/04 und C-283/04, Slg. 2006, I-9141, Randnr. 19). Schenkungen und Stiftungen werden in Anhang I Rubrik XI ("Kapitalverkehr mit persönlichem Charakter") der Richtlinie 88/361 genannt.
Im vorliegenden Fall sieht das EStG in der geänderten Fassung vor, dass Zuwendungen aus dem Betriebsvermögen an die in § 4a Z 1 lit. a bis e genannten Forschungs- und Bildungseinrichtungen steuerlich abzugsfähig sind. Wie die Republik Österreich im Vorverfahren eingeräumt hat, können die in § 4a Z 1 lit. a bis d EStG in der geänderten Fassung umschriebenen Zuwendungsempfänger nur Einrichtungen sein, die in diesem Staat ansässig sind.
Daher führt die fragliche steuerliche Abzugsregelung für Steuerpflichtige, die an Einrichtungen spenden, die in einem anderen Mitgliedstaat als der Republik Österreich ansässig sind, zu einer höheren steuerlichen Belastung als für Steuerpflichtige, die an die in § 4a Z 1 lit. a bis d EStG in der geänderten Fassung genannten Einrichtungen spenden. Da die Möglichkeit des Spendenabzugs das Verhalten des Spenders erheblich beeinflussen kann, ist die fehlende Abzugsfähigkeit von Spenden an Forschungs- und Bildungseinrichtungen, die in einem anderen Mitgliedstaat als der Republik Österreich ansässig sind, geeignet, die Steuerpflichtigen davon abzuhalten, an diese zu spenden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom , Persche, C-318/07, Slg. 2009, I-359, Randnr. 38).
§ 4a Z 1 lit. a bis d EStG in der geänderten Fassung stellt daher eine nach Art. 56 Abs. 1 EG grundsätzlich verbotene Beschränkung des Kapitalverkehrs dar.
Nach Art. 58 Abs. 1 Buchst. a EG berührt jedoch Art. 56 EG nicht das Recht der Mitgliedstaaten, "die einschlägigen Vorschriften ihres Steuerrechts anzuwenden, die Steuerpflichtige mit unterschiedlichem ... Kapitalanlageort unterschiedlich behandeln". Diese Abweichung ist selbst durch Art. 58 Abs. 3 EG begrenzt, wonach die in Abs. 1 dieses Artikels genannten innerstaatlichen Maßnahmen "weder ein Mittel zur willkürlichen Diskriminierung noch eine verschleierte Beschränkung des freien Kapital- und Zahlungsverkehrs im Sinne des Artikels 56 darstellen [dürfen]". Die nach Art. 58 Abs. 1 Buchst. a EG zulässigen Ungleichbehandlungen müssen daher von den nach Abs. 3 dieses Artikels verbotenen Diskriminierungen unterschieden werden.
Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs kann eine nationale Steuerregelung wie die fragliche, die zwischen Spenden an inländische Einrichtungen und Spenden an in einem anderen Mitgliedstaat ansässige Einrichtungen unterscheidet, nur dann als mit den Vertragsbestimmungen über den freien Kapitalverkehr vereinbar angesehen werden, wenn die unterschiedliche Behandlung Situationen betrifft, die nicht objektiv miteinander vergleichbar sind, oder wenn sie durch einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses gerechtfertigt ist. Außerdem ist eine Ungleichbehandlung nur dann gerechtfertigt, wenn sie nicht über das hinausgeht, was zum Erreichen des mit der fraglichen Regelung verfolgten Ziels erforderlich ist (vgl. in diesem Sinne Urteile vom , Centro di Musicologia Walter Stauffer, C-386/04, Slg. 2006, I-8203, Randnr. 32, und Persche, Randnr. 41).
Die Republik Österreich macht zunächst geltend, dass die in § 4a Z 1 lit. a bis d EStG in der geänderten Fassung genannten Einrichtungen mit den in anderen Mitgliedstaaten niedergelassenen entsprechenden Forschungs- und Bildungseinrichtungen nicht objektiv vergleichbar seien. Soweit nämlich die Steuerregelung im Zusammenhang mit den fraglichen Zuwendungen zu einer unterschiedlichen Behandlung der Steuerpflichtigen je nach dem Ort ihrer Kapitalanlage führt, sieht die Republik Österreich die Ungleichbehandlung zwischen österreichischen Steuerpflichtigen, die an die in § 4a Z 1 lit. a bis d EStG in der geänderten Fassung genannten Einrichtungen spenden, und denjenigen, die an in anderen Mitgliedstaaten ansässige entsprechende Einrichtungen spenden, im Hinblick auf die zwischen den Empfängern dieser Spenden bestehenden Unterschiede als zulässig an.
Diese Ungleichbehandlung sei durch die hoheitliche Einflussnahme in Österreich auf die in § 4a Z 1 lit. a bis d EStG in der geänderten Fassung genannten Einrichtungen gerechtfertigt, die hinsichtlich der in anderen Mitgliedstaaten niedergelassenen Einrichtungen fehle. Durch diese Einflussnahme könne die öffentliche Hand die Gemeinwohlziele festlegen, die den in dieser Bestimmung genannten Einrichtungen vorgegeben würden, sie bei der Verfolgung dieser Ziele aktiv steuern und bei einem Nichterreichen dieser Ziele eingreifen.
Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass die Mitgliedstaaten frei wählen können, welche Ziele des Allgemeininteresses sie dadurch fördern wollen, dass sie privaten oder öffentlichen Einrichtungen, die diese Ziele selbstlos verfolgen und die Anforderungen an ihre Verwirklichung erfüllen, steuerliche Vergünstigungen gewähren, sie müssen dieses Ermessen jedoch im Einklang mit dem Unionsrecht ausüben (vgl. in diesem Sinne Urteil Persche, Randnr. 48). Die innerstaatlichen Behörden verfügen zwar in Bezug auf im Inland ansässige Einrichtungen über mehr Mittel zur Kontrolle und zur Einflussnahme auf deren Verhalten als hinsichtlich der in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen, doch hat die Republik Österreich nicht nachgewiesen, dass in Bezug auf die fraglichen Einrichtungen ein solches Tätigwerden erforderlich ist, um das Erreichen der Ziele des Allgemeininteresses zu gewährleisten, die dieser Mitgliedstaat fördern will.
Außerdem ist es zwar legitim, dass ein Mitgliedstaat die Gewährung von Steuervergünstigungen Einrichtungen vorbehält, die bestimmte Gemeinwohlziele verfolgen, doch kann er solche Vergünstigungen nicht Einrichtungen vorbehalten, die in seinem Hoheitsgebiet ansässig sind (vgl. in diesem Sinne Urteil Persche, Randnr. 44).
Im vorliegenden Fall weist die Republik Österreich darauf hin, dass das mit § 4a Z 1 EStG in der geänderten Fassung verfolgte Ziel des Allgemeininteresses die Förderung der Stellung Österreichs als Wissenschafts- und Ausbildungsstandort sei. Wie die Generalanwältin in Nr. 56 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, ist dieses Ziel so umschrieben, dass es von nahezu allen in Österreich ansässigen Forschungs- und Bildungseinrichtungen erfüllt wird, während in einem anderen Mitgliedstaat ansässige Einrichtungen von der fraglichen Steuervergünstigung automatisch ausgeschlossen sind.
Das einzige Kriterium, nach dem sich Steuerpflichtige, die an in Österreich ansässige Einrichtungen spenden, von solchen unterscheiden, die an in einem anderen Mitgliedstaat ansässige entsprechende Einrichtungen spenden, ist daher in Wirklichkeit der Ansässigkeitsort des Spendenempfängers. Ein solches Kriterium kann per definitionem kein gültiges Kriterium für die Beurteilung der objektiven Vergleichbarkeit dieser Situationen und somit für das Bestehen eines objektiven Unterschieds zwischen ihnen darstellen (vgl. entsprechend zum freien Dienstleistungsverkehr Urteil vom , Schwarz und Gootjes-Schwarz, C-76/05, Slg. 2007, I-6849, Randnrn. 72 f.).
Das Vorbringen der Republik Österreich, die in § 4a Z 1 lit. a bis d EStG in der geänderten Fassung genannten Einrichtungen und in anderen Mitgliedstaaten ansässige entsprechende Forschungs- und Bildungseinrichtungen befänden sich nicht in einer objektiv vergleichbaren Lage, weshalb die unterschiedliche Behandlung der der österreichischen Einkommensteuer unterliegenden Steuerpflichtigen je nach dem Ort ihrer Kapitalanlage gerechtfertigt sei, ist daher zurückzuweisen.
Was sodann das Vorbringen anbelangt, es liege ein zwingender Grund des Allgemeininteresses vor, hat der Gerichtshof im Urteil vom , Laboratoires Fournier (C-39/04, Slg. 2005, I-2057, Randnr. 23), zwar entschieden, dass die Förderung von Forschung und Entwicklung ein solcher Grund sein kann, er hat jedoch eine nationale Regelung, die eine Steuervergünstigung nur für Forschungstätigkeiten vorsieht, die im betreffenden Mitgliedstaat durchgeführt werden, als im direkten Gegensatz zu den Zielen der Unionspolitik im Bereich Forschung und technologische Entwicklung stehend angesehen. Nach Art. 163 Abs. 2 EG besteht diese Politik u. a. darin, die der Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Forschung entgegenstehenden steuerlichen Hindernisse zu beseitigen, und sie kann daher nicht durch die Förderung von Forschung und Entwicklung auf nationaler Ebene durchgeführt werden. Soweit sich die Republik Österreich auf dieses Ziel beruft, um die Abzugsfähigkeit von Spenden auf Zuwendungen an österreichische Forschungszentren und Universitäten zu beschränken, gilt für die im vorliegenden Verfahren in Rede stehende steuerliche Spendenbegünstigung dasselbe.
Soweit sich die Republik Österreich auf das Ziel beruft, die innerstaatliche Ausbildung zu fördern - einmal unterstellt, dass ein solches Ziel ein zwingender Grund des Allgemeininteresses sein kann, der geeignet ist, eine Beschränkung des freien Kapitalverkehrs zu rechtfertigen -, kann eine beschränkende Maßnahme nur dann gerechtfertigt sein, wenn sie den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet. Dazu ist festzustellen, dass die Republik Österreich nichts dafür vorgebracht hat, dass das von ihr auf diesem Gebiet verfolgte Ziel ohne die streitige Bestimmung nicht verwirklicht werden kann, und zwar auch nicht mit Mitteln, die die österreichischen Steuerpflichtigen bei der Auswahl der Empfänger, an die sie spenden möchten, weniger einschränkt.
Die Republik Österreich beschränkt sich nämlich auf das - zudem allgemein gehaltene - Vorbringen, dass die Ausdehnung der steuerlichen Abzugsfähigkeit von Zuwendungen auf Spenden an in anderen Mitgliedstaaten ansässige Einrichtungen eine teilweise Verlagerung der derzeit den österreichischen Einrichtungen zufließenden Spenden und damit eine Verringerung der Letzteren zur Verfügung stehenden Mittel aus Spendeneinnahmen zur Folge hätte. Die Mittel aus privaten Spenden ergänzten nämlich den Haushalt dieser Einrichtungen, so dass durch die steuerliche Abzugsfähigkeit der fraglichen Spenden zusätzliche Mittel für diese öffentlichen Aufgaben bereitgestellt werden könnten, ohne die das Budget belastenden Ausgaben zu erhöhen.
Was dieses Vorbringen betrifft, gehört nach ständiger Rechtsprechung das Erfordernis, einen Rückgang der Steuereinnahmen zu verhindern, weder zu den in Art. 58 EG genannten Zielen noch zu den zwingenden Gründen des Allgemeininteresses, die eine Beschränkung einer vom Vertrag eingeräumten Freiheit rechtfertigen können (vgl. in diesem Sinne Urteil Persche, Randnr. 46 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Die sich aus der streitigen Regelung ergebende Beschränkung des freien Kapitalverkehrs kann daher nicht mit den Gründen gerechtfertigt werden, auf die sich die Republik Österreich beruft.
Da Art. 40 EWR-Abkommen und Art. 56 EG im Wesentlichen dieselbe rechtliche Tragweite haben (vgl. Urteile vom , Kommission/Niederlande, C-521/07, Slg. 2009, I-4873, Randnr. 33, und Établissements Rimbaud, Randnr. 22), gelten sämtliche vorstehenden Erwägungen unter Umständen wie denen des vorliegenden Verfahrens entsprechend für Art. 40 EWR-Abkommen.
Nach alledem stellt § 4a Z 1 lit. a bis d EStG in der geänderten Fassung, indem er die einkommensteuerliche Abzugsfähigkeit von Spenden auf solche an in Österreich ansässige Einrichtungen beschränkt, eine Beschränkung des in Art. 56 EG und Art. 40 EWR-Abkommen verankerten freien Kapitalverkehrs dar.
Daher ist festzustellen, dass die Republik Österreich dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 56 EG und Art. 40 EWR-Abkommen verstoßen hat, dass sie die steuerliche Abzugsfähigkeit von Zuwendungen an Einrichtungen mit Forschungs- und Lehraufgaben nur im Fall von in Österreich ansässigen Einrichtungen zugelassen hat.
Kosten
Nach Art. 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Republik Österreich mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag der Kommission die Kosten aufzuerlegen.
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Vierte Kammer) für Recht erkannt und entschieden:
1. Die Republik Österreich hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 56 EG und Art. 40 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum vom verstoßen, dass sie die steuerliche Abzugsfähigkeit von Zuwendungen an Einrichtungen mit Forschungs- und Lehraufgaben nur im Fall von in Österreich ansässigen Einrichtungen zugelassen hat.
2. Die Republik Österreich trägt die Kosten.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
VAAAD-86040