Solidaritätszuschlag spätestens ab 2007
verfassungswidrig?
Leitsatz
1. Der Solidaritätszuschlag ist
eine Ergänzungsabgabe im Sinne des Artikels 106 Abs. 1 Nr. 6 des
Grundgesetzes (GG). Nach den
Vorstellungen (Motiven) des Verfassungsgebers ist eine Ergänzungsabgabe
zur Einkommen- und Körperschaftsteuer zur Deckung von "Bedarfsspitzen" im
Bundeshaushalt bestimmt. Sie darf lediglich in "Ausnahmelagen" bzw. in
"besonderen Notfällen", nicht in Zeiten allgemeiner Steuertarifsenkungen
erhoben werden.
2. Die Motive des Verfassungsgebers
sind bei der Prüfung der Frage zu berücksichtigen, ob das
Solidaritätszuschlaggesetz
1995 in der für das Streitjahr 2007 geltenden Fassung
verfassungsgemäß ist.
3. Das
Solidaritätszuschlaggesetz
1995 entspricht - zumindest bezogen auf das Streitjahr
2007 - nicht den Motiven des Verfassungsgebers bei Einführung des
Finanzierungsinstruments der Ergänzungsabgabe im Jahr 1955, weil
- der Solidaritätszuschlag
bereits seit dem Jahr 1995 unbefristet erhoben wird und dadurch zu einer
Dauersteuer geworden ist,
- die Einkommensteuer- und
Körperschaftsteuertarife seit dem Jahr 1995 mehrfach gesenkt worden sind
und
- die Wiedervereinigung Deutschlands
keinen nur vorübergehenden, sondern einen langfristigen
Finanzierungsbedarf begründet hat.
4. Das
Solidaritätszuschlaggesetz
1995 verletzt deshalb zumindest bezogen auf das Streitjahr
2007 die Finanzverfassung und damit die "verfassungsmäßige Ordnung"
im Sinne der Artikel 2 Abs. 1, 20 Abs. 3
GG und verstößt mithin gegen das
allgemeine Freiheitsrecht des Steuerpflichtigen und gegen das
Rechtsstaatsprinzip.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n): AO-StB 2010 S. 3 Nr. 1 BB 2009 S. 2563 Nr. 48 BB 2011 S. 789 Nr. 13 DB 2009 S. 2634 Nr. 49 DB 2010 S. 18 Nr. 17 DStR 2010 S. 854 Nr. 17 DStRE 2010 S. 639 Nr. 10 DStZ 2009 S. 905 Nr. 24 EFG 2010 S. 1071 Nr. 13 GStB 2010 S. 4 Nr. 1 StBW 2009 S. 1 Nr. 24 StBW 2010 S. 360 Nr. 8 StuB-Bilanzreport Nr. 23/2009 S. 893 UAAAD-32851
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Niedersächsisches FG, Beschluss v. 25.11.2009 - 7 K 143/08
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