EuGH Urteil v. - C-450/09

Besteuerung von Einkünften aus der Vermietung von Immobilien - Abziehbarkeit von Renten, die einem Elternteil im Wege der vorweggenommenen Erbfolge gezahlt werden - Voraussetzung der unbeschränkten Steuerpflichtigkeit im fraglichen Mitgliedstaat

Leitsatz

Art. 63 AEUV ist dahin auszulegen, dass er der Regelung eines Mitgliedstaats, die es einem gebietsansässigen Steuerpflichtigen erlaubt, die einem Elternteil, der ihm in diesem Staat belegene Immobilien übertragen hat, gezahlten Renten von Einkünften aus der Vermietung dieser Immobilien abzuziehen, gebietsfremden Steuerpflichtigen einen solchen Abzug jedoch nicht gewährt, entgegensteht, soweit die Verpflichtung zur Zahlung dieser Renten auf der Übertragung der Immobilien beruht.

Gesetze: EStG § 10 Abs. 1 Nr. 1aEStG § 50 Abs. 1

Instanzenzug: (Verfahrensverlauf), , ,

Gründe

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 18 AEUV und 63 AEUV.

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Herrn Schröder und dem Finanzamt Hameln wegen dessen Weigerung, eine von Herrn Schröder an seine Mutter gezahlte Rente von Einkünften abzuziehen, die aus der Vermietung von in Deutschland belegenen und von ihm insbesondere im Wege der vorweggenommenen Erbfolge erworbenen Immobilien stammen.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 88/361/EWG des Rates vom zur Durchführung von Artikel 67 des Vertrages (Artikel aufgehoben durch den Vertrag von Amsterdam) (ABl. L 178, S. 5) bestimmt:

"Unbeschadet der nachstehenden Bestimmungen beseitigen die Mitgliedstaaten die Beschränkungen des Kapitalverkehrs zwischen den Gebietsansässigen in den Mitgliedstaaten. Zur Erleichterung der Durchführung dieser Richtlinie wird der Kapitalverkehr entsprechend der Nomenklatur in Anhang I gegliedert."

Zu dem in Anhang I der Richtlinie 88/361 aufgeführten Kapitalverkehr gehört unter der Rubrik XI der Kapitalverkehr mit persönlichem Charakter, der u. a. Schenkungen und Stiftungen umfasst.

Nationales Recht

§ 1 des deutschen Einkommensteuergesetzes in der auf das Ausgangsverfahren anwendbaren Fassung (BGBl. 2002 I S. 4210, im Folgenden: EStG) bestimmt u. a., dass natürliche Personen, die in Deutschland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind, während natürliche Personen, die in Deutschland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, beschränkt einkommensteuerpflichtig sind, wenn sie inländische Einkünfte im Sinne des § 49 EStG haben. Zu den dort genannten Einkünften gehören solche aus der Vermietung einer in Deutschland belegenen Immobilie.

§ 10 EStG trägt die Überschrift "Sonderausgaben". In Abs. 1 dieser Vorschrift heißt es:

"Sonderausgaben sind die folgenden Aufwendungen, wenn sie weder Betriebsausgaben noch Werbungskosten sind:

...

1a. auf besonderen Verpflichtungsgründen beruhende Renten und dauernde Lasten, die nicht mit Einkünften in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, die bei der Veranlagung außer Betracht bleiben; ..."

§ 50 EStG enthält Sondervorschriften für beschränkt steuerpflichtige Personen. In Abs. 1 heißt es:

"Beschränkt Steuerpflichtige dürfen Betriebsausgaben (§ 4 Abs. 4 bis 8) oder Werbungskosten (§ 9) nur insoweit abziehen, als sie mit inländischen Einkünften in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen. ... Die ... §§ ... 10 ... sind nicht anzuwenden. ..."

Ausgangsverfahren und Vorlagefrage

Herr Schröder ist deutscher Staatsangehöriger mit Wohnsitz in Belgien, wo er als Arbeitnehmer tätig ist.

Mit notariell beurkundetem Vertrag vom erwarb er von seinen Eltern ein in Deutschland belegenes Grundstück, das mit einem Nießbrauchsvorbehalt zu deren Gunsten belastet war. Mit notariell beurkundetem Vertrag vom übertrug seine Mutter im Wege der vorweggenommenen Erbfolge weitere in Deutschland belegene Grundstücke an ihn und seinen Bruder. Die bis zu diesem Zeitpunkt an diversen Grundstücken bestehenden Nießbrauchsrechte der Mutter wurden in eine Rentenverpflichtung umgewandelt, nach der er - ebenso wie sein Bruder - ab dem eine monatliche Rente in Höhe von 1 000 Euro an seine Mutter zu zahlen hatte.

2002 erzielte Herr Schröder in Deutschland Einkünfte aus Vermietung des 1992 erworbenen Grundstücks in Höhe von 2 785 Euro sowie aus der zwischen ihm und seinem Bruder bestehenden Grundstücksgemeinschaft in Höhe von 749,50 Euro.

Das Finanzamt Hameln legte diese Beträge dem an Herrn Schröder gerichteten Einkommensteuerbescheid für 2002 zugrunde und weigerte sich, die im Dezember 2002 gezahlte Rente in Höhe von 1 000 Euro zu berücksichtigen.

Gegen diese Weigerung erhob Herr Schröder Klage vor dem Niedersächsischen Finanzgericht. Dieses stellt fest, dass jemand wie der Bruder von Herrn Schröder, der in Deutschland wohne und daher unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sei, nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs eine solche Rente gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG als Sonderausgaben vom zu versteuernden Betrag abziehen könne. Der Bundesfinanzhof sehe nämlich in den anlässlich der Übertragung von Grundstücken im Wege der vorweggenommenen Erbfolge vereinbarten Gegenleistungen, wie z. B. Renten, keine (teil)entgeltlichen Vorgänge, sondern nehme diese Gegenleistungen in vollem Umfang aus dem Bereich der Einkünfteerzielung heraus.

Dagegen sei jemand wie Herr Schröder, der als Gebietsfremder in Deutschland nur beschränkt einkommensteuerpflichtig sei, nicht berechtigt, eine solche Rente von seinem steuerbaren Einkommen abzuziehen, da § 50 Abs. 1 EStG die Anwendung von § 10 EStG in seinem Fall ausschließe.

Das vorlegende Gericht hegt Zweifel, ob diese unterschiedliche Behandlung von unbeschränkt und beschränkt Steuerpflichtigen mit dem Unionsrecht, insbesondere mit Art. 63 AEUV, vereinbar ist.

Unter diesen Umständen hat das Niedersächsische Finanzgericht beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof die folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:

Widerspricht es den Art. 63 AEUV und 18 AEUV, wenn ein im Inland beschränkt steuerpflichtiger Angehöriger anders als ein unbeschränkt Steuerpflichtiger im Zusammenhang mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung stehende Renten nicht als Sonderausgaben geltend machen kann?

Zur Vorlagefrage

Zur Zulässigkeit

Die deutsche Regierung hält das Vorabentscheidungsersuchen für unzulässig, weil die Angaben des vorlegenden Gerichts zum tatsächlichen und rechtlichen Hintergrund des Verfahrens nicht ausreichten, um insbesondere die Regierungen der Mitgliedstaaten in die Lage zu versetzen, sich qualifiziert zu dem vorliegenden Verfahren zu äußern. Zum einen fehlten nämlich Angaben über die Modalitäten der Grundstücksübertragungen an Herrn Schröder, über die Aufhebung der bestehenden Nießbrauchsrechte und über die Zahlung der monatlichen Rente. Zum anderen seien die Angaben zum Inhalt und zur Auslegung der nationalen Rechtsvorschriften über Sonderausgaben im Sinne des § 10 EStG sowie zur Abgrenzung zu anderen Kategorien von Aufwendungen wie Betriebsausgaben und Werbungskosten unzureichend. Ohne diese Angaben lasse sich nicht beurteilen, welcher Zusammenhang zwischen bestimmten Aufwendungen eines gebietsfremden Steuerpflichtigen und dessen steuerbaren Einkünften bestehe, und damit nicht ermitteln, ob eine verbotene Diskriminierung Gebietsfremder vorliege.

Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof ein Vorabentscheidungsersuchen eines nationalen Gerichts nur dann zurückweisen kann, wenn die erbetene Auslegung des Gemeinschaftsrechts offensichtlich in keinem Zusammenhang mit der Realität oder dem Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits steht, wenn das Problem hypothetischer Natur ist oder wenn der Gerichtshof nicht über die tatsächlichen und rechtlichen Angaben verfügt, die für eine zweckdienliche Beantwortung der ihm vorgelegten Fragen erforderlich sind (vgl. u. a. Urteile vom , Bosman, C-415/93, Slg. 1995, I-4921, Randnr. 61, und vom , Schmelz, C-97/09, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 29).

Die Informationen, die dem Gerichtshof im Rahmen einer Vorlageentscheidung geliefert werden müssen, dienen nicht nur dazu, dem Gerichtshof zu ermöglichen, dem vorlegenden Gericht sachdienliche Antworten zu geben, sondern sie sollen auch den Regierungen der Mitgliedstaaten und den anderen interessierten Beteiligten die Möglichkeit geben, sich gemäß Art. 23 der Satzung des Gerichtshofs zu äußern. Dazu ist erforderlich, dass das nationale Gericht den tatsächlichen und rechtlichen Rahmen, in den sich seine Fragen einfügen, festlegt oder zumindest die tatsächlichen Annahmen erläutert, auf denen diese Fragen beruhen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom , Heinrich, C-345/06, Slg. 2009, I-1659, Randnrn. 30 und 31, und vom , Liga Portuguesa de Futebol Profissional und Bwin International, C-42/07, Slg. 2009, I-7633, Randnr. 40).

Gleichwohl kann in Anbetracht der Aufgabenteilung zwischen den nationalen Gerichten und dem Gerichtshof, auf der das Verfahren nach Art. 267 AEUV beruht, nicht verlangt werden, dass das vorlegende Gericht vor einer Vorlage an den Gerichtshof sämtliche Tatsachenerhebungen und die rechtliche Würdigung vornimmt, die ihm im Rahmen seiner Rechtsprechungsaufgabe obliegen. Es genügt nämlich, dass sich der Gegenstand sowie diejenigen Punkte des Ausgangsrechtsstreits, die für die Unionsrechtsordnung hauptsächlich von Interesse sind, aus dem Vorabentscheidungsersuchen ergeben, damit sich die Mitgliedstaaten gemäß Art. 23 der Satzung des Gerichtshofs äußern und wirkungsvoll am Verfahren vor dem Gerichtshof beteiligen können (vgl. in diesem Sinne Urteile Liga Portuguesa de Futebol Profissional und Bwin International, Randnr. 41, und vom , VEBIC, C-439/08, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 47).

Im vorliegenden Fall ist, wie aus den Randnrn. 8 bis 13 des vorliegenden Urteils hervorgeht, in der Vorlageentscheidung zum einen klar angegeben, woher die Immobilien, die Herr Schröder in Deutschland besitzt, stammen und auf welcher Rechtsgrundlage er seiner Mutter eine Rente zahlen muss, sowie zum anderen, welche Auswirkungen die im Ausgangsverfahren in Rede stehende nationale Regelung auf die Abziehbarkeit dieser Rente von seinen steuerbaren Einkünften hat. Außerdem erläutert das vorlegende Gericht, dass die Entscheidung des bei ihm anhängigen Rechtsstreits davon abhängt, ob die unterschiedliche Behandlung von gebietsansässigen und gebietsfremden Steuerpflichtigen mit dem Unionsrecht vereinbar ist.

Diese Angaben reichen aus, um den Gegenstand sowie diejenigen Punkte des Ausgangsrechtsstreits, die für die Unionsrechtsordnung hauptsächlich von Interesse sind, darzulegen und es dem Gerichtshof zu ermöglichen, dem vorlegenden Gericht eine sachdienliche Antwort zu geben. Es ist auch darauf hinzuweisen, dass die französische Regierung und die Europäische Kommission in der Lage waren, ausführliche schriftliche Erklärungen zur Vorlagefrage beim Gerichtshof einzureichen.

Das Vorabentscheidungsersuchen ist demnach zulässig.

Zur Beantwortung der Vorlagefrage

Mit seiner Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob die Art. 18 AEUV und 63 AEUV dahin auszulegen sind, dass sie der Regelung eines Mitgliedstaats entgegenstehen, die es einem gebietsansässigen Steuerpflichtigen erlaubt, die einem Elternteil, der ihm in diesem Staat belegene Immobilien übertragen hat, gezahlten Renten von Einkünften aus der Vermietung dieser Immobilien abzuziehen, einem gebietsfremden Steuerpflichtigen einen solchen Abzug jedoch nicht gewährt.

Als Erstes ist die auf einen Sachverhalt wie den des Ausgangsrechtsstreits anwendbare Bestimmung des AEU-Vertrags zu ermitteln.

Was Art. 63 AEUV betrifft, entspricht es ständiger Rechtsprechung, dass mangels einer Definition des Begriffs "Kapitalverkehr" im Sinne des Art. 63 Abs. 1 AEUV in diesem Vertrag die Nomenklatur des Anhangs I der Richtlinie 88/361 - auch wenn diese Richtlinie auf die Art. 69 und 70 Abs. 1 EWG-Vertrag (die Art. 67 bis 73 EWG-Vertrag wurden durch die Art. 73b bis 73g EG-Vertrag ersetzt, die zu den Art. 56 EG bis 60 EG wurden) gestützt ist - Hinweischarakter behält; dabei ist nach dem dritten Absatz der Einleitung dieses Anhangs die darin enthaltene Nomenklatur aber keine erschöpfende Aufzählung zur Definition des Begriffs des Kapitalverkehrs (vgl. insbesondere Urteile vom , Persche, C-318/07, Slg. 2009, I-359, Randnr. 24 und die dort angeführte Rechtsprechung, vom , Glaxo Wellcome, C-182/08, Slg. 2009, I-8591, Randnr. 39, vom , Busley und Cibrian Fernandez, C-35/08, Slg. 2009, I-9807, Randnr. 17 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom , Missionswerk Werner Heukelbach, C-25/10, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 15).

In diesem Zusammenhang hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass es sich bei Erbschaften und Schenkungen, die unter die Rubrik XI des Anhangs I ("Kapitalverkehr mit persönlichem Charakter") der Richtlinie 88/361 fallen, um Kapitalverkehr im Sinne von Art. 63 AEUV handelt; ausgenommen sind die Fälle, die mit keinem ihrer wesentlichen Elemente über die Grenzen eines Mitgliedstaats hinausweisen (vgl. in diesem Sinne Urteile Persche, Randnr. 27, Busley und Cibrian Fernandez, Randnr. 18, sowie Missionswerk Werner Heukelbach, Randnr. 16).

Demnach fällt die Übertragung von in Deutschland belegenen Immobilien im Wege der Schenkung oder der vorweggenommenen Erbfolge an eine natürliche Person mit Wohnsitz in Belgien unter Art. 63 AEUV.

Zu Art. 18 AEUV, der ein allgemeines Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit enthält, ist festzustellen, dass diese Bestimmung als eigenständige Grundlage nur auf unionsrechtlich geregelte Fallgestaltungen angewendet werden kann, für die der Vertrag keine besonderen Diskriminierungsverbote vorsieht (vgl. insbesondere Urteile vom , Hollmann, C-443/06, Slg. 2007, I-8491, Randnr. 28 und die dort angeführte Rechtsprechung, vom , SGI, C-311/08, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 31, und Missionswerk Werner Heukelbach, Randnr. 18).

Da die Vertragsbestimmungen über den freien Kapitalverkehr, die besondere Diskriminierungsverbote vorsehen, anwendbar sind, findet Art. 18 AEUV in der Ausgangsrechtssache somit keine Anwendung (vgl. Urteile Hollmann, Randnr. 29, und Missionswerk Werner Heukelbach, Randnr. 19).

Als Zweites ist darauf hinzuweisen, dass zu den Maßnahmen, die nach Art. 63 Abs. 1 AEUV als Beschränkungen des Kapitalverkehrs verboten sind, u. a. solche gehören, die Gebietsfremde davon abhalten können, in einem Mitgliedstaat Investitionen zu tätigen oder zu halten (vgl. in diesem Sinne Urteil vom , STEKO Industriemontage, C-377/07, Slg. 2009, I-299, Randnrn. 23 und 24 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

Was die im Ausgangsverfahren fraglichen Rechtsvorschriften betrifft, unterliegt eine natürliche Person, die in Deutschland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat, nach § 49 EStG hinsichtlich ihrer Einkünfte aus der Vermietung von in Deutschland belegenen Immobilien dort der Einkommensteuer. Anders als ein gebietsansässiger Steuerpflichtiger kann ein gebietsfremder Steuerpflichtiger nach § 50 EStG von diesen Einkünften eine Rente, wie sie Herr Schröder im Wege der vorweggenommenen Erbfolge an seine Mutter zahlt, nicht als Sonderausgabe im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG abziehen.

Die nur Gebietsfremde betreffende steuerliche Benachteiligung könnte diese davon abhalten, Immobilien in Deutschland zu erwerben oder zu behalten (vgl. entsprechend Urteil vom 8. September 2005, Blanckaert, C-512/03, Slg. 2005, I-7685, Randnr. 39). Sie kann auch in Deutschland Ansässige davon abhalten, als Begünstigte einer vorweggenommenen Erbfolge Personen zu benennen, die in einem anderen Mitgliedstaat als der Bundesrepublik Deutschland wohnen (vgl. entsprechend Urteil Missionswerk Werner Heukelbach, Randnr. 25).

Solche Rechtsvorschriften stellen daher eine Beschränkung des freien Kapitalverkehrs dar, die gemäß Art. 63 AEUV grundsätzlich verboten ist.

Nach Art. 65 Abs. 1 Buchst. a AEUV berührt Art. 63 AEUV zwar nicht das Recht der Mitgliedstaaten, Steuerpflichtige mit unterschiedlichem Kapitalanlageort in ihrem Steuerrecht unterschiedlich zu behandeln.

Allerdings ist zwischen nach Art. 65 Abs. 1 Buchst. a AEUV erlaubten Ungleichbehandlungen und nach Art. 65 Abs. 3 AEUV verbotenen willkürlichen Diskriminierungen oder verschleierten Beschränkungen zu unterscheiden. Eine nationale Steuerregelung wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende, die zwischen gebietsansässigen und gebietsfremden Steuerpflichtigen unterscheidet, kann nämlich nur dann als mit den Vertragsbestimmungen über den freien Kapitalverkehr vereinbar angesehen werden, wenn die unterschiedliche Behandlung entweder Situationen betrifft, die nicht objektiv miteinander vergleichbar sind, oder wenn sie durch einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses gerechtfertigt ist. Außerdem darf die unterschiedliche Behandlung nicht über das hinausgehen, was zum Erreichen des mit der fraglichen Regelung verfolgten Ziels erforderlich ist (vgl. Urteile Persche, Randnr. 41, und vom , Mattner, C-510/08, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 34).

Es ist daher zu prüfen, ob sich Gebietsfremde und Gebietsansässige unter den Umständen des Ausgangsverfahrens in einer vergleichbaren Lage befinden.

Nach ständiger Rechtsprechung befinden sich Gebietsansässige und Gebietsfremde im Hinblick auf die direkten Steuern in einem Staat in der Regel nicht in einer vergleichbaren Situation, da das Einkommen, das ein Gebietsfremder im Hoheitsgebiet eines Staates erzielt, meist nur einen Teil seiner Gesamteinkünfte darstellt, deren Schwerpunkt an seinem Wohnort liegt, und die persönliche Steuerkraft des Gebietsfremden, die sich aus der Berücksichtigung seiner Gesamteinkünfte sowie seiner persönlichen Lage und seines Familienstands ergibt, leichter an dem Ort beurteilt werden kann, an dem der Mittelpunkt seiner persönlichen Interessen und seiner Vermögensinteressen liegt und der in der Regel der Ort des gewöhnlichen Aufenthalts der betroffenen Person ist (Urteile vom , Schumacker, C-279/93, Slg. 1995, I-225, Randnrn. 31 und 32, vom , Gerritse, C-234/01, Slg. 2003, I-5933, Randnr. 43, und vom , Kommission/Spanien, C-562/07, Slg. 2009, I-9553, Randnr. 46).

Versagt ein Mitgliedstaat Gebietsfremden bestimmte Steuervergünstigungen, die er Gebietsansässigen gewährt, ist dies in Anbetracht der objektiven Unterschiede zwischen der Situation der Gebietsansässigen und derjenigen der Gebietsfremden sowohl hinsichtlich der Einkunftsquelle als auch hinsichtlich der persönlichen Steuerkraft sowie der persönlichen Lage und des Familienstands im Allgemeinen nicht diskriminierend (Urteile Schumacker, Randnr. 34, Gerritse, Randnr. 44, und Kommission/Spanien, Randnr. 47).

Im vorliegenden Fall steht fest, dass die Mieteinnahmen, die Herr Schröder im Jahr 2002 aus seinen Immobilien in Deutschland erzielt hat, nur einen geringen Teil seiner Gesamteinkünfte in diesem Jahr ausmachten.

Der Gerichtshof hat jedoch die Auffassung vertreten, dass sich Gebietsansässige und Gebietsfremde in Bezug auf Aufwendungen, wie Betriebsausgaben, die unmittelbar mit der Tätigkeit zusammenhängen, aus der die in einem Mitgliedstaat zu versteuernden Einkünfte erzielt wurden, in einer vergleichbaren Lage befinden, so dass die Gefahr besteht, dass sich eine nationale Regelung, die Gebietsfremden bei der Besteuerung den Abzug solcher Aufwendungen verweigert, Gebietsansässigen aber gewährt, hauptsächlich zum Nachteil der Angehörigen anderer Mitgliedstaaten auswirkt und damit eine mittelbare Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit beinhaltet (vgl. in diesem Sinne Urteile Gerritse, Randnrn. 27 und 28, vom , Conijn, C-346/04, Slg. 2006, I-6137, Randnr. 20, vom , FKP Scorpio Konzertproduktionen, C-290/04, Slg. 2006, I-9461, Randnr. 49, vom , Centro Equestre da Lezíria Grande, C-345/04, Slg. 2007, I-1425, Randnr. 23, sowie vom , Eckelkamp u. a., C-11/07, Slg. 2008, I-6845, Randnr. 50, und Arens-Sikken, C-43/07, Slg. 2008, I-6887, Randnr. 44).

Daraus folgt, dass eine nationale Regelung wie die des Ausgangsverfahrens grundsätzlich dann gegen Art. 63 AEUV verstößt, wenn die Rente, die Herr Schröder seiner Mutter zahlt, als eine Aufwendung anzusehen sein sollte, die unmittelbar mit seiner Tätigkeit zusammenhängt, die in der Vermietung von in Deutschland belegenen, ihm von seinen Eltern übertragenen Immobilien besteht.

Die deutsche Regierung trägt vor, dass es im vorliegenden Fall an einem unmittelbaren Zusammenhang fehle. Eine solche Rente, die nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG als Sonderausgabe eingestuft sei, unterscheide sich von Betriebsausgaben und Werbungskosten, die ein beschränkt Steuerpflichtiger nach § 50 Abs. 1 EStG abziehen könne, soweit sie die Gegenleistung für den Erwerb einer Einkunftsquelle seien. Die Zahlung einer solchen Rente sei nämlich nicht die typische oder gar rechtliche Folge der Einnahmeerzielung aus der Vermietung von Grundstücken, sondern eine Abrede im Rahmen einer familiären Versorgungsgemeinschaft, und ihr Betrag richte sich nicht nach dem Wert der übertragenen Grundstücke, sondern nach dem Versorgungsbedürfnis des Empfängers und der allgemeinen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Schuldners, die nur durch dessen Wohnmitgliedstaat angemessen gewürdigt werden könne. In diesem Zusammenhang weist die französische Regierung darauf hin, dass der Rentenbetrag weder durch fehlende noch, umgekehrt, durch besonders hohe Mieteinnahmen berührt werde.

Diesem Vorbringen kann nicht gefolgt werden. Selbst wenn sich die Höhe einer Rente, wie sie von Herrn Schröder gezahlt wird, nach der Leistungsfähigkeit des Schuldners und dem Versorgungsbedarf des Empfängers bestimmt, ändert dies nichts daran, dass sich ein unmittelbarer Zusammenhang im Sinne der in Randnr. 40 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung nicht aus irgendeiner Korrelation zwischen der Höhe der fraglichen Aufwendung und derjenigen der zu versteuernden Einkünfte, sondern daraus ergibt, dass diese Aufwendung mit der Tätigkeit zur Erzielung dieser Einkünfte untrennbar verbunden ist (vgl. in diesem Sinne Urteil Centro Equestre da Lezíria Grande, Randnr. 25).

Demgemäß hat der Gerichtshof befunden, dass Ausgaben, die unmittelbar mit der fraglichen Tätigkeit zusammenhängen, solche sind, die durch diese Tätigkeit verursacht werden (vgl. in diesem Sinne Urteile Gerritse, Randnrn. 9 und 27, sowie Centro Equestre da Lezíria Grande, Randnr. 25) und damit für deren Ausübung erforderlich sind. Ein solcher unmittelbarer Zusammenhang wurde auch bei Steuerberatungskosten bejaht, die für die Erstellung einer Steuererklärung anfallen, da sich die Pflicht zur Abgabe dieser Erklärung daraus ergibt, dass in dem betreffenden Mitgliedstaat Einkünfte erzielt werden (vgl. Urteil Conijn, Randnr. 22).

Aus der Vorlageentscheidung geht hervor, dass die auf Herrn Schröder übertragenen Grundstücke zumindest zum Teil mit Nießbrauchsrechten belastet waren, die in eine seiner Mutter zu zahlende monatliche Rente umgewandelt wurden. Somit beruht die Abrede über die Rentenzahlung auf der Übertragung der Grundstücke und war Voraussetzung dafür, dass Herr Schröder über diese verfügen und damit die im Ausgangsverfahren fraglichen, in Deutschland zu versteuernden Mieteinkünfte erzielen konnte.

Soweit die Verpflichtung von Herrn Schröder, seiner Mutter diese Rente zu zahlen, demnach auf der Übertragung der in Deutschland belegenen Grundstücke auf ihn beruht, was vom vorlegenden Gericht zu prüfen ist, stellt diese Rente eine unmittelbar mit der Nutzung dieser Immobilien zusammenhängende Aufwendung dar, so dass sich Herr Schröder insoweit in einer Lage befindet, die mit derjenigen eines gebietsansässigen Steuerpflichtigen vergleichbar ist.

Unter diesen Umständen verstößt eine nationale Regelung, die auf dem Gebiet der Einkommensteuer den Abzug einer solchen Aufwendung Gebietsfremden verweigert, Gebietsansässigen aber gewährt, in Ermangelung einer stichhaltigen Rechtfertigung gegen Art. 63 AEUV.

Ein zwingender Grund des Allgemeininteresses ist aber weder von der deutschen Regierung angeführt noch vom vorlegenden Gericht in Betracht gezogen worden.

Nach alledem ist auf die Vorlagefrage zu antworten, dass Art. 63 AEUV dahin auszulegen ist, dass er der Regelung eines Mitgliedstaats, die es einem gebietsansässigen Steuerpflichtigen erlaubt, die einem Elternteil, der ihm in diesem Staat belegene Immobilien übertragen hat, gezahlten Renten von Einkünften aus der Vermietung dieser Immobilien abzuziehen, gebietsfremden Steuerpflichtigen einen solchen Abzug jedoch nicht gewährt, entgegensteht, soweit die Verpflichtung zur Zahlung dieser Renten auf der Übertragung der Immobilien beruht.

Kosten

Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Zweite Kammer) für Recht erkannt:

Art. 63 AEUV ist dahin auszulegen, dass er der Regelung eines Mitgliedstaats, die es einem gebietsansässigen Steuerpflichtigen erlaubt, die einem Elternteil, der ihm in diesem Staat belegene Immobilien übertragen hat, gezahlten Renten von Einkünften aus der Vermietung dieser Immobilien abzuziehen, gebietsfremden Steuerpflichtigen einen solchen Abzug jedoch nicht gewährt, entgegensteht, soweit die Verpflichtung zur Zahlung dieser Renten auf der Übertragung der Immobilien beruht.

Fundstelle(n):
VAAAD-80843